BGH Beschluss v. - III ZR 111/11

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Essen, 6 O 341/09 vom OLG Hamm, I-21 U 134/10 vom

Gründe

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das Rechtsmittel der Kläger hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223 und - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; Senat, Beschluss vom - III ZR 106/08, VersR 2010, 834 Rn. 7). Das Berufungsgericht, das die Revision "wegen der Vielzahl möglicher Fälle" zugelassen hat, hat in seinem Urteil jedoch keine diesbezügliche Frage formuliert. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Es handelt sich, soweit entscheidungserheblich, um einen Einzelfall. Auch im Übrigen sind Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht gegeben.

2. Der Revision der Kläger fehlt die Aussicht auf Erfolg.

a) Die Rüge, das Berufungsgericht habe zu Unrecht dem Vertrag vom keine umfassende Garantie der Beklagten bezüglich einer Schuldenfreiheit der Kläger entnommen, geht fehl. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (vgl. nur , BGHZ 150, 32, 37; Senat, Urteil vom - III ZR 17/10, MMR 2011, 69 Rn. 13). Diesbezügliche Fehler zeigt die Revision nicht auf, mit der die Kläger letztlich nur ihre Auslegung an die Stelle der des Berufungsgerichts setzen.

b) Die Rüge, das Berufungsgericht hätte den Zeugen K. vernehmen müssen, ist unbegründet. Das Berufungsgericht [S. 6, 12] hat diesen Beweisantritt nicht übersehen, sondern als unerheblich eingestuft ("Soweit die Kläger vortragen, dass die Beklagte in einem Gespräch, das einige Zeit vor Vertragsschluss stattgefunden hat, eine umfassende Schuldenfreiheit garantiert habe, findet sich dies im später abgeschlossenen Vertrag nicht wieder. Soweit die Parteien weitere Verträge in das System im Jahre 2000 einbezogen haben sollten, so haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass auch gerade für diese Verträge die Schuldenfreiheit garantiert worden ist. Eine Garantiehaftung der Beklagten scheidet so aus."). Diese Begründung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Kläger einen Schaden im Zusammenhang mit der Vermittlung der Kredit- und Lebensversicherungsverträge durch die Beklagte im Jahre 2000 nicht hinreichend dargelegt haben.

Das Berufungsgericht ist, was die Revision als ihr günstig hinnimmt, davon ausgegangen, dass die Beklagte im Vorfeld des Abschlusses dieser Verträge eine ordnungsgemäße Beratung im Hinblick auf eine Abstimmung der Laufzeiten der Kreditverträge und der Rückkaufswerte der Lebensversicherungen schuldete. Ob die Beklagte bezüglich eines der beiden Kredite - das Darlehen über 175.000 DM hatte eine Laufzeit bis zum ; der Rückkaufswert der zur Tilgung abgeschlossenen Lebensversicherung reichte nach Mitteilung der Versicherung zu diesem Zeitpunkt hierfür nicht aus; das Darlehen wurde daraufhin um ein Jahr prolongiert - ihre diesbezüglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat, hat das Berufungsgericht letztlich offen gelassen, da ein hierdurch verursachter Schaden nicht feststellbar sei.

Insoweit ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Frage, ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff BGB zu ersetzender Schaden vorliegt, sich nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen beurteilt, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, und ersatzfähig nur eine Vermögensminderung ist, die es ohne das haftungsbegründende Ereignis nicht gegeben hätte. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, dass die Kläger dazu im Einzelnen hätten vortragen müssen, wie sie sich im Fall einer ordnungsgemäßen Beratung verhalten hätten, wie sich ihre Vermögenslage dann entwickelt hätte und inwieweit sich diese Entwicklung von der durch die Pflichtverletzung verursachten Situation unterscheidet. Soweit das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat, dass der Vortrag der Kläger - trotz richterlichen Hinweises - diesen Anforderungen nicht genüge, macht die Revision entscheidungserhebliche Rechtsfehler nicht geltend.

Die Darstellung der Revision, die Kläger hätten sich, wobei insoweit zu ihren Gunsten die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gelte, bei ordnungsgemäßer Beratung nicht am Finanzsystem der Beklagten beteiligt und die streitgegenständlichen Verträge in 2000 nicht abgeschlossen, sodass die Beklagte ihnen alle in der Zeit danach entstandenen Nachteile zu erstatten habe, ist nicht nachvollziehbar, abgesehen davon, dass die Revision auf keinen diesbezüglichen - vom Berufungsgericht übergangenen - Vortrag vor den Instanzgerichten verweist. Es geht bei der vom Berufungsgericht für möglich gehaltenen Pflichtverletzung nicht darum, wie sich die Kläger im Jahre 2000 bei Kenntnis der ab 2008 eingetretenen finanziellen Krise verhalten hätten, sondern darum, wie sie sich verhalten hätten, wenn die Beklagte sie im Jahr 2000 im Vorfeld der Vertragsabschlüsse darauf hingewiesen hätte, dass die Laufzeit des Kreditvertrags über 175.000 DM mit dem Rückkaufswert der Lebensversicherung zum Zeitpunkt der Kreditrückzahlung abgestimmt werden muss. Dass die Kläger dann nicht mehr mit der Beklagten zusammengearbeitet und keine weiteren Verträge abgeschlossen hätten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Verträge dann entsprechend aufeinander abgestimmt worden wären.

Eine nachvollziehbare Schadensberechnung haben die Kläger auch nach Auffassung des Senats nicht vorgelegt. Dies gilt auch bezüglich der in der Revisionsbegründung unter Bezugnahme auf den - im Übrigen nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingereichten - Schriftsatz vom in den Raum gestellten Zahlen, einschließlich des von der Revision aus dem Zahlenwerk der Kläger abgeleiteten Mindestschadens von 73.764,25 €.

Fundstelle(n):
GAAAE-02770