Über latenten und tatsächlichen Ärger um Steuerlatenzen
Seit BilMoG [i]www.bstbk.de/de/themen/rechnungslegung haben die Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz weiter zugenommen: Wegen des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit dürfen in Neufällen so genannte steuerliche Vergünstigungen (z. B. Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG) nicht mehr in die Handelsbilanz übernommen werden, die Bewertungsänderungen im Rückstellungsbereich führen zu unterschiedlichen Wertansätzen und selbst im Anlagevermögen sind übereinstimmende Abschreibungsverläufe nicht mehr zwingend – um nur einige Beispiele zu nennen.
Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften haben bei Abweichungen ihrer handelsrechtlichen Buchwerte zu entsprechenden steuerlichen Wertansätzen das Thema latente Steuern am Hals. Latente Steuern gehören aber in der Praxis nicht gerade zu den beliebtesten Bilanzierungsthemen.
Immerhin wollte [i]Überschneidung zwischen latenten Steuern und Verbindlichkeitsrückstellungen der Gesetzgeber den kleinen Kapitalgesellschaften Gutes tun: Nach § 274a Nr. 5 HGB sind sie von der Vorschrift des § 274 HGB zur Steuerlatenzierung befreit. Doch gut gewollt ist nicht immer gut getan. Bei genauerem Hinsehen nämlich bestehen Schnittmengen zwischen passiven Steuerlatenzen und Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, was im Übrigen bereits in der Vor-BilMoG-Zeit bekannt war. Nur hat das damals kaum jemanden in der Praxis interessiert, weil es so gut wie keine Anwendungsfälle gab.
Das ist seit [i]www.idw.de, Meldung „IDW aktuell” vom 15. 10. 2012BilMoG nun anders: Muss eine kleine Kapitalgesellschaft eine Steuerrückstellung passivieren, wenn sie z. B. steuerlich eine § 6b-Rücklage bildet? Und hängt die Antwort auf diese Frage auch davon ab, ob eine künftige Investition, auf die diese Rücklage übertragen wird, tatsächlich geplant ist? Schließlich: Muss die Rückstellung, wenn ihr Ansatz befürwortet wird, möglicherweise abgezinst werden?
Über diese Fragen [i]Offene Meinungsverschiedenheit zwischen IDW und Bundessteuerberaterkammerist zwischen der Bundessteuerberaterkammer und dem IDW ein offener Diskurs entbrannt. Die beiden hierzu veröffentlichten Schriftstücke verdeutlichen die Komplexität des Themas. Sie führen aber auch zur nicht unerheblichen Verunsicherung der Berufsträger und letztlich auch ihrer Mandanten.
Es wäre sehr zu wünschen, dass die Auseinandersetzung nur temporär ist und ein Kompromiss gefunden werden kann. Die Spitzenorganisationen sollten sich dabei – freilich auf Basis der Bilanzierungsgrundsätze – davon leiten lassen, dass das Ergebnis vom Steuerberater vor Ort auch umgesetzt werden kann. Die Auffassung des IDW scheint mir hier noch die vergleichsweise unkompliziertere Lösung zu bieten.
Carsten Theile
Fundstelle(n):
BBK 2012 Seite 1001
NWB TAAAE-22025