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infoCenter (Stand: November 2021)

Handlungsgehilfe

Dr. Hansjörg Haack, LL.M.

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition des Handlungsgehilfen

Handlungsgehilfe ist derjenige, der bei einem Kaufmann als Arbeitnehmer unselbstständig beschäftigt ist. Der Handlungsgehilfe ist verpflichtet, Dienste zu leisten, die nach der Verkehrsauffassung im Schwerpunkt kaufmännischer und nicht mechanischer oder technischer Natur sind. Die Regelungen im HGB zum Handlungsgehilfen sind arbeitsrechtlicher Natur. Es handelt sich bei den Vorschriften um eine besondere Gattung von Regelungen für Arbeitnehmer, nämlich den kaufmännisches Angestellten, der vom HGB etwas altertümlich als Handlungsgehilfe bezeichnet wird. Vereinzelt werden die Vorschriften auch analog auf andere Arbeitnehmer und teilweise sogar auf Selbständige angewandt. Die Vorschriften im HGB über den Handlungsgehilfen sind durch sonstige arbeitsrechtliche Regelungen, z. B. im BGB, TVG, BUrlG oder im BetrVG zu ergänzen.

II. Rechte und Pflichten

Der Handlungsgehilfe muss in Ermangelung einer individuellen Vereinbarung die ortsüblichen Dienste leisten und darf die übliche Vergütung beanspruchen.

Besonders geregelt ist das gesetzliche Wettbewerbsverbot, demzufolge der Handlungsgehilfe nur mit Einwilligung des Arbeitgebers für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen darf. Im Gegenzug dazu trifft den Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht.

III. Abgrenzung zu selbständiger Tätigkeit

Die Rechtsprechung hatte kürzlich Gelegenheit, die Tätigkeit des unselbstständigen Handlungsgehilfen zu einer selbständigen Tätigkeit abzugrenzen. Von entscheidender Bedeutung für die Abgrenzung war die monatliche Berichtspflicht und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des Mitarbeiters .

IV. Gesetzliches Wettbewerbsverbot

Das gesetzliche Wettbewerbsverbot des Handlungsgehilfen konkretisiert den allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Arbeitnehmer bereits aufgrund der ihm obliegenden Treuepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber keine Wettbewerbshandlungen vornehmen darf. Das Wettbewerbsverbot des Handlungsgehilfen gilt auch für Angehörige der sog. freien Berufe, etwa für in einem Arbeitsverhältnis tätigen Architekten oder auch Rechtsanwälte.

Das Wettbewerbsverbot ist unabhängig vom Umfang der Arbeitszeit, gilt also gleichermaßen für vollzeit- und teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

In zeitlicher Hinsicht gilt das Wettbewerbsverbot während der Dauer der Beschäftigung, so dass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das allgemeine Wettbewerbsverbot entfällt. Für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein Wettbewerbsverbot nur kraft vertraglicher Vereinbarung in Betracht kommen. Für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sind allerdings bestimmte zwingende Voraussetzungen zu berücksichtigen, die nachfolgend unter VII. dargestellt werden.

Während des Ruhens der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis besteht das Wettbewerbsverbot uneingeschränkt fort.

Umstritten ist, ob das Wettbewerbsverbot während der Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens fort gilt. Nach Ansicht des BAG ist ein Arbeitnehmer an das für die Dauer des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot auch dann noch gebunden, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ausspricht, deren Wirksamkeit der Arbeitnehmer bestreitet und deshalb eine Kündigungsschutzklage erhebt.

Das gesetzliche Wettbewerbsverbot regelt zwei Verbotstatbestände: Zum einen ist es dem Arbeitnehmer untersagt, ohne Einwilligung des Arbeitgebers ein Handelsgewerbe zu betreiben. Zum anderen ist es ihm ohne Einwilligung des Arbeitgebers verboten, in dem Handelszweig des Arbeitgebers Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung zu machen.

Von dem Verbot des Betriebs eines Handelsgewerbes werden auch Fallkonstellationen erfasst, in denen der Arbeitnehmer das Handelsgewerbe durch Bevollmächtigte, Treuhänder oder sog. Strohmänner betreibt. Ebenso ist es dem Arbeitnehmer untersagt, als leitendes Organ einer juristischen Person oder als persönlich haftender Gesellschafter ein in Wettbewerb stehendes Handelsgewerbe zu betreiben. Ob bereits der Eintritt als Gesellschafter in die Kapitalgesellschaft einer Wettbewerberin gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot verstößt, ist umstritten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG sind allerdings solche Tätigkeiten des Arbeitnehmers während des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses zulässig, die lediglich der Vorbereitung eines künftigen eigenen Handelsgewerbes dienen.

Der inhaltliche Umfang des Wettbewerbsverbots wird durch den Unternehmenszweck beeinflusst und hängt stets vom Einzelfall ab.

Ein Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot entfällt, wenn der Arbeitgeber in die einschlägigen Tätigkeiten des Arbeitnehmers eingewilligt hat. Der Umfang der Einwilligung steht im Ermessen des Arbeitgebers. Die Einwilligung kann sich sowohl auf einzelne Geschäfte oder auch umfassend auf jede Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers beziehen. Verletzt der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot, so kann der Arbeitgeber Schadensersatz fordern. Statt Schadensersatz kann der Arbeitgeber aber auch verlangen, dass der Arbeitnehmer die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Arbeitgebers eingegangen gelten läßt und die aus den Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgibt oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtritt.

Wichtig:

Die Ansprüche des Arbeitgebers bei Verletzung des Wettbewerbsverbots durch den Arbeitnehmer unterliegen einer kurzen Verjährungsfrist von lediglich drei Monaten. Sie beginnt in dem Zeitpunkt, in welchem der Arbeitgeber Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Spätestens verjähren die Ansprüche ohne Rücksicht auf diese Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis in fünf Jahren von dem Abschluss des Geschäfts an.

Unabhängig von den Schadensersatzansprüchen bzw. Eintrittsrechten des Arbeitgebers stellt die Verletzung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots stets einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Nach Ansicht des BAG ist in diesen Fällen auch noch nicht einmal eine vorherige Abmahnung erforderlich, da der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eine Störung im sog. Vertrauensbereich darstellt.

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