BGH Beschluss v. - X ARZ 425/13

Verweisung des Rechtsstreits durch das örtlich unzuständige Gericht: Bindungswirkung trotz unterbliebener Belehrung des Beklagten über Folgen rügeloser Verhandlung

Leitsatz

Die antragsgemäße Verweisung des Rechtsstreits durch das örtlich unzuständige Amtsgericht vor Eintritt in die mündliche Verhandlung zur Hauptsache ist auch dann bindend, wenn der Beklagte nicht nach § 504 ZPO belehrt worden ist (Fortführung von , NJW-RR 2013, 764 und Beschluss vom , X ARZ 622/12, juris).

Gesetze: § 39 ZPO, § 281 Abs 2 S 4 ZPO, § 504 ZPO

Instanzenzug: Az: 32 SA 46/13

Gründe

1I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf das Entgelt für die Fertigung von Werbebannern in Anspruch.

2Nach Widerspruch des Beklagten gegen den von der Klägerin erwirkten Mahnbescheid hat die Klägerin die Klage zunächst gegenüber dem Amtsgericht Münster begründet, an das das Verfahren vom Mahngericht abgegeben worden war. Nach Anberaumung eines Verhandlungstermins hat die Klägerin beantragt, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Köln zu verweisen. In der mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht Münster mit den Parteien die Frage seiner Zuständigkeit erörtert. Die Klägerin hat an ihrem Verweisungsantrag festgehalten, der Beklagte hierzu keine Erklärung abgegeben. Das Amtsgericht Münster hat sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Köln verwiesen. Dieses hat die Übernahme der Sache abgelehnt.

3Das Oberlandesgericht Hamm möchte das Amtsgericht Köln für zuständig erklären, sieht sich hieran jedoch durch den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom (1 ZAR 140/02, NJW 2003, 366) gehindert.

4II. Die Vorlage ist zulässig.

5Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Münster sei bindend. Damit würde es von der Rechtsauffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (aaO) abweichen, das eine Verweisung als nicht bindend angesehen hat, wenn der Beklagte - wie im Streitfall - nicht nach § 504 ZPO belehrt worden ist.

6III. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

7Die beiden mit der Sache befassten Amtsgerichte haben sich im Sinne dieser Vorschrift bindend für unzuständig erklärt.

8IV. Zuständig zur Entscheidung über das Klagebegehren ist das Amtsgericht Köln. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Münster ist gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend.

91. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Verweisung des Rechtsstreits wegen örtlicher Unzuständigkeit auch dann bindend ist, wenn der Beklagte zwar erklärt hat, er werde die örtliche Unzuständigkeit in der mündlichen Verhandlung nicht rügen, auf die Zuständigkeitsrüge aber nicht verzichtet (, NJW-RR 2013, 764). Er hat ferner entschieden, dass sich eine abweichende Beurteilung auch nicht aus § 504 und § 39 Satz 2 ZPO ergibt, weil die Regelung in § 39 Satz 1 ZPO auf der Erwägung beruht, dass es nicht hinnehmbar wäre, wenn sich der Beklagte in Kenntnis der Unzuständigkeit auf eine Verhandlung vor dem an sich unzuständigen Gericht einlassen und in einem späteren Stadium des Prozesses noch die Rüge der Unzuständigkeit erheben könnte, der Regelung aber nicht entnommen werden kann, dass das Gericht dem Beklagten auch dann stets die Möglichkeit einräumen muss, die Zuständigkeit durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache zu begründen, wenn der Kläger schon vor der mündlichen Verhandlung die Verweisung an das zuständige Gericht beantragt (, juris).

102. Bei Anlegung dieses rechtlichen Maßstabes kommt auch dem hier zu beurteilenden Verweisungsbeschluss die im Gesetz vorgesehene Bindungswirkung zu. Nach § 504 ZPO hat das Amtsgericht den Beklagten vor der Verhandlung zur Hauptsache auf seine fehlende Zuständigkeit und die Folgen einer rügelosen Einlassung zur Hauptsache hinzuweisen. In die Verhandlung zur Hauptsache ist das Amtsgericht jedoch nicht eingetreten, weil es das Amtsgericht Köln als aufgrund einer von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlich zuständig angesehen hat, die Klägerin die Verweisung an dieses Gericht beantragt hat und der anwaltlich vertretene Beklagte von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, durch einen Verzicht auf die Zuständigkeitsrüge die Zuständigkeit seines von der Klägerin angerufenen Wohnsitzgerichts zu begründen. Mangels einer gesetzlich vorgeschriebenen Belehrung des Beklagten über diese Möglichkeit hat das Amtsgericht Münster damit weder den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt noch willkürlich entschieden.

Meier-Beck                       Gröning                       Grabinski

                   Hoffmann                     Schuster

Fundstelle(n):
NJW 2013 S. 8 Nr. 40
NJW-RR 2013 S. 1398 Nr. 22
CAAAE-44570