BGH Beschluss v. - 4 StR 111/13

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Gesamtstrafenrechtlicher Verbrauch einer Vorverurteilung; Beachtung des Verschlechterungsverbots

Gesetze: § 55 StGB, § 358 Abs 2 StPO

Instanzenzug: LG Detmold Az: 4 KLs 31 Js 874/11 - AK 57/12

Gründe

1Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Geldfälschung (Tatzeit: Juni bis August 2011) auf eine Einzelstrafe von zwei Jahren und vier Monaten erkannt und ihn unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom (Tatzeit: ) unter Auflösung des Gesamtstrafenbeschlusses desselben mit dem eine nachträgliche Gesamtstrafe aus den Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl vom und der Geldstrafe aus einem weiteren Strafbefehl dieses Gerichts vom gebildet worden war, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich hat es klargestellt, dass die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro bestehen bleibt.

2Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

31. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom , durch den der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde, ist gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“, weil aus den beiden ihm zugrunde liegenden Einzelstrafen und der im vorausgegangenen Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom verhängten Strafe (Verurteilung wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen) mit Beschluss vom rechtsfehlerfrei gemäß § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafe von 160 Tagessätzen gebildet worden war. Da alle Straftaten, die dem Strafbefehl vom zugrunde liegen, schon durch den Strafbefehl vom hätten geahndet werden können, hat der Strafbefehl vom gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung. In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass die hier verfahrensgegenständliche, zwischen den beiden Vorverurteilungen begangene Straftat der Geldfälschung gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (, BGHSt 32, 190, 193; , BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 13; Beschluss vom – 4 StR 475/97).

4Die von der Strafkammer vorgenommene Einbeziehung der Strafen aus der (letzten) Vorverurteilung durch das Amtsgericht Lemgo vom hat daher zu entfallen.

52. Bei der vom Landgericht verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten kann es unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes des § 358 Abs. 2 StPO nicht verbleiben.

6Danach darf die Summe aus einer Freiheitsstrafe und den Tagessätzen einer Geldstrafe die frühere Gesamtfreiheitsstrafe nicht übersteigen, wenn eine aus Freiheits- und Geldstrafe gebildete Gesamtstrafe keinen Bestand hat und nunmehr auf beide Strafarten nebeneinander erkannt wird (vgl. RReg. 1 St 132/70, BayObLGSt 1971, 7, 8; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 331 Rn. 20 mwN; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, Rn. 287 mwN). Da das Landgericht den Angeklagten wegen Geldfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt hat und die Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Lemgo vom wieder gesondert besteht, wäre der Angeklagte in unzulässiger Weise schlechter gestellt. Daher ist die Freiheitsstrafe für die Geldfälschung um drei Monate zu reduzieren. Der Senat kann, da wegen der besonderen Gegebenheiten des Falles diese Rechtsfolge vorgegeben ist, in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO und in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts selbst entscheiden.

73. Der geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn von einem Teil der Kosten des Rechtsmittels freizustellen.

Roggenbuck                         Franke                         Bender

                       Quentin                        Reiter

Fundstelle(n):
wistra 2013 S. 354 Nr. 9
JAAAE-39816