BBK Nr. 12 vom Seite 537

Lohnsteuer-Anrufungsauskunft ade

Bernd Rätke | VRiFG, BBK-Herausgeber

Der BFH [i]BFH, Urteil vom 27. 2. 2014 - VI R 23/13 NWB TAAAE-66025 = Steuerrecht aktuell S. 542 in diesem Heft hat kürzlich die Bedeutung der Lohnsteuer-Anrufungsauskunft deutlich eingeschränkt. Ab sofort kann die erteilte Lohnsteuer-Anrufungsauskunft gerichtlich nur noch auf Schlüssigkeit überprüft werden, nicht aber auf inhaltliche Richtigkeit.

Für Arbeitgeber ist diese Entscheidung eine bittere Pille. Denn bislang konnten sie lohnsteuerliche Streitfragen gebührenfrei (!) und vorab (!) klären lassen. Waren sie mit der Auskunft inhaltlich einverstanden, konnten sie die Lohnsteuer einbehalten und abführen. Sie brauchten keine Inanspruchnahme mehr durch einen späteren Haftungsbescheid zu fürchten – selbst wenn die Auskunft inhaltlich falsch gewesen sein sollte. [i]Keine gerichtliche Klärung der Streitfrage Waren sie mit der erteilten Auskunft aber nicht einverstanden, konnten sie hiergegen gerichtlich vorgehen und die Lohnsteuerfrage vorab durch ein Finanzgericht klären lassen. Diese Möglichkeit steht ihnen nun nicht mehr offen.

Damit [i]Wahl zwischen Pest und Cholera hat der Arbeitgeber die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder findet er sich mit einer aus seiner Sicht inhaltlich falschen, aber durchaus vertretbaren Lohnsteuer-Anrufungsauskunft ab und führt zum Leidwesen seines Arbeitnehmers entsprechende Lohnsteuer an das FA ab. Oder er hält sich nicht an die Auskunft, führt keine Lohnsteuer ab und nimmt einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer in Kauf. Die Klärung der Rechtsfrage wird dann auf das Klageverfahren gegen den Haftungsbescheid verschoben – und damit mehrere Jahre nach hinten.

Der [i]Arbeitgeber übernimmt staatliche Aufgaben BFH hält dies für zumutbar. Es sei nicht Aufgabe des Auskunftsverfahrens, „ungeklärte Rechtsfragen … abschließend zu beantworten“. Vielmehr müsse das Gleiche gelten wie bei der verbindlichen Auskunft – „nicht zuletzt zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen“. Doch der BFH irrt: Denn der Arbeitgeber übernimmt mit dem Einbehalt und der Abführung von Lohnsteuer staatliche Aufgaben, nämlich die Steuererhebung! Eben aus diesem Grunde gibt es die gebührenfreie Lohnsteuer-Anrufungsauskunft. Der Arbeitgeber soll sich vorab über seine Pflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren informieren und so eine spätere Haftung vermeiden können. [i]Unterschied zur verbindlichen Auskunft Genau darin unterscheidet sich die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft von der verbindlichen Auskunft, die dazu dient, vorab Planungssicherheit bei steuerlichen Gestaltungen zu erlangen.

Falls [i]Kein Hinweis auf geänderte Rechtsprechung Sie das neue BFH-Urteil lesen sollten, werden Sie sich vielleicht genauso wie ich wundern, dass der BFH an keiner Stelle schreibt, dass er seine bisherige Rechtsprechung aufgibt. Auch auf die zahlreichen Gegenauffassungen in der Literatur geht der BFH nicht ein. Ein Finanzamt dürfte sich dies bei einer Lohnsteuer-Anrufungsauskunft wohl nicht erlauben – sonst fiele die vom BFH geforderte Schlüssigkeitsprüfung glatt noch negativ aus.

Beste Grüße

Ihr
Bernd Rätke

Bernd Rätke

Fundstelle(n):
BBK 2014 Seite 537
NWB MAAAE-66973