PiR Nr. 8 vom Seite 1

IFRS 15 – viel Lärm um nichts?

WP/StB Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann | Herausgeber | pir-redaktion@nwb.de

Diese Frage wurde soeben auf der Ersten Seite des BB Nr. 29/2104 zum Inhalt des IFRS 15 gestellt. Im klassischen Französisch klingt diese Aussage viel poetischer: „Tant de bruit pour une omelette“. Dieser Befund überrascht natürlich schon, wenn man sich überlegt, was zwei hochkarätige Gremien an Ressourcen bis zur Verabschiedung ihrer Standards zur Erlösrealisierung eingesetzt haben. Immerhin zwölf Jahre haben sie über dieser Materie gebrütet, um nun eine eher negative Beurteilung wenigstens über den Neuerungsgehalt ihres Standards zu vernehmen. So kritisch sieht der Herausgeber den neuen Standard nicht, immerhin gelingt ihm eine spürbare Systematisierung der Erlöserfassung, wie sie nach den bisherigen Regeln des IAS 11 und des IAS 18 nicht vorlag. Man darf nur an die Mehrkomponentengeschäfte erinnern, die als gängiges Geschäftsmodell des modernen Wirtschaftslebens förmlich ungeregelt geblieben waren. In manchen Branchen werden grundlegende Anpassungen in der Erlöserfassung erfolgen müssen. Dazu kann man sich auch einen Seitenblick auf die einschlägige handelsrechtlich orientierte BFH-Rechtsprechung nicht verkneifen, wenn es sich um die Erlöserfassung z. B. beim Versicherungsvertreter handelt, der seine Provision für den Abschluss des Versicherungsvertrags und für die Nachbetreuung des Vertragsverhältnisses über 25 Jahre erhält. Man wundert sich, wenn dem BFH zufolge auch die 25-jährige Nachbetreuungsleistung bereits realisiert ist.

Jedenfalls wird die IFRS-Rechnungslegungspraxis sich intensiv mit den Inhalten des neuen IFRS 15 befassen. Dazu ist auf den von Tobias Hagemann zu verweisen. Die dort wiedergegebenen Beispiele wird der Rechnungslegungspraktiker besonders zu schätzen wissen. Nicht unerwähnt sollen die umfangreichen Anhangangaben bleiben, die wie üblich den neuen Standard begleiten. Die nicht mehr zu bewältigende Fülle der Anhangvorschriften wird allgemein beklagt. Die erneute Welle sollte den Erstellern, Abschlussprüfern und Enforcern eine willkommene Gelegenheit bieten, sich dem materiality-Gedanken auf diesem Gebiet ganz intensiv zu widmen.

Bei der Erlösrealisierung ist gelungen, was bei der Steuerlatenzierung in die Brüche gegangen ist – die Vollendung eines gemeinsamen Projekts zwischen FASB und IASB. Der allgemein dringend renovierungsbedürftige IAS 12 bereitet dem Anwender immer neue Auslegungsprobleme. Im weiteren von Lars Ruberg werden zwei sog. Non-IFRIC-Entscheidungen aufgegriffen. Die Nichtaufnahme in die Bearbeitung des IFRIC bedarf einer, wenn auch recht kurzen, Begründung. Die entsprechenden Ausführungen des IFRIC werden von unserem Autor messerscharf seziert und dabei eine nicht gegebene Übereinstimmung mit den Standardrichtlinien zur aktiven Steuerlatenz nach IAS 12 herausgestellt. Nun ist der IASB höchstpersönlich zur Entscheidung berufen. Man darf gespannt sein, inwieweit der Board den Überlegungen des IFRIC folgt.

Schließlich richtet sich der Blick auf den dritten dieses Hefts aus der Feder von Christian Garz und Roland Wiese. Hier ist die Betrachtungsweise der Autoren ganz spezifisch auf die Erfordernisse der Rechnungslegungspraxis ausgerichtet. Diese wünscht eine Übereinstimmung zwischen dem internen Procedere der Erfassung von Risikopositionen und deren nahtlose Abbildung im Rechnungslegungsprozess. Das ist leichter gesagt als getan. In dem Beitrag werden die Probleme aufgezeigt und ein Lösungsvorschlag unterbreitet.

Wolf-Dieter Hoffmann

Fundstelle(n):
PiR 8/2014 Seite 1
CAAAE-70477