BFH Beschluss v. - VIII B 50/11

Berechnung der Ladungsfrist; Nichteinhaltung der Ladungsfrist als Versagung des rechtlichen Gehörs

Gesetze: FGO § 54, FGO § 91 Abs. 1, FGO § 119 Nr. 3, ZPO § 222, BGB § 187, BGB § 188, GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug: ,U

Gründe

1 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung nach § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

2 Das Finanzgericht (FG) hat die Ladungsfrist für die mündliche Verhandlung von mindestens zwei Wochen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht eingehalten. Die Feststellung ordnungsgemäßer Ladung im Protokoll zur mündlichen Verhandlung entspricht offenkundig nicht der Sachlage.

3 Nach § 54 Abs. 2 FGO gelten für die Fristberechnung die dort aufgeführten Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) und damit aufgrund der Verweisung des § 222 Abs. 1 ZPO die einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Für den Streitfall bedeutet dies, dass ausgehend von der zwar bereits am verfügten, aber nach dem Inhalt der Zustellungsurkunde erst am , einem Dienstag, bewirkten Zustellung die einzuhaltende Ladungsfrist erst mit Ablauf von Dienstag, dem , endete (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Da das FG auf Montag, den , geladen und an diesem Tag in Abwesenheit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auch mündlich verhandelt hat, ist die Ladungsfrist nicht gewahrt. Ein Fall der Fristabkürzung nach § 91 Abs. 1 Satz 2 FGO liegt nicht vor.

4 Die Nichteinhaltung der Ladungsfrist stellt eine Versagung des rechtlichen Gehörs gegenüber den Klägern dar (, BFHE 132, 394, BStBl II 1981, 401; vom VI R 38/86, BFH/NV 1990, 650; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 91 Rz 14, m.w.N.). Eine Heilung dieses Verfahrensmangels, wie sie bei rügeloser Einlassung der verspätet Geladenen auf die mündliche Verhandlung möglich ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 650), ist im Streitfall nicht eingetreten. Damit beruht das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 3 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 585 Nr. 4
CAAAE-02339