OFD Niedersachsen - S 0820 - 57 - Z 138

Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 3a StBerG durch Personen, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder der Schweiz beruflich niedergelassen sind

1 Allgemeines

Mit Inkrafttreten des Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes [1] am wurde die bisherige Regelung der Befugnis zu vorübergehender geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen im Inland gem. § 3 Nr. 4 StBerG durch die Einführung des § 3a StBerG ersetzt.

Die Vorschrift dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Anerkennung von Berufsqualifikationen [2], geändert durch die Richtlinie 2006/100/EG vom [3].

§ 3a StBerG trägt auch den Anforderungen der EG-Richtlinien im Bereich der Dienstleistungsfreiheit bei grenzüberschreitender Hilfeleistung in Steuersachen Rechnung. Aus dieser Neuregelung lassen sich allerdings nicht mehr Rechte herleiten als unmittelbar aus dem EU-Recht. Insbesondere wird hierdurch keine umfassende, uneingeschränkte Tätigkeitsbefugnis aller ausländischen Berufszweige, die steuerberatend tätig sind, auf dem Gebiet der inländischen Hilfeleistung in Steuersachen normiert.

Das Begründen einer (zusätzlichen) inländischen Niederlassung durch EU-Bürger bzw. EU-Vereinigungen setzt unverändert zwingend die formelle Bestellung als inländischer Steuerberater voraus; dies gilt auch für Nicht-EU-Bürger. Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz können unter bestimmten Voraussetzungen [4] eine Eignungsprüfung absolvieren und nach deren Bestehen anschließend zum Steuerberater bestellt werden.

2 Befugnis zu vorübergehender und gelegentlicher Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 3a StBerG

2.1 Personenkreis

Nach § 3a Abs. 1 StBerG sind auch Personen und Vereinigungen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der EU als Deutschland oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten (sog. Dienstleister in Steuersachen), zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in Deutschland befugt [5]. Erforderlich ist eine tatsächliche berufliche Niederlassung im Ausland, eine reine Postfachadresse erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Sofern der Beruf und auch die Ausbildung zu diesem Beruf im Niederlassungsstaat nicht reglementiert sind, kommt eine vorübergehende und gelegentliche Tätigkeit nur in Betracht, wenn innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens zwei Jahre Praxiszeit nachgewiesen werden [6].

2.2 Vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen

Entsprechend dem Wortlaut der Richtlinie 2005/36/EG sind nur zeitlich begrenzte geschäftsmäßige Hilfeleistungen in Steuersachen im Inland von der Dienstleistungsfreiheit erfasst. Will sich eine Person oder Vereinigung zur dauerhaften oder jedenfalls nicht nur gelegentlichen Erbringung von geschäftsmäßigen Hilfeleistungen in Steuersachen im Inland niederlassen, gelten für sie die allgemeinen Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes.

Der vorübergehende und gelegentliche Charakter der Tätigkeit wird im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung, insbesondere anhand der Dauer, der Häufigkeit, der regelmäßigen Wiederkehr und der Kontinuität der Dienstleistung beurteilt [7].

Damit sind die von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien nunmehr in das Gesetz aufgenommen worden.

Gegen eine nur vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen spricht insbesondere die dauerhafte und fortlaufende Betreuung einer Vielzahl von inländischen Mandanten oder die Betreuung nur eines inländischen Mandanten über einen längeren Zeitraum bzw. in einer Vielzahl von Verfahren.

Die Einrichtung eines inländischen Büros kann zwar unschädlich sein, sofern dies für die Erbringung der (anderen) Dienstleistungen erforderlich ist. Wird die Hilfeleistung in Steuersachen im Inland dagegen in stabiler und kontinuierlicher Weise ausgeübt, handelt es sich um die (unzulässige) Begründung einer beruflichen Niederlassung [8].

2.3 Schriftliche Meldung bei der zuständigen Steuerberaterkammer

Nach § 3a Abs. 2 StBerG sind ausländische Dienstleister vor der ersten Erbringung einer geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland verpflichtet, der zuständigen Stelle eine schriftliche Meldung zu machen.

Verlangt werden u. a. eine Bescheinigung des Niederlassungsstaates, Nachweise zur Berufsqualifikation und zum Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung, die inländischen Anforderungen genügt. Das ergibt sich aus § 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG, der bestimmt, dass ausländische Dienstleister denselben Berufsregeln unterliegen wie inländische Steuerberater. Die mit der Meldung vorzulegenden Nachweise entstammen Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG.

Die vollständige Meldung ist Voraussetzung für die Aufnahme der vorübergehenden Tätigkeit in Deutschland. Dies gilt auch für eine nur einmalige Hilfeleistung in Steuersachen.

Die jeweils zuständige Steuerberaterkammer für ausländische Dienstleister ergibt sich aus § 3a Abs. 2 Satz 2 StBerG.

Die Meldung ist gem. § 3a Abs. 2 Satz 4 StBerG jährlich zu wiederholen, wenn die Person nach Ablauf eines Kalenderjahres erneut eine Hilfeleistung in Steuersachen im Inland erbringen will. Maßgeblich ist dabei, ob die vorangegangene Meldung und die erneute Hilfeleistung auf verschiedene Kalenderjahre entfallen.

2.4 Vorübergehende Eintragung im Berufsregister der zuständigen Steuerberaterkammer

§ 3a Abs. 3 StBerG sieht die vorübergehende Eintragung der Angaben durch die zuständige Steuerberaterkammer im dort geführten Berufsregister vor, sobald die Meldung nach Abs. 2 vollständig vorliegt.

Anders als die Eintragung niedergelassener Steuerberater wirkt die Eintragung nach § 3a Abs. 3 StBerG aber nicht konstitutiv, so dass die Aufnahme der Tätigkeit im Inland entsprechend Artikel 6 der Richtlinie 2005/36/EG bereits mit der vollständigen Meldung erfolgen kann [9].

2.5 Berufsbezeichnung

Ausländische Dienstleister sind nach § 3a Abs. 5 StBerG verpflichtet, bei der Erbringung der vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistungen in Steuersachen im Inland nur unter der Berufsbezeichnung in den Amtssprachen des Niederlassungsstaates tätig zu werden.

Ist der ausländische Dienstleister in seinem Niederlassungsstaat berechtigt, die Berufsbezeichnung „Steuerberater/in”, „Steuerbevollmächtigte/r” oder „Steuerberatungsgesellschaft” zu führen, muss er zusätzlich die Berufsorganisation, der er im Niederlassungsstaat angehört sowie den Niederlassungsstaat angeben.

Diese Regelung entspricht Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG und dient dem Schutz der Rechtssuchenden vor einer Verwechslung mit inländischen qualifizierten Personen.

2.6 Umfang der Befugnis nach § 3a StBerG

Der Umfang der Befugnis zur vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat [10].

Ausländische Dienstleister unterliegen bei ihrer Tätigkeit im Inland denselben Berufsregeln wie inländische Steuerberater [11], d. h. insbesondere den Vorschriften des StBerG, der StBGebV und der BOStB.

2.7 Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen im Inland durch die zuständige Steuerberaterkammer

In § 3a Abs. 6 StBerG ist in Übereinstimmung mit Artikel 5 der Richtlinie 2005/36/EG eine Untersagungsmöglichkeit für den Fall unqualifizierter Hilfeleistung in Steuersachen zum Nachteil der Rechtssuchenden oder des Rechtsverkehrs durch die zuständige Steuerberaterkammer vorgesehen. Die Untersagungsmöglichkeit entspricht dem Widerruf im Bereich der niedergelassenen Angehörigen der steuerberatenden Berufe, ist aber als Untersagung gestaltet, weil die Registrierung nicht konstitutiv wirkt [12].

Die Untersagung ist möglich, wenn der ausländische Dienstleister

  • im Niederlassungsstaat nicht mehr rechtmäßig niedergelassen ist oder

  • ihm dort die Ausübung der Tätigkeit untersagt wird,

  • er nicht über die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügt [13] oder

  • er wiederholt eine unrichtige Berufsbezeichnung führt (vgl. Tz. 2.5).

3 Verfahren

3.1 Erstmaliges Auftreten ausländischer Dienstleister

Treten ausländische Dienstleister ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschrift des § 3a StBerG bei einem Finanzamt als Bevollmächtigte für andere Steuerpflichtige auf, ist es zweckmäßig, ihnen zunächst das „Merkblatt zu § 3a StBerG[14] zu übersenden, um sie auf das Erfordernis einer schriftlichen Meldung i. S. des § 3a Abs. 2 StBerG aufmerksam zu machen.

In dem Anschreiben ist die betreffende Person aufzufordern, eine Bestätigung der zuständigen Steuerberaterkammer über das Vorliegen der vollständigen Meldung (vgl. Tz. 2.3) bzw. über die vorübergehende Eintragung in das dortige Berufsregister (vgl. Tz. 2.4) einzureichen und vorher von der Erbringung steuerberatender Leistungen im Inland abzusehen.

Sollten ausländische Dienstleister ohne Vorlage eines entsprechenden Nachweises der zuständigen Steuerberaterkammer wiederholt Hilfe in Steuersachen leisten, sind sie gem. § 80 Abs. 5 AO zurückzuweisen [15] und die vertretenen Steuerpflichtigen zu unterrichten [16]. Gleichzeitig ist auch das zuständige Finanzamt für Fahndung und Strafsachen zu informieren [17].

3.2 Pflichtverletzungen ausländischer Dienstleister

Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 StBerG wurde nach Inkrafttreten des § 3a StBerG um die Mitteilung von Pflichtverletzungen der dort genannten Personen erweitert [18].

Auch für diesen Personenkreis besteht demnach eine gesetzliche Offenbarungsvorschrift i. S. des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, wenn sich der Verdacht einer Berufspflichtverletzung ergibt. In Betracht kommen insbesondere Anhaltspunkte für mangelnde Sprachkenntnisse (vgl. Tz. 2.7) sowie das Führen einer unrichtigen Berufsbezeichnung (vgl. Tz. 2.5).

Im Interesse einer einheitlichen Handhabung informiert das Finanzamt, dass die Pflichtverletzung einer gem. § 3a StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Person festgestellt hat, die zuständige Steuerberaterkammer nicht direkt, sondern berichtet unaufgefordert der Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Abteilung Zentrale Aufgaben (Z).

3.3 Nicht nur vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen durch ausländische Dienstleister

Werden einem Finanzamt dagegen Tatsachen bekannt, die gegen eine nur zeitlich begrenzte Hilfeleistung gem. § 3a Abs. 1 StBerG sprechen (vgl. Tz. 2.2), so muss es den ausländischen Dienstleister als Bevollmächtigten gem. § 80 Abs. 5 AO zurückweisen.

Werden die Tatbestandsmerkmale „vorübergehend und gelegentlich” des § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG nicht erfüllt, handelt es sich um eine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 5 Abs. 1 StBerG.

Eine Mitteilung an die zuständige Steuerberaterkammer kommt hier mangels Offenbarungsbefugnis nicht in Betracht. Zudem beschränkt § 3a Abs. 6 StBerG den Handlungsrahmen der Steuerberaterkammern auf die dort genannten Fälle (vgl. Tz. 2.7).

Die Karteikarte Anhang K § 3 Nr. 4 StBerG Karte 1 (Kontrollnummer 1609) ist auszusondern.

OFD Niedersachsen v. - S 0820 - 57 - Z 138

Fundstelle(n):
BAAAE-06888

18. StBerÄndG, BGBl I 2008, 666

2ABl. EU Nr. L 255 S. 22, ABl. EU 2007 Nr. L 271 S. 18

3ABI. EU Nr. L 363 S. 141

4Zulassung zur Eignungsprüfung gem. § 37a Abs. 2 bis 5 StBerG

5§ 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG

6§ 3a Abs. 1 Satz 4 StBerG

7§ 3a Abs. 1 Satz 5 StBerG

8vgl. , und

9vgl. Bundestagsdrucksache – BT-Drs. 16/7250, 18

10§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG

11§ 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG

12vgl. BT-Drs. 16/7250, 18

13in Übereinstimmung mit Artikel 53 der Richtlinie 2005/36/EG

14vgl. Textbausteine Geschäftsstelle, sg3

15vgl. Textbausteine Geschäftsstelle, sg 14

16vgl. Textbausteine Geschäftsstelle, sg 15

17§ 5 Abs. 2 StBerG

18JStG 2010, Artikel 30 Nr. 2, gültig ab , BGBl 2010 I, 1768