NWB Nr. 13 vom Seite 881

„Zwei Schritte vor, einen Schritt zurück?

Thorsten Meyer | Dipl.-Kfm. Dipl.-Ing. WP/StB | Prokurist in der Dr. Ferschen GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Mülheim an der Ruhr

Teilwertabschreibungen – BMF-Entwurf im Widerspruch zu BFH-Urteilen

Vor etwas mehr als zwei Jahren durfte ich Sie in darüber informieren, dass der BFH in einer in Literatur und Rechtsprechung sehr umstrittenen Frage, der Bildung von Teilwertabschreibungen und deren Beibehaltung zu einem späteren Bilanzstichtag, mit den BFH-Urteilen vom 21. September 2011 eine im Ergebnis sehr kluge und praktikable Entscheidung getroffen hatte. Nun liegt seitens der Finanzverwaltung der Entwurf eines BMF-Schreibens vor, der Teilwertabschreibungen auf Anlagevermögen, Umlaufvermögen sowie „Teilwertzuschreibungen“ auf Verbindlichkeiten umfasst. Der Ansatz, die steuerliche Behandlung von Teilwertabschreibungen, die bisher in verschiedenen Verwaltungsanweisungen geregelt war, in einem einzigen Schreiben zusammenzuführen, ist gut. Nicht gut ist dagegen die Umsetzung im vorliegenden Entwurf; jedenfalls dort, wo sie im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung steht. Sachverhalte, die in den BFH-Urteilen glasklar formuliert wurden, sind nach dem Entwurf des BMF-Schreibens davon abweichend zu behandeln.

Nehmen wir die Teilwertabschreibungen auf börsennotierte Aktien im Anlagevermögen, für die der BFH entschieden hat, dass es bei der Beurteilung, ob und in welcher Höhe eine Teilwertabschreibung vorzunehmen ist, auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag nicht mehr ankommt und darüber hinaus Kursverluste bis zu 5 % im Sinne einer Bagatellregelung gänzlich unberücksichtigt bleiben. Der BFH hat damit in der schwierigen Frage des Nachweises der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung – als notwendige Voraussetzung für Teilwertabschreibungen im Anlagevermögen – in Anwendung einer typisierenden Betrachtungsweise eine überzeugende und praktikable Lösung gefunden. Als hätte es das Urteil des BFH nie gegeben, schränkt nun der Entwurf des BMF-Schreibens (Tz. 15) die Bildung von Teilwertabschreibungen auf börsennotierte Aktien des Anlagevermögens in unzulässiger Weise ein; Kursverluste sind danach nicht zu berücksichtigen, wenn und soweit sich „der Kurs [?] bis zur Bilanzaufstellung wieder erholt“. Dies steht in offenem Widerspruch zum und ist umso unverständlicher, als hierfür keinerlei sachliche Begründung geliefert wird.

Zur Umsetzbarkeit in der Praxis: Nach dem Motto „zwei Schritte vor, einen Schritt zurück“ fällt der vorliegende Entwurf hinter das in früheren BMF-Schreiben präzise Formulierte wieder zurück. Nach dem endete der Wertaufhellungszeitraum zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz und für den Fall, dass keine Handelsbilanz aufzustellen ist, zum Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz. Der vorliegende Entwurf (Tz. 6) spricht hier lediglich von Bilanzaufstellung. Die Diskussion ist damit wieder eröffnet, ob mit „Bilanz“ die Handelsbilanz oder die Steuerbilanz gemeint ist.

Die Stellungnahmen der Verbände zu dem Entwurf sind einhellig: Abweichungen des Entwurfs von den Entscheidungen des BFH sind zu beseitigen; dies gilt gleichermaßen für die Beseitigung von Unklarheiten.

Thorsten Meyer

Fundstelle(n):
NWB 2014 Seite 881
XAAAE-59837