BBK Nr. 20 vom Seite 987

„Buchführungspflicht und BilMoG: Eine komplizierte Vereinfachung!”

Bernd Rätke | BBK Herausgeber

Handelsrechtliche Befreiung von der Buchführungspflicht

Viele Leserzuschriften zur handelsrechtlichen Befreiung von der [i]Viele Fragen offen Buchführung nach § 241a HGB zeigen: Das Thema steht weiter auf der Tagesordnung, und viele Fragen sind noch offen.

Nach der [i]Kostenersparnis und Vereinfachung als ZielGesetzesbegründung dient § 241a HGB der Vereinfachung und der Kosteneinsparung: Aus den Deregulierungsmaßnahmen des BilMoG – insbesondere der Befreiung nach § 241a HGB – soll sich eine Kostenentlastung von immerhin ungefähr 1 Mrd. € ergeben! Schaut man sich die Regelung aber genauer an, kann von einer Vereinfachung nicht mehr die Rede sein: Bereits jetzt ist es höchst streitig, ab wann die Befreiung eigentlich eintritt, wenn an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen die Schwellenwerte nicht überschritten werden. Der Gesetzgeber hat nämlich schlichtweg vergessen, den Zeitpunkt zu regeln, ab dem die Befreiung greift. [i]Drei unterschiedliche LösungenDrei (!) unterschiedliche Lösungsansätze werden in der Literatur diskutiert. Angesichts der Konsequenzen, die bei einem Verstoß gegen die Buchführungspflicht drohen, ist die sich hieraus ergebende Rechtsunsicherheit nicht akzeptabel.

Unstimmig ist auch das Verhältnis des § 241a HGB zur steuerlichen Buchführungspflicht: Denn die handelsrechtliche Befreiung ist nichts wert, wenn der Kaufmann aus steuerlichen Gründen weiterhin zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet ist. [i]Handels- und Steuerrecht unabgestimmtEben dies droht aber nach § 141 AO, der eine eigenständige Buchführungspflicht enthält. Zwar sind die Schwellenwerte des § 241a HGB und des § 141 AO der Höhe nach aufeinander abgestimmt worden; bei der Ermittlung der handelsrechtlichen und steuerlichen Bemessungsgrundlagen „Umsatzerlöse/Umsätze” und „Jahresüberschuss/Gewinn” können sich aber erhebliche Differenzen ergeben.

Hinzu kommt: [i]Problemfall Wiederaufleben der BuchführungspflichtHandels- und Steuerrecht gehen auch bei einem Wiederaufleben der Buchführungspflicht getrennte Wege. Denn handelsrechtlich lebt die Buchführungspflicht automatisch wieder auf, wenn die Schwellenwerte des § 241a HGB überschritten werden; steuerlich bedarf es noch einer Mitteilung des Finanzamts.

Angesichts dieser Ungereimtheiten kann man wohl von einer [i]MogelpackungMogelpackung sprechen, wenn man die vom Gesetzgeber versprochene Vereinfachung und Kosteneinsparung betrachtet. Der Aufwand, die fehlende Abstimmung zwischen Handels- und Steuerrecht zu überwachen und die richtigen Prognosen zu treffen, um einen erneuten Wechsel zurück zur Buchführung zu vermeiden, dürfte bei vielen Unternehmern größer sein als die angebliche Vereinfachung. Begünstigt werden im Ergebnis nur die (wenigen) Unternehmer, die langfristig deutlich unter den handels- und steuerrechtlichen Schwellenwerten liegen: Für eine Vereinfachung mit einer möglichen Kostenersparnis von 1 Mrd. € ist dies zu wenig.

Bernd Rätke

Fundstelle(n):
BBK 2010 Seite 987
NWB EAAAD-94030