BGH Beschluss v. - IV ZR 250/10

Verurteilung zur Auskunftserteilung: Wert der Beschwer für Rechtsmittel des Verurteilten; Stundensatz für den Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen

Gesetze: § 3 ZPO, § 511 ZPO, § 22 JVEG

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 2 U 22/10vorgehend Az: 316 O 322/09 Urteilnachgehend Az: IV ZR 250/10 Revision zurückgewiesen

Gründe

1Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg.

2I. Das Berufungsurteil unterliegt nicht schon deshalb der Aufhebung und Zurückverweisung, weil es unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen wäre. Die durch den Einzelrichter wegen Grundsätzlichkeit im weiteren Sinne des § 543 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu , NJW 2003, 1254 = BGHZ 154, 200, 202; BT-Drucks. 14/4722 S. 103 ff.) zugelassene Revision führt nicht wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zur Aufhebung des Berufungsurteils (vgl. dazu , NJW 2003, 2900).

3II. Die Revision wirft keine grundsätzlichen Fragen i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO auf und hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

41. Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Urteile nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt oder das Gericht erster Instanz die Berufung zugelassen hat. Da letzteres hier nicht geschehen ist, hat das Berufungsgericht zu Recht den Wert des Beschwerdegegenstandes geprüft und ist dabei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass er 600 € nicht übersteigt.

5a) Wie auch die Revisionsführerin nicht in Abrede nimmt, bemisst sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zu einer Auskunft oder zur Rechnungslegung der Wert des Beschwerdegegenstandes abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert (vgl. BGH, Beschlüsse vom - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 87 m.w.N.; vom - II ZR 75/09, NJW-RR 2010, 786 Rn. 2; Senatsbeschluss vom - IV ZR 255/08, FamRZ 2010, 891 Rn. 6 m.w.N. und ständig).

6b) Anders als die Revision meint, bemisst sich der Stundensatz für die zur Auskunftserteilung erforderliche eigene Tätigkeit der Beklagten nicht nach einem für rechtsanwaltliche Tätigkeit üblichen Stundensatz von 170 €. Die mit der Bewertung des eigenen Aufwandes der Beklagten zusammenhängenden Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt.

7Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen ist entsprechend den Bestimmungen für Zeugen im JVEG zu bewerten, mithin mit maximal 17 € pro Stunde (§ 22 JVEG; vgl. Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 14/07, NJW-RR 2008, 889 Rn. 14; vom aaO). Das gilt auch dann, wenn der Auskunftspflichtige zwar Rechtsanwalt ist, die geforderte Auskunft sich aber auf eine private Tätigkeit bezieht.

8Dass es für die Rekonstruktion der von der Beklagten übernommenen Besorgungen besonderer Rechtskenntnisse bedürfte, die ausnahmsweise einen höheren Stundensatz rechtfertigen könnten (Senatsbeschlüsse vom aaO; vom - IV ZB 27/07, ZEV 2009, 38 Rn. 9; , FamRZ 2007, 714 Rn. 4), ist nicht ersichtlich. Wenngleich der Beruf der Beklagten das Motiv ihrer Eltern gewesen sein mag, sie mit der Verwaltung der Konten zu betrauen, belegt dies nicht, dass von der Beklagten auch rechtlich schwierige, schwer rekonstruierbare Vorgänge abzuwickeln gewesen wären.

9Im Übrigen führe auch der von der Revision geltend gemachte "übliche Stundensatz einer Rechtsanwältin" zu keinem anderen Ergebnis. Die in Ansatz gebrachten 170 € wären überhöht. Die Revisionsführerin verkennt, dass sie im Rahmen der Beschwer nur ihren eigenen Aufwand geltend machen kann, während die übliche Vergütung eines Rechtsanwalts nicht nur den eigenen Aufwand des Anwalts, sondern zusätzlich auch den Kostenaufwand des Kanzleibetriebes umfasst, der betriebswirtschaftlich in die Höhe des Stundensatzes einfließt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist deshalb auch bei rechtsanwaltlicher Tätigkeit des Auskunftspflichtigen ein Stundensatz von 100 € bis allenfalls 150 € angemessen (BGH, Beschlüsse vom - II ZR 75/09, aaO Rn. 6; vom - II ZR 314/06, juris Rn. 5, 6).

10Bei dem von der Beklagten behaupteten Zeitaufwand von drei Stunden (mithin maximal 3 x 150 € = 450 €) und 120 € als Kosten für die Beschaffung von Kontoauszügen, wird ein Beschwerdewert von 600 € ebenfalls nicht erreicht.

112. Offen bleiben kann weiter, ob das Berufungsgericht gehalten war, die Frage einer Zulassung der Berufung zu prüfen (vgl. dazu einerseits BGH, Beschlüsse vom - VI ZB 74/08, MDR 2011, 124; vom - VIII ZB 91/09, NJW-RR 2010, 1582 Rn. 3; vom - VIII ZB 87/06, WuM 2008, 615 Rn. 13; vom - VIII ZB 101/07, WuM 2008, 614 Rn. 5 und Urteil vom - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 12; andererseits , NJW 2011, 926 Rn. 15-18).

12a) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges erkannt, dass der Streitwert und die Beschwer der Beklagten wegen der Besonderheiten der Verurteilung zur Auskunft hier auseinanderfielen, und insoweit bewusst von einer Zulassung der Berufung abgesehen (vgl. dazu aaO), erübrigt sich die weitere Prüfung, denn das Berufungsgericht ist an eine solche Nichtzulassung der Berufung gebunden (Zöller/Heßler, ZPO 28. Aufl. § 511 Rn. 41).

13b) Hat das erstinstanzliche Gericht aber - wofür die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils erster Instanz sprechen könnte - eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung für entbehrlich gehalten, weil es irrtümlich die Beschwer der Beklagten mit dem hier auf 10.000 € festgesetzten Streitwert gleichgesetzt hat, so hätte das Berufungsgericht im Weiteren zu Recht geprüft, ob Zulassungsgründe i.S. von § 511 Abs. 4 ZPO vorlagen.

14c) Auch in diesem Falle kann die Revision indessen keinen Erfolg haben, denn das Berufungsgericht hat Gründe für die Zulassung der Berufung ohne Rechtsfehler verneint. Es hat insbesondere zutreffend dargelegt, dass die Entscheidung erster Instanz nicht in Divergenz zum Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom (10 U 27/07, juris) steht.

Wendt                                                     Felsch                                          Harsdorf-Gebhardt

                        Dr. Karczewski                                        Lehmann

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss mit ergänzender Begründung erledigt worden.

Fundstelle(n):
LAAAD-98721