Überregulierung der Abschlussprüfung durch die EU-Kommission?
Am hat die EU-Kommission mit einem Änderungsvorschlag der Achten EG-Richtlinie („EU-Abschlussprüferrichtlinie”) und einem Vorschlag für eine Verordnung bei der Prüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse Maßnahmen zur Reformierung der europäischen Abschlussprüfung veröffentlicht. Der Schwerpunkt der Novellierungen liegt zweifellos im Verordnungsentwurf bei der Prüfung von Unternehmen des öffentlichen Interesses. So beabsichtigt die EU-Kommission neben einer grundsätzlichen Trennung des Prüfungs- und Beratungsgeschäfts die zwingende Einführung einer externen Rotation, d. h. Austausch der Prüfungsgesellschaft, nach spätestens sechs Jahren (bzw. acht Jahren bei außergewöhnlichen Umständen). Bei einem (freiwilligen) Joint Audit verlängert sich der Rotationsturnus auf neun bzw. zwölf Jahre. Zudem ist eine „Abkühlungphase” ( Cooling Off-Periode) von vier Jahren einzuhalten. Hinsichtlich der internen Rotation innerhalb der Prüfungsgesellschaft bleibt der Wechselturnus von sieben Jahren bestehen, wobei die Cooling Off-Periode um ein Jahr auf drei Jahre angehoben werden soll. Bei der Erstbeauftragung muss nunmehr die Laufzeit des Prüfungsmandats mindestens zwei Jahre betragen und vorher eine öffentliche Ausschreibung erfolgen.
Daneben wird die Bedeutung des Prüfungsausschusses als Corporate Governance-Instanz durch den Verordnungsentwurf trotz Beibehaltung des Mitgliedstaatenwahlrechts hinsichtlich seiner Implementierung erheblich aufgewertet. Dabei hat nach Ansicht der EU-Kommission die enge Zusammenarbeit zwischen Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer einen positiven Einfluss auf die Prüfungsqualität. Dies wird durch ein restriktiveres Anforderungsprofil verdeutlicht: Die Mehrheit der Ausschussmitglieder und nicht länger nur ein Mitglied müssen unabhängig vom Management sein. Ferner müssen zwei Finanzexperten mit Sachverstand im Bereich der Abschlussprüfung (Mitglied 1) und Sachverstand im Bereich Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung (Mitglied 2) in den Prüfungsausschuss berufen werden.
Zur Stärkung der Informationsfunktion der Abschlussprüfung sollen die Inhalte des Bestätigungsvermerks wesentlich erweitert werden, z. B. um die Erläuterung der Prüfungsmethode, des Umfangs der durchgeführten System- und Compliance-Tests, des Wesentlichkeitsgrads und des Prüfungsrisikos. Der Abschlussprüfer soll ferner dazu angehalten werden, einen Prüfungsbericht gegenüber dem Prüfungsausschuss zu erstellen, der detaillierte Informationen über die Prüfungsinhalte, die Lage des Unternehmens und die Prüfungsergebnisse enthält. So wird eine in Deutschland lange vorherrschende Berichtspflicht des Abschlussprüfers erstmals europaweit verbindlich. Unter Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht soll außerdem die Kooperation zwischen dem Abschlussprüfer und den nationalen Aufsichtsbehörden gesteigert werden.
In Heft 1/2012 der StuB werden wir Ihnen einen detaillierten Überblick über die wesentlichen Reformbestrebungen der EU-Kommission zur Abschlussprüfung sowie eine erste kritische Würdigung geben.
Patrick Velte
Fundstelle(n):
StuB 23/2011 Seite 1
JAAAD-97190