BGH Beschluss v. - IX ZB 100/11

Instanzenzug:

Gründe

1 Die statthafte (§§ 6, 7 aF, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, Art. 103f EGInsO, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die aufgeworfene, als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage nach der Erforderlichkeit einer Rechtsmittelbelehrung bei gerichtlichen Entscheidungen im Insolvenzverfahren, obwohl eine solche weder in der Zivilprozessordnung noch in der Insolvenzordnung vorgesehen ist (vgl. künftig § 232 ZPO in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom mit Wirkung ab , BGBl I 2418), ist für den Streitfall nicht klärungsbedürftig.

2 Entgegen den Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung lagen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen zum Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen Beschwerde am und selbst bis Mitte Oktober 2010 nicht vor. Einem Rechtsmittelführer muss Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO gewährt werden, wenn die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung bei Nachholung der versäumten Handlung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO offenkundig sind oder bei Ausübung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO offenkundig werden (, FamRZ 2007, 801 Rn. 5; vom - XII ZB 334/10, FuR 2011, 151 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 236 Rn. 5; HK-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 236 Rn. 8). Vorliegend erlangte die Schuldnerin spätestens am über die Erforderlichkeit eines Rechtsmittels, die Art des Rechtsmittels und die Rechtsmittelfristen Kenntnis, weil sie spätestens an diesem Tag ihren Verfahrensbevollmächtigten aufgesucht hatte. Über den Inhalt der gesamten Akte wusste sie Bescheid, nachdem ihr Verfahrensbevollmächtigter am Akteneinsicht genommen hatte. Mithin war das Hindernis nach § 234 Abs. 2 ZPO spätestens an diesem Tage behoben und die Wiedereinsetzungsfrist begann zu laufen. Bis zu ihrem Ablauf war jedoch weder ersichtlich noch offenkundig, dass die Schuldnerin die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt hat (vgl. , NZI 2004, 85, 86). Denn aus den Akten ergab sich in diesem Zeitraum nicht, wann sie Kenntnis über das Rechtsmittel und seine Fristen erhalten hat. Ebenso wenig war in dieser Zeit aus den Akten ersichtlich oder offenkundig, dass die Schuldnerin gerade infolge der fehlenden Belehrung die Rechtsmittelfrist versäumt hat (vgl. aaO). Der Belehrungsmangel müsste jedoch für die Versäumung der Rechtsmittelfrist ursächlich geworden sein, bevor gegebenenfalls unwiderlegbar vermutet werden könnte, dass den Rechtsmittelführer an der Versäumung der Rechtsmittelfrist kein Verschulden trifft (, BGHZ 180, 199 Rn. 21). Bekannt war bis zur Begründung der Beschwerde im November 2010 nur, dass der Versagungsbeschluss nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Nicht bekannt war jedoch, ob die Schuldnerin aufgrund der unterlassenen Rechtsmittelbelehrung von der rechtzeitigen Einlegung eines Rechtsmittels abgesehen hat.

3 Wegen fehlender Aussicht auf Erfolg der Rechtsbeschwerde war der Antrag der Schuldnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren abzulehnen (§ 114 Satz 1 ZPO), der weiteren Beteiligten zu 1 war demgegenüber nach §§ 114, 115, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO die beantragte Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW 2013 S. 6 Nr. 23
NAAAE-35250