BGH Beschluss v. - 5 StR 301/11

Härteausgleich bei Unmöglichkeit nachträglicher Gesamtstrafenbildung wegen Strafverbüßung

Gesetze: § 55 StGB

Instanzenzug: Az: (501) 47 Js 2800/09 KLs (12/10)

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

2Die Revision des Angeklagten ist hinsichtlich des Schuldspruchs unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Dagegen hält die Strafzumessung rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zwar erkannt, dass dem Angeklagten wegen der vollständigen Verbüßung der an sich gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung ein Härteausgleich zu gewähren war, diesen aber mit nur fünf Monaten nicht rechtsfehlerfrei bemessen.

31. Der Härteausgleich soll die durch die getrennte Aburteilung entstandenen Nachteile ausgleichen (vgl. , BGHSt 44, 179, 185 f.). Ziel des Härteausgleichs muss deshalb sein, den Angeklagten so zu stellen, wie er bei einer Gesamtstrafenbildung gestanden hätte. Die hierfür maßgeblichen Umstände zu gewichten und die hiernach angemessene Strafe zu bestimmen, obliegt grundsätzlich dem Tatgericht. Das Revisionsgericht greift – ebenso wie bei der Kontrolle der Gesamtstrafenbildung – nur dann ein, wenn der Umfang des Härteausgleichs nicht mehr ausreichend begründet wurde (BGHSt aaO; vgl. auch , NStZ 1998, 134).

4Im vorliegenden Fall war durch die Vollverbüßung eine dem Angeklagten günstige Gesamtstrafenbildung mit Einzelstrafen (dreimal drei Monate, dreimal vier Monate, zweimal fünf Monate und einmal acht Monate), die im Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten zusammengeführt wurden, verwehrt. Im Rahmen einer solchen Gesamtstrafenbildung hätte berücksichtigt werden müssen, dass sämtliche Taten in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang standen, mithin ein straffer Zusammenzug der Einzelstrafen zu erwarten gewesen wäre. Hinzu kommt, dass gegen den Angeklagten in dieser Sache während der Strafhaft aufgrund eines Haftbefehls Überhaft notiert war, was zur Folge hatte, dass er von Vollzugslockerungen weitgehend ausgeschlossen war. Angesichts dieser Umstände hätte es einer eingehenderen Darlegung bedurft, wenn die Strafkammer nur einen derart geringen Härteausgleich zuerkennen will.

5Der vorliegende Begründungsmangel erlaubt es, die Feststellungen zur Strafzumessung im Übrigen aufrecht zu erhalten, weil sie hiervon ersichtlich nicht betroffen sind. Dem neuen Tatgericht ist es jedoch gestattet, weitergehende, Feststellungen zu treffen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.

62. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

7Zwar hält er an seiner Rechtsauffassung fest, dass es grundsätzlich vorzugswürdig wäre, den gebotenen Härteausgleich im Rahmen der Vollstreckungslösung durch eine Anrechnung vorzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 478/09, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 18; vom – 5 StR 343/10 und vom – 5 StR 100/11). Hier ist dieser Weg indes dadurch erschwert, dass das Landgericht bereits einen Härteausgleich im Wege des Strafabschlags vorgenommen hat und deshalb im Falle einer Umstellung Probleme unter dem Gesichtspunkt des Verschlechterungsverbots auftreten könnten (vgl. , wistra 2008, 266). Es wird deshalb angezeigt sein, die neue Strafe wiederum im Wege des Strafabschlags zu bestimmen (vgl. , NJW 2011, 868).

8Das neue Tatgericht wird ferner auch zu erläutern haben, warum das Verfahren gegen den bereits am im Besitz des erpressten Handys verhafteten Angeklagten erst im Februar 2011 nach Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem vorgenannten Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin abgeschlossen werden konnte.

Raum                                         Brause                                   Schaal

                      Schneider                                     Bellay

Fundstelle(n):
BAAAD-91452