BGH Beschluss v. - II ZB 12/14

Handelsregisterverfahren: Anspruch einer GmbH-Geschäftsführerin auf Löschung ihres vormals männlichen Vornamens

Leitsatz

Aus § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch der Geschäftsführerin einer GmbH auf vollständige Löschung ihres vormals männlichen Vornamens im Handelsregister.

Gesetze: § 5 TSG, § 39 GmbHG

Instanzenzug: Az: 2 W 25/14 Beschlussvorgehend AG Pinneberg Az: HRB XXXX

Gründe

I.

1Die Beteiligte ist Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der E.            GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Pinneberg. Sie hat die Gesellschaft am gegründet; entsprechend ihrem damaligen Sitz wurde die Gesellschaft am im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragen. Die Beteiligte, die im männlichen Geschlecht geboren worden ist, wurde mit ihren Vornamen „Ja.   M.   “ nebst Geburtsdatum als Geschäftsführer der Gesellschaft verzeichnet. Nachdem die Gesellschaft ihren Sitz nach B.        verlegt hatte, wurde sie am im Handelsregister des Amtsgerichts Pinneberg eingetragen. Die Beteiligte wurde als Geschäftsführer in Spalte 4b des Handelsregisters unter der laufenden Nummer 1 mit „K.  , Ja.   M.   , *      ,B.      “ vermerkt.

2Durch wurde die Zugehörigkeit der Beteiligten zum weiblichen Geschlecht festgestellt und ihr Vorname in „Ji.  M.  “ geändert. Mit Schreiben vom teilte Notar R.   dem Registergericht diese Änderung mit und beantragte die Berichtigung des Namens des Geschäftsführers in Ji.  M.   K.  von Amts wegen. Daraufhin trug das Registergericht am als „Änderung zu Nr. 1“ in Spalte 4b unter laufender Nr. 2 ein: “Geschäftsführer: K.  , Ji. M.    , *         , B.         “. Die Eintragung unter der laufenden Nummer 4b) 1. wurde gerötet. Die von Notar R.   mit dem Antrag eingereichte Ausfertigung des die Namensänderung herbeiführenden Beschlusses des Amtsgerichts und eine ebenfalls eingereichte Geburtsurkunde stellte das Registergericht ebenso wie den Antrag selbst nicht in den zum elektronischen Registerblatt geführten, online zugänglichen Registerordner ein.

3Mit Schriftsatz vom beantragte die Beteiligte unter Verweis auf § 5 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) vom (BGBl. I S. 1654) die „Berichtigung der Eintragung im Register dergestalt, dass nicht die Voreintragung von Ja.   M.   K.   als Geschäftsführer ersichtlich ist, sondern nur die Eintragung von Frau Ji.  M.    K.   als Geschäftsführerin per “. Es müsse „Ja.   M.   K.  “ vollständig aus dem Register gelöscht werden und statt dessen müsse es „Ji.  M.    K.  “ lauten, so dass diese Veränderung nicht mehr als „neue Eintragung“ aus dem Register hervorgehe.

4Das Registergericht hat den Antrag mit Beschluss vom , das Beschwerdegericht hat die von der Beteiligten dagegen eingelegte Beschwerde durch Beschluss vom zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte ihr Begehren weiter.

II.

5Die nach Zulassung durch das Beschwerdegericht gem. § 70 Abs. 1FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten hat in der Sache keinen Erfolg.

6Das Beschwerdegericht (OLG Schleswig, ZIP 2014, 1629) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Durch die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Handelsregister würden zwar die früher geführten Vornamen der Beteiligten durch staatliche Stellen offenbart. Gegenüber dem aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgenden Offenbarungsverbot gem. § 5 TSG überwiege aber das öffentliche Interesse daran, die Richtigkeit und Vollständigkeit des Handelsregisters zu gewährleisten. Ein nachträglicher Eingriff in eine abgeschlossene Eintragung des Registers stelle insgesamt die Zuverlässigkeit des elektronischen Registers in Frage. Das Handelsregister verliere seine Eignung für die Zwecke des sicheren elektronischen Rechtsverkehrs, wenn nachträgliche Änderungen abgeschlossener Eintragungen möglich würden. Ob dem Anliegen der Beteiligten durch die Umschreibung auf ein neues Registerblatt in entsprechender Anwendung des § 21 HRV Rechnung getragen werden könne, könne dahinstehen, da die Beteiligte dies nicht beantragt habe.

72. Der Beschluss hält der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand.

8Die Beteiligte kann nicht verlangen, dass in den abgeschlossenen Registereinträgen ihre vormals männlichen Vornamen nachträglich gegen ihre nunmehr weiblichen Vornamen ausgetauscht werden. Der Schutz des Rechtsverkehrs und die besondere Integrität des Handelsregisters erfordern den Fortbestand der Erkennbarkeit ihrer ursprünglich geführten Vornamen im Handelsregister.

9Anders als die Beteiligte und ihr folgend das Beschwerdegericht meinen, erscheint es dem Senat schon zweifelhaft, ob in der Handelsregistereintragung in der vorliegenden Form ein Offenbaren der früheren Vornamen der Beteiligten im Sinne von § 5 Abs. 1 TSG zu sehen ist (a). Aber selbst wenn man das bejaht, erfordern, wie das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, besondere Gründe des öffentlichen Interesses die Nennung der früheren Vornamen (b-c). Da die Beteiligte ihr Begehren auf Nichterkennbarkeit ihrer früheren Vornamen wegen der Verweisungspflicht in § 21 Abs. 1 Satz 3 HRV auch nicht durch die Anlegung eines neuen Registerblatts erreichen kann, kann dahingestellt bleiben, ob § 21 Abs. 1 Satz 1 HRV auf den vorliegenden Fall überhaupt entsprechend anwendbar ist und ob das Beschwerdegericht diese Frage im Hinblick auf § 24 FamFG zu Unrecht nicht entschieden hat (d).

10a) Nach § 5 Abs. 1 TSG ist es staatlichen Organen wie Verwaltungsbehörden und Gerichten verboten, die bis zur Entscheidung über die Namensänderung geführten Vornamen zu offenbaren. Einem Auskunftsersuchen, das zur Preisgabe der ursprünglich geführten Vornamen führt, dürfen Verwaltungsbehörden und Gerichte deshalb grundsätzlich nicht nachkommen (Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 5 TSG Rn. 1; Coester in Massfeller/Böhmer, Das gesamte Familienrecht, 92. Lieferung, Band 1.4, § 5 TSG Anm. 1). Sinn und Zweck des Offenbarungsverbotes ist es, den von der Namensänderung Betroffenen vor einer grundlosen Aufdeckung der von ihm vor der Entscheidung geführten Vornamen zu schützen (BT-Drucks. 8/2947, S. 14).

11Es ist nach Überzeugung des Senats bereits zweifelhaft, ob in den aus dem Handelsregister ersichtlichen Eintragungen ein Offenbaren im Sinne von § 5 TSG liegt. Ein „Offenbaren“ der früheren Vornamen kann man nur annehmen, wenn sich aus den aus dem Handelsregister ersichtlichen Angaben ergibt, dass es sich bei den eingetragenen Geschäftsführern um dieselbe Person handelt. Für den in das Handelsregister Einsehenden geht aus den Eintragungen jedoch lediglich hervor, dass die Gesellschaft bis zum einen Geschäftsführer mit dem Namen Ja.   M.   K.   hatte, der am             geboren wurde, und ab dem eine Geschäftsführerin mit dem Namen Ji. M.    K.  , die an demselben Tag geboren wurde - die identische Ortsangabe ist insoweit ohne weitergehenden Aussagewert. Ein Rückschluss darauf, dass es sich bei den Eingetragenen wegen des identischen Geburtsdatums um dieselbe Person handelt, ist möglich, aber keineswegs zwingend. Ebenso - und angesichts des nicht sehr hohen Anteils von Transsexuellen an der Bevölkerung möglicherweise sogar eher - könnte es sich bei der am eingetragenen Person um die Ehefrau des Ja.   M.   K.   handeln, die zufällig am selben Tag geboren wurde, oder um eine Zwillings- oder Mehrlingsschwester. Bei dieser Lesart irrt der Einsehende zwar darüber, dass die Gesellschaft keinen neuen, sondern denselben Geschäftsführer hat, also kein Geschäftsführerwechsel stattgefunden hat. In einem solchen Irrtum liegt aber kein grundloses Aufdecken der vor der Entscheidung geführten Vornamen der Beteiligten, vor dem § 5 Abs. 1 TSG sie schützen soll. Soweit die Beteiligte insoweit eingewendet hat, der Anschein eines Geschäftsführerwechsels sei für eine GmbH geschäftlich schädlich, kann sich zum einen hierauf nur die GmbH, nicht die Beteiligte berufen, zum anderen fällt eine derart befürchtete Auswirkung auf das Ansehen der GmbH im Geschäftsverkehr nicht in den Schutzbereich des § 5 Abs. 1 TSG.

12b) Aber selbst wenn man einen weiten Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 TSG befürwortet und ein Offenbaren im Sinne von § 5 Abs. 1 TSG nicht auf eine unmittelbare Erkennbarkeit der früheren Vornamen beschränkt, ist die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Wenn man es für ein Offenbaren iSd § 5 Abs. 1 TSG etwa genügen lassen wollte, dass die Beteiligte, nachdem sie beispielsweise auf den aus dem chronologischen Registerauszug ersichtlichen, vermeintlichen Geschäftsführerwechsel angesprochen worden wäre, sich dann möglicherweise veranlasst sehen könnte klarzustellen, dass kein Wechsel stattgefunden habe, und sie selbst dadurch ihre früheren Vornamen offenbaren würde, führt das noch nicht zur Begründetheit des Begehrens der Beteiligten. Der Anspruch, die früheren Vornamen nicht zu offenbaren bzw. nicht offenbaren zu müssen, besteht nicht schrankenlos. Ein solches Verlangen stößt auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht an seine Grenzen, wenn überwiegende Belange der Allgemeinheit dem entgegenstehen, die den Regelungszweck präzise gefasster und der Verhältnismäßigkeit entsprechender Normen bilden (vgl. zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung BVerfGE 65, 1, 31 ff.; 130, 151 Rn. 121 ff.). § 5 Abs. 1 TSG konkretisiert diese Anforderungen dergestalt, dass die früheren Vornamen (nur) dann ohne Zustimmung der Betroffenen offenbart oder ausgeforscht werden dürfen, wenn besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse daran glaubhaft gemacht wird.

13Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass besondere Gründe des öffentlichen Interesses die Erkennbarkeit der früheren Vornamen der Beteiligten im Handelsregister erfordern.

14aa) Die fortwährende Erkennbarkeit der früheren Vornamen rechtfertigt sich durch das besonders schützenswerte Interesse des Rechtsverkehrs, sich über die Vertretungsverhältnisse der am geschäftlichen Verkehr teilnehmenden Kapitalgesellschaften informieren und vergewissern zu können.

15(1) Die Person des Geschäftsführers gehört zu den Grundinformationen über eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, zu deren Offenlegung die Gesellschaft gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 1 GmbHG schon bei ihrer erstmaligen Anmeldung zum Handelsregister verpflichtet ist (vgl. Riemenschneider/Freitag in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 4. Aufl., § 8 Rn. 48). Der Geschäftsführer ist das vertretungsberechtigte Organ der Gesellschaft, das im Rechtsverkehr verbindlich für die Gesellschaft als juristischer Person handeln darf. Zur Gewährung eines elementaren Mindestmaßes an Sicherheit für diejenigen, die in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit der Gesellschaft treten und die ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die für die Gesellschaft abgegebenen oder entgegengenommenen Willenserklärungen einer vertretungsberechtigten Person mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft zugerechnet werden, gehört die Möglichkeit der zuverlässigen Kenntnisnahme der Person, die als Geschäftsführer diese Funktion für die Gesellschaft als gleichsam verlängerter „natürlicher“ Arm nach außen wahrnimmt. Um das vertretungsberechtigte Organ im Rechtsverkehr identifizieren zu können, werden der Vor- und Familienname nebst Geburtsdatum und Wohnort im Handelsregister eingetragen, vgl. § 43 Nr. 4b) der Handelsregisterverordnung (HRV) vom (RMBl. S. 515), und gem. § 10 HGB zusammen mit dem Gesamteintrag der Gesellschaft der Öffentlichkeit bekannt gemacht.

16Um die Aktualität des Registers sicherzustellen und damit die Sicherheit des Rechtsverkehrs über die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft auch in der Folgezeit zu gewährleisten, ist die Gesellschaft gem. § 39 Abs. 1 GmbHG dazu verpflichtet, jede Änderung in der Person des Geschäftsführers zum Handelsregister anzumelden (vgl. Paefgen in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 39 Rn. 1; Koppensteiner/Gruber in Rohwedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 39 Rn. 1; Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Aufl., § 39 Rn. 1). Da der Identifikation einer Person für Dritte durch die Namensgebung entscheidende Bedeutung zukommt, gehört zu den beim Handelsregister anmeldepflichtigen Umständen nach allgemeiner Meinung auch die Änderung des Vor- oder Familiennamens des Geschäftsführers (Paefgen in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 39 Rn. 29; Oetker in Henssler/Strohn, GesR, 2. Aufl., § 39 GmbHG Rn. 4; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 39 Rn. 4; Stephan/Tieves in MünchKommGmbHG, § 39 Rn. 5; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 39 Rn. 2; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 39 Rn. 3; Schneider/Schneider in Scholz, GmbHG, 11. Aufl, § 39 Rn. 4).

17(2) Der mit der Offenlegung verbundene Zweck, die gebotene Sicherheit im Rechtsverkehr zu gewährleisten, erfordert, dass auch die früheren Eintragungen weiterhin aus dem Handelsregister erkennbar bleiben. Sobald es darum geht, Sachverhalte aus der Vergangenheit rechtlich zu bewerten, besteht ein berechtigtes Interesse Dritter, sich über diese früheren Eintragungen zu informieren (vgl. Koch in Staub, Großkomm. HGB, 5. Aufl., § 9 Rn. 35 zum historischen Registerauszug). Dieses Bedürfnis kann etwa bei Zweifelsfällen über die Wirksamkeit von in der Vergangenheit geschlossenen Verträgen mit der Gesellschaft Bedeutung erlangen; dann dient die Nennung des früheren Namens des Geschäftsführers der zweifelsfreien Klärung der Identität der damals Beteiligten (vgl. Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 60. Lieferung, § 7 Rn. 174c).

18bb) Das Handelsregister hat die Aufgabe, als technisches Medium für die Verlautbarung dieser für den Rechtsverkehr wesentlichen Tatsachen und Rechtsverhältnisse zu sorgen (vgl. , ZIP 1998, 152). Es ist das Publizitätsmittel, das die offenzulegenden Informationen zu den zentralen Unternehmensdaten für den Rechtsverkehr bereit hält und ihm zugänglich macht, sog. Informations- und Publizitätsfunktion (vgl. Koch in Staub, Großkomm. HGB, 5. Aufl., § 8 Rn. 1; Schaub in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 8 Rn. 44; MünchKomm HGB/Krafka, 3. Aufl., § 8 Rn. 3; K. Schmidt, Handelsrecht, Unternehmensrecht I, 6. Aufl., § 13 Rn. 1, 4; Schmidt-Kessel, in Schmidt-Kessel/Leutner/Müther, Handelsregisterrecht, Einleitung Rn. 5, 7). Die einzutragenden Angaben müssen deshalb zuverlässig, vollständig und lückenlos beurkundet werden (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1993, 807, 809; KG, NJW-RR 2000, 1704, 1705; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 8 Rn. 4; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl., Rn. 1). Als öffentliches Register nimmt das Handelsregister für sich in Anspruch, den darin enthaltenen Eintragungen eine solche Bedeutung und Gewähr beizumessen, dass in gewissem Umfang materiell-rechtliche Wirkungen an das darin gesetzte Vertrauen anknüpfen, vgl. § 15 HGB.

19(1) Die Gewährleistung der Zuverlässigkeit, Vollständigkeit und Lückenlosigkeit des Handelsregisters, die das Vertrauen des Rechtsverkehrs in das Handelsregister rechtfertigen, erfordert den Ausschluss von Eingriffen in abgeschlossene Eintragungen, wie die Beteiligte sie durch die vollständige Entfernung ihrer früheren Vornamen erstrebt. Nur durch einen solchen Ausschluss wird die erforderliche Widerspruchsfreiheit der Registereintragungen gewährleistet. Diese wird gefährdet, wenn durch einen Eingriff in abgeschlossene Eintragungen deren Inhalt derart verändert wird, dass für ein- und dieselbe laufende Nummer eines Registereintrags der Öffentlichkeit unterschiedliche Inhalte zugänglich sind, deren Widersprüchlichkeit durch zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstellte Ausdrucke Eingang in den Rechtsverkehr findet. So läge der Fall hier, wenn dem Begehren der Beteiligten stattgegeben würde: Ein vor dem erstellter Ausdruck aus dem Handelsregister würde Ja.  M.   K.   als Geschäftsführer der GmbH seit dem ausweisen, ein nach dem erstellter Ausdruck würde als gesetzliche Vertreterin der GmbH ab dem Ji.  M.    K.   ausweisen.

20(2) Das Registerrecht gewährleistet die erforderliche Widerspruchsfreiheit des Handelsregisters - unabhängig davon, ob es wie vormals in Papierform oder wie heute in elektronischer Form geführt wird - durch eine Vielzahl von Regelungen: Nach § 12 Satz 1 HRV darf nichts durch technische Eingriffe oder sonstige Maßnahmen aus dem Register entfernt werden, entsprechend dem vormaligen Verbot des Radierens und des unleserlich Machens. Abgeschlossene Eintragungen können wegen der damit eingetretenen Offenlegung der darin enthaltenen Tatsachen bzw. Rechtsverhältnisse nicht mehr mit der Beschwerde angegriffen werden. Was einmal publik gemacht wurde, kann insoweit nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. , BGHZ 104, 61, 63), wie § 383 Abs. 3 FamFG seit dem FGG-Reformgesetz ausdrücklich klarstellt (vgl. Keidel/Heinemann, FamFG, 18. Aufl., § 383 Rn. 22; MünchKommFamFG/Krafka, 2. Aufl., § 383 Rn. 10; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 4. Aufl., § 383 Rn. 31). Zwar lässt sich eine dennoch eingelegte Beschwerde in der Regel in eine Anregung auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens umdeuten (Keidel/Heinemann,FamFG, 18. Aufl., § 383 Rn. 23). Doch auch die Löschung einer Eintragung gem. §§ 393 ff. FamFG vollzieht sich ihrerseits als Eintragung, die gem. § 14 HRV mit einer laufenden Nummer zu versehen und durch einen Querstrich von der folgenden Eintragung räumlich zu trennen ist, um den Vorgang der Löschung als solchen im Register für Dritte nachvollziehbar zu machen. Selbst wenn die ursprüngliche Eintragung unzulässig war, wird diese nicht etwa im Nachhinein aus dem Register (technisch) entfernt; die Löschung erfolgt gem. § 395 Abs. 1 Satz 2 FamFG vielmehr durch Eintragung eines Vermerks unter einer neuen laufenden Nummer sowie Rötung der unzulässigen Eintragung, vgl. §§ 16, 19 HRV (vgl. Keidel/Heinemann, FamFG, 18. Aufl., § 395 Rn. 49 mwN). Auch bloße Berichtigungen, insbesondere bei Schreibfehlern, sind als solche im Register kenntlich zu machen, § 17 Abs. 1 Satz 2 HRV.

21c) Das schützenswerte Interesse des Rechtsverkehrs an der Verlässlichkeit der Eintragungen im Handelsregister einschließlich der Unveränderbarkeit früherer Eintragungen überwiegt das Interesse der Beteiligten, die sich aus der Rötung ihrer früheren Vornamen - ohnehin nicht zwingend - ergebende Möglichkeit des Rückschlusses eines Einsicht Nehmenden, es handele sich um denselben Geschäftsführer, zu verhindern oder selbst auf eine - ebenfalls nicht sehr wahrscheinliche - Nachfrage im Geschäftsverkehr ihre früheren Vornamen möglicherweise offenbaren zu müssen.

22aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein aktueller Ausdruck aus dem Registerblatt nur den letzten Stand der Eintragungen enthält, vgl. § 30a Abs. 4 Satz 3 HRV, so dass aus ihm die früheren Vornamen der Beteiligten nicht ersichtlich werden. Als gelöschter Registereintrag lassen sich die früheren Vornamen nur dem chronologischen Ausdruck entnehmen, der alle Eintragungen des Registerblatts wiedergibt, vgl. § 30a Abs. 4 Satz 2 HRV. Dieser Ausdruck ist nur gegen eine Gebühr von mindestens 4,50 € erhältlich, so dass in tatsächlicher Hinsicht eine gewisse Hürde gegen die Einsichtnahme durch jedermann besteht. Die kostenfreie Einsicht erhält ein Dritter nur durch Einsichtnahme in den Räumen des Registergerichts.

23bb) Mit der Offenlegungspflicht zur Person des Geschäftsführers bewegt sich das nationale deutsche Recht im zentralen Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom (folgend: Publizitätsrichtlinie 2009), die ihrerseits schon auf die Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Schutzbestimmungen zurückgeht, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 19 Rn. 1 ff.; zur 1. Richtlinie als „Eckstein für das Informationsmodell im Europäischen Gesellschaftsrecht“ Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 8 Rn. 227 ff.).

24(1) Bereits letzterer lag die Erwägung zugrunde, dass diejenigen Gesellschaften, die im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit zum Schutze Dritter nur das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung stellen, wesentliche Urkunden der Gesellschaft sowie einige sie betreffende Angaben, zu denen auch die Vertretungsverhältnisse im Rechtsverkehr gehören, offenzulegen haben, damit sich Dritte darüber unterrichten können. Nach Art. 2 Buchst. d Unterpunkt i) der Publizitätsrichtlinie 2009 sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit sich die Pflicht zur Offenlegung mindestens auf die Personalien derjenigen erstreckt, die als gesetzlich vorgesehenes Gesellschaftsorgan befugt sind, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Nach Art. 2a der Publizitätsrichtlinie 2009 müssen die Mitgliedstaaten überdies sicherstellen, dass auch jede Änderung an diesen der Offenlegungspflicht unterliegenden Angaben in das zuständige Register eingetragen und offengelegt wird. Die Angaben zur Person des Geschäftsführers gehören damit zum Grundstock der europarechtlichen Publizitätsobjekte einer GmbH (vgl.Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 19 Rn. 28). Die Offenlegung im Sinne der europäischen Richtlinien bedeutet zugleich, dass die im Register enthaltenen Informationen jedermann zugänglich zu machen sind, ohne ein schutzwürdiges Recht oder Interesse belegen zu müssen (vgl. EuGH, NZG 1998, 116, 117; EuGH, NZG 2005, 39, 40).

25(2) Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Normen zur registerrechtlichen Offenlegung der Person des Geschäftsführers einer GmbH, die sich im aufgezeigten Anwendungsbereich europäischer Richtlinien bewegen, überhaupt noch an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen werden können (vgl. BVerfGE 130, 151 Rn. 105; BVerfGE 121, 1 Rn. 134 f.; Koch in Staub, Großkomm. HGB, 5. Aufl., § 9 Rn. 4 mwN).

26d) Dahingestellt bleiben kann weiter, ob das Beschwerdegericht, anders als es gemeint hat, den Antrag der Beteiligten nicht gemäß § 24 FamFG dahin hätte auslegen müssen, dass er auch den Antrag auf Anlegung eines neuen Registerblatts in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 1 Satz 1 HRV enthielt (vgl. hierzu Heinemann, FamRB 2014, 341). Selbst wenn man den Antrag so auslegen wollte und die analoge Anwendbarkeit von § 21 Abs. 1 Satz 1 HRV auf einen Fall wie den vorliegenden, wie es das Beschwerdegericht erwogen hat, bejahen wollte, würde damit dem Anliegen der Beteiligten nicht genügt (vgl. hierzu Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 60. Lieferung, § 7 Rn. 174c). Auch in diesem Fall wäre durch den gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 HRV erforderlichen Verweis auf das frühere Registerblatt aus dem Handelsregister ersichtlich, dass Geschäftsführer ab dem bis zum Ja.   M.   K.   war (a.A. Heinemann, FamRB 2014, 341).

Bergmann                     Strohn                      Caliebe

                    Born                       Sunder

Fundstelle(n):
DB 2015 S. 1215 Nr. 21
DB 2015 S. 6 Nr. 21
DNotZ 2015 S. 780 Nr. 10
DStR 2015 S. 10 Nr. 22
GmbH-StB 2015 S. 192 Nr. 7
GmbHR 2015 S. 751 Nr. 14
NJW 2015 S. 2116 Nr. 29
WM 2015 S. 1016 Nr. 21
ZIP 2015 S. 1064 Nr. 22
ZIP 2015 S. 41 Nr. 21
IAAAE-90693