BFH Beschluss v. - V B 101/14

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Keine Gerichtsentscheidung vor Ablauf einer vom Gericht selbst gesetzten Äußerungsfrist

Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 119 Nr. 3, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 6, GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6, § 119 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO).

2 1. Der Kläger hat den Verfahrensfehler ordnungsgemäß gerügt (§§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Ausdrückliche Ausführungen dazu, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und dass die Entscheidung bei Berücksichtigung dieses Vorbringens anders hätte ausfallen können, waren nicht erforderlich, da die in der mündlichen Verhandlung vom ausweislich des Sitzungsprotokolls dem Kläger eingeräumte Frist zur weiteren Stellungnahme bis zum nicht auf bestimmte Streitpunkte beschränkt war. In einem solchen Fall gilt die Kausalitätsvermutung des § 119 Nr. 3 FGO einschränkungslos (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802; BFH-Beschlüsse vom V B 242/02, BFH/NV 2003, 940; vom VIII B 116/03, BFH/NV 2005, 1108, und vom III B 99/08, nicht veröffentlicht).

3 2. Der gerügte Verfahrensmangel liegt vor. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist verletzt.

4 Die Gerichte müssen selbst gesetzte Äußerungsfristen beachten und mit der Entscheidung bis zum Ablauf der Äußerungsfrist warten, auch wenn sie die Sache für entscheidungsreif halten (vgl. Entscheidung des , juris, sowie , BFH/NV 2005, 376) oder innerhalb der Frist ein Schriftsatz eingegangen ist, die Frist aber noch nicht abgelaufen ist.

5 Hieran fehlt es im Streitfall: Das FG hat die selbst gesetzte Äußerungsfrist nicht beachtet und trotz der dem Kläger eingeräumten Frist zur Stellungnahme bis zum ein Urteil vom erlassen, das dem Kläger bereits am zuging.

6 3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 696 Nr. 5
HAAAE-86101