BAG Urteil v. - 3 AZR 404/13

Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins - Versorgungszusage wegen der Stellung als Gesellschafter - Rechtsmissbrauch

Gesetze: § 1 Abs 1 S 1 BetrAVG, § 7 Abs 1 S 1 BetrAVG, § 17 Abs 1 S 2 BetrAVG, § 242 BGB, § 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO, § 520 Abs 3 S 2 Nr 3 ZPO, § 520 Abs 3 S 2 Nr 4 ZPO, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst a ZPO, § 64 Abs 6 ArbGG, § 72 Abs 5 ArbGG

Instanzenzug: Az: 16 Ca 1208/12 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 4 Sa 1004/12 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung für eine dem Kläger gewährte Altersrente einzustehen hat.

2Der im Februar 1937 geborene Kläger gründete Mitte der 70er Jahre gemeinsam mit seinem Bruder K H und Herrn G R die Fliesenlegerfirma H GmbH (im Folgenden: H-GmbH). Der Kläger und Herr R besaßen jeweils 30 % der Geschäftsanteile, Herr H hielt 40 % der Geschäftsanteile. Geschäftsführer der H-GmbH war Herr K H. Der Kläger, dem Prokura erteilt worden war, war vom bis zum für die H-GmbH tätig. Er war - wie Herr R - vor Ort auf den Baustellen im Einsatz.

3Die H-GmbH hatte zugunsten der drei Gesellschafter sowie drei weiterer Mitarbeiter Direktversicherungen abgeschlossen. Mit Wirkung ab dem sagte sie dem Kläger darüber hinaus in Form einer Direktzusage ua. die Gewährung einer monatlichen Betriebsrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres iHv. 900,00 DM zu. Hierzu heißt es in einer Aktennotiz der H-GmbH vom ua.:

4Die H-GmbH meldete mit Schreiben vom dem Beklagten die Direktzusage zugunsten des Klägers und leistete hierfür Beiträge. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

5Mit Schreiben vom teilte der Beklagte der H-GmbH Folgendes mit:

6Die H-GmbH erhöhte die dem Kläger zugesagte monatliche Altersrente in der Folgezeit, zuletzt auf 7.000,00 DM (= 3.579,04 Euro). Ab März 2002 bis einschließlich April 2010 gewährte sie dem Kläger eine Altersrente iHv. zuletzt monatlich 3.936,95 Euro brutto. Am wurde über das Vermögen der H-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

7Mit seiner Klage hat der Kläger von dem Beklagten die Zahlung seiner Altersrente für die Zeit ab Mai 2010 begehrt. Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte sei für die von der H-GmbH gewährte Altersrente einstandspflichtig. Die Direktzusage sei aus Anlass seiner Tätigkeit für die H-GmbH und nicht wegen seiner Stellung als Gesellschafter erteilt worden. Zumindest habe er aufgrund des Schreibens des Beklagten vom darauf vertrauen dürfen, dass seine Altersrente insolvenzgesichert sei.

8Der Kläger hat beantragt,

9Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

11Die Revision des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Vorinstanzen habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

12I. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung genügt - noch - den gesetzlichen Anforderungen (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 ZPO).

131. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung diejenigen Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionsführer das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch die Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (st. Rspr., vgl. etwa  - Rn. 24 mwN).

142. Ausgehend davon wird die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen noch gerecht.

15Das Landesarbeitsgericht hat eine Einstandspflicht des Beklagten für die dem Kläger von der H-GmbH gewährte Altersrente nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG mit der Begründung abgelehnt, die H-GmbH habe die Direktzusage nicht aus Anlass des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit der H-GmbH, sondern wegen der Gesellschafterstellung des Klägers erteilt. Der Beklagte handle auch nicht treuwidrig, wenn er keine Leistung erbringe, obwohl er Beiträge vereinnahmt habe. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei insoweit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen. Angesichts des Schreibens des Beklagten vom an die H-GmbH sei jedoch zu erwägen, ob nicht rechtsfortbildend Vertrauensschutzgrundsätze auch für die gesetzliche Haftung des Beklagten zur Anwendung gelangen müssten. Mit der Revision macht der Kläger geltend, er habe auf das Schreiben des Beklagten vom vertraut und auch in schutzwürdiger Weise vertrauen dürfe; daher ergebe sich die Einstandspflicht des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Diese Ausführungen lassen sowohl die Richtung des Revisionsangriffs als auch den von der Revision geltend gemachten Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts noch hinreichend deutlich erkennen. Mit der Berufung auf Vertrauensschutz wendet sich die Revision dagegen, dass das Landesarbeitsgericht eine Einstandspflicht des Beklagten aufgrund von Treu und Glauben (§ 242 BGB) letztlich abgelehnt hat. Dieser Revisionsangriff ist im Fall seiner Berechtigung geeignet, eine abweichende Entscheidung möglich erscheinen zu lassen. Ob der behauptete Rechtsfehler tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Revision.

16II. Die Revision ist unbegründet.

171. Die Revision ist entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht bereits deshalb unbegründet, weil die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts mangels einer den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig war.

18a) Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr., vgl. etwa  - Rn. 14 mwN).

19b) Die Berufungsbegründung des Klägers genügt diesen Anforderungen.

20Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, der Beklagte sei nicht für die dem Kläger von der H-GmbH gewährte Altersrente einstandspflichtig, da die Altersrente dem Kläger wegen seiner Gesellschafterstellung und nicht „aus Anlass“ seines Arbeitsverhältnisses mit der H-GmbH zugesagt worden sei. Dies ergebe sich aus dem Inhalt der Aktennotiz vom . Zudem sei eine Altersrente iHv. zuletzt 7.000,00 DM gegenüber Fremdbeschäftigten wirtschaftlich unvernünftig. Auch der Umstand, dass die betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktzusage zugesagt worden sei, spreche für das Vorliegen von Unternehmerlohn. Weder aus dem Schreiben des Beklagten vom noch aus der Zahlung von Beiträgen der H-GmbH an den Beklagten ergebe sich etwas anderes. Der Beklagte handle nicht treuwidrig, wenn er keine Leistungen an den Kläger erbringe.

21Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt und ausgeführt, aus dem Zusatz „ähnlich wie bei R Verband“ in der Aktennotiz vom sei abzuleiten, dass die Direktzusage aus Anlass seiner Tätigkeit für die H-GmbH erteilt worden sei. Zudem habe ihm die H-GmbH die Direktzusage gegeben, weil er und Herr R das Unternehmen ansonsten verlassen hätten. Dies wäre für die H-GmbH wegen der hervorragenden Auftragslage eine Katastrophe gewesen. Daher habe Herr K H sie mit der Direktzusage an das Unternehmen binden wollen. Mit dieser Argumentation hat sich die Berufung gegen das die Entscheidung des Arbeitsgerichts tragende Argument gewandt, die Direktzusage sei dem Kläger aus Anlass seiner Stellung als Gesellschafter erteilt worden. Die Berufung zeigt damit ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten das erstinstanzliche Urteil rechtsfehlerhaft sein soll.

222. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist für die dem Kläger von der H-GmbH gewährte Altersrente nicht einstandspflichtig.

23a) Der Beklagte ist weder nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG noch nach § 17 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verpflichtet, dem Kläger ab dem eine Altersrente iHv. 3.936,95 Euro brutto monatlich zu zahlen. Die H-GmbH hat dem Kläger die Direktzusage nicht „aus Anlass“ eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses mit ihr, sondern wegen seiner Stellung als Gesellschafter erteilt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

24aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfänger, deren Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers oder über seinen Nachlass das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, gegen den Beklagten als Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden wäre. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG findet § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG auch auf Personen Anwendung, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG schützt allerdings nur Ansprüche auf Versorgungsleistungen, bei denen es sich um betriebliche Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG handelt (vgl.  - Rn. 17). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG liegt betriebliche Altersversorgung vor, wenn dem Arbeitnehmer oder Beschäftigten iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG aus Anlass seines Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden sind.

25bb) Ist ein Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft, zu der das Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis besteht, ist die Versorgungszusage nur dann „aus Anlass“ des Arbeitsverhältnisses bzw. des Beschäftigungsverhältnisses erteilt, wenn zwischen ihr und dem Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Aus anderen Gründen erteilte Zusagen werden durch das Betriebsrentengesetz nicht geschützt. Soweit deshalb die Beteiligung an der Gesellschaft für die Direktzusage entscheidend ist und es sich in Wahrheit um Unternehmerlohn handelt, besteht kein Insolvenzschutz. Erforderlich ist eine Kausalitätsprüfung, die alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Dabei ist ein Indiz für einen Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung, wenn ein Unternehmen allen Gesellschaftern und nur ihnen ein Versorgungsversprechen gegeben hat. Ferner kommt es darauf an, ob die zugesagte Versorgung nach Art und Höhe auch bei Fremdkräften wirtschaftlich vernünftig und üblich gewesen wäre. Eine Rolle spielen kann auch, ob eine bereits während des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses zu finanzierende Direktversicherung vorliegt oder eine Direktzusage, bei der die Belastungen erst bei Eintritt des Versorgungsfalls entstehen ( - Rn. 26, BAGE 133, 83; - 3 AZR 769/98 - zu II 2 der Gründe).

26cc) Demnach ist das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, die H-GmbH habe dem Kläger die Zusage zur Gewährung einer Altersrente nicht aus Anlass eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses mit ihr, sondern wegen seiner Stellung als Gesellschafter erteilt.

27Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bereits der Umstand, dass ausschließlich den drei Gesellschaftern, nicht jedoch den Arbeitnehmern der H-GmbH Direktzusagen erteilt worden seien, spreche dafür, dass diese dem Kläger nicht wegen seines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses erteilt worden sei. Auch die Form der Direktzusage belege dies. Zudem sei die Höhe der zugesagten Versorgung von zuletzt 7.000,00 DM bei einem Fremdbeschäftigten eines Kleinunternehmens, der - wie der Kläger - von Beruf Fliesenleger sei, absolut unüblich. Darüber hinaus belege Ziff. 1 der Aktennotiz vom zweifelsfrei, dass die Versorgungszusage wegen der Stellung des Klägers als Gesellschafter erteilt worden sei. Dementsprechend sei - wie Ziff. 2 der Aktennotiz zeige - die Höhe der zugesagten Altersrente entsprechend der Höhe der jeweiligen Geschäftsanteile der Gesellschafter festgelegt worden. Angesichts dieser eindeutigen Indizien sei der in der Aktennotiz enthaltene Zusatz „ähnlich wie bei R Verband“ unerheblich. Auch der Einwand des Klägers, die Direktzusage sei nur erteilt worden, um ihn an die H-GmbH zu binden, rechtfertige keine andere Wertung; der geschäftsführende Gesellschafter Herr K H habe gleichermaßen ein Interesse gehabt, den Kläger als Gesellschafter des Unternehmens zu halten.

28Gegen diese tatrichterliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts hat die Revision keine Rüge erhoben. Etwaige Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts sind auch nicht ersichtlich.

29b) Der Umstand, dass die H-GmbH eine Versorgungszusage zugunsten des Klägers bei dem Beklagten gemeldet und hierfür Beiträge geleistet hat, vermag eine Einstandspflicht des Beklagten nicht zu begründen. Weder die Beitragsfestsetzung noch die Zahlung von Beiträgen führen zu einem Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Insolvenzsicherung (vgl.  - Rn. 23 mwN). Maßgeblich ist allein, ob die Voraussetzungen des Insolvenzschutzes nach § 7 BetrAVG gegeben sind.

30c) Ansprüche stehen dem Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu. Mit seiner Berufung auf die gesetzlichen Voraussetzungen des Insolvenzschutzes nach § 7 BetrAVG verstößt der Beklagte nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

31aa) Nicht jedes widersprüchliche Verhalten ist rechtsmissbräuchlich. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn die andere Seite auf ein Verhalten vertrauen durfte und ihre Interessen vorrangig schutzwürdig erscheinen. Der Urheber des widersprüchlichen Verhaltens muss erkennen können, dass die Gegenpartei sein Verhalten als vertrauensbegründend werten durfte. Auf ein schuldhaftes Verhalten kommt es dabei nicht an. Maßgeblich ist, ob für den anderen Teil ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl.  - Rn. 21 mwN).

32bb) Danach handelt der Beklagte vorliegend nicht treuwidrig.

33(1) Der Umstand, dass er keine Leistung erbringt, obwohl er Beiträge vereinnahmt hat, begründet nicht die Rechtsmissbräuchlichkeit seines Verhaltens. Sollte die Beitragsleistung zu Unrecht erbracht worden sein, wäre sie im Rahmen der maßgeblichen rechtlichen Regelungen ggf. zurückzuerstatten (vgl. nur  - Rn. 35).

34(2) Auch aus dem Schreiben des Beklagten vom kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer oder sonstige Berechtigte auf Mitteilungen des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung über den Insolvenzschutz ihrer betrieblichen Altersversorgung vertrauen dürfen und ob sich hieraus ein auf das Erfüllungsinteresse gerichteter Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung von Insolvenzschutz ergeben kann (vgl. dazu auch  - Rn. 22;  - zu 1 c der Gründe). Ein etwaiges durch das Schreiben des Beklagten vom begründetes Vertrauen des Klägers auf eine Einstandspflicht des Beklagten war jedenfalls nicht schutzwürdig.

35Der Kläger konnte auf die Mitteilung des Beklagten, die ihm erteilte Versorgungszusage sei „in vollem Umfang insolvenzsicherungsfähig“ bereits deshalb nicht vertrauen, weil er dem Schreiben nicht entnehmen konnte, aufgrund welcher Angaben der H-GmbH der Beklagte zu dieser Ansicht gelangt war. Darüber hinaus verweist das Schreiben des Beklagten hinsichtlich der Insolvenzsicherungsfähigkeit der Versorgungszusage („hierzu“) auf das Merkblatt 300/M 1 „Insolvenzsicherung für Versorgungszusagen an (Mit-)Unternehmer (persönlicher und sachlicher Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes)“. Aufgrund dieses Verweises war für den Kläger erkennbar, dass der Beklagte bei Eintritt eines Sicherungsfalls lediglich für solche Leistungen einstehen wollte, bei denen auch die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren.

36III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
BB 2015 S. 253 Nr. 5
DB 2015 S. 564 Nr. 10
DStR 2015 S. 14 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2015 S. 568
StuB-Bilanzreport Nr. 12/2015 S. 480
EAAAE-82713