PiR Nr. 9 vom Seite 1

Joint Operations, Mehrkomponentengeschäft und Impairment-Test

WP/StB Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann | Herausgeber | pir-redaktion@nwb.de

Unter diesen Titeln finden Sie, liebe PiR-Leser, wieder einen breitgefächerten Strauß aus dem unerschöpflichen Themenbereich der IFRS. Den Anfang machen mit einer Kommentierung der Standardänderung des IFRS 11 zu den joint arrangements. Letzterer stellt einen Oberbegriff zu den joint operations dar, die in der Praxis wohl eine dominante Stellung bei der Organisation und Durchführung von gemeinsamen Aktivitäten zweier oder mehr Unternehmen zur Hebung von Synergien einnehmen. Die punktuelle Standardänderung will die bisher herrschende diversity in practice beheben oder jedenfalls reduzieren. Inwieweit dies gelungen ist, stellen die beiden Autoren in kritischer Sicht dar.

Der weitere von Michael Lühn greift erneut den jüngst verabschiedeten Standard IFRS 15 auf und widmet sich dabei dem wohl wichtigsten Teilbereich, nämlich den in der Wirtschaftspraxis immer mehr um sich greifenden Mehrkomponentengeschäften. Kundenbindungsprogramme sind en vogue. Das Rabattmarkenheft seligen Angedenkens hat seine Idee in der modernen IT-Welt exponentiell vervielfältigt. Zur bilanziellen Abbildung muss die Frage nach dem Realisationszeitpunkt für die erbrachte Leistung geklärt werden. Der Geldeingang ist zur Beurteilung ohne Bedeutung, was als Ausfluss des Periodisierungsprinzips auch nach § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB gilt. IFRS und HGB beruhen insoweit auf der gleichen konzeptionellen Grundlage. Nur ist der Gedanke des Mehrkomponentengeschäfts im Schrifttum zum HGB und EStG und insbesondere der BFH-Rechtsprechung – zurückhaltend formuliert – eher unterbelichtet. Die Vertragskomponente der Nachbetreuung von Versicherungsvertretern oder Hörgeräteakustikern wird schlichtweg als realisiert angesehen, obwohl sie am Bilanzstichtag noch gar nicht hatte ausgeführt werden können. Man behilft sich mit der vom Gesetz nicht vorgesehenen Unterscheidung von Brutto- und Nettorealisation und korrigiert das Zuviel „in gefestigter Rechtsprechung“ durch eine aufwandserhöhende (nicht umsatzkürzende) Rückstellung für einen in Stichtagsbetrachtung gar nicht vorhandenen Erfüllungsrückstand. Der gebotene Ausweis als passive Abgrenzung steht den IFRS nicht als Bilanzposten zur Verfügung. Nach dem asset-liability-approach des IFRS 15 wird stattdessen eine contract liability kreiert, der eine entfernte Verwandtschaft zum Erfüllungsrückstand zukommt. Man kann von den IFRS durchaus lernen.

Dabei ist der Lerneffekt der einzelnen IFRS-Standards als Erkenntniswert für die HGB/EStG-Bilanzierung keineswegs überall gut ausgeprägt. Ein eher negatives Beispiel liefert der IAS 36 zum impairment-Test , der im dritten der Autoren Stefan Müller, Jens Reinke und Martin Stawinoga aus Sicht der Bilanzierungs- und Prüfungspraxis unter die Lupe genommen wird.

Der Editor darf an dieser Stelle auch zwei Beiträge innerhalb der Rubriken hervorheben. Äußerst praxisbezogen ist dabei die zu den in Konzernen fast täglich auftauchenden Bilanzierungsproblemen im Gefolge eines Kontrollverlustes. Und schließlich liefert der einen hochaktuellen Einblick in das jüngst veröffentlichte IFRS-Produkt zu den Finanzinstrumenten.

Die Redaktion will mit dieser PiR-Ausgabe eine Leserbefragung starten; die Herausgeber bitten ihrerseits um rege Beteiligung unter www.nwb.de/go/PiR-Umfrage.

Wolf-Dieter Hoffmann

Fundstelle(n):
PiR 9/2014 Seite 1
UAAAE-72399