BFH Urteil v. - III R 70/11 BStBl 2013 II S. 544

Berücksichtigung eines Zivildienstleistenden als Ausbildungsplatz suchendes Kind

Leitsatz

Der Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG wird nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das Kind während seiner Bemühungen um einen Ausbildungsplatz den gesetzlichen Zivildienst ableistet.

Gesetze: EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. cEStG § 32 Abs. 4 Satz 2EStG § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

A.

1 Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter ihres im April 1988 geborenen Sohnes (S).

2 S beendete seine Schulausbildung im Juli 2007. In der Zeit vom 2. Januar bis leistete er den gesetzlichen Zivildienst. Hierfür erhielt er einen Sold in Höhe von 4.599,72 € und ein Entlassungsgeld in Höhe von 690,24 €. Spätestens im März 2008 bewarb sich S um einen Studienplatz. Im Juni 2008 bestand er die hierfür vorgeschriebene Aufnahmeprüfung. Im Oktober 2008 nahm er sein Studium auf.

3 Die Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung für S ab August 2007 auf und forderte gewährtes Kindergeld in Höhe von 616 € zurück. Ab Oktober 2008 bezog die Klägerin wieder Kindergeld. Die Familienkasse wies den gegen den Aufhebungsbescheid eingelegten Rechtsbehelf mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.

4 Die hiergegen erhobene Klage war für den Monat März 2008 erfolgreich, für den Zeitraum von August 2007 bis Februar 2008 hingegen erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, der Klage sei für den Monat März 2008 stattzugeben, weil sich S spätestens in diesem Monat um einen Studienplatz beworben habe. Einer Berücksichtigung des S als Ausbildungsplatz suchendes Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (EStG) stehe nicht entgegen, dass er sein Studium aus studienorganisatorischen Gründen erst im Oktober 2008 habe aufnehmen können. Unerheblich sei auch der Umstand, dass S ab Januar 2008 Zivildienst geleistet habe. Die Ableistung des Zivildienstes führe nicht dazu, dass ein an sich erfüllter Berücksichtigungstatbestand wieder ausgeschlossen werde. Schließlich liege das von S während seiner Dienstzeit erhaltene Entgelt unter dem maßgeblichen Jahresgrenzbetrag. Für den Zeitraum August 2007 bis Februar 2008 scheide hingegen eine Berücksichtigung des S aus. Insbesondere greife § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht ein, weil die Übergangszeit zwischen Beendigung der Schulausbildung und Beginn des Zivildienstes mehr als vier Monate betragen habe.

5 Das FG legte die Kosten des Verfahrens der Klägerin zu 6/7 und der Familienkasse zu 1/7 auf.

6 Gegen das Urteil haben beide Beteiligten Revision eingelegt.

7 Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts, soweit das FG den S wegen Überschreitens der Viermonatsfrist in dem Zeitraum von August 2007 bis Februar 2008 nicht als Kind berücksichtigt habe. Nicht beeinflussbare Verzögerungen bei der Einberufung zum Zivildienst dürften sich im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht zu Lasten des Kindergeldberechtigten auswirken. Abgesehen davon müsse das Kind bei einem schuldlosen Überschreiten der Viermonatsfrist jedenfalls nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden.

8 Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, den Aufhebungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung insoweit aufzuheben, als die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum von August 2007 bis Februar 2008 aufgehoben wurde.

9 Die Familienkasse rügt mit ihrer Revision eine unzutreffende Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG durch das FG, soweit es S ab März 2008 als Ausbildungsplatz suchendes Kind berücksichtigt habe. Hierdurch habe es gegen die gesetzgeberische Wertung verstoßen, nach der während eines Wehr- oder Zivildienstes mangels typischer Unterhaltssituation kein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem (BFHE 199, 210, BStBl II 2002, 807), nach dem sich ein Kind während des Zivildienstes in einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befinden könne. Bei dieser Entscheidung sei maßgeblich gewesen, dass den Eltern wegen der Berufsausbildung des Kindes tatsächlich ein zusätzlicher Aufwand entstanden sei. Solche besonderen Umstände seien im Streitfall nicht gegeben.

10 Die Familienkasse beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es den Aufhebungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung für den Monat März 2008 aufhebt.

11 Die Beteiligten beantragen im Übrigen, die Revision des jeweils anderen zurückzuweisen.

B.

12 Die Revisionen sind unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin für den Streitzeitraum (August 2007 bis März 2008) ein Kindergeldanspruch (nur) für den Monat März 2008 zusteht.

13 I. Das FG hat das Klagebegehren der Klägerin zutreffend dahingehend ausgelegt, dass sie mit ihrer Klage die Aufhebung des Aufhebungsbescheids für den Zeitraum von August 2007 bis März 2008 begehrt.

14 Nach der Rechtsprechung des Senats kann das FG den Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle machen, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat. Im Falle eines zulässigen, in der Sache aber unbegründeten Einspruchs gegen einen Aufhebungsbescheid ist der Familienkasse längstens eine Regelung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung möglich. Würde ein Kläger mit seiner Klage über diesen Zeitraum hinaus Kindergeld begehren, wäre sie insoweit unzulässig (Senatsurteil vom III R 41/07, BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681). Es entspricht daher der recht verstandenen Interessenlage der Klägerin, dass sie mit ihrer Klage —zumal sie im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich etwas Abweichendes beantragt hat— die Aufhebung des Aufhebungsbescheids für den Zeitraum von August 2007 bis März 2008 erreichen will.

15 II. Revision der Klägerin

16 Das FG hat S für den Zeitraum von August 2007 bis Februar 2008 zu Recht nicht als Kind gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG berücksichtigt.

17 1. S kann während des genannten Zeitraums nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG als Ausbildungsplatz suchendes Kind berücksichtigt werden.

18 Nach dieser Vorschrift wird ein Kind berücksichtigt, das —wie S im Streitfall— das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist hierfür erforderlich, dass ein Ausbildungsplatz fehlt und sich das Kind ernsthaft um einen solchen bemüht (Senatsurteil vom III R 84/07, BFH/NV 2010, 853; Schmidt/Loschelder, EStG, 31. Aufl., § 32 Rz 31 f.). Nach den Feststellungen des FG hat sich S spätestens im Monat März 2008 um einen Studienplatz beworben. Diese von der Klägerin nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffene Feststellung ist für den Senat bindend (s. § 118 Abs. 2 FGO). Danach hat sich S zwar jedenfalls im Monat März 2008, nicht aber zu einem früheren Zeitpunkt um einen Studienplatz beworben.

19 2. Ebenso scheidet eine Berücksichtigung des S in der Zeit von August 2007 bis Dezember 2007 gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG als ein Kind in einer Übergangszeit aus.

20 a) Nach dieser Vorschrift wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG liegt.

21 Im Streitfall hat S die Übergangszeit von vier Monaten zwischen Schulabschluss und Beginn des gesetzlichen Zivildienstes überschritten. Es liegt eine Übergangszeit —beginnend mit dem Monat August 2007 und endend mit dem Monat Dezember 2007— von fünf Monaten vor (zur Berechnung der Viermonatsfrist s. , BFHE 203, 102, BStBl II 2003, 847). Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift kommt bei einem Überschreiten der Übergangszeit eine Begünstigung auch nicht für die ersten vier Monate in Betracht (Senatsurteil in BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681, m.w.N.).

22 b) Ein Kindergeldanspruch lässt sich für die fünfmonatige Übergangszeit auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b oder c EStG stützen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats ist die gesetzliche Ausgestaltung der Tatbestände in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG, wonach ein Kind, das nach Beendigung der Schulzeit —unabhängig davon, ob absehbar oder nicht— länger als vier Monate auf den Beginn des Pflichtdienstes (gesetzlicher Wehr- oder Zivildienst) wartet, während dieser Übergangszeit nicht berücksichtigt wird, weder lückenhaft noch verstößt sie gegen das Grundgesetz. Zur Begründung wird auf die jüngsten (BFHE 236, 137, BStBl 2012, 678) und in BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681, vom III R 68/10 (BFHE 236, 421, BStBl II 2012, 686) und vom III R 25/09 (BFH/NV 2012, 1437) verwiesen, mit welchen die bisherige Rechtsprechung bestätigt wurde.

23 3. Schließlich kann S für die Monate Januar und Februar 2008 auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt werden. Nach dieser Vorschrift wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Durch die Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, dass der Zivildienst grundsätzlich keine Berufsausbildung darstellt (s. dazu , BFH/NV 2004, 1242).

24 III. Revision der Familienkasse

25 Das FG hat zu Recht für den Monat März 2008 einen Kindergeldanspruch gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG bejaht.

26 1. Die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG setzt —wie bereits ausgeführt (s. B.II.1.)— voraus, dass ein Ausbildungsplatz fehlt und sich das Kind ernsthaft um einen solchen bemüht (Senatsurteil in BFH/NV 2010, 853). Dabei ist im Grundsatz jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen. Ein ernsthaftes Bemühen erfordert aber zudem, dass der Ausbildungsplatz im Erfolgsfall angetreten werden kann. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG liegen demnach nicht vor, wenn das Kind —die Verfügbarkeit des Ausbildungsplatzes unterstellt— diesen ohnehin nicht antreten könnte, weil es die objektiven Anforderungen dafür nicht erfüllt oder es aus anderen Gründen am Antritt gehindert wäre (z.B. , BFHE 203, 94, BStBl II 2003, 843). Zudem liegt ein ernsthaftes Bemühen in Fällen, in denen eine Ausbildung —wie z.B. ein Studium— nur zu bestimmten Zeitpunkten begonnen werden kann, nur dann vor, wenn sich das Kind für den nächstmöglichen Ausbildungsbeginn bewirbt (Senatsurteil in BFH/NV 2010, 853). Im Übrigen ist § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht nur dann erfüllt, wenn das Kind noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, sondern auch dann, wenn ihm ein Ausbildungsplatz bereits zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann (Senatsurteil vom III R 34/09, BFHE 230, 61, BStBl II 2010, 982, m.w.N.). Danach ist ein Kind, dem der begehrte Studienplatz aufgrund ernsthafter Bemühungen bereits zur Verfügung steht, auch während der Wartezeit bis zum Semesterbeginn zu berücksichtigen.

27 2. Sind die vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen gegeben, wird der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Kind daneben den gesetzlichen Zivildienst ableistet.

28 a) Der BFH hat zuletzt in seinen Entscheidungen zur Berücksichtigung von Kindern während einer Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeführt, dass eine typische Unterhaltssituation kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der einzelnen Berücksichtigungstatbestände ist. Ob ein Kind wegen eigener Einkünfte typischerweise nicht auf Unterhaltsleistungen der Eltern angewiesen und deshalb nicht als Kind zu berücksichtigen ist, ist nach der gesetzlichen Regelung nicht bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG zu ermitteln, sondern erst auf einer zweiten Stufe bei der Prüfung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den maßgebenden Grenzbetrag überschreiten (z.B. Senatsurteile in BFHE 230, 61, BStBl II 2010, 982; vom III R 50/10, BFH/NV 2011, 1329).

29 b) Dabei ist es nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik unerheblich, aus welchen Gründen bei den Eltern keine typische Unterhaltssituation gegeben ist. Danach kann weder eine Vollzeiterwerbstätigkeit noch die Ableistung eines gesetzlichen Pflichtdienstes den Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ausschließen. Abweichendes lässt sich insbesondere weder aus dem Umstand, dass der Zivildienst nicht in den Katalog der Berücksichtigungstatbestände (§ 32 Abs. 4 Satz 1 EStG) aufgenommen wurde, noch aus der Vorschrift des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ableiten, nach der Kinder, die den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst leisten, u.a. in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Berufsausbildung) über die maßgebliche Altersgrenze hinaus für einen der Dauer dieser Dienste entsprechenden Zeitraum berücksichtigt werden (sog. Verlängerungstatbestand). Zwar beruhen beide Regelungen auf der typisierenden Annahme des Gesetzgebers, dass Eltern von Kindern, die den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst leisten, wirtschaftlich nicht belastet sind und deshalb —mangels typischer Unterhaltssituation— auch keinen Anspruch auf Kindergeld haben (BFH-Urteil in BFHE 199, 210, BStBl II 2002, 807; s. auch Senatsurteil in BFHE 236, 144, BStBl 2012, 681). Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Berücksichtigung eines Kindes für Zeiten des Zivildienstes auch dann ausgeschlossen ist, wenn es sich —neben dem Zivildienst— ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht. Auch in diesem Fall ist —wie beim Zusammentreffen ernsthafter Ausbildungsplatzbemühungen mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit— die Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes und damit die wirtschaftliche Belastung der Eltern nicht durch eine einschränkende Auslegung des Berücksichtigungstatbestandes, sondern —entsprechend der gesetzlichen Regelungskonzeption— durch die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes typisierend zu bestimmen. Demnach können Kinder, die den gesetzlichen Zivildienst ableisten, nicht nur als Kinder in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG; so bereits BFH-Urteil in BFHE 199, 210, BStBl II 2002, 807), sondern auch als Ausbildungsplatz suchende Kinder (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG) berücksichtigt werden.

30 3. Das FG hat die vorstehend dargestellten Grundsätze zutreffend auf den Streitfall angewendet.

31 S hat sich nach den den Senat bindenden Feststellungen im Monat März 2008 um die Aufnahme des Studiums im Oktober 2008 beworben (s. dazu bereits B.II.1.). Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um den nächstmöglichen Studienbeginn gehandelt hat. Im Übrigen ist S die Aufnahme des Studiums zu diesem Zeitpunkt auch nicht wegen der Ableistung des Zivildienstes unmöglich gewesen; sein Zivildienst endete vor dem Semesterbeginn. Dass sich S während seines Zivildienstes beworben hat, ist —wie ausgeführt (B.III.2.)— unschädlich.

32 Danach war S für den Monat März 2008 infolge seiner Bewerbung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen.

33 4. Schließlich haben die Einkünfte und Bezüge des S nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (s. § 118 Abs. 2 FGO) den maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 ff. EStG) nicht überschritten.

34 IV. Die Entscheidung des FG über die Verfahrenskosten ist unrichtig und deshalb unabhängig vom Ausgang des Revisionsverfahrens von dem erkennenden Senat richtig zu stellen (, juris, m.w.N.).

35 Die Kostenverteilung ergibt sich nach dem Maße des Obsiegens bzw. Unterliegens, somit danach, in welchem Umfang der Klageantrag erfolgreich ist. Es ist auf den Unterschied zwischen der begehrten und der erreichten Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes abzustellen (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 136 Rz 1; Schwarz in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 136 FGO Rz 6). Das FG hat die Verfahrenskosten der Klägerin zu 6/7 und der Familienkasse zu 1/7 auferlegt (§ 136 Abs. 1 FGO). Die Klägerin hat jedoch mit ihrer Klage Kindergeld für acht (August 2007 bis März 2008), nicht für sieben Monate begehrt. Danach hat die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens die Klägerin zu 7/8 und die Familienkasse zu 1/8 zu tragen.

36 Hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens gilt Folgendes: Legen —wie hier— beide Beteiligten Revision ein, ist die Kostenentscheidung nach dem Grundsatz der einheitlichen Kostenverteilung nach Quoten der Gesamtkosten (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu treffen (z.B. Senatsurteil vom III R 79/97, BFHE 193, 536, BStBl II 2001, 702).

37 Danach trägt die Klägerin die Kosten zu 7/8 und die Familienkasse zu 1/8.

Fundstelle(n):
BStBl 2013 II Seite 544
BFH/NV 2013 S. 128 Nr. 1
BFH/PR 2013 S. 83 Nr. 3
BStBl II 2013 S. 544 Nr. 13
DB 2012 S. 6 Nr. 47
DStRE 2013 S. 140 Nr. 3
EStB 2012 S. 446 Nr. 12
FR 2013 S. 565 Nr. 12
HFR 2013 S. 138 Nr. 2
KÖSDI 2013 S. 18211 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 47/2012 S. 3756
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2012 S. 3835
StB 2013 S. 3 Nr. 1
StBW 2012 S. 1106 Nr. 24
StBW 2012 S. 1168 Nr. 25
LAAAE-22648