Grundsicherung für Arbeitsuchende - öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Bundes gegen eine Optionskommune bei rechtswidriger Mittelverwendung - Einkommensberücksichtigung - Anwendung der vertikalen Berechnungsmethode bei der Einkommensverteilung in den Jahren vor 2008 - Zuständigkeit des BSG als Revisionsgericht - Zulässigkeit der Feststellungsklage
Leitsatz
1. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist im Verhältnis des Bundes zu den zugelassenen kommunalen Trägern bei zumindest grob fahrlässigem fehlerhaftem Verwaltungshandeln bis zur Einführung einer spezialgesetzlichen Regelung grundsätzlich eröffnet.
2. Zur Annahme von grober Fahrlässigkeit bei Anwendung der Methode der vertikalen Einkommensanrechnung.
Gesetze: § 1 SGB 2, § 3 SGB 2, § 6a SGB 2, § 6b Abs 1 SGB 2, § 6b Abs 2 S 1 SGB 2, § 6b Abs 5 SGB 2, § 9 Abs 2 S 3 SGB 2, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 46 SGB 2, Art 104a Abs 5 S 1 GG, Art 104a Abs 5 S 2 GG, Art 106 Abs 8 GG, § 39 Abs 2 S 1 SGG, § 29 Abs 2 Nr 3 SGG, § 54 SGG, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG
Instanzenzug: SG Detmold Az: S 23 AS 22/07 Urteilvorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: L 6 AS 16/09 Urteil
Tatbestand
1Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung von unter Vorbehalt an die Beklagte gezahlten 1 265 186,86 Euro für den Zeitraum vom bis zum .
2Der Kläger ist als sog Optionskommune nach § 6a SGB II iVm § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom (BGBl I 2349) als Träger der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zugelassen.
3Unter dem schlossen die Beteiligten eine "Verwaltungsvereinbarung über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende". Diese Vereinbarung lautet auszugsweise:
5Im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachte der Kläger Leistungen nach dem SGB II an Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften. Die Individualansprüche der einzelnen Mitglieder berechnete er nach der sog "vertikalen Einkommensanrechnungsmethode". Ihr zufolge wird das Einkommen eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft zunächst zur Deckung dessen eigenen Bedarfs angerechnet und anschließend ein etwaig bestehender Überschuss den weiteren Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft zugeordnet. Die Beklagte hält dagegen die sog "horizontale Einkommensanrechnungsmethode" für zutreffend. Nach ihr wird anrechenbares Einkommen mit gewissen Modifikationen gleichmäßig auf alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt. Während sich die Anwendung der einen oder anderen Methode nicht auf die an Leistungsberechtigte zu erbringende Leistungshöhe insgesamt auswirkt, ergeben sich Unterschiede in der Höhe der Ansprüche des einzelnen Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft bezüglich der Aufteilung in Regelleistung und Mehrbedarfe einerseits und Kosten der Unterkunft und Heizung andererseits. Die Anwendung der vertikalen Einkommensanrechnungsmethode führt in der Regel zu einer betragsmäßig geringeren Leistungstragung durch die Kommunen für Kosten der Unterkunft und Heizung. Nach den übereinstimmenden Berechnungen der Beteiligten ergibt sich bei Anwendung der horizontalen Einkommensanrechnungsmethode ein um insgesamt 1 265 186,86 Euro (2005: 606 478,13 Euro, 2006: 315 273,22 Euro, Januar bis Mai 2007: 343 435,51 Euro) höherer Anteil an den gegenüber Leistungsberechtigten zu gewährenden Leistungen als bei Anwendung der vertikalen Einkommensanrechnungsmethode.
6Auf die Androhung der Beklagten, den Kläger vom Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesenverfahren des Bundes (im Folgenden: HKR-Verfahren) auszuschließen, zahlte der Kläger die geforderte Summe an die Beklagte.
7Die nach Scheitern von Verhandlungen zwischen den Beteiligten beim SG erhobene Klage ist erfolglos geblieben (Urteil vom ). Das SG hat entschieden, der Kläger habe der Beklagten 1 265 186,86 Euro zu erstatten. Dies folge zwar nicht aus der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung, auch nicht iVm § 6b SGB II, aber aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Für die aufgrund der Anwendung der vertikalen Berechnungsmethode entstandene Vermögensverschiebung zugunsten des Klägers habe kein Rechtsgrund bestanden, da nach der Rechtsprechung des BSG zu § 9 Abs 2 S 3 SGB II allein die horizontale Berechnungsmethode anzuwenden sei. Auf ein Verschulden des Klägers hinsichtlich der fehlerhaften Rechtsanwendung komme es nicht an.
8Die hiergegen erhobene Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg gehabt (Urteil vom ). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger zwar mit seinem Antrag auf Feststellung, auch in Zukunft zur Anwendung der vertikalen Berechnungsmethode berechtigt zu sein, unterliege, da die Anwendung der horizontalen Berechnungsmethode in der Rechtsprechung des BSG inzwischen geklärt sei. Der Kläger sei jedoch nicht verpflichtet, die von der Beklagten geforderten Beträge zu erstatten. Hierfür fehle es an einer Anspruchsgrundlage, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Die Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten stelle keine eigenständige vertragliche Anspruchsgrundlage für die Erstattung nicht ordnungsgemäß verwalteter Mittel dar, weil sie lediglich verfahrensrechtliche Regelungen über die Teilnahme am HKR-Verfahren, über Berichtspflichten und über die Durchführung der Finanzkontrolle enthalte. Rechte und Pflichten in der Wahrnehmung von Aufgaben in der Funktion als Leistungsträger seien dort nicht geregelt. Aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung folge als eigener Regelungsgegenstand allein der Zeitpunkt des Ausgleichs. Ein Erstattungsanspruch ergebe sich auch nicht aus Art 106 Abs 8 GG, denn dieser Norm könne weder eine Mittelkontrolle im Einzelfall noch eine Haftung bei nicht ordnungsgemäßer Mittelverwaltung entnommen werden. Auch Art 104a Abs 5 GG biete keine Haftungsgrundlage, denn nach der im Rahmen dieser Vorschrift anwendbaren sog "Haftungskern-Rechtsprechung" sei vorsätzliches oder wenigstens grob fahrlässiges Verhalten erforderlich, woran es im zu beurteilenden Fall fehle. Schließlich könne sich die Beklagte nicht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch berufen, weil die Beklagte mit Rechtsgrund an den Kläger geleistet habe. § 6b Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II lasse sich nicht entnehmen, dass die endgültige Pflicht zur Kostentragung nur rechtmäßig erbrachte Aufwendungen erfasse. Auch § 6b Abs 2 SGB II enthalte lediglich darüber Bestimmungen, wer die Aufwendungen der Grundsicherung zu tragen habe. Der Rechtsgrund sei nicht dadurch entfallen, dass der Kläger die Mittel nicht ordnungsgemäß bewirtschaftet habe.
9Mit ihrer am eingelegten Revision trägt die Beklagte vor, das angefochtene Urteil beruhe auf der Verletzung von Bundesrecht, nämlich der § 6b Abs 2 S 1, § 46 Abs 1 S 1 SGB II, ferner der analog anzuwendenden §§ 133, 157 BGB, weiter der Art 104a Abs 5 S 1 und Art 106 Abs 8 GG sowie schließlich des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Der Beklagten stehe ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der vom Kläger erhaltenen Zahlungen zur Seite. Das in § 19 S 3 SGB II vorgesehene Stufenverhältnis der Leistungstragung gelte auch für zugelassene Optionskommunen. Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen mindere zunächst die Geldleistungen der Agentur für Arbeit. Erst anschließend minderten sich die Leistungen des kommunalen Trägers. Dies sei bei einer vertikalen Einkommensanrechnung nicht gewährleistet. Die Finanzierungslast des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II, die gegenüber der Regelung in § 46 SGB II eigenständig sei, beschränke sich auf materiell rechtmäßige Aufwendungen der zugelassenen kommunalen Träger. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Normierung eines Erstattungsanspruchs könne nicht gefolgert werden, dass sich die Finanzierungslast des Bundes auch auf rechtswidrig gewährte Leistungen erstrecke. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch liefe in solchen Fällen stets leer. Die Finanzierungslast sei nicht entsprechend § 46 Abs 1 S 1 SGB II zu behandeln, da § 46 SGB II lediglich die Finanzierungszuständigkeit regele, nicht hingegen den Umfang der zu tragenden Aufwendungen. Aus dem Fehlen direkter Aufsichtsbefugnisse der Beklagten gegenüber zugelassenen kommunalen Trägern könne nicht geschlossen werden, dass die Finanzierungslast des Bundes auch rechtswidrig gewährte Leistungen umfasse bzw der Beklagten kein Erstattungsanspruch zustehe. Zudem sprächen der Wortlaut des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ("die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende"), Sinn und Zweck der Vorschrift wie auch der gesetzessystematische Zusammenhang mit § 31 SGB I für eine Beschränkung der Finanzierungslast des Bundes auf Aufwendungen der kommunalen Träger, die von Rechtsgrundlagen im SGB II gedeckt seien. Die kommunalen Träger dürften hinsichtlich der Gesetzesanwendung nicht freier gestellt werden als die BA. Dass die BA keine Erstattungspflicht treffe, sei sachlich gerechtfertigt, denn die Beziehung zu dieser beruhe nicht - wie bei kommunalen Trägern - auf Art 106 Abs 8 GG. Zudem seien die Aufsichtsbefugnisse unterschiedlich ausgestaltet. Gegenüber den Kommunen stehe dem Bund - anders als gegenüber der BA gemäß § 47 SGB II - keine Weisungsbefugnis und so auch keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit zwecks Beendigung rechtswidrigen Verhaltens eines Sozialleistungsträgers zu. Lediglich der Bundesrechnungshof sei zu einer Prüfung befugt. Dem Bund solle durch § 6b SGB II nicht das finanzielle Risiko einer Falschanwendung des SGB II aufgebürdet werden. Anderenfalls könne der Kläger ohne jedes Risiko rechtswidrige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu Lasten der Beklagten beschließen. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei verfassungskonform im Lichte des Art 106 Abs 8 GG auszulegen. Art 104a Abs 5 GG komme als Haftungsgrundlage nicht in Betracht, da diese Vorschrift von der Zweistufigkeit der Finanzverfassung ausgehe.
10Die Haftungskernrechtsprechung des BSG und des BVerwG sei auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar. Es gehe nicht um die Haftung einer Optionskommune, sondern um die Erstattungspflicht des Bundes. Die Anwendung der vertikalen Berechnungsmethode sei - wie das BSG in ständiger Rechtsprechung festgestellt habe - rechtswidrig. Unerheblich sei, ob der Kläger Leistungen mit Bindungswirkung gegenüber den Leistungsberechtigten bewilligt habe. Dies betreffe allein das Außenverhältnis, nicht hingegen das für die Finanzierungslast maßgebliche Innenverhältnis der Träger untereinander. Die Bestimmungen der §§ 44 ff SGB X dienten dem Vertrauensschutz der Leistungsberechtigten, nicht dem der Bewilligungsbehörde. Der Kläger habe durch eine Vermögensverschiebung, dh eine Leistung der Beklagten zugunsten des Klägers durch Schaffung einer Möglichkeit zum Mittelabruf, die von ihm im HKR-Verfahren tatsächlich abgerufenen Bundesmittel erlangt und so sein wirtschaftliches Vermögen vermehrt. Dies sei auch ohne Rechtsgrund erfolgt, da § 6b Abs 2 S 1 SGB II keine pauschale Mittelbereitstellung vorsehe. Vielmehr folge § 6b SGB II dem Gedanken der Aufwendungserstattung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1 S 2 iVm § 3 Abs 3 der Verwaltungsvereinbarung. Auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB könne sich der Kläger als "öffentliche Hand" nicht berufen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch werde auch nicht durch Art 104a Abs 5 S 1 GG gesperrt, da sich ein Haftungsverhältnis im Sinne der Norm auf das Verhältnis Bund-Land beschränke.
11Der Erstattungsanspruch der Beklagten folge zudem aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Dort seien sowohl Voraussetzungen als auch die Rechtsfolge eines materiellen Anspruchs festgelegt. Dies folge bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Dem stehe auch die Anknüpfung an § 6b Abs 2 S 1 SGB II nicht entgegen, denn dort sei kein Erstattungsanspruch geregelt. Auch § 5 Abs 4 der Verwaltungsvereinbarung spreche nicht gegen die Existenz eines materiellen Anspruchs in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Der Anspruch beschränke sich zudem nicht auf die Erstattung der in § 16 Abs 2 S 2 Nr 1 bis 4, § 22 und § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit von Prüfbefugnissen des Bundes lasse nicht auf das Fehlen eines Erstattungsanspruches schließen.
12Das LSG habe zumindest einen Rückforderungsanspruch aus Art 106 Abs 8 GG bejahen müssen. Diese Norm begründe einen verfassungsunmittelbaren Ausgleichsanspruch des Bundes für Überzahlungen gegenüber den Optionskommunen als "umgekehrter Leistungsanspruch". Nur so könne die materielle Beschränkung der Ausgleichsbefugnis des Bundes in Art 106 Abs 8 GG wirksam gewährleistet werden. Ein Verschulden aufseiten der Optionskommune als Anspruchsbeschränkung sehe diese Norm nicht vor. Die Begrenzung der Haftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln auf die Fälle vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen sei nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auf den hier zu beurteilenden Fall übertragbar wäre. Vielmehr beschränke sich dieser Kernbereich der Haftung auf die Fälle des Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG und damit - der Rechtsprechung des BVerwG folgend - auf die Finanzbeziehungen gemäß Art 104a GG.
13Die Beklagte beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom zurückzuweisen.
14Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.
15Er habe sich nicht aus fiskalischen, sondern aus rechtlichen, nicht zuletzt verfassungsrechtlichen Gründen für die Anwendung der vertikalen Einkommensanrechnungsmethode entschieden. Während des streitgegenständlichen Zeitraums habe keine gefestigte Rechtsprechung existiert, die den Kläger entgegen seiner Auffassung zur Anwendung der horizontalen Einkommensanrechnung hätte veranlassen müssen. Das biete aber Anlass, die bisherige Rechtsprechung des BSG zu überdenken.
16Allein die vertikale Einkommensanrechnung genüge dem aus den von der Norm betroffenen Grundrechten folgenden Optimierungsgebot. Die horizontale Einkommensanrechnung stehe in diametralem Gegensatz zum Inhalt des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, da sie nicht zu einer individuellen, durch subjektive Rechte des einzelnen Hilfebedürftigen abgesicherten Bedarfsdeckung führe, sondern auf der Annahme basiere, dass auch eine mittelbar faktische Bedarfsdeckung stattfinde, ohne diese rechtlich zu sichern. Daran ändere sich auch nichts durch das Erfordernis einer "funktionierenden Bedarfsgemeinschaft". Eine horizontale Einkommensanrechnung, die nicht mit einer horizontalen Bedarfsberechnung gleichgesetzt werden dürfe, führe zu einer unzulässigen Gleichbehandlung von faktisch hilfebedürftigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft und den faktisch nicht hilfebedürftigen. Gleichbehandelt werde trotz eines wesentlichen Unterschieds auch der Bezug selbst verdienten Einkommens zur Bedarfsdeckung und die Abhängigkeit nicht verdienender Personen von staatlichen oder privaten Unterhaltsleistungen im weiteren Sinne. Die horizontale Einkommensanrechnung stelle einen nicht tragfähigen Einbruch in die inneren Verhältnisse einer Familie und deswegen einen Eingriff in Art 6 Abs 1 GG dar. Dem Wortlaut des § 9 Abs 2 S 3 SGB II sei weder die vertikale noch die horizontale Einkommensanrechnung eindeutig zu entnehmen. Dies ergebe sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien. Ebenso wenig ergiebig sei eine systematische Betrachtung der Norm. Das SGB II regele keine Einstandsgemeinschaft noch finde es eine solche vor. Die horizontale Einkommensanrechnung versage auch für den Fall, wenn ein Hilfebedürftiger mit einer Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebe, die selbst nicht Inhaberin eines Individualanspruchs auf Grundsicherung für Arbeitsuchende sein könne, deren Einkommen aber dem Hilfebedürftigen gemäß § 9 Abs 2 SGB II zuzurechnen sei. Das B 14/7b AS 58/06 R - juris RdNr 47 ff) wende in diesen Fällen die vertikale Einkommensanrechnungsmethode an. Im Falle einer Sanktionierung nach § 31 SGB II zeige sich eine Ungleichbehandlung beider Sachverhalte.
17Selbst wenn aber § 9 Abs 2 SGB II die Verbindlichkeit der horizontalen Einkommensanrechnungsmethode zu entnehmen wäre, so habe die Beklagte dennoch keinen Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger, da der Kläger im entscheidungserheblichen Zeitraum, wie die Vorinstanz festgestellt habe, "durchaus gut vertretbar" davon habe ausgehen dürfen, dass im Rahmen des § 9 Abs 2 SGB II die vertikale Einkommensanrechnungsmethode anzuwenden sei. Die Kostentragungslast der Beklagten aus § 6b Abs 2 SGB II knüpfe an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen an und nicht an fiktiven Aufwendungen.
18Dem Kläger habe ein ursprünglicher, mit dem Mittelabruf bei der Beklagten im HKR-Verfahren erfüllter Anspruch gegen die Beklagte aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II auf Erstattung seiner Aufwendungen zugestanden. Die Kostentragungslast der Beklagten aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II erfasse in Übereinstimmung mit Art 106 Abs 8 GG auch Aufwendungen für rechtswidrige Maßnahmen, soweit sie in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende stünden. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei aufgaben- und nicht maßnahmenbezogen auszulegen. Es mache insoweit auch keinen Unterschied, ob passive oder aktive Leistungen gewährt worden seien. § 31 SGB I stehe nicht entgegen, denn auch rechtswidrig gewährte Leistungen seien gesetzliche Leistungen im Sinne dieser Norm. Die Rechtswirksamkeit einer Leistungsbewilligung setze sich unabhängig von deren Rechtmäßigkeit gegenüber Leistungsempfängern im Innenverhältnis zwischen Aufgaben- und Ausgabenträger fort. Anderenfalls werde eine Optionskommune dem Risiko ausgesetzt, der Beklagten Rückzahlungen leisten zu müssen, obwohl sie keine Möglichkeit habe, die bewilligten Leistungen nach §§ 45, 48 SGB X zurückzufordern. Aus Art 20 Abs 3 GG und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folge nicht, dass ein rechtswidriges Handeln im Einzelfall auf Ebene des Leistungsrechts nicht als Aufgabenerfüllung anzusehen sei. Zwar könne sich daraus grundsätzlich auch ein Haftungsanspruch ergeben. Ein solcher könne sich aber finanzverfassungsrechtlich nur nach Art 104a Abs 5 GG richten. Eine anderweitige Haftung der kommunalen Gebietskörperschaften gegenüber dem Bund für fehlerhaftes, vom Bund finanziertes Verwaltungshandeln sehe das GG nicht vor. Daraus folge, dass entweder eine Haftung nur im Sinne des Haftungskerns bestehe oder überhaupt keine zwischen dem Kläger und der Beklagten, sondern zwischen der Beklagten und dem Land Nordrhein-Westfalen. Art 106 Abs 8 GG dürfe nicht in einer Art und Weise ausgelegt werden, die in Widerspruch zu den Wertungen des Art 104a GG stünde. Aus der Verwaltungsvereinbarung folge ebenfalls kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, da diese Vereinbarung keine Ansprüche begründe, sondern lediglich Verfahrensregelungen treffe. Die durch Einfügung des Art 91e GG und § 6b Abs 5 SGB II mit Wirkung zum geschaffene Rechtslage bestätige die Rechtsauffassung des Klägers.
19Der von der Beklagten behauptete Rückforderungsanspruch trete zudem neben die normativ unberührt bleibende Aufsicht der zuständigen Landesbehörde, die auch nicht lückenhaft, sondern umfassend sei. Die Rechtmäßigkeitsprüfung der Beklagten habe den Charakter einer repressiven Aufsichtsmaßnahme. Dies entwerte die Aufsichtsbefugnisse des Landes nach § 47 Abs 2 SGB II. Der Kläger könne, träfe die Rechtsauffassung der Beklagten zu, seiner eigenen Rechts- und Fachaufsicht nicht mehr vertrauen, sondern müsse sich der zusätzlichen faktischen Rechtsaufsicht der Beklagten unterwerfen. Hinzu komme, dass das BMAS es in der Vergangenheit abgelehnt habe, einzelne Maßnahmen und Leistungen im Vorweg auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und den Optionskommunen eine verbindliche Rechtsauffassung mitzuteilen.
Gründe
20Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
211. a) Das BSG ist als Revisionsgericht zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit berufen. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG gemäß § 39 Abs 2 SGG ist nicht gegeben. Nach § 39 Abs 2 S 1 SGG wäre das BSG im ersten und letzten Rechtszug zur Entscheidung über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern in den in § 51 SGG genannten Angelegenheiten berufen. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
22Zwar sind die Kommunen - wie hier der klagende Landkreis - im nach dem GG zweigegliederten Verfassungsstaat rechtlich den Bundesländern zuzuordnen (Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Vor Art 104a RdNr 1). Entscheidend für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG - wie auch für die entsprechenden Streitigkeiten gemäß § 50 VwGO vor dem BVerwG - ist jedoch die formale Beteiligtenstellung als Bundesland, was eine Beteiligtenstellung von Kommunen in Streitigkeiten nach § 39 Abs 2 S 1 SGG ausschließt (vgl Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Aufl 2012, § 50 RdNr 8). Klagt also eine Kommune einen ihr vermeintlich zustehenden Anspruch gegenüber dem Bund ein, sind hierfür die Sozialgerichte sachlich und in erster Instanz zuständig (vgl § 8 SGG). So liegt es auch hier.
23b) Die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom (BGBl I 453) mit Wirkung vom in § 29 Abs 2 Nr 3 SGG eingefügte Zuweisung von Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b SGB II an die Landessozialgerichte, die in erster Instanz zu entscheiden haben, hat keinen Einfluss auf das hier geführte Verfahren. Denn auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängige Klageverfahren - der Anspruch des Klägers wurde am beim SG anhängig gemacht - wirkt sich eine Änderung der (instanziellen) Zuständigkeit gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori (vgl § 98 SGG iVm § 17 Abs 1 S 1 GVG) nicht aus (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 29 RdNr 4).
24c) Die Sachurteilsvoraussetzungen einer (negativen) Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 SGG liegen vor. Dem Feststellungsbegehren des Klägers kann nicht das nach dieser Vorschrift geforderte Feststellungsinteresse abgesprochen werden. Zwar kann die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wozu auch das (Nicht-)Bestehen einer Forderung im Verhältnis zwischen den an der Finanzierung von Leistungen nach dem SGB II beteiligten Trägern gehört, mangels berechtigten Interesses an der alsbaldigen Feststellung grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn - wie hier - nach Ausgleich der Forderung der Beklagten seitens des Klägers die Rückerstattung im Wege einer Leistungsklage verfolgt werden könnte. Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren, obwohl er - anders als in § 43 Abs 2 VwGO und § 41 Abs 2 FGO - keinen ausdrücklichen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 55 RdNr 19; vgl - BSGE 58, 150, 152 f = SozR 1500 § 55 Nr 27). Dieser Grundsatz gilt jedoch bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts nur eingeschränkt, da angenommen werden kann, dass solche Beklagte aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz die Kläger auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen (stRspr, vgl etwa - BSGE 10, 21, 24 f; - BSGE 12, 44, 46 = SozR Nr 73 zu § 54 SGG; - SozR 4-2500 § 125 Nr 2 RdNr 9; - SozR 4-2700 § 136 Nr 3 RdNr 23; - BSGE 105, 1, 4 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5). Diese Annahme ist insbesondere dann berechtigt, wenn erwartet werden kann, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung einer endgültigen Klärung zugeführt werden kann ( - SozR 4-2700 § 136 Nr 3 RdNr 23; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 55 RdNr 21). So liegt es hier, denn mit dem vorliegenden Urteil werden die für die Rechtslage bis zum maßgebliche Fragen hinsichtlich der Verpflichtung zur (Rück-)Erstattung von im HKR-Verfahren abgerufenen Beträgen aufgrund Anwendung der vertikalen bzw horizontalen Einkommensanrechnungsmethode unter den Beteiligten im Wesentlichen geklärt.
252. Die Revision ist indes nicht begründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gezahlten Beträge in Höhe von 1 265 186,86 Euro (606 478,13 Euro für das Jahr 2005, 315 273,22 Euro für das Jahr 2006 und 343 435,51 Euro für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2007) aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu. Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs liegen vor, insbesondere steht der Beklagten ihrerseits kein Anspruch auf die Rückgewähr der vom Kläger im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach einer anderen Rechtsgrundlage zu.
26a) Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (stRspr, vgl zB - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2; - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; - BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9; aus der Literatur zB Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1239). Mit ihm soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Soweit eine spezialgesetzliche Regelung - wie zB in dem mit Wirkung zum in § 6b Abs 5 SGB II eingefügten Erstattungsanspruch - nicht existiert, entsprechen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (stRspr, vgl zB - BVerwGE 131, 153; - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7 RdNr 14; - BVerwGE 131, 153 - juris RdNr 13 mwN; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 21; Luik, jurisPR-SozR 6/2013, Anm 1). Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist ( - BVerwGE 131, 153).
27Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch - für den nicht die Rechtswidrigkeit einer Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit einer Vermögensverschiebung kennzeichnend ist (Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1236; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 515) - setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
28Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts beherrscht wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl allgemein Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 159; Henneke, DÖV 2012, 165, 174). Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers etwas erlangt, nämlich eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat. Dass der Kläger diesen Betrag zuvor selbst im HKR-Verfahren abgebucht hat, steht dem nicht entgegen (vgl Luik, jurisPR-SozR 6/2013 Anm 1), denn rechtlich maßgeblich für die Betrachtung der Vermögensmehrung ist der jeweils einzelne Zahlungs-/Buchungsvorgang. Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Denn diese Vermögensverschiebung widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II (idF des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom , BGBl I 3675) bzw nach Art 106 Abs 8 GG zu gewähren.
29b) Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger zu.
30aa) Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum kommt zunächst § 6b Abs 5 SGB II als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Diese Vorschrift stellt zwar eine besondere Kodifizierung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für das Haftungsverhältnis zwischen dem Bund und den Optionskommunen dar (BT-Drucks 17/1555 S 16; Schumacher in Oestreicher, SGB II/XII, § 6b RdNr 5 [Stand: 10/2012]). Sie ist jedoch gemäß Art 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom (BGBl I 1112) erst zum in Kraft getreten und zeitigt für den hier zu beurteilenden Fall keine Wirkungen.
31bb) Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren gewährten Mittel ergibt sich auch nicht aus §§ 102 ff SGB X, denn im hier zu beurteilenden Fall geht es nicht etwa um das Erstattungsverhältnis mehrerer Sozialleistungsträger untereinander hinsichtlich der Frage, wer letztlich gegenüber einem Leistungsberechtigten Sozialleistungen zu erbringen hat, sondern ausschließlich um die (Re-)Finanzierung der erbrachten Sozialleistungen im Innenverhältnis (vgl - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 15). Da die Optionskommunen als im sozialrechtlichen Außenverhältnis alleiniger Sozialleistungsträger nicht nur für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II, sondern auch für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II ergebenden Aufgaben zuständig sind (vgl § 6b Abs 1 SGB II) und lediglich die Finanzierung der Aufgaben nicht allein durch die Optionskommunen erfolgt, steht hier kein Konkurrenzverhältnis zweier Sozialleistungsträger im Außenverhältnis infrage. Der Bund als die Optionskommunen (mit-)finanzierende Körperschaft tritt nur in dieser Funktion in das Geschehen, nicht hingegen als Sozialleistungsträger iS des § 12 S 1 SGB I.
32cc) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt nicht aus § 5 Abs 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung. Offen bleiben kann insoweit, ob hinsichtlich der Ausgestaltung einer Finanzbeziehung nach Art 106 Abs 8 GG wie auch hinsichtlich einer eventuell bestehenden Ausgleichspflicht der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten überhaupt zulässig ist (bejahend zB Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, 68. Aufl 2013, Art 106 RdNr 101; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 9; wohl auch Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 56; ablehnend Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 49). Jedenfalls stellt § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung schon keine Anspruchsgrundlage materiellen Inhalts dar, auf welche sich die Beklagte stützen könnte, um den Erhalt der Zahlung dauerhaft zu rechtfertigen. Der Vertragsbestimmung kommt lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift zu. Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig ist (vgl Henneke, Der Landkreis 2012, 553). Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt, Konto) sind eigenständig in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt. Dasselbe folgt aus einer systematischen Betrachtung der Vorschrift. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung "Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Dass gemäß § 5 Abs 4 die Prüfungsbefugnisse des Landes sowie des Bundesrechnungshofes unberührt bleiben sollen, spricht bei systematischer Betrachtung des § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ebenfalls gegen das Bestehen eines Erstattungsanspruchs, denn eine eigenständige Feststellung einer Überzahlung durch die Beklagte wäre eine unmittelbare Einflussnahme auf den Kläger in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - einer aus Sicht des Klägers zusätzlichen und nach dem Gesetz nicht vorgesehenen Aufsicht des Bundes gegenüber dem Kläger gleich.
33dd) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht unmittelbar aus Art 106 Abs 8 GG. Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II dar. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm. Derartiges lässt sich weder dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Gesetzes noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Art 106 Abs 8 GG schafft seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck nach einen Anspruch auf Ausgleich von Sonderbelastungen der Kommunen bzw Kommunalverbänden. Eine Rückabwicklung des Sonderbelastungsausgleichs ist - anders als dies explizit in Art 104a Abs 5 S 1 GG für die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und nun auch in Art 91e GG iVm einem Ausführungsgesetz vorgesehen ist - nicht normiert worden. Gerade diese Nichtnormierung eines Erstattungs- oder Haftungsanspruchs lässt auf ein beredtes Schweigen des Verfassungsgebers im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG schließen. Hiermit unvereinbar ist es, wenn man Art 106 Abs 8 GG - wie es die Beklagte vorträgt - zugleich eine Erstattungs- oder gar Haftungsregelung als Korrelat der Finanzierungsbefugnis entnehmen möchte.
34ee) In Betracht kommt lediglich ein Anspruch auf Zahlung aufgrund eines daneben anwendbaren allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Doch auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch steht der Beklagten nicht als Rechtsgrund gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch zur Seite.
35(1) Die Anwendbarkeit der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im hier zu beurteilenden Fall ist nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil sich eine zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Haftungsbeziehung ausschließlich nach Art 104a Abs 5 S 1 GG richtete. Die durch das Finanzreformgesetz vom (BGBl I 359) in das GG eingefügte Bestimmung des Art 104a Abs 5 S 1 GG stellt zwar eine unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Vermögensschäden dar, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind (, 2 BvG 2/04 - BVerfGE 116, 271, 318 - juris RdNr 121 ff; - BVerwGE 96, 45; - BVerwGE 100, 56; Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 47; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 68; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 317 ff [Stand: 5/2013]; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11), ohne dass es eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG bedürfte. Sie verdrängt andere Haftungs- und Erstattungsgrundlagen indes nur im Rahmen ihres eigenen Anwendungsbereichs. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Dieser hat klargestellt, dass die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Falle des Vorliegens eines Haftungsverhältnisses iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG nicht in Betracht kommt ( KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 - juris RdNr 59).
36Das Haftungsverhältnis iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG ist - auch mangels eines Ausführungsgesetzes gemäß Art 104a Abs 5 S 2 GG - auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw ihren Verbänden ist Art 104a Abs 5 S 1 GG dementsprechend nicht unmittelbar anwendbar (Henneke in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl 2011, Art 104a RdNr 42; Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 169, 171; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 323 f, 349 [Stand: 5/2003]; vgl auch Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 104a RdNr 55; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 163). Dem GG ist nicht zu entnehmen, dass die Haftung nach Art 104a Abs 5 GG als im Rahmen der Finanzverfassung vollständig abschließende Regelung der Erstattungs- und Haftungsbeziehungen zu verstehen ist (vgl - BVerwGE 131, 153). Sie bezieht sich lediglich auf die in den vorstehenden Absätzen des Art 104a GG umschriebenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern ( IV A 1.77 - juris RdNr 19; aA Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 171).
37In der hier vorliegenden und durch die Beteiligung anderer als allein des Bundes und eines Landes gekennzeichneten Erstattungsbeziehung bleibt mangels eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG Raum für die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Eine Finanzbeziehung iS des Art 104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtete sich bis zum allein nach Art 106 Abs 8 GG (Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63). Diese Norm stellt eine Durchbrechung der in Art 104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern dar (Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1200 [Stand: 11/2002]). Dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden weiter anwendbar bleibt, wird bestätigt durch die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom (BGBl I 1112), wenn dort die Einfügung des § 6b Abs 5 SGB II als eine klarstellende gesetzliche Verankerung des allgemein gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zwischen dem Bund und Kommunen bzw Kommunalverbänden angesehen wird (BT-Drucks 17/1555 S 16).
38(2) Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art 106 Abs 8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs 2 S 1 SGB II.
39Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen grundsätzlich "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen, führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können.
40(3) Aus der Verfassung ergibt sich grundsätzlich nichts anderes. Die Voraussetzungen des Art 106 Abs 8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund gemäß Art 106 Abs 8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen iS des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren Verbänden angesehen (vgl Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl Supplementum 2010, Art 91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).
41Die nach Art 106 Abs 8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz, DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden (vgl §§ 6a, 6b SGB II). Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte zu beachten.
42Der Beklagten ist in ihrer Auslegung des Begriffs "erforderlicher Ausgleich" nicht zu folgen. Insbesondere ist das Merkmal der Erforderlichkeit nicht in dem Sinn zu verstehen, dass ein Ausgleich für die Sonderbelastung gemäß Art 106 Abs 8 GG nur dann zu gewähren wäre, wenn sich der Empfänger des Sonderbelastungsausgleichs - hier also die klagende Optionskommune - objektiv gesetzeskonform verhält und gänzlich fehlerfrei Leistungen nach dem SGB II gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und auszahlt. Dies steht in Übereinstimmung mit der auch zu Art 104a GG vertretenen Auffassung, dass eine nicht ordnungsgemäße Verwendung der Mittel den Rechtsgrund einer Leistung des Bundes an ein Land nicht entfallen lässt (Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 312 [Stand: 5/2003]). Dem auf der Rechtsfolgenseite der Norm angesiedelten und die Rechtsfolge begrenzenden Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" kommt nach vorherrschender Auffassung (vgl Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1262 [Stand: 11/2002]; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109; Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 154, 156; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 121) gegenüber dem Unzumutbarkeitskriterium keine eigenständige Bedeutung zu, sondern wird durch das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit definiert. Erforderlich ist ein Ausgleich iS des Art 106 Abs 8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre (Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109). Die Unzumutbarkeit ist nach Billigkeitsgesichtspunkten festzustellen. Dabei ist insbesondere die Finanzkraft einer Gemeinde in den Blick zu nehmen (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 107; Bleckmann, DVBl 1970, 920). Handelt es sich bei der auf eine Gemeinde zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle, ist die Sonderbelastung als unzumutbar anzusehen. Bei den mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II verbundenen Belastungen einer Kommune handelt es sich aufgrund ihres finanziellen Volumens offenkundig nicht um eine Bagatelle.
43(4) Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (angedeutet bereits in B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 - juris RdNr 13; vgl auch B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 - juris RdNr 38; als Leitsatzentscheidung - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 - juris RdNr 22 ff) entschieden, dass das Einkommen von Mitgliedern einer Mehrpersonenbedarfsgemeinschaft nicht nach der vertikalen, sondern nach der horizontalen Einkommensanrechnungsmethode auf alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft zu verteilen ist. Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut des § 9 Abs 2 S 3 SGB II sowie der Intention des Gesetzgebers. An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest. Gründe, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, ergeben sich auch aus dem Vortrag des Klägers nicht.
44(5) Gleichwohl ergibt sich aus der Anwendung der vertikalen anstelle der horizontalen Methode der Einkommensanrechnung hier kein Anspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger, die aus ihrer Sicht zu hohen Mittelabrufe zurückfordern zu können. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land greift - wie das LSG zutreffend erkannt hat - nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die fehlerhafte Anwendung des Rechts bei der Leistungsgewährung erst nachträglich aufgrund einer geläuterten Rechtsauffassung ergibt. Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art 104a Abs 5 S 1 GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der - nun erst durch Art 91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine Kommune bzw auch der Bund leichter haften würde als in der finanzverfassungsrechtlich prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art 104a Abs 5 S 1 GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung ( KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte verschuldensunabhängige Haftung einer Kommune bzw umgekehrt des Bundes zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten.
45Vor diesem Hintergrund stellt sich die Anwendung der vertikalen Einkommensanrechnungsmethode im streitgegenständlichen Zeitraum vom bis zum nicht als grob fahrlässig oder vorsätzlich dar. Dies folgt insbesondere daraus, dass die zutreffende Einkommensanrechnungsmethode im Rahmen des § 9 Abs 2 S 3 SGB II noch nicht endgültig in dem einen oder anderen Sinn durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden war. Die Rechtswidrigkeit einer Anwendung der vertikalen Einkommensanrechnungsmethode hat das BSG erstmalig in seiner Leitsatzentscheidung vom ( - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 - juris RdNr 22 ff) und damit nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum deutlich herausgestellt. Mit der genannten Entscheidung hat das BSG die in der Literatur umstrittene Frage (vgl Rosenow, SGb 2008, 282, 285 mwN) tragend in der Weise beantwortet, dass fortan eine abweichende Handhabung zur Annahme von grober Fahrlässigkeit führt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte unter Berücksichtigung des bereits genannten Haftungsmaßstabs erwartet werden, dass sich die Leistungsträger auf die als gesetzmäßig erkannte Einkommensanrechnungsmethode einstellen und sie ihrer täglichen Praxis zugrunde legen.
46Zwar stellen höchstrichterliche Entscheidungen (nur) Erkenntnisakte dar, wie Gesetz und Recht von Anfang an zu verstehen waren. Bei der Frage, ob sich ein Beteiligter schuldhaft verhalten hat, ist die Frage der Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage durch die Rechtsprechung aber ein zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Insoweit kann dem Kläger nicht der Vorwurf einer vorsätzlich oder grob fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes gemacht werden. Wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, stellt sich die Situation vielmehr so dar, dass die Rechtswidrigkeit der vom Kläger bei der Leistungsgewährung an Bedarfsgemeinschaften gewählten vertikalen Einkommensanrechnungsmethode erst im Nachhinein geklärt worden ist und auf die Praxis des Klägers mit einer nun geläuterten Rechtsauffassung geblickt wird. Ob dies für die folgenden Abrechnungszeiträume ebenfalls in diesem Sinn zu beurteilen ist, kann hier dahinstehen, da sich im Rahmen des Revisionsverfahrens lediglich die Erstattung von Aufwendungen für den Zeitraum vom bis zum in Streit befindet.
47(6) Insoweit kommt es hier im Weiteren auch nicht darauf an, ob der Kläger die in ihrer Rechtmäßigkeit von der Beklagten bestrittenen Leistungen mit bindender Wirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und ausgezahlt hat und ob hier ein "Vertrauensschutz" des Klägers in sein Handeln anzuerkennen ist. Ebenso kommt es vorliegend nicht darauf an, ob sich der Kläger als Träger öffentlicher Gewalt auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB analog, wie dies in der Rechtsprechung (s zB II C 48.68 - BVerwGE 36, 108, 113 f; - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 30) sowie im Schrifttum (s zB Gurlit in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 35 RdNr 27; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 26; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1251) ganz überwiegend abgelehnt wird, berufen kann.
483. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
494. Die Festsetzung des Streitwerts der negativen Feststellungsklage ergibt sich gemäß § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 S 1 GKG aus dem Interesse des Klägers an der Feststellung (Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl 2009, § 52 RdNr 7). Angesichts des von der Beklagten geforderten und vom Kläger bereits unter Vorbehalt erstatteten Betrages ist der Streitwert auf den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag zu beziffern.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2013:020713UB4AS7412R0
Fundstelle(n):
AAAAE-46532