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infoCenter (Stand: Oktober 2013)

Endorsement-Verfahren und EU-Institutionen (IFRS)

Prof. Dr. Carsten Theile

1. Begriff Endorsement-Verfahren

Der IASB (International Accounting Standards Board) als private Organisation hat keine Möglichkeit, seine Standards irgendjemandem rechtsverbindlich vorzuschreiben. Die Standards, die „Regeln“ des IASB, sind daher als Angebot an Rechnungsleger, Prüfer und ggf. Regierungen zu verstehen, sich ihrer zu bedienen.

Die EU hat im Jahr 2002 in der sog. IAS-Verordnung (IAS-VO) die Entscheidung getroffen, die IFRS (= alle Standards mit den Abkürzungen IFRS und IAS sowie alle Interpretationen mit den Abkürzungen IFRIC und SIC) verpflichtend für den Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Mutterunternehmen ab 2005 vorzusehen. Dabei sollen die Standards aus dem Jahr 2005 nicht statisch angewendet werden, sondern einschließlich ihrer vom IASB betriebenen Weiterentwicklung, allerdings nicht vorbehaltlos: Die Standards des IASB werden erst dann in der EU rechtsverbindlich, wenn sie ein Anerkennungsverfahren durchlaufen haben, das in der Fachwelt als „Endorsement-Verfahren“ bezeichnet wird. An diesem Verfahren sind verschiedene EU-Institutionen beteiligt.

Wichtig ist: Dem Endorsement-Verfahren unterliegen nur die Standards und Interpretationen in ihrem eigentlichen Regelungsinhalt. Haben sie das Verfahren durchlaufen, spricht man auch von „EU-IFRS“. Nicht dazu gehören die basis for conclusions, implementation guidance und illustrative examples, die im Zusammenhang mit dem eigentlichen Standardtext vom IASB veröffentlicht werden. Diese Unterlagen liegen daher nicht in einer seitens der EU genehmigten offiziellen und ggf. übersetzten Fassung vor.

Ebenfalls nicht dem Endorsement-Verfahren unterliegt das im März 2018 vom IASB in neuer Fassung veröffentlichte conceptual framework (weil es keinen Standard darstellt), obwohl es die Definitionsmerkmale für Vermögen und Schulden enthält.

2. Kriterien zur EU-Übernahme der Standards

Nach den Vorgaben des Art. 3 Abs. 2 der IAS-VO können die internationalen Rechnungslegungsstandards nur dann in das EU-Recht übernommen werden, wenn sie

  1. dem Prinzip des Artikels 2 Absatz 3 der Richtlinie 78/660/EWG und des Artikels 16 Absatz 3 der Richtlinie 83/349/EWG nicht zuwiderlaufen (dazu unten) sowie dem europäischen öffentlichen Interesse entsprechen und

  2. den Kriterien der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit genügen, die Finanzinformationen erfüllen müssen, um wirtschaftliche Entscheidungen und die Bewertung der Leistung einer Unternehmensleitung zu ermöglichen.

Die beiden unter a) genannten Richtlinien sind die sog. 4. Richtlinie über die EU-Harmonisierung des Jahresabschlusses und die sog. 7. EG-Richtlinie über die EU-Harmonisierung des Konzernabschlusses, die im Juni 2013 von der sog. Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) ersetzt worden sind. Der jeweilige Verweis betrifft inhaltlich unverändert die Generalnorm, wonach der Jahres- bzw. Konzernabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft bzw. des Konzerns zu vermitteln hat (true and fair view-Gebot). Zusammen mit dem Hinweis auf das europäische öffentliche Interesse kommt hier zum Ausdruck, dass die zu übernehmenden Standards dem gleichen Grundprinzip unterliegen sollen, wie es auch für die EG-Richtlinien gilt.

Die unter b) genannten qualitativen Anforderungen finden sich bereits im conceptual framework des IASB wieder. Damit müsste jeder vom IASB verabschiedete Standard diese Anforderungen per se erfüllen.

Klar ist: Die in Art. 3 Abs. 2 der IAS-VO genannten Anforderungen an die Güte der IFRS sind in hohem Maße dehnbar und auslegungsbedürftig. Insoweit stellen sie keine besonders hohe Übernahmehürde dar.

3. Ablauf des Endorsement-Verfahrens und beteiligte EU-Institutionen

3.1. Ausgangspunkt: Standard/Interpretation des IASB liegt vor

Dem IASB kommen folgende Aufgaben zu:

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