BGH Beschluss v. - 5 StR 41/14

Finalzusammenhang bei einem besonders schweren Raub: Entschluss zur Wegnahme nach der Gewaltanwendung

Gesetze: § 249 Abs 1 StGB, § 250 Abs 2 Nr 1 StGB

Instanzenzug: LG Zwickau Az: 2 KLs 140 Js 8330/13

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten W.     wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt; die nichtrevidierende Mitangeklagte B.    hat es wegen Raubes in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

21. Nach den Feststellungen besuchten am der Angeklagte W.     und die Angeklagte B.    , die von ihrer Tochter und deren Freund, dem gesondert Verfolgten S.        begleitet wurde, die geschädigten Eheleute F.       in deren Wohnung. Über ein als unangemessen gewertetes Ansinnen erbost versetzte zunächst die Angeklagte B.    , sodann der ebenfalls verärgerte Angeklagte W.      dem Geschädigten Schläge in das Gesicht. Im Bewusstsein ihrer körperlichen Überlegenheit und in Ansehung des durch die Schläge deutlich eingeschüchterten Geschädigten kamen der Angeklagte W.     und S.       spontan überein, aus der Wohnung der Eheleute brauchbare Gegenstände wegzunehmen. Unter dem Eindruck der erhaltenen Schläge ließ es der Geschädigte F.       widerstandslos zu, dass der Angeklagte W.      und S.       Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 € zusammenpackten. Dieses Tun billigte die Angeklagte B.    , in deren Wohnung das Stehlgut anschließend verbracht wurde (Fall II.1 der Urteilsgründe).

3Drei Tage später suchten der Angeklagte W.      , die Angeklagte B.    , ihre Tochter und S.        erneut die Eheleute F.       auf. Wiederum erzürnte sich die Angeklagte B.    und schlug dem Geschädigten mehrfach in das Gesicht. Der Angeklagte W.      und S.        schlossen sich diesen Tätlichkeiten an. Weiterhin brachte der Angeklagte W.     dem Geschädigten an den Händen mit einer glimmenden Zigarette Brandwunden bei. Nachdem es dem Geschädigten gelungen war, in ein anderes Zimmer der Wohnung zu flüchten, entwendeten der Angeklagte W.      und S.        aus der Wohnung der Eheleute F.         "ungestört in Ausnutzung der fortwirkenden Gewalt" Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 €. Die Angeklagte B.    machte sich die Wegnahme zu eigen, indem sie half, die entwendeten Sachen in ihre Wohnung zu tragen (Fall II.2 der Urteilsgründe).

42. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten W.      wegen Raubes und besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. , BGHSt 32, 88, 92; Urteil vom - 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Urteil vom - 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschluss vom - 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; MünchKomm/Sander, StGB, 2. Aufl., § 249 Rn. 31 mwN). Hier hatte sich der Angeklagte nach den Feststellungen jeweils erst nach seiner letzten Gewaltanwendung zur Wegnahme entschlossen. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor der Wegnahme, die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt beinhaltete, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; vom - 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; vom - 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45). Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers reicht nicht aus (vgl. , NStZ 2013, 648).

53. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht in neuer Hauptverhandlung Feststellungen zu treffen vermag, die eine Verurteilung wegen Raubdelikten stützen.

6Da der aufgezeigte materiellrechtliche Fehler des Urteils die nicht revidierende Mitangeklagte B.    in gleicher Weise betrifft, ist die Aufhebung auf sie zu erstrecken, nachdem sie - zum Antrag des Generalbundesanwalts auf Entscheidung nach § 357 StPO über ihren Verteidiger angehört - einer solchen Erstreckung nicht widersprochen hat.

Basdorf                       Sander                        Schneider

                 Berger                       Bellay

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
QAAAE-60213