NWB Nr. 23 vom Seite 1785

„Rechtliche Grauzone”

Nora Schmidt-Kesseler | Rechtsanwältin | Hauptgeschäftsführerin Bundessteuerberaterkammer KdöR

Rechtmäßigkeit des Kaufs von Steuer-CDs höchstrichterlich nicht geklärt

Die Affäre Uli Hoeneß hat den Kauf von Steuer-CDs wieder in den Fokus gerückt. Schon vor zwei Jahren wurde heftig darüber gestritten, ob der Staat gestohlene Daten kaufen darf. In der breiten Öffentlichkeit wird die Frage bejaht. Diese Auffassung beruht jedoch auf der Fehlinterpretation einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az: ): Mit dem Erklären der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der es um die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung durch das Amtsgericht Bochum ging, die auf Daten aus der „Liechtensteiner Steuer-CD” basierte, entschied das Bundesverfassungsgericht lediglich über die Zulässigkeit. Die Verfassungsbeschwerde wurde wegen formeller Fehler für unzulässig erklärt. Nur wenn zuvor alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen worden sind, um eine Verletzung von Grundrechten vor den Fachgerichten darzulegen, eröffnet sich der Weg zum Verfassungsgericht. Das hatten die Beschwerdeführer versäumt. Sie beanstandeten erstmals in ihrem Schriftsatz an das Bundesverfassungsgericht, dass die Strafverfolgungsbehörden die Umstände des Datenkaufs und die Rolle des Staates hätten aufklären müssen.

Damit hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob das Handeln des Staates in Form des Kaufs von gestohlenen Daten rechtswidrig ist, bewusst offen gelassen. Es hat sich inhaltlich nicht mit dieser Frage befasst. Die Bundesverfassungsrichter äußerten sich allerdings zu den Verwertungsverboten rechtswidriger Beweiserhebungen. Eine rechtsfehlerhafte Beweiserhebung führt von Verfassungs wegen nicht automatisch zur unzulässigen Verwertung der gewonnenen Beweise und nicht jede unzulässige oder rechtswidrige Beweiserhebung zu einem Beweisverwertungsverbot. Ein Beweisverwertungsverbot ist dann anzunehmen, wenn ein gravierender und planmäßiger Verfassungsverstoß vorliegt. Einen solchen Verstoß sah das Bundesverfassungsgericht in der Liechtenstein-Konstellation nicht.

Fakt ist: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Liechtenstein-Fall enthält keine Aussage über die Rechtmäßigkeit des Kaufs gestohlener Daten durch den Staat. Bis heute fehlt eine gesetzliche Grundlage, die den Kauf von rechtswidrig erlangten Steuer-CDs durch die Finanzverwaltung regelt. Der Staat bewegt sich damit in einer rechtlichen Grauzone.

Nora Schmidt-Kesseler

Fundstelle(n):
NWB 2013 Seite 1785
NWB QAAAE-36594