BGH Beschluss v. - 5 StR 473/14

Strafurteil: Ausspruch über die Reihenfolge der Maßregelvollstreckung bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie in der Sicherungsverwahrung

Gesetze: § 67c Abs 1 S 1 Nr 1 StGB, § 72 StGB, § 267 StPO

Instanzenzug: Az: (540) 234 Js 526/13 Ks (3/14)

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr und sechs Monate der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt zu vollziehen sind. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

21. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und den Strafausspruch richtet; auch der Maßregelausspruch hat Bestand. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht der Anordnung von Sicherungsverwahrung eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 128, 326) für die Zeit der Weitergeltung des § 66 StGB bis zum Inkrafttreten einer verfassungskonformen gesetzlichen Neuregelung aufgestellten Anforderungen zu Grunde gelegt hat, obgleich die Anlasstat am 18./ begangen wurde, mithin nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom (BGBl. I, 2425; vgl. zur Anwendbarkeit des § 66 StGB nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung auch nach Inkrafttreten der Neuregelung für bis zum begangene Straftaten , BGHR StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit bei bis zum begangenen Anlasstaten 1; Beschluss vom - 3 StR 355/13, NStZ-RR 2014, 207).

3Es kann auch dahinstehen, ob das Landgericht bei der Prüfung des Eintritts von Rückfallverjährung nach der Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung vom zu Recht auf die Fünfzehnjahresfrist des § 66 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 StGB abgestellt hat oder ob diese - wofür der Wortlaut der Vorschrift und die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 25) sprechen - nur dann gilt, wenn sowohl die Vortat als auch die Anlasstat Sexualstraftaten sind. Denn jedenfalls ist auch bei Zugrundelegung der Fünfjahresfrist des § 66 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 StGB keine Rückfallverjährung eingetreten.

42. Die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs der Maßregel ist jedoch rechtsfehlerhaft. Denn die Strafkammer hat es unterlassen, in dem Urteil mitzuteilen, wie lange die Unterbringung des Angeklagten voraussichtlich erforderlich sein wird (vgl. dazu etwa ). Die Dauer des Vorwegvollzugs ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt, möglich ist. Das zur neuen Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht wird - unter erneuter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) - bei der Berechnung des vorweg zu vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe die voraussichtlich notwendige Therapiedauer feststellen und diese von den zwei Jahren und sechs Monaten - der Hälfte der (nunmehr rechtskräftig) erkannten Freiheitsstrafe - abziehen müssen.

5Es wird überdies § 72 Abs. 3 Satz 1 StGB zu beachten und die Reihenfolge der Vollstreckung der Maßregeln zu bestimmen haben (, NStZ 1995, 284). Dabei ist die Unterbringung in der Entziehungsanstalt im Zweifel grundsätzlich vor der Sicherungsverwahrung zu vollstrecken, weil eine erfolgreiche Entziehungskur die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung (§ 67c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) oder jedenfalls günstigere Voraussetzungen für die Resozialisierung in der Sicherungsverwahrung schaffen kann.

6Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht. Bei der voraussichtlichen Therapiedauer handelt es sich um eine ergänzende Feststellung.

Sander                         Schneider                         Dölp

                 Berger                              Bellay

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
LAAAE-83992