Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs aus Billigkeitsgründen trotz
unzutreffender Rechnungsangaben
Leitsatz
1. Wenn die materiellen Voraussetzungen
des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG wegen unzutreffender
Rechnungsangaben nicht vorliegen, kann im Billigkeitsverfahren ausnahmsweise
nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes ein
Vorsteuerabzug nach den Grundsätzen des EuGH in den Urteilen
Teleos (vom C-409/04) und Netto-Supermarkt (vom
C-271/06) in Betracht kommen (, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744
und XI R 48/07 vom , BFH/NV 2010, 388).
Voraussetzung hierfür ist, dass der den Vorsteuerabzug
begehrende Unternehmer gutgläubig war und alle Maßnahmen
ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden
können, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der
Rechnung zu überzeugen, und seine Beteiligung an einem
Betrug ausgeschlossen ist. Soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen
eine Billigkeitsmaßnahme erfordern, ist das in § 163
AO bzw. § 227 AO eingeräumte Ermessen auf Null
reduziert.
Es entspricht den Vorgaben des europäischen Rechts,
dass dem Unternehmer grundsätzlich der Vorsteuerabzug zu
gewähren ist und ihm dieser nur in Ausnahmefällen
verweigert werden kann. Auch entspricht es der Rechtsprechung des
EuGH, dass für das Vorliegen einer solchen Ausnahme das
Finanzamt darlegungs- und beweislastpflichtig ist.
2. Es entspricht ebenfalls der Rechtsprechung
des EuGH, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen,
Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel ist,
das von der Richtlinie 2006/112 anerkannt und gefördert
wird. Der Rechtsbürger kann sich deshalb nicht auf die Bestimmungen
des Unionsrechts berufen, wenn er dies in betrügerischer oder
missbräuchlicher Absicht tut. Ein Unternehmer, der Bargeschäfte
für hochwertige Kfz im Freihafen tätigt und Umsatzsteuer
entrichtet, obwohl er selbst im Freihafen keine Umsatzsteuer ausgewiesen
hat, ist im besonderen Maße verpflichtet, die Angaben des
Rechnungsausstellers zu überprüfen. Werden dem
Steuerpflichtigen dieselben Kfz von unterschiedlichen Unternehmern
angeboten und soll er sich bei Rückfragen nicht an seinen
Vertragspartner, sondern einen Dritten richten, ist der Steuerpflichtige
grundsätzlich nicht mehr als gutgläubig anzusehen.
Dies gilt insbesondere, wenn sich bei einer späteren Überprüfung
der Rechnungsangaben ergibt, dass weder die Telefonnummer noch die
Adresse des Unternehmers richtig sein kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): PStR 2013 S. 133 Nr. 6 GAAAE-32079
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Online-Dokument
Finanzgericht Hamburg, Urteil v. 21.12.2012 - 6 K 33/11
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