OFD Frankfurt/M. - S 7170 A - 59 - St 16

Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ähnliche heilberufliche Tätigkeiten

Auflistung der anerkannten und nicht anerkannten Tätigkeiten und anhängiges BFH-Verfahren zum Erfordernis einer ärztlichen Verordnung (Az. XI R 13/14)

1. Allgemeines

Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG nicht ausdrücklich genannten nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufe fallen nur dann unter die Steuerbefreiung, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt.

Ein Heilberuf wird durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet. Ausübung der Heilkunde liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt (siehe auch § 1 Heilpraktikergesetz).

Ein Beruf ist nach Abschn. 4.14.4. Abs. 6 UStAE einem der im Gesetz genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufes mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufes vergleichbar ist. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören:

  • die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit,

  • die Vergleichbarkeit der Ausbildung,

  • die Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung.

Personen, die eine Ausbildung in einem nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberuf absolviert haben, verfügen im Regelfall bereits dann über die erforderliche Berufsqualifikation zur Erbringung steuerfreier Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, wenn sie die nach dem jeweiligen Berufszulassungsgesetz vorgesehene staatliche Prüfung mit Erfolg abgelegt haben (vgl. Abschn. . Abs. 11 S. 2 UStAE und das , BStBl 2014 II S. 126). Auf die staatliche Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung kommt es dann nicht an.

Die Ähnlichkeit eines nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufs ohne staatliche Regelung mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten scheitert nicht daran, dass der Steuerpflichtige keine staatliche Erlaubnis zur Führung seiner Berufsbezeichnung besitzt. Vielmehr reicht es aus, wenn er über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufe vergleichbar sind.

Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. hierzu auch das , BStBl 2000 I S. 433 und das BStBl 2003 II S. 532).

Fehlt es an einer solchen Zulassung, obliegt es den Finanzämtern festzustellen, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. hierzu BStBl 2004 II S. 954).

Auf die Rechtsform des Unternehmers kommt es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nicht an (Abschn. 4.14.7. UStAE). So kann auch ein in der Rechtsform einer GmbH oder GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG in Anspruch nehmen (vgl. BStBl 2000 II S. 160).

2. Ähnliche heilberufliche Tätigkeiten

Außer den in Abschn. 4.14.4. Abs. 11 UStAE genannten ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten können z. B. folgende Tätigkeiten als ähnliche heilberufliche Tätigkeiten angesehen werden:

  • Fachbiologen der Medizin (deren zytologische/histologische Leistungen – Zytologie: Zellenlehre, Histologie: Wissenschaft von den Geweben des Körpers)

  • Fachwissenschaftler der Medizin

  • Hippotherapie, die von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird (, BStBl 2008 II S. 647)

3. Keine ähnlichen heilberufliche Tätigkeiten

Nicht unter § 4 Nr. 14 UStG fallen neben den in Abschn. 4.14.4. Abs. 12 UStAE genannten Berufen z. B. auch:

  • Augenoptiker (keine Kassenzulassung § 124 SGB V, sondern nach § 126 SGB V; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer)

  • Epilation (Haarentfernung, , EFG 1998, 1365)

  • Fachkosmetiker/Pharma Cosmetologen

  • Familienhelfer (, EFG 1999, 508)

  • Gymnastiklehrer (auch mit staatlicher Prüfung)

  • Haaranalysen (, nicht veröffentlicht)

  • Heilmagnetiseure (, EFG 1995, 735)

  • Heilpädagogen (sozialpflegerischer Beruf, kein Heilberuf)

  • Kunstpädagogen und -therapeuten (auch mit Diplom)

  • Kurpacker (, EFG 1988, 330)

  • Legasthenie-Therapeuten (Ausnahme: Umsätze aus Legasthenie-Behandlungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht werden, vgl. Rundvfg. vom , ofix: UStG/4/23)

  • Medizinischer Strahlenschutzphysiker

  • Medizinphysiker (, BFH/NV 1995, 647)

  • Musiktherapeuten (, BFH/NV 1999, 528; , DStRE 2000, 312)

  • Orientierungs- und Mobilitätstrainer (keine Kassenzulassung § 124 SGB V, sondern nach § 126 SGB V; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer; allerdings können die Leistungen unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG steuerfrei sein, vgl. Abschn. 4.16.5. Abs. 20 UStAE)

  • Hippotherapie, die nicht von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird

  • Schwesternhelfer (, UR 1990, 186)

  • Sozialpsychiatrische Kinder und- Jugendtherapeuten (vgl. Rundvfg. vom , ofix: UStG/4/24)

  • Tomatis-Therapeuten, z. B. „Tomatis-Hörkur (. Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch den , als unbegründet zurückgewiesen)

  • Wechseljahresberaterinnen (diese erbringen im Wesentlichen beratende und informierende Tätigkeiten)

  • Yogalehrer (vgl. )

  • Durchführung von Zilgrei-Selbsthilfekursen für gesetzliche Krankenversicherungen (a. A. , EFG 2003, 348; die Revision wurde durch , BFH/NV 2005, 1327) erledigt, da der Kläger den Rechtsstreit für beendet erklärte, die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG wurde daher nicht mehr vom BFH geprüft)

4. Ärztliche Verordnung erforderlich

Für Leistungen aus der Tätigkeit von nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufen kommt die Steuerbefreiung grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie aufgrund ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Als ärztliche Verordnung gilt im Allgemeinen sowohl das Kassenrezept als auch das Privatrezept; bei Rezepten von Heilpraktikern handelt es sich durchweg um Privatrezepte. Eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker, z. B. bei Antritt des Aufenthalts in einem „Kur”-Hotel, gilt nicht als für die Steuerbefreiung ausreichende Verordnung (vgl. Abschn. 4.14.1. Abs. 4 und 5 Buchst. a UStAE).

Abweichend von der dargestellten Verwaltungsauffassung hat das Schleswig-Holsteinische , entschieden, dass Podologen auch ohne ärztliche Verordnung steuerfreie Heilbehandlungen erbringen können. Maßgebend war jedoch, dass die medizinische Indikation der podologischen Behandlungen in dem Urteilsfall auf anderem Wege nachgewiesen wurden (Patientenunterlagen und ein für das finanzgerichtliche Verfahren erstelltes medizinisches Gutachten). Die durch das FG zugelassene Revision wurde eingelegt und ist bei dem BFH unter dem Az. XI R 13/14 anhängig. Sofern sich Angehörige nichtärztlicher Heil- und Gesundheitsfachberufe für Behandlungen ohne Verordnung auf das Urteil des Schleswig-Hosteinischen FG berufen und die medizinische Indikation auf anderem Wege nachweisen, ruhen entsprechende Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO kraft Gesetzes.

Die bisherige Rundvfg. vom wird aufgehoben.

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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
SAAAE-63481