RL 2011/96/EU

Richtlinie 2011/96/EU des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (RL 2011/96/EU)

v. 30.11.2011 (ABl EU Nr. L 345 S. 8) mit späteren Änderungen
Nichtamtliche Fassung

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 115,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments [1],

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [2],

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten [3] ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden [4]. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, im Rahmen der jetzt anstehenden Änderungen eine Neufassung vorzunehmen.

(2)

In Anbetracht des Urteils des Gerichtshofs vom in der Rechtssache C-133/06 [5] erscheint eine Umformulierung des Wortlauts von Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 90/435/EWG erforderlich, um zu verdeutlichen, dass die darin genannten Bestimmungen durch den Rat nach dem im Vertrag vorgesehenen Verfahren erlassen werden. Ferner sollten die Anhänge dieser Richtlinie aktualisiert werden.

(3)

Diese Richtlinie zielt darauf ab, Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften von Quellensteuern zu befreien und die Doppelbesteuerung derartiger Einkünfte auf Ebene der Muttergesellschaft zu beseitigen.

(4)

Zusammenschlüsse von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten können notwendig sein, um binnenmarktähnliche Verhältnisse in der Union zu schaffen und damit das Funktionieren eines solchen Binnenmarktes zu gewährleisten. Sie sollten nicht durch Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen, insbesondere aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten, behindert werden. Demzufolge müssen wettbewerbsneutrale steuerliche Regelungen für diese Zusammenschlüsse geschaffen werden, um die Anpassung von Unternehmen an die Erfordernisse des Binnenmarktes, eine Erhöhung ihrer Produktivität und eine Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene zu ermöglichen.

(5)

Derartige Zusammenschlüsse können zur Schaffung von aus Mutter- und Tochtergesellschaften bestehenden Unternehmensgruppen führen.

(6)

Die die Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten regelnden Steuerbestimmungen wiesen vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 90/435/EWG erhebliche Unterschiede von einem Staat zum anderen auf und waren im Allgemeinen weniger günstig als die auf die Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften desselben Mitgliedstaats anwendbaren Bestimmungen. Die Zusammenarbeit von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten wurde auf diese Weise gegenüber der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats benachteiligt. Diese Benachteiligung war durch Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems zu beseitigen, um Zusammenschlüsse von Gesellschaften auf Unionsebene zu erleichtern.

(7)

Bezieht eine Muttergesellschaft als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft Gewinnausschüttungen, so kann der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft diese entweder nicht besteuern oder er lässt im Fall einer Besteuerung zu, dass die Gesellschaft den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft für die von ihr ausgeschütteten Gewinne entrichtet, auf die Steuer anrechnen kann.

(8)

Im Übrigen sollten zur Sicherung der steuerlichen Neutralität von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft ausgeschüttete Gewinne vom Steuerabzug an der Quelle befreit werden.

(9)

Die Ausschüttung von Gewinnen an eine Betriebstätte einer Muttergesellschaft und der Zufluss dieser Gewinne an die Betriebstätte sollten ebenso behandelt werden wie bei der Beziehung zwischen Tochter- und Muttergesellschaft. Dies sollte auch für den Fall gelten, dass eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft in demselben Mitgliedstaat ansässig sind, während sich die Betriebstätte in einem anderen Mitgliedstaat befindet. Hingegen könnten Fälle, in denen Betriebstätte und Tochtergesellschaft sich in demselben Mitgliedstaat befinden, von dem betreffenden Mitgliedstaat – unbeschadet der Anwendung der Vertragsgrundsätze – nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts behandelt werden.

(10)

Bei der Behandlung von Betriebstätten müssen die Mitgliedstaaten möglicherweise die einschlägigen Voraussetzungen und Rechtsinstrumente festlegen, um im Einklang mit den Vertragsgrundsätzen und unter Berücksichtigung international anerkannter steuerlicher Regelungen das nationale Steueraufkommen zu schützen und eine Umgehung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern.

(11)

Wenn Konzerne als Beteiligungsketten gegliedert sind und die Gewinne über die Kette der Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft ausgeschüttet werden, sollte eine Doppelbesteuerung entweder durch Steuerbefreiung oder durch Anrechnung der Steuer vermieden werden. Im Falle einer Anrechnung der Steuer sollte die Muttergesellschaft das Recht haben, alle Steuern, die von einer der Tochtergesellschaften in der Kette gezahlt wurden, abzuziehen, sofern die Anforderungen der vorliegenden Richtlinie erfüllt sind.

(12)

Diese Richtlinie sollte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht der in Anhang II Teil B aufgeführten Richtlinien unberührt lassen –

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Änderungsdokumentation: Die Richtlinie 2011/96/EU des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten v. 30. 11. 2011 (ABl EU Nr. L 345 S. 8) wurde geändert durch Art. 1 Richtlinie 2013/13/EU des Rates v. zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich Steuern anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien (ABl EU Nr. L 141 S. 30) ; Art. 1 Richtlinie 2014/86/EU des Rates v. zur Änderung der Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl EU Nr. L 219 S. 40) ; Art. 1 Richtlinie (EU) 2015/121 des Rates v. zur Änderung der Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl EU Nr. L 21 S. 1).

Fundstelle(n):
KAAAE-39444

1Amtl. Anm.: Stellungnahme abgegeben am (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

2Amtl. Anm.: ABl C 107 vom , S. 73.

3Amtl. Anm.: ABl L 225 vom , S. 6.

4Amtl. Anm.: Siehe Anhang II Teil A.

5Amtl. Anm.: [2008] Slg. I-03189.