BGH Beschluss v. - V ZB 157/11

Wohnungseigentumsverfahren: Behandlung der Berufungseinlegung von Hauptpartei und Streithelfer bei verschiedenen Gerichten trotz zentraler Berufungszuständigkeit

Gesetze: § 72 Abs 2 GVG, § 43 Nr 1 WoEigG, § 43 Nr 2 WoEigG, § 43 Nr 3 WoEigG, § 43 Nr 4 WoEigG, § 43 Nr 6 WoEigG, § 67 ZPO, § 522 ZPO, § 559 ZPO, § 574 ZPO, § 577 ZPO

Instanzenzug: LG Traunstein Az: 3 S 846/11 Beschlussvorgehend AG Rosenheim Az: 12 C 49/10

Gründe

I.

1Das Landgericht hat die Berufung des Streithelfers der Beklagten als unzulässig verworfen, da für Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 - 4 und 6 WEG gemäß § 72 Abs. 2 GVG Berufungsgericht das für den Sitz des Oberlandesgericht zuständige Landgericht sei. Zuständig sei demnach das Landgericht München I. Zudem sei die Berufung verspätet eingelegt worden. Dagegen wendet sich der Streithelfer der Beklagten mit der Rechtsbeschwerde.

II.

21. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 67 ZPO zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, wobei auch das mit dem Rechtsmittel verfolgte Rechtsschutzziel deutlich werden muss. Diese Anforderungen gelten auch für einen Beschluss, durch den die Berufung als unzulässig verworfen wird. Nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinn. Wird diesen Anforderungen nicht genügt, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor, der die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (vgl. zum Ganzen nur Senat, Beschluss vom - V ZB 301/10, Rn. 3, juris, mit zahlreichen Nachweisen).

3So liegt es hier. Eine Sachdarstellung fehlt. Angaben zum Streitgegenstand lassen sich der Entscheidung nicht entnehmen. Zudem enthält die angegriffene Entscheidung weder Angaben zum Verfahrensverlauf noch zum Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens und zu dem mit der Berufung des Streithelfers verfolgten Rechtsschutzziel.

42. Dem Vorbringen der Rechtsbeschwerdebeteiligten ist zu entnehmen, dass nicht nur der Streithelfer der Beklagten, sondern auch die Beklagten selbst Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom eingelegt haben. Allerdings wurden die Berufungen bei unterschiedlichen Gerichten eingelegt.

5Haben sowohl die Hauptpartei als auch der Streithelfer Berufung eingelegt, so handelt es sich gleichwohl nur um ein einheitliches Rechtsmittel, über das einheitlich zu entscheiden ist (st. Rspr., vgl. nur , NJW-RR 2006, 644 mwN). Da dem Rechtsmittel des Streithelfers gegenüber dem Rechtsmittel der Hauptpartei keine selbständige Bedeutung zukommt (Senat, Urteil vom - V ZR 87/81, NJW 1982, 2069), gilt das Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung auch dann, wenn die Berufung der Hauptpartei und die Berufung des Streithelfers bei verschiedenen Gerichten eingelegt wurden; die Entscheidung über die Berufung ist dann grundsätzlich von dem Gericht zu treffen, bei dem das Rechtsmittel der Hauptpartei anhängig ist. Dies hat zur Folge, dass eine Berufung des Streithelfers an das Gericht weiterzuleiten ist, bei dem die Hauptpartei die Berufung eingelegt hat. Eine Ausnahme ist allerdings dann zu machen, wenn die Berufung des Streithelfers bei dem zuständigen Gericht eingelegt wurde. Dann hat das von der Hauptpartei angerufene (unzuständige) Rechtsmittelgericht die Sache an das zuständige Gericht weiterzuleiten.

6Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Weiterleitung der Berufung des Streithelfers an das Rechtsmittelgericht, bei dem die Beklagten die Berufung eingelegt haben, vorliegen.

Krüger                                              Stresemann                                          Roth

                        Brückner                                                 Weinland

Fundstelle(n):
NJW-RR 2012 S. 141 Nr. 3
BAAAD-96481