Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Stuttgart, 27 O 429/07 vom OLG Stuttgart, 9 U 109/08 vom
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht von einer Rechtshandlung des Schuldners im Sinne von §§ 129, 133 Abs. 1 InsO ausgegangen, weil dieser zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Privatentnahmen aus seinem Unternehmen tätigte und hiermit die angefochtenen Ratenzahlungen an den von der Beklagten beauftragten Gerichtsvollzieher erbrachte. Es entspricht der gefestigten Senatsrechtsprechung, dass eine Rechtshandlung des Schuldners im Sinne von §§ 129, 133 Abs. 1 InsO auch bei einer drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorliegen kann, wenn der Schuldner noch dazu in der Lage ist, nach eigenem Belieben über das vorhandene Geld zu verfügen und er nicht lediglich die Vollstreckung einer anwesenden Vollziehungsperson erduldet (, BGHZ 155, 75, 79 f; vom - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 152). Die von der Nichtzulassungsbeschwerde für ihren Standpunkt angeführte gegenteilige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe, die während einer Einzelzwangsvollstreckung geleisteten Ratenzahlungen eines Vollstreckungsschuldners allein auf den hoheitlichen Zugriff zurückzuführen, ist überholt (, WM 2010, 360 Rn. 7 ff; vom - IX ZR 213/09, WM 2011, 501 Rn. 11 ff). Es besteht daher kein Einheitlichkeitssicherungsbedarf im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.
Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung nicht unter Verletzung rechtlichen Gehörs die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Beklagten überspannt. Der Kläger hat eine Rechtshandlung des Schuldners schlüssig dargelegt, indem er angab, der Schuldner habe die entsprechenden Beträge jeweils vom Geschäftskonto seines Unternehmens entnommen und in bar an den Gerichtsvollzieher überbracht. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass ein einfaches Bestreiten dieses Vortrags nicht genügte und die Beklagte über die Zahlungsvorgänge nähere Informationen bei dem von ihr beauftragten Gerichtsvollzieher hätte einholen können, um substantiiert der klägerischen Darstellung entgegenzutreten.
2. Eine zulassungsrelevante Gehörsverletzung ist ebenso wenig in der Würdigung des Berufungsgerichts zu sehen, die angefochtenen Handlungen des Schuldners seien objektiv gläubigerbenachteiligend gewesen. Das Berufungsgericht durfte mangels substantiierten Bestreitens der vom Kläger dargelegten Zahlungsvorgänge davon ausgehen, dass die vom Schuldner getätigten Privatentnahmen zunächst pfändbarer Bestandteil seines Vermögens geworden sind und die Weiterleitung des Geldes an die Beklagte seinen anderen Gläubigern den Zugriff hierauf verwehrte.
3. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Willkür sowie Verletzung rechtlichen Gehörs bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung und des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners liegt nicht vor. Das Berufungsgericht legt auch insoweit die Senatsrechtsprechung zugrunde (vgl. , WM 1998, 248, 251; Urteil vom - IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 29). Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Schuldner die Raten nicht in erster Linie zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten, sondern mit dem Vorsatz leistete, die Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zu bevorzugen, fügt sich in die Senatsrechtsprechung ein (vgl. aaO S. 83 f; Urteil vom - IX ZR 272/02, WM 2003, 1923, 1925; Urteil vom - IX ZR 190/03, WM 2004, 1587, 1588; Urteil vom - IX ZR 182/01, WM 2006, 190, 193). Das Berufungsgericht hat dabei auch nicht gehörsverletzend über-
gangen, dass der Schuldner bereits einen Kaufvertrag für eine Immobilie abgeschlossen hatte, welcher schließlich nicht umgesetzt wurde. Vielmehr ist es auf diesen Umstand eingegangen, hat dies aber als nicht ausreichende, unsichere Aussicht auf eine künftige Liquiditätsverbesserung beim Schuldner gewertet.
4. Die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners war im Streitfall nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten, wobei das Berufungsgericht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung darauf abgestellt hat, dass der Schuldner beträchtliche Verbindlichkeiten bei der Beklagten bereits über mehrere Monate hinweg nicht mehr beglichen hatte, also eine Zahlungseinstellung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vorlag. Da der Beklagten ferner bekannt war, dass der Schuldner unternehmerisch tätig war und über kreditfinanziertes Immobilienvermögen verfügte, wusste sie auch, dass er noch weitere Gläubiger hatte (vgl. aaO S. 85). Angesichts dieser Umstände hätte die Beklagte zur Widerlegung der Vermutung nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO konkret darlegen und beweisen müssen, weshalb sie bei Entgegennahme der Ratenzahlungen davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen ( aaO Rn. 36). Dass die Beklagte zu dieser Zeit annahm, der Schuldner habe bereits Erlöse aus einer Verwertung seines Vermögens erzielen können, womit sämtliche Verbindlichkeiten wieder hätten bedient werden können, wurde nicht dargetan. Entscheidungserhebliches Vorbringen oder Beweisanträge über beweisbedürftige Tatsachen sind auch in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht nicht übergangen worden.
Fundstelle(n):
SAAAE-03161