Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen - Berücksichtigung von Finanzierungskosten der zur Aufbewahrung genutzten Räume bei sog. Poolfinanzierung
Leitsatz
1. Eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen kann Finanzierungskosten (Zinsen) für die zur Aufbewahrung genutzten Räume auch dann enthalten, wenn die Anschaffung/Herstellung der Räume nicht unmittelbar (einzel-)finanziert worden ist, sondern der Aufbewahrungspflichtige (hier: eine Sparkasse) seine gesamten liquiden Eigen- und Fremdmittel in einen „Pool” gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen seines Geschäftsbetriebs finanziert hat (sog. Poolfinanzierung).
2. Voraussetzung für die Berücksichtigung der Zinsen (als Teil der notwendigen Gemeinkosten) ist in diesem Fall, dass sie sich durch Kostenschlüsselung verursachungsgerecht der Herstellung/ Anschaffung der Räume zuordnen lassen und dass sie nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 angemessen sind.
Gesetze: EStG 2002 § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. bHGB i.d.F. vor dem BilMoG § 249 Abs. 1 Satz 1HGB i.d.F. vor dem BilMoG § 253 Abs. 1 Satz 2HGB i.d.F. vor dem BilMoG § 255 Abs. 2 Satz 3Vierte Richtlinie 78/660/EWG (Bilanzrichtlinie) Art. 42 Satz 1
Instanzenzug: (EFG 2011, 2137) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
1 Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie unterliegt mit ihrem gesamten Geschäftsbetrieb als Betrieb gewerblicher Art nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) der Körperschaftsteuer.
2 Die Klägerin hatte in ihrem Jahresabschluss zum , dem Streitjahr, eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gebildet und hierbei auch Finanzierungskosten im Zusammenhang mit den für Zwecke der Aufbewahrung genutzten eigenen Räumen einbezogen.
3 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erhob gegen die für die gemieteten und eigenen Archivräume angesetzten laufenden Jahreskosten (vor allem Absetzungen für Abnutzung, Miete einschl. Mietnebenkosten, Grundsteuer, Versicherung, Instandhaltungskosten, sonstige Raumkosten) sowie die Aufwendungen der elektronischen Speicherung —insgesamt: 142.058,90 €— keine Einwendungen. Einvernehmen bestand auch darüber, dass 80 % der Unterlagen für einen Zeitraum von zehn Jahren aufzubewahren seien und für die restlichen Unterlagen (20 %) von einer Aufbewahrungsdauer von sechs Jahren auszugehen sei. Nach diesem Schlüssel wurden die (jahresbezogenen) Kostenteile mit dem für die jeweils mittlere Aufbewahrungsfrist der am Bilanzstichtag vorhandenen Unterlagen anzusetzenden Faktor (5,5 und 3,5) multipliziert; zuzüglich einmaliger Kosten (z.B. für das Einlesen der Unterlagen) ergab sich hieraus ein zwischen den Beteiligten nicht streitiger Rückstellungsbetrag in Höhe von —gerundet— 750.000 €.
4 Darüber hinaus passivierte die Klägerin Finanzierungskosten für die eigenen Archivräume. Sie ging hierbei von jährlichen Zinsaufwendungen in Höhe von 35.352,85 € aus, die aus den Restbuchwerten der für Aufbewahrungszwecke genutzten Räume sowie der durchschnittlichen Passivverzinsung der Sparkasse in Höhe von 4,11 % abgeleitet wurden. Das FA vertrat hierzu die Auffassung, dass die Finanzierungsaufwendungen nicht passiviert werden könnten, da sie nicht zu den notwendigen Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2002, sondern in Anlehnung an die Regelungen des § 255 Abs. 2 und 3 des Handelsgesetzbuchs in der im Streitjahr (2005) geltenden Fassung (HGB a.F.) lediglich zu den gewillkürten Gemeinkosten zu rechnen seien.
5 Die Klage gegen die hiernach ergangene und in der Folgezeit mehrfach geänderte Körperschaftsteuerfestsetzung wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen (, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2011, 2137). Es hat sich hierbei im Kern darauf gestützt, dass die Klägerin ihre gesamten verfügbaren liquiden Mittel in Form der Eigen- wie auch der aufgenommenen Fremdmittel zum Zweck der Liquiditätssteuerung in einen „Pool” gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen ihres Geschäftsbetriebs finanziert habe (sog. Poolfinanzierung). Demgemäß könnten die Zinsen —mangels einer nachvollziehbaren tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel für die Finanzierung der Archivräume— der Aufbewahrungsverpflichtung nicht zugeordnet und somit bei der Bewertung der Rückstellung auch nicht berücksichtigt werden.
6 Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 2005 vom dahin zu ändern, dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung einer um 180.299,54 € erhöhten Rückstellung für die Aufbewahrung ihrer Geschäftsunterlagen sowie der gegenläufigen Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung gemindert wird.
7 Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
II.
8 Die Revision ist begründet. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz finden auch diejenigen Zinsen, die als sog. Gemeinkosten der Pflicht der Klägerin, ihre Geschäftsunterlagen aufzubewahren, zuzuordnen sind, Eingang in die Rückstellungsbewertung. Da die tatsächlichen Feststellungen des FG für eine abschließende Beurteilung des Klagebegehrens nicht ausreichen, ist das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
9 1. Nach den Feststellungen des FG unterhält die Klägerin als Kreditinstitut i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) ein Handelsunternehmen (§ 1 Abs. 2 HGB a.F.). Die Klägerin ist damit nach den §§ 238 ff. und §§ 340 ff. HGB a.F. buchführungs- und abschlusspflichtig und hat ihr steuerrechtliches Einkommen gemäß § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 4 Abs. 1 EStG 2002 auf der Grundlage eines den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) entsprechenden Betriebsvermögensvergleichs zu ermitteln (sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz). Folge der handelsrechtlichen Buchführungspflicht ist weiterhin, dass —wovon auch die Beteiligten ausgehen— die Klägerin nach § 257 HGB a.F. sowie gemäß § 140 i.V.m. § 147 der Abgabenordnung (vgl. zum Verhältnis beider Vorschriften Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 147 AO Rz 10) zur Aufbewahrung ihrer Geschäftsunterlagen verpflichtet war.
10 2. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen für —dem Grund und/oder der Höhe nach— ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1, erster Halbsatz HGB a.F.) zu den GoB gehört und deshalb auch in der Steuerbilanz zu beachten ist. Geklärt ist gleichfalls, dass hierzu nicht nur Geldschulden, sondern auch sonstige Verbindlichkeiten als sog. Sachleistungsverpflichtungen zu rechnen sind und hiernach auch die Klägerin eine Rückstellung für ihre Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen zu passivieren hatte. Da hierüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, verweist der Senat insoweit, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die bisherige Rechtsprechung (, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131; vom X R 14/09, BFHE 232, 449, BStBl II 2011, 496; Senatsurteil vom I R 54/08, BFH/NV 2009, 746).
11 3. Zu der zwischen den Beteiligten allein umstrittenen Höhe der Rückstellung ordnete § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F. den Ansatz des Betrags an, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Für Zwecke des steuerbilanziellen Ausweises ist seit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) —StEntlG 1999/2000/2002— in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 1997 n.F./2002 geregelt, dass —so der Einleitungssatz— Rückstellungen höchstens insbesondere unter Berücksichtigung der folgenden Grundsätze und —so Buchst. b der sich anschließenden Aufzählung— Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten sind.
12 a) Die Vorinstanz hat hieraus abgeleitet, dass —was mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom IV R 191/85, BFHE 153, 23, BStBl II 1988, 661) vom FA nicht in Frage gestellt wird— in die steuerrechtliche Rückstellungsbewertung zwar Zinsen für Kredite eingehen, deren Valuten unmittelbar zur Finanzierung der Archivräume verwendet worden sind. Von diesen Einzelkosten (BFH-Urteil in BFHE 153, 23, BStBl II 1988, 661) seien aber die nur im Wege einer Kostenschlüsselung (Schätzung) zuordenbaren Gemeinkosten zu trennen. Ebenso wie es der BFH —ohne sondergesetzliche Anweisung— unter Veranlassungsgesichtspunkten abgelehnt habe, die Finanzierungsaufwendungen eines Kreditinstituts im Wege einer Schätzung den ausländischen Einkünften i.S. von § 34c EStG 1987/1990 zuzuordnen (vgl. Senatsurteil vom I R 15/99, BFHE 191, 521, BStBl II 2000, 577), sei es —mangels eines tatsächlichen Verwendungszusammenhangs— ausgeschlossen, den durch den Finanzierungspool ausgelösten Zinsaufwand der Klägerin anteilig als angemessene und notwendige Gemeinkosten ihrer Aufbewahrungsverpflichtung i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 zu qualifizieren. Die Ansicht wird überwiegend auch in den veröffentlichten Anweisungen der Finanzverwaltung vertreten (z.B. Oberfinanzdirektion —OFG— Magdeburg vom S 2137-41-St 211, juris; , juris; a.A. , juris). Sie wird ferner im Schrifttum unter Hinweis darauf geteilt, dass zeitraumbezogene Fixkosten nicht zu den notwendigen Gemeinkosten gehörten (Kiesel/Görner in Herrmann/Heuer/ Raupach —HHR—, § 6 EStG Rz 1174; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 383; Hennigfeld, EFG 2011, 2141; zweifelnd Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 6 EStG Rz 674b).
13 b) Der Senat kann sich dem nicht anschließen. Er ist vielmehr der Auffassung, dass nicht unmittelbar der Aufbewahrungsverpflichtung zuzuordnende Zinsaufwendungen nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zu den Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 zu rechnen sind.
14 aa) Auszugehen ist hierbei davon, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2002 die Bewertung von Rückstellungen nicht abschließend regelt, sondern —wie dem auf Vorschlag des Finanzausschusses eingefügten Einleitungssatz der Vorschrift unmissverständlich zu entnehmen ist (vgl. BTDrucks 14/443, S. 23)— die nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002) zu beachtende handelsrechtliche Bewertung (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F.) nur dann durchbricht, wenn die steuerrechtlichen Sonderbestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis e EStG 2002 dazu führen, dass der handelsrechtliche Wertansatz (Höchstwert) unterschritten wird.
15 bb) Nach herrschender Meinung ist der —Art. 42 Satz 1 der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchst. g des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1978, Nr. L 222, 11) —Bilanzrichtlinie— entnommene— handelsrechtliche Bewertungsmaßstab des „nach vernünftiger kaufmännischer Bewertung notwendigen Betrags” (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F.) nicht darauf gerichtet, die Rückstellungsbewertung auf die durch die Verbindlichkeit verursachten variablen Kosten zu beschränken. Bewertungsziel ist vielmehr die Bestimmung aller für die Erfüllung der Verbindlichkeit aufzuwendenden Kosten; diese sog. Vollkosten umfassen nicht nur die Einzelkosten, sondern auch die —nur im Wege einer Kostenschlüsselung (Schätzung) den einzelnen Kostenträgern (Leistungseinheiten) zuzuordnenden— variablen und fixen Gemeinkosten. Ihre Passivierung mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Betrag bringt zum Ausdruck, dass der Kaufmann willkürfrei zu bewerten hat, d.h. den vernünftigerweise zur Bestimmung der Vollkosten bestehenden Schätzrahmen weder überschreiten noch —unter Verletzung des Vorsichtsprinzips sowie des Gebots eines vollständigen Schuldenausweises (§ 252 Abs. 1 Nr. 4, § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F.)— unterschreiten darf. Demnach sind die handelsrechtlichen Wahlrechte zur Einbeziehung bestimmter Gemeinkosten in die Herstellungskosten von Vermögensgegenständen auf die Bewertung von Rückstellungen nicht übertragbar und z.B. auch anteilige Material-, Fertigungs- und Verwaltungskosten, soweit es sich nicht lediglich um kalkulatorische Kostenbestandteile handelt, auszuweisen (Kessler in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, 4. Aufl., 1995, Bd. Ia, § 249 Rz 258 ff., 308 f.; Hoyos/M. Ring in Beck Bil-Komm., 6. Aufl., § 253 Rz 151 f., 154 f., 158; Bachem, Betriebs-Berater 1993, 2337; Frotscher, EStG, § 5 Rz 382, jeweils m.w.N.; a.A. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 253 Rz 226: Wahlrecht für nicht variable Kosten).
16 aaa) Hiermit übereinstimmend hat der Gerichtshof der Europäischen Union —vormals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften— mit Urteil vom C-275/97 in der Sache DE + ES Bauunternehmung (EuGHE 1999, I-5331, Rn. 39: betreffend Pauschalrückstellungen) als notwendigen Betrag i.S. von Art. 42 Satz 1 Bilanzrichtlinie den Rückstellungsbetrag angesehen, der in Anbetracht des jeweiligen Risikos als angemessen erscheint. Im handelsrechtlichen Schrifttum wird dieser Maßstab dahin konkretisiert, dass betriebs- und periodenfremde Gemeinkosten auszuscheiden sind; Angemessenheit bedeute darüber hinaus, dass die Gemeinkosten der zu passivierenden Verpflichtung nach vernünftigen kaufmännischen Kriterien zugerechnet werden müssen (Kessler in Küting/Weber, a.a.O., § 249 Rz 318 f.).
17 bbb) Die vorgenannten handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze sind vom BFH geteilt und vor Änderung des § 6 Abs. 1 EStG 1997 durch das StEntlG 1999/2000/2002 in Ermangelung einer abweichenden steuerrechtlichen Regelung auch für die Steuerbilanz als maßgebend erachtet worden (z.B. BFH-Urteil in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131; Senatsurteil vom I R 5/04, BFHE 208, 116, BStBl II 2009, 100). Vereinzelt hat die Rechtsprechung jedoch mit Rücksicht darauf, dass Verbindlichkeiten —und damit auch Rückstellungen— nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 i.d.F. vor dem StEntlG 1999/2000/2002 (EStG 1997 a.F.) unter sinngemäßer Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997 a.F. (Ausweis nicht abnutzbarer aktiver Wirtschaftsgüter), d.h. mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten waren, den Vollkostenansatz eingeschränkt. So hat der (BFHE 104, 422, BStBl II 1972, 392) entschieden, dass bei den Rückstellungen der Versicherungsunternehmen für Schadensermittlungen —in Anlehnung an Abschn. 33 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1972 betreffend den Umfang der Herstellungskosten— für den Ansatz von Verwaltungskosten kein Raum sei. Darüber hinaus hat der BFH erkannt, dass Rückstellungen für die Verpflichtung zur Erstellung von Jahresabschlüssen nur mit den betriebsinternen Einzelkosten auszuweisen seien (, BFHE 139, 544, BStBl II 1984, 301). Letztere Entscheidung ist allerdings bereits mit Urteil vom VIII R 134/80 (BFHE 147, 8, BStBl II 1986, 788) nicht nur als singuläres und nicht erweiterbares Judikat gewertet worden (offen auch BFH-Urteil in BFHE 153, 23, BStBl II 1988, 661); zugleich hat das Urteil in BFHE 147, 8, BStBl II 1986, 788 den Ausweis der Rückstellungen für Abrechnungsverpflichtungen mit den Vollkosten befürwortet.
18 cc) Hiernach waren jedenfalls vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 1997 n.F. nicht nur Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit Krediten, die unmittelbar zur Anschaffung oder Herstellung von für Archivierungszwecke genutzten Gebäuden verwendet wurden, als Einzelkosten bei der auch für die Steuerbilanz maßgeblichen handelsrechtlichen Rückstellungsbewertung (betreffend die Pflicht zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen) zu berücksichtigen. Gleiches war nach dem von § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F. geforderten Vollkostenansatz auch für Zinsaufwendungen anzunehmen, die der gesetzlichen Aufbewahrungsverpflichtung nur mittelbar im Wege der Kostenschlüsselung zugerechnet werden konnten. Voraussetzung war allerdings auch hier, dass diese Zuordnung auf einer kaufmännisch vernünftigen, d.h. angemessenen und verursachungsgerechten Schlüsselung der Finanzierungskosten (Gemeinkosten) beruhte. Es ist hierbei —ebenso wie im Rahmen von § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB in der Fassung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom (BGBl I 2009, 1102, BStBl I 2009, 650 —HGB n.F.—)— im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn angesichts dessen, dass im Rahmen einer sog. Poolfinanzierung die Fremd- und Eigenmittel untrennbar vermischt werden und damit die Kreditmittel nicht einer bestimmten Ausgabe konkret (unmittelbar) zuordenbar sind, der Zinsaufwand nach der Fremdkapitalquote des Unternehmens den für Archivierungszwecke genutzten Gebäude und Gebäudeteilen zugerechnet wird. Die hierbei getroffene Annahme einer kongruenten Finanzierung der Aktiva (sog. Gleichverteilungshypothese) entspricht gängiger betriebswirtschaftlicher Sicht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., 6. Aufl., § 255 HGB Rz 204; Grottel/Pastor in Beck Bil-Komm., 8. Aufl., § 255 Rz 505; jeweils mit umfangreichen Nachweisen). Sie ist demgemäß —im Ausgangspunkt— auch für die Rückstellungsbewertung im Zusammenhang mit der Finanzierung von Archivräumen als verursachungsgerechter Aufteilungsmaßstab anzusehen (zu weiteren Einzelheiten s. jedoch nachfolgend zu II.4.).
19 dd) Entgegen der teilweise im Schrifttum vertretenen Ansicht besteht aufgrund der Neuregelung der steuerrechtlichen Rückstellungsbewertung für Sach- und Dienstleistungsverpflichtungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 1997 n.F./2002 keine Veranlassung, die handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze in der Weise einzuschränken, dass —entgegen den vorstehenden Erläuterungen zur Rechtslage bis einschließlich 1998— Zinsen steuerrechtlich nicht mehr als Gemeinkosten einer Sachleistungsverpflichtung anerkannt werden könnten.
20 aaa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die von der Vorinstanz vertretenen Ansicht, dass nur die variablen Gemeinkosten als notwendige Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 zu passivieren seien.
21 (1) Dem steht bereits die Entstehungsgeschichte der Vorschrift entgegen. Während nach dem Gesetzentwurf der damaligen Regierungsfraktionen „Rückstellungen, die keine Geldleistungsverpflichtungen sind, mit den variablen Kosten zu bewerten” sein sollten und für diese Begrenzung auf die variablen Einzelkosten und variablen Gemeinkosten spreche, „dass die Fixkosten zeitraumbezogen sind und mit der zu bewertenden Verpflichtung in keinem kausalen Zusammenhang stehen” (BTDrucks 14/23, S. 6 und 172), ist der Gesetzgeber auf Vorschlag des Finanzausschusses hiervon abgerückt und hat die Bewertung mit den Einzelkosten sowie den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten angeordnet (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 1997 n.F./2002). Hieraus ergibt sich nicht nur, dass eine Begrenzung des steuerlichen Rückstellungsaufwands auf die Einzelkosten ausgeschlossen und das zur früheren Rechtslage ergangene BFH-Urteil in BFHE 139, 544, BStBl II 1984, 301 (betreffend Jahresabschlusskosten) überholt ist. Nach der geänderten Gesetzesfassung kann es ferner keinem Zweifel unterliegen, dass das Gesetz von der zunächst vorgeschlagenen Bewertungsobergrenze der variablen Gemeinkosten abgerückt ist und deshalb auch fixe Gemeinkosten Eingang in die steuerbilanziellen Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen finden können.
22 (2) Nichts anderes lässt sich daraus ableiten, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 von den „notwendigen” Gemeinkosten spricht und deren Zurechnung zudem auf die „angemessenen” Teile begrenzt. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber nicht erläutert hat, was er unter den notwendigen Kosten versteht, kann insoweit nicht außer Acht gelassen werden, dass nach § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. die „angemessenen Teile der notwendigen Materialgemeinkosten (und) Fertigungsgemeinkosten” zu den Herstellungskosten eines Vermögensgegenstands gerechnet werden können; da hierzu aber zweifelsfrei auch fixe Gemeinkostenanteile gehören (vgl. z.B. Ellrott/Brendt in Beck Bil-Komm., 6. Aufl., § 255 Rz 422 f.; R 6.3 Abs. 1 und 2 EStR 2008), besteht bereits in dieser vergleichenden Betrachtung kein Anhalt dafür, den Begriff der notwendigen Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 auf variable (Gemein-)Kostenanteile zu beschränken. Nimmt man hinzu, dass im handelsrechtlichen Schrifttum weitgehend Einigkeit darüber bestand, dass das Merkmal der Notwendigkeit das Angemessenheitskriterium des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. nicht begrenzt, sondern lediglich im Sinne einer verursachungsgerechten Kostenzuordnung umschrieben hat (vgl. z.B. Ellrott/Brendt in Beck Bil-Komm., a.a.O., § 255 Rz 438; Adler/Düring/ Schmaltz, a.a.O., § 255 Rz 160; Knop/Küting in Küting/Weber, a.a.O., § 255 Rz 258 ff.; vgl. auch Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen im Senatsurteil vom I 103/63, BFHE 85, 496, BStBl III 1966, 468) und zudem in der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Fassung des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB n.F. auf die Beibehaltung des bisher verwandten Begriffs „notwendig” verzichtet worden ist, weil er —so die Gesetzesbegründung (BRDrucks 344/08, S. 129)— in der Praxis mit dem Begriff „angemessen” als gleichbedeutend angesehen wird, so lässt dies nur den Schluss zu, dass auch im Rahmen der Rückstellungsbewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 die Merkmale der Notwendigkeit und der Angemessenheit darauf gerichtet sind, eine willkürfreie und auf vernünftiger kaufmännischer Grundlage beruhende Zurechnung der Gemeinkosten sicherzustellen. Die Regelung rezipiert damit —jedenfalls im Kern— die vorstehend dargelegten handelsrechtlichen Bewertungsvorgaben (insoweit gl.A. Mayer-Wegelin in Bordewin/Brandt, § 6 EStG Rz 504c; Hoffmann, GmbH-Rundschau 1999, 380, 387).
23 (3) Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass der Finanzausschuss seinen Vorschlag zur Änderung des Gesetzentwurfs mit dem Hinweis „Verdeutlichung des Gewollten” begründet hat (BTDrucks 14/443, S. 23). Sollte hiermit zum Ausdruck gebracht werden, dass der Ausschuss den Gesetzentwurf nur sprachlich korrigiert, in der Sache jedoch an der Intention des Gesetzentwurfs (Rückstellungsbewertung mit den variablen Kosten; Abkehr vom Vollkostenansatz) festgehalten habe, so könnte ein solches Gesetzesmotiv jedenfalls deshalb bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 nicht berücksichtigt werden, weil es im Gesetzestext selbst keinen objektiv nachvollziehbaren Niederschlag gefunden hat (vgl. hierzu allgemein z.B. , BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167). Nichts Anderes kann der Bemerkung der Gesetzesbegründung entnommen werden, dass im Bereich der Versicherungswirtschaft die Neuregelung hinsichtlich der Behandlung der Schadensermittlungskosten und der Schadensbearbeitungskosten zu keiner Rechtsänderung führe (BTDrucks 14/443, S. 23). Auch insoweit vermag der Senat nicht zu erkennen, dass diese Äußerung die Grundlage dafür sein könnte, die Höhe der Rückstellungen mit allgemeiner Wirkung auf die durch die Verbindlichkeit verursachten variablen Kosten zu beschränken.
24 bbb) Sind demnach grundsätzlich auch die fixen Gemeinkosten Gegenstand der handels- und steuerrechtlichen Rückstellungsbewertung, so können die als Gemeinkosten angefallenen Zinsaufwendungen nicht deshalb aus dem Kreis der angemessenen (notwendigen) Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 ausgeklammert werden, weil Zinsen für Fremdkapital nach § 255 Abs. 3 Satz 1 HGB a.F./n.F. nicht zu den Herstellungskosten gehören, sondern im Rahmen des Wahlrechts nach Satz 2 der Vorschrift nur insoweit als Herstellungskosten angesetzt werden dürfen, als sie auf den Herstellungszeitraum entfallen. Der im Schrifttum vertretenen Ansicht, der Gesetzgeber habe im Rahmen der steuerrechtlichen Rückstellungsbewertung von dem Vollkostenansatz in dem Maße abrücken wollen, in dem die in Frage stehenden Aufwendungen nicht zu den Kosten zu rechnen seien, die als Untergrenze in die zu aktivierenden Herstellungskosten gemäß § 255 HGB a.F./n.F. eingehen (Kiesel/ Görner in HHR, § 6 EStG Rz 1174; Stobbe/Loose, Finanz-Rundschau —FR— 1999, 405; 415 f.), schließt sich der Senat nicht an.
25 Ebenso wenig wie die sprachliche Anlehnung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 an die in § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. verwendeten Merkmale der Notwendigkeit und Angemessenheit die Annahme trägt, aus dem Begriff der notwendigen Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 seien allgemein die fixen (Gemein-)Kostenanteile auszusondern, kann die Wertuntergrenze für den Ansatz der Herstellungskosten den Begriff der notwendigen Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 bestimmen: Die Gesetzesmaterialien geben für eine solche einschränkende Gesetzesauslegung keinen nachvollziehbaren Anhalt (insoweit gl.A. Stobbe/Loose, FR 1999, 405). Die Gegenansicht macht auch nicht deutlich, inwieweit der Rückgriff auf die Untergrenze der zu aktivierenden Herstellungskosten mit der gleichfalls durch das StEntlG 1999/2000/2002 eingefügten deklaratorischen Vorschrift des § 5 Abs. 4b EStG 1997 n.F./2002 vereinbar ist, nach der Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren sind, nicht gebildet werden dürfen (vgl. hierzu z.B. Senatsurteil vom I R 36/07, BFHE 226, 342, BStBl II 2010, 232). Vor allem bleibt zu beachten, dass es § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 —bereits nach seinem Wortlaut— nicht um die Bestimmung und Sonderung von Teilen der Herstellungskosten, sondern darum geht, die Rückstellungsbewertung an dem Erfüllungsbetrag, d.h. an den den rückgestellten Verbindlichkeiten zuzurechnenden Einzelkosten und angemessenen (notwendigen) Gemeinkosten auszurichten. Hinzu kommt, dass mit dem StEntlG 1999/2000/2002 die bis dahin geltende Rückstellungsbewertung unter sinngemäßer Anwendung der für den Ansatz von Anschaffungs- und Herstellungskosten geltenden Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 (i.V.m. Nr. 3) EStG 1997 a.F. aufgegeben und mit § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 1997 n.F./2002 durch eine eigenständige Bestimmung unter Rückgriff auf die handelsrechtlich für den Ansatz von Rückstellungen geltenden Regeln (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F./n.F.) ersetzt wurde. Demgemäß verbietet es sich auch in systematischer Hinsicht, diesen Regelungszusammenhang aufzubrechen und den Maßstab der willkürfreien und angemessenen Gemeinkostenschlüsselung —entgegen dem Vorsichtsprinzip sowie dem Gebot des vollständigen Schuldenausweises— ohne ein tragfähiges Diktum des Gesetzgebers einzuschränken.
26 4. Die Sache ist nicht spruchreif.
27 a) Der Senat kann den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht mit der gebotenen Sicherheit entnehmen, ob die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung der einzelnen für Archivierungszwecke genutzten Gebäude ihre Ausgaben aus einem Finanzierungspool geleistet hatte. Sollte sich im Rahmen der erneuten Überprüfung des Sachverhalts ergeben, dass alle oder auch nur einzelne dieser Gebäude durch unmittelbar zuordenbare Einzelkredite finanziert worden sind, so wäre insoweit eine Zurechnung von Poolfinanzierungszinsen (Gemeinkosten) ausgeschlossen und nur die auf die Einzelkredite entfallenden Schuldzinsen (Einzelkosten) in die Bewertung der Archivierungsverpflichtung einzustellen. Demgemäß hätte das FG für den Fall, dass die Klägerin tatsächlich den Finanzierungsweg des Einzelkredits eingeschlagen haben sollte, der Frage nachzugehen, ob und in welcher Höhe die Einzelkredite sowie etwaige Umschuldungsdarlehen zwischenzeitlich —d.h. zum Bilanzstichtag ()— durch Eigenmittel getilgt worden sind, und auf dieser Grundlage den rückstellbaren Zinsanteil zu schätzen.
28 b) Sollte sich hingegen —was dem Senat nach dem bisherigen Sachstand naheliegend erscheint— ergeben, dass sämtliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die zu Archivierungszwecke verwendeten Gebäude aus dem Finanzierungspool getragen worden sind, so bestünden zwar im Grundsatz keine Bedenken, die (poolgebundenen) Refinanzierungskredite der Klägerin nach Maßgabe der Fremdfinanzierungsquote des Pools im Zeitpunkt der jeweiligen Gebäudeanschaffung oder –herstellung den Archivräumen zuzuordnen und die auf diese Weise ermittelten Zinsbeträge als Teil der auf die Aufbewahrungsverpflichtung entfallenden notwendigen Gemeinkosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 zu qualifizieren. Jedoch wären hierbei —zur Wahrung des Maßstabs einer verursachungsgerechten Gemeinkostenschlüsselung— folgende Begrenzungen zu beachten:
29 aa) Nach den für das Streitjahr (2005) zu beachtenden Solvabilitätsgrundsätzen (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 4 Satz 2 Nr. 1 der Grundsätze über das Eigenkapital und die Liquidität der Institute vom [Bundesanzeiger —BAnz— 1997, 13555; zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom , BAnz 2000, 17077] jeweils i.V.m. § 10 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 KWG 1998) durfte das Verhältnis des haftenden Eigenkapitals der Klägerin zu ihren (gewichteten) Bilanzaktiva (einschließlich Gebäude) 8 v.H. nicht unterschreiten. Zwar dient diese Regelung als Teil des Bankenaufsichtsrechts primär der Sicherung eines funktionsfähigen Finanzsystems (Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl. 2012, § 1 Grds I Rz 1). Gleichwohl ist hierin zugleich eine Obergrenze zu sehen, jenseits derer eine Schuldzinsenschlüsselung nicht mehr als eine nach kaufmännischer Beurteilung angemessene Gemeinkostenzuordnung i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 angesehen werden kann.
30 bb) Hiervon ausgehend wird das FG im zweiten Rechtsgang des Weiteren zu prüfen haben, ob der Fremdkapitalanteil des Finanzierungspools in den Jahren nach Erwerb oder Herstellung der für Archivierungszwecke genutzten Gebäude unter den zunächst gegebenen und nach den vorstehenden Ausführungen zu aa) anzuerkennenden (Fremdkapital-)Anteil gesunken ist. Sollte dies der Fall gewesen sein, so wäre hiermit zugleich verbunden, dass auch die auf die Archivgebäude rechnerisch entfallenden Refinanzierungsschulden anteilig durch einen —gegenüber dem Vorjahr erhöhten— Einsatz von Eigenkapital getilgt worden sind. Bei Letzterem würde es selbst dann bleiben, wenn in den Folgejahren der Fremdfinanzierungsanteil des Pools wieder erhöht würde, da auch im Rahmen einer Gemeinkostenschlüsselung der einzelnen Leistungseinheit nur die tatsächlich entstandenen, nicht hingegen lediglich kalkulatorische Aufwendungen zugerechnet werden können und es hiernach ausgeschlossen ist, den Einsatz von Eigenmitteln nachträglich durch eine —nur noch kalkulatorische— Fremdfinanzierung zu substituieren.
31 cc) Die auf die Archivräume entfallenden Zinsaufwendungen werden allerdings nicht nur durch eine etwaige Rückführung der allgemeinen Refinanzierungsquote des Pools (s. vorstehend zu bb), sondern —wie von der Klägerin zutreffend angenommen— auch durch den (abschreibungsbedingten) Rückgang der Gebäudebuchwerte gemindert. Dem liegt die kaufmännisch vertretbare Annahme zugrunde, dass die den Aufbewahrungsräumen im Wege der Schlüsselung zugeordneten Kredite —selbst im Falle einer konstanten Fremdkapitalquote des Unternehmens— ausgerichtet an der Nutzungsdauer der betroffenen Gebäude zurückgeführt werden. Nicht beachtet hat die Klägerin hierbei allerdings möglicherweise, dass die in den zukünftigen —d.h. nach Ablauf des Streitjahrs (2005) beginnenden— Rechnungsperioden auf die Archivräume entfallenden Zinsen nach den in diesen Folgejahren jeweils geminderten Buchwerten zu bestimmen sind; demgemäß ist dieser degressive Zinsverlauf auch der Schätzung der rückstellungsfähigen Gemeinkosten zugrunde zu legen. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2013 II Seite 676
BB 2013 S. 622 Nr. 11
BB 2014 S. 47 Nr. 1
BBK-KN Nr. -1 (Rückstellung für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen und Zinsen sog. Poolfinanzierung)
BFH/NV 2013 S. 622 Nr. 4
BFH/PR 2013 S. 141 Nr. 5
BStBl II 2013 S. 676 Nr. 16
DB 2013 S. 431 Nr. 9
DB 2013 S. 6 Nr. 9
DStR 2013 S. 451 Nr. 10
DStR 2013 S. 8 Nr. 9
DStRE 2013 S. 443 Nr. 7
DStZ 2013 S. 210 Nr. 7
EStB 2013 S. 124 Nr. 4
FR 2013 S. 501 Nr. 11
GStB 2013 S. 23 Nr. 6
HFR 2013 S. 485 Nr. 6
KSR direkt 2013 S. 2 Nr. 4
KÖSDI 2013 S. 18279 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 10/2013 S. 656
NWB-Eilnachricht Nr. 50/2013 S. 3949
StB 2013 S. 97 Nr. 4
StBW 2013 S. 289 Nr. 7
StBW 2013 S. 301 Nr. 7
StC 2013 S. 9 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 5/2013 S. 192
Ubg 2013 S. 255 Nr. 4
WPg 2013 S. 327 Nr. 7
BAAAE-30640