BFH Beschluss v. - IX B 71/13

Verletzung des Rechts auf Gehör; Mündliche Verhandlung obwohl erhebliche Gründe für eine Terminverlegung geltend gemacht wurden

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 96 Abs. 2, GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 227

Instanzenzug: EZ

Gründe

1 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Verletzung des Rechts auf Gehör geltend machten, ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das angefochtene Urteil beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO; es verletzt den Anspruch des Klägers zu 1 auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO, § 119 Nr. 3 FGO).

2 Einem Verfahrensbeteiligten wird rechtliches Gehör versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache entscheidet, obwohl er einen Antrag auf Terminsverlegung gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat. Das FG ist in einem solchen Falle verpflichtet, den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen (z.B. , BFH/NV 2002, 938, m.w.N.). Zu den erheblichen Gründen i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO gehört auch die Erkrankung des Beteiligten.

3 Nach diesen Grundsätzen durfte das FG den Terminsverlegungsantrag der Kläger nicht ablehnen. Der Kläger zu 1 hat den Terminsverlegungsantrag durch den Hinweis auf seine Erkrankung sowie durch Vorlage der diese Erkrankung bestätigenden Bescheinigung dargelegt. Da dies am Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung geschah, hätte das FG, wenn ihm die Begründung für eine Terminsverlegung nicht ausreichend erschien, den Kläger zur Ergänzung seines Vortrags auffordern müssen; höhere Anforderungen an die Darlegung und (ggf.) Glaubhaftmachung des Antragstellers gelten nur bei einem „in letzter Minute” gestellten Antrag (, BFH/NV 2005, 1578, unter 1.a), der im Streitfall nicht gegeben ist (so auch , BFH/NV 2013, 762), zumal das Fax des Klägers zu 1 bereits am frühen Morgen des ersten Arbeitstags nach Ausstellen des ärztlichen Attests und am Vortag der anberaumten Verhandlung beim FG einging. Hinzu kommt, dass die grundsätzliche Art der Erkrankung des Klägers zu 1 dem Gericht bekannt war und dieser auch noch den telefonischen Kontakt mit dem Gericht gesucht hat.

4 2. Der Senat hält es für sachgerecht, gemäß § 116 Abs. 6 FGO die Vorentscheidung wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Diesem wird auch die Kostenentscheidung nach § 143 Abs. 2 FGO übertragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2014 S. 175 Nr. 2
VAAAE-50847