Senatsverwaltung für Finanzen Berlin - III D - S 3304 - 3/2010

Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung

Bezug:

Behandlung von Einsprüchen und Anträgen, die sich auf das beim Bundesverfassungsgericht zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung anhängige Verfahren 2 BvR 287/11 beziehen

Auf Grund der aktuellen Berichterstattung in diversen Medien haben viele Grundstückseigentümer wegen des o. g. beim Bundesverfassungsgericht zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer anhängigen Verfahrens noch bis zum Jahresende 2011 Einsprüche gegen die Grundsteuerfestsetzung eingelegt bzw. Anträge auf Aufhebung des Einheitswertbescheids gestellt.

Ich bitte, in den betreffenden Fällen – abweichend zur Verfahrensregelung im Runderlass EW-Nr. 35, EW-Beitrittsgebiet-Nr. 32 vom  – wie folgt zu verfahren:

  1. Verspätete und damit unzulässige Einsprüche gegen den Einheitswert oder die Grundsteuerfestsetzung sind im Interesse des Steuerpflichtigen nach § 357 Abs. 1 AO umzudeuten in Anträge auf Aufhebung des Einheitswerts (§ 22 Abs. 3 BewG).

  2. Bei unzureichender oder fehlender Bezeichnung des Stichtags ist der maximale Zeitraum auszuschöpfen und als solcher der anzunehmen, sofern der Einspruch bzw. Antrag bis beim Finanzamt eingegangen ist.

    Bei Eingangsdaten ab beginnt der maximale Zeitraum entsprechend später ( ff.).

  3. Die (ggf. als solche umgedeuteten) Anträge auf Aufhebung des Einheitswerts sind nicht in die Rechtsbehelfsliste einzutragen. Vielmehr erfolgt eine Erfassung über die Bewertungsregistratur (BEW-Reg). Ich bitte, die Eintragungen wie folgt vorzunehmen:

    1. Fallart = 1 (EW 1964) und Verfahrensart = 105 (Aufhebung EW) bzw.

    2. Fallart = 2 (EW 1935) und Verfahrensart = 105 (Aufhebung EW).

  4. Die Anträge auf Aufhebung des Einheitswerts nach § 22 Abs. 3 BewG sind als unbegründet abzulehnen und mit Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen, da nach dem derzeitigen Verfahrensstand keine Aussicht auf Erfolg besteht. Ich bitte außerdem, die Anträge auf Änderung oder Aufhebung des Einheitswerts, deren Bearbeitung gemäß Tz. 4 des Runderlasses EW-Nr. 35, EW-Beitrittsgebiet-Nr. 32 vom mit Zustimmung des Grundstückseigentümers zunächst zurückgestellt wurde, ebenfalls als unbegründet abzulehnen.

    Für die Ablehnung der o. g. Anträge ist folgende Begründung heranzuziehen:

    „Soweit mit dem Antrag verfolgt wird, eine Änderung bzw. Aufhebung der bestehenden Einheitsbewertung durchzusetzen, kann dies nicht unter Bezugnahme auf die und) oder die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde (2 BvR 287/11) begründet werden.

    Der Bundesfinanzhof hat in seinen Urteilen entschieden, dass die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens jedenfalls für Stichtage bis zum noch verfassungsgemäß sind. Zwar befasst sich das Bundesverfassungsgericht in dem Verfahren 2 BvR 287/11 mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer, insbesondere mit der Verfassungsmäßigkeit des Bewertungsgesetzes auch für die späteren Stichtage. Das Bewertungsgesetz als Rechtsgrundlage für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes und das Grundsteuergesetz als Rechtsgrundlage für die daran anschließende Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer bleiben jedoch insgesamt rechtswirksam, solange keine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vorliegt, dass die Normen nicht verfassungsgemäß sind.

    Es ist daher nicht möglich, allein aus den o. g. BFH-Entscheidungen oder der Anhängigkeit der Verfassungsbeschwerde die Verfassungswidrigkeit der geltenden Einheitsbewertung und der davon abhängigen Grundsteuer abzuleiten. Das Finanzamt ist insofern an das geltende Recht gebunden.

    Auch im Fall eines zur Verfassungswidrigkeit führenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts ist eine rückwirkende Änderung nicht zu erwarten.”

    Eine Vorlage mit der oben dargestellten Musterentscheidung zur einheitlichen Verwendung in den betreffenden Fällen wird zusätzlich per E-Mail übersandt.

  5. Sofern Einsprüche gegen die Ablehnungsbescheide ergehen, sind diese in die Rechtsbehelfsliste einzutragen und mit einem entsprechenden Hinweis zu kennzeichnen. In diesen Fällen ruht das Verfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 2 BvR 287/11.

Senatsverwaltung für Finanzen Berlin v. - III D - S 3304 - 3/2010

Fundstelle(n):
DB 2012 S. 12 Nr. 13
ZAAAD-99950