Eingruppierung - Tätigkeit im Sozialpsychiatrischen Dienst
Gesetze: Anl C Entgeltgr S14 TVöD, § 22 Abs 2 BAT
Instanzenzug: ArbG Mönchengladbach Az: 7 Ca 78/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 16 Sa 681/11 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
2Die Klägerin ist ausgebildete Diplom-Sozialarbeiterin und seit dem Jahr 2000 im Sozialpsychiatrischen Dienst des beklagten Landkreises beschäftigt. Nach einer vom Beklagten verfassten Stellenbeschreibung vom Januar 2010 besteht die auszuübende Tätigkeit der Klägerin zu 30 vH der Arbeitszeit aus der sozialpsychiatrischen Beratung Abhängigkeitskranker und deren Angehöriger (Nr. 1 der Stellenbeschreibung), zu 40 vH aus der sozialpsychiatrischen Beratung psychisch Erkrankter und deren Angehöriger (Nr. 2 der Stellenbeschreibung), zu 20 vH aus „Sonstiges“ (Nr. 4 der Stellenbeschreibung) sowie zu 10 vH aus der „Krisenintervention“ (Nr. 3 der Stellenbeschreibung). Zu dieser heißt es in der Stellenbeschreibung:
3Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 6 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V)) vom gelten für die Eingruppierung der Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes ab dem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der „Anlage zu Abschnitt VIII Sonderregelungen (VKA) § 56“ die Tätigkeitsmerkmale des Anhangs zur Anlage C, die Entgeltgruppen S. Die Klägerin erhält seither eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 12 TVöD-BT-V/VKA, zuletzt nach der Entwicklungsstufe 6.
4Nach erfolgloser Geltendmachung hat die Klägerin mit ihrer Klage zuletzt noch ein Entgelt nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA ab Mai 2011 begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit erfülle schon unter Berücksichtigung des im Klammerzusatz genannten „Sozialpsychiatrischen Dienstes“ das Tätigkeitsmerkmal der zweiten Alternative der begehrten Entgeltgruppe. Da ein einheitlicher Arbeitsvorgang vorliege, reiche es aus, dass Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten in rechtserheblichem Ausmaße anfielen. Weder die Dokumentation noch die sich ggf. im Laufe der Fallbearbeitung ergebende Krisenintervention könne von der sonstigen Beratungs- und Betreuungstätigkeit getrennt werden. Eine Aufspaltung dieser Tätigkeiten in solche mit und ohne Krisenintervention sei weder möglich noch zulässig. Im Übrigen sei zu Beginn einer Fallbearbeitung nicht erkennbar, ob - nach erfolglosen anderen Hilfsangeboten, denen nach dem gesetzlichen Auftrag Priorität zukomme - eine Unterbringungsentscheidung nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten des Landes Nordrhein-Westfalen (PsychKG NRW) erforderlich werde. Auch seien die Aufgaben zur Vermeidung von Zwangseinweisungen „Gefahrenabwehr“ im Sinne des Tarifmerkmals.
5Die Klägerin hat zuletzt beantragt
6Der beklagte Landkreis hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin, die aus mehreren Arbeitsvorgängen bestehe, erfülle nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA. Die sozialpsychiatrische Beratung habe eine andere tarifliche Wertigkeit als die Tätigkeit in der „Krisenintervention“. Deshalb könnten diese Arbeitseinheiten nicht zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Die bloße Möglichkeit, dass ein zunächst „normaler Betreuungsfall“ in einer Unterbringung münde, ändere an diesem Ergebnis nichts. Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten würden daher nicht die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausmachen; ein nur rechtserhebliches Ausmaß reiche nicht aus.
7Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.
Gründe
8Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet.
9Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Berufung der Klägerin nicht zurückgewiesen und ihre zulässige sog. Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl. nur - Rn. 13 mwN; - 4 AZR 447/01 - zu I 1 der Gründe) nicht abgewiesen werden. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte der Senat nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
10I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA lägen nicht vor. Zwar verrichte die Klägerin Tätigkeiten, bei denen auch Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Erkrankungen anfielen. Diese machten aber nur 10 vH ihrer gesamten Arbeitszeit aus und bildeten mit den Beratungstätigkeiten keinen einheitlichen Arbeitsvorgang. Die Beratungstätigkeiten seien von der Krisenintervention, die nur in Ausnahmefällen stattfinde, ohne weiteres abgrenzbar. Zudem gehe nicht jede Abhängigkeitserkrankung oder jede psychische Erkrankung mit einer Krisenintervention nach dem PsychKG NRW einher. Dies spiegele auch die Stellenbeschreibung wider. Es bestehe kein untrennbarer Zusammenhang von Hilfe durch Beratung und der Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung. Dies hätten auch die Tarifvertragsparteien aufgegriffen, die die Tätigkeit in der Krisenintervention tariflich gesondert bewertet hätten.
11II. Dem folgt der Senat nicht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit lägen mehrere getrennte Arbeitsvorgänge iSd. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) zugrunde, ist von dessen tatsächlichen Feststellungen nicht gedeckt.
121. Für die Eingruppierung der Klägerin sind aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung neben § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) nach wie vor maßgebend ist, ua. die nachstehenden Bestimmungen der Entgeltgruppen S des TVöD-BT-V/VKA von Bedeutung:
132. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung mit rechtsfehlerhafter Begründung von mehreren getrennten Arbeitsvorgängen ausgegangen, insbesondere indem es angenommen hat, die von der Klägerin auszuübenden sozialpsychiatrischen Beratungstätigkeiten und ihre Tätigkeit in der Krisenintervention seien tatsächlich trennbare und deshalb abgrenzbare Arbeitsvorgänge.
14a) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr. des Senats, etwa - Rn. 24; - 4 AZR 5/09 - Rn. 22 mwN).
15aa) Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT sind
16bb) Mit dem Begriff des Arbeitsvorgangs wurde durch den 37. Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung des BAT (vom ) ein einheitliches und allgemein verwertbares rechtliches Kriterium für die tarifliche Beurteilung der Tätigkeit von Angestellten eingeführt, das darauf abstellt, welchem konkreten Arbeitsergebnis die jeweilige Tätigkeit des Angestellten bei natürlicher Betrachtung dient (grundlegend - zu II 3 bis 4 der Gründe, BAGE 29, 364; zuletzt - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 und - 4 AZR 968/11 - Rn. 14).
17cc) Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst. Wiederkehrende, gleichartige und gleichwertige Bearbeitungen können zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein auseinandergehalten werden können. Hierfür reicht die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, nicht aus. Tatsächlich trennbar sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (vgl. insbesondere - Rn. 20 ff. mwN; - 4 AZR 933/11 - Rn. 14).
18dd) Die tatsächlichen Grundlagen für die Arbeitsvorgangsbestimmung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zunächst zu ermitteln und festzustellen. Für eine solche Feststellung kann - auch wenn die Angaben von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt werden - nicht allein auf eine vom Arbeitgeber verfasste Stellenbeschreibung und die dort genannten, auszuübenden Tätigkeiten sowie deren Aufgliederung, bspw. in mehrere, als „Arbeitsvorgänge“ bezeichnete Unterpunkte, abgestellt werden. Eine Stellenbeschreibung dient lediglich der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt ( - Rn. 23). Grundsätzlich kann sie auch nicht ohne weiteres mit den tarifvertraglichen Vorgaben gleichgesetzt und hieraus ohne entsprechende weitere tatsächliche Feststellungen der Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne ermittelt werden. Eine Stellenbeschreibung kann also die notwendige rechtliche Bewertung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen entsprechend den tariflichen Vorgaben durch die Gerichte nicht ersetzen (vgl. ua. - Rn. 39; - 4 ABR 40/08 - Rn. 27; - 4 AZR 13/08 - Rn. 45, BAGE 129, 208).
19b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe durfte das Landesarbeitsgericht nicht ohne weitere Feststellungen vom Vorliegen mehrerer Arbeitsvorgänge ausgehen und einen einheitlichen Arbeitsvorgang verneinen. Seine Begründung trägt das Ergebnis nicht.
20aa) Das Landesarbeitsgericht hat zur Bildung der Arbeitsvorgänge rechtsfehlerhaft nur die von dem Beklagten erstellte Stellenbeschreibung zugrunde gelegt. Es fehlt deshalb bereits an einer ausreichenden Tatsachengrundlage für seine Annahme, es lägen mehrere Arbeitsvorgänge vor.
21bb) Hinzu kommt, dass selbst auf der Basis der von dem Beklagten erstellten Stellenbeschreibung entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ein einheitlicher Arbeitsvorgang gegeben sein kann.
22(1) Das Landesarbeitsgericht begründet schon nicht näher, was das Arbeitsergebnis der Tätigkeit der Klägerin als Sozialarbeiterin im Sozialpsychiatrischen Dienst ist. Es setzt sich nicht ausreichend mit der Frage auseinander, ob nicht das Arbeitsergebnis der Tätigkeit der Klägerin in der umfassenden und abschließenden Beratung und Betreuung psychisch und abhängig Kranker besteht. Dies würde dem allgemeinen Verständnis von Tätigkeiten von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern entsprechen, bei denen grundsätzlich nicht jeder einzelne Fall ein Arbeitsvorgang ist, sondern erst die Befassung mit allen Fällen diesen Rechtsbegriff ausfüllt (vgl. - zu II 3 b der Gründe; - 4 AZR 968/11 - Rn. 14). Andernfalls könnte es zu einer tarifwidrigen Atomisierung solcher Tätigkeiten kommen ( - zu II 2 b der Gründe, BAGE 82, 272).
23(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann eine Trennung nach verschiedenen Arbeits- oder Beratungsinhalten nicht schon deshalb angenommen werden, weil sich diese organisatorisch trennen und abgrenzen lassen. Zwar mag es zutreffen, dass sich die Beratungstätigkeiten einerseits und die Krisenintervention andererseits verwaltungsorganisatorisch ohne weiteres abgrenzen lassen. Für die Bildung des Arbeitsvorgangs ist dieser Umstand aber nicht tragend. Insoweit kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob eine Aufteilung der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten in Fälle mit Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind, und Fälle ohne solche Entscheidungen nicht nur theoretisch möglich, sondern tatsächlich organisatorisch umgesetzt worden ist.
24(3) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu nicht im Einzelnen festgestellt, ob nach der Arbeitsorganisation des beklagten Landkreises solche Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind, eigenständig organisiert und der Klägerin zur Abgrenzung zu den „normalen“ Betreuungsfällen zugewiesen sind oder ob es sich - zumindest überwiegend - nach der Arbeitsorganisation des beklagten Landkreises so verhält, dass - wie die Klägerin behauptet - sich grundsätzlich erst im Verlaufe einer Fallbearbeitung herausstellt, ob und welche Maßnahmen - einschließlich der Krisenintervention - erforderlich sind (vgl. dazu - Rn. 27; - 4 AZR 507/03 - zu I 4 c der Gründe, BAGE 111, 216). Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten können deshalb Bestandteil der fallbezogenen Beratungs- und Betreuungstätigkeit sein und - vor allem in Krisensituationen - dabei auch anfallen. Dies scheint im Entscheidungsfall umso mehr zu gelten, als auch in Nr. 1 und Nr. 2 der Stellenbeschreibung die Krisenintervention genannt wird und deshalb als integraler Teil der Fallbearbeitung in Betracht kommt.
25(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD durch die Ausgestaltung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA die dort aufgeführten Tätigkeiten jeweils zu einem gesonderten, rechtlich selbständig zu bewertenden Arbeitsvorgang ausgestaltet haben.
26(a) Nach der Definition der Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT ist grundsätzlich und allein das Arbeitsergebnis für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs maßgebend (oben II 2 a aa). Erst dann ist der Arbeitsvorgang anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (vgl. - Rn. 58; - 4 AZR 757/06 - Rn. 36, BAGE 122, 244). Für ein Abweichen der Tarifvertragsparteien von ihren eigenen Vorgaben nur für die Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA ist nichts erkennbar.
27(b) Aus dem vom Beklagten angeführten Senatsurteil vom (- 4 AZR 662/94 -) ergibt sich nichts anderes. Zwar heißt es dort ua., dass „bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge nach der Rechtsprechung des Senats auch der Inhalt der Tätigkeitsmerkmale zu beachten (ist)“. Diese Formulierung bezieht sich jedoch nur auf das Verbot der Aufspaltung von Arbeitsvorgängen, die als Tätigkeitsbeispiel oder Tatbestandsmerkmal von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich genannt worden sind. Darum geht es vorliegend nicht.
28III. Das führt zur Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
291. Der Senat kann zwar auch noch in der Revisionsinstanz grundsätzlich Arbeitsvorgänge selbst bestimmen (st. Rspr., zB - Rn. 44, BAGE 129, 208; - 4 AZR 409/84 - mwN). Hierfür fehlt es aber, wie ausgeführt, an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.
302. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Zwar hat die Klägerin die sonstigen Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA noch nicht hinreichend dargelegt (zu den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast im Eingruppierungsrechtsstreit zB - zu I 3 c bb (1) der Gründe, BAGE 109, 321; - 4 AZR 371/03 - zu I 1 e der Gründe). Dennoch war die Sache aufgrund der fehlenden tatsächlichen Feststellungen und vor dem Hintergrund der bisherigen Erörterungen des Rechtsstreits in den Tatsacheninstanzen sowie der Begründung der klageabweisenden Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG wird das Landesarbeitsgericht insbesondere der Klägerin Gelegenheit zu weiterem tatsächlichen Vortrag bzgl. des neuen tariflichen Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA geben müssen und dabei Folgendes zu beachten haben:
31a) Falls die in Nr. 1 und Nr. 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten der Klägerin tatsächlich vorliegen und mit der Krisenintervention einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden sollten, der dann die überwiegende Tätigkeit darstellt, kommt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA in Betracht. Dann kann die Erfüllung der tariflichen Anforderung „gleichwertige Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind“ nicht mit der Begründung abgelehnt werden, diese machten nicht mindestens die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit aus oder fielen innerhalb des maßgebenden Arbeitsvorgangs nicht zeitlich überwiegend an (s. nur - Rn. 43; - 4 AZR 568/09 - Rn. 58). Vielmehr ist es ausreichend, dass die Klägerin innerhalb des maßgebenden Arbeitsvorgangs in rechtserheblichem Umfang Tätigkeiten auszuüben hat, die die Anforderungen des tariflichen Qualifikationsmerkmals erfüllen (ähnlich zur Entgeltgruppe S 14 Alt. 1 TVöD-BT-V/VKA -, - 4 AZR 934/11 - und - 4 AZR 968/11 -).
32b) Die Klägerin kann sich für ihr Begehren allerdings nicht allein auf den Klammerzusatz des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA (Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise) stützen. Durch diesen wird lediglich ein Fachdienst, nicht jedoch eine bestimmte Tätigkeit bezeichnet. Es handelt sich nicht um ein tarifliches „Regelbeispiel“ (dazu etwa - Rn. 22 mwN), das eine Prüfung allgemeiner Tätigkeitsmerkmale erübrigen könnte.
33c) Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob die Klägerin „gleichwertige Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind“, iSd. zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA auszuüben hat.
34Die Tarifvertragsparteien haben zwar die hierfür erforderlichen tariflichen Anforderungen nicht weiter oder gar abschließend geregelt, um eine Erfassung der vielfältigen Tätigkeiten von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen im Rahmen von öffentlich-rechtlichen zwangsweisen Unterbringungen, die durch die unterschiedlichen Vorgaben der jeweiligen Landesregelungen zur zwangsweisen Unterbringung psychisch Kranker (vorliegend das PsychKG NRW) differenziert geregelt sind, genügend Raum zu lassen. Aus der Systematik der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA folgt aber, dass die Tätigkeiten der zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA mit denen der ersten „gleichwertig“ sein müssen.
35aa) Dabei kann sich die „Gleichwertigkeit“, wie eine Gegenüberstellung der beiden Fallgruppen zeigt und die Auslegung ergibt (zu den Maßstäben etwa - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238), nicht auf eine entsprechende Entscheidungsbefugnis im engeren Sinne beziehen. Nach der ersten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA sind ausdrücklich eigene „Entscheidungen“ zu „treffen“. Dies ist für die zweite Alternative der Entgeltgruppe nicht vorausgesetzt. Dort handelt es sich um Tätigkeiten, die „für … Entscheidungen“ anderer erforderlich sind, also um eher „begleitende“ Maßnahmen bei der Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung. Für das Tätigkeitsmerkmal der zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA kann deshalb nicht eine vergleichbare eigene Antrags- und Entscheidungsbefugnis verlangt werden. Eine solche Befugnis haben Sozialarbeiter/innen oder Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen des Sozialpsychiatrischen Dienstes im Rahmen einer zwangsweisen Unterbringung nicht. Das verdeutlicht das Verfahren nach dem PsychKG NRW. Nach § 12 PsychKG NRW kann nur das zuständige Amtsgericht nach ärztlichem Zeugnis eine Unterbringung anordnen. Der Antrag geht von der örtlichen Ordnungsbehörde im Benehmen mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst aus. Die damit verbundenen sozialpädagogischen oder sozialarbeiterischen Tätigkeiten werden bereits nach dem Gesetzeswortlaut im Rahmen des Unterbringungsverfahrens „eingespeist“, ohne jedoch allein ausschlaggebend zu sein. Dass sie gesetzlich vorgesehen sind, spricht für ihre Erforderlichkeit iSd. Tarifmerkmals. Gleiches gilt für Tätigkeiten im Rahmen von § 14 PsychKG NRW, wenn bei einer notwendigen sofortigen Unterbringung die örtliche Ordnungsbehörde von einem vorgelegten ärztlichen Zeugnis nur unter Beteiligung des Sozialpsychiatrischen Dienstes abweichen kann.
36Schließlich ist für eine „Gleichwertigkeit“ nicht eine eigenständige „Zusammenarbeit mit den Gerichten“ vorausgesetzt; diese ist nur in der ersten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA ausdrücklich verlangt.
37bb) Für eine Gleichwertigkeit iSd. Tarifmerkmals muss die Tätigkeit im Rahmen einer Gefahrenabwehr erforderlich sein. Insoweit knüpft das PsychKG NRW - wie auch andere einschlägige Landesregelungen zur zwangsweisen Unterbringung psychisch Kranker (vgl. mit Einzelnachweisen , 2 BvR 1279/12 - Rn. 164) - an das Vorliegen einer nicht anders abwendbaren Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Kranken und/oder anderer Personen an (§ 11 Abs. 1 Satz 1 PsychKG NRW). Dabei obliegen nach § 5 Abs. 1 PsychKG NRW die Hilfen für psychisch Kranke in den Kreisen und kreisfreien Städten den unteren Gesundheitsbehörden als Pflichtaufgabe und werden vor allem durch die Sozialpsychiatrischen Dienste geleistet. Deren Aufgabe besteht dementsprechend vor allem in der Mitwirkung an den Unterbringungsverfahren. Eine Tätigkeit, die im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Bereich der zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten steht und daran ausgerichtet ist, wird regelmäßig „gleichwertig“ iSd. Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA mit der in der Entgeltgruppe S 14 Alt. 1 TVöD-BT-V/VKA honorierten Garantenstellung (zur Garantenstellung iSv. § 1666 BGB Breier/Dassau/Faber TVöD Eingruppierung in der Praxis Stand September 2013 Teil D 1.1.2.1 § 56 TVöD-BT-V Rn. 4, 74, 81) und dem Schutzauftrag des Jugendamtes bei einer Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII (Breier/Dassau/Faber aaO Rn. 81) sein, wenn im Rahmen der Tätigkeit an Unterbringungsverfahren mitzuwirken ist, indem das gerichtliche Unterbringungsverfahren zu initiieren oder jedenfalls in einem nicht unerheblichem Maß zu begleiten ist.
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IAAAE-62897