Rückforderung staatlicher Beihilfen: Beihilfen zugunsten von Unternehmen, die neu zur Notierung an der Börse zugelassen wurden
Leitsatz
Ein Mitgliedstaat verstößt gegen eine Entscheidung der Europäischen Kommission, wenn er innerhalb der festgesetzten Fristen nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte Beihilferegelung aufzuheben und die gemäß dieser Regelung zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
Gründe
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und den Art. 2 bis 4 der Entscheidung 2006/261/EG der Kommission vom über die Beihilferegelung C 8/2004 (ex NN 164/2003) - Italien - zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an der Börse zugelassen wurden (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K[2005]591) (ABl. 2006, L 94, S. 42), verstoßen hat, dass sie innerhalb der festgesetzten Fristen nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte Beihilferegelung aufzuheben und die gemäß dieser Regelung zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
Rechtlicher Rahmen
Der 13. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) lautet:
"Bei rechtswidrigen Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar sind, muss wirksamer Wettbewerb wiederhergestellt werden. Dazu ist es notwendig, die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern. Die Rückforderung hat nach den Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu erfolgen. Die Anwendung dieser Verfahren sollte jedoch die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs durch Verhinderung der sofortigen und tatsächlichen Vollstreckung der Kommissionsentscheidung nicht erschweren. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, sollten die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirksamkeit der Kommissionsentscheidung treffen."
Art. 14 ("Rückforderung von Beihilfen") der Verordnung Nr. 659/1999 bestimmt:
"(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend 'Rückforderungsentscheidung' genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.
(2) Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.
(3) Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel [242 EG] erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Gemeinschaftsrechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen."
Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 sieht vor:
"Kommt der betreffende Mitgliedstaat mit Bedingungen und Auflagen verbundenen Entscheidungen oder Negativentscheidungen, insbesondere in den in Artikel 14 genannten Fällen, nicht nach, so kann die Kommission nach Artikel [88 Abs. 2 EG] den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften unmittelbar anrufen."
Der Sachverhalt und die Entscheidung 2006/261
Mit Art. 1 ihrer Entscheidung 2006/261 erklärte die Kommission die von der Italienischen Republik durchgeführte Beihilferegelung in Form von Steueranreizen zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an einem geregelten europäischen Wertpapiermarkt zugelassen werden, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.
Wie sich aus dieser Entscheidung ergibt, wurden mit der fraglichen Beihilferegelung zwei Arten von wirtschaftlichen Vorteilen gewährt. Erstens wurde damit zugunsten von an einer geregelten Wertpapierbörse neu zugelassenen Unternehmen ein ermäßigter Körperschaftsteuersatz in Höhe von 20 % eingeführt, wodurch sich der von diesen Unternehmen im Rahmen ihrer verschiedenen Geschäftstätigkeiten erzielte Ertrag nach Steuern für drei Jahre erhöhte. Zweitens hatte die Regelung zur Folge, dass sich das zu versteuernde Einkommen im Steuerjahr der Börsenneuzulassung verringerte. Diese Ermäßigungen schlugen sich außerdem in der Anwendung eines niedrigen effektiven Steuersatzes auf das Einkommen im Jahr 2004 nieder.
Nach der Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens durch die Kommission wiesen die italienischen Behörden die potenziell von der Regelung Begünstigten öffentlich auf die möglichen Folgen hin, falls die Kommission zu der Feststellung kommen sollte, dass diese eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellt. Die Kommission hielt es auf jeden Fall für erforderlich, die den Begünstigten eventuell bereits gewährten Beihilfen zurückzufordern.
Im Einzelnen bestimmten die Art. 2 bis 4 der Entscheidung 2006/261 Folgendes:
"Artikel 2
Italien wird aufgefordert, die ... Beihilferegelung mit Wirkung ab dem Finanzjahr aufzuheben, in das das Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung fällt.
Artikel 3
(1) Italien ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die ... rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
(2) Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt unverzüglich nach den Bestimmungen des nationalen Rechts, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen.
(3) Die Rückforderung ist so schnell wie möglich vorzunehmen. Insbesondere für den Fall, dass die Beihilfe bereits in Form von verringerten Steuerzahlungen für das laufende Finanzjahr gewährt wurde, erhebt Italien den gesamten fälligen Steuerbetrag mit der Abschlusszahlung für das Jahr 2004. In allen anderen Fällen erhebt Italien die fälligen Steuern spätestens am Ende des ersten Finanzjahrs, in das das Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung fällt.
(4) Die zurückzufordernden Beihilfen umfassen Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe den Empfängern zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung.
(5) Die Zinsen sind in Einklang mit den Bestimmungen des Kapitels V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zu berechnen.
(6) Italien fordert die Empfänger der in Artikel 1 genannten Beihilfen innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung zur Rückzahlung der rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen einschließlich Zinsen auf.
Artikel 4
Italien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die getroffen wurden bzw. geplant sind, um der Entscheidung nachzukommen. Diese Angaben sind unter Verwendung des in Anhang 1 dieser Entscheidung beiliegenden Fragebogens zu übermitteln. Ferner legt Italien innerhalb derselben Frist sämtliche Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass das Verfahren zur Rückforderung der rechtswidrig gewährten Beihilfen gegenüber den Begünstigten eingeleitet wurde."
Die gegen die Entscheidung 2006/261 erhobene Klage
Am erhob die Italienische Republik beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/261. Die Italienische Republik beantragte keine einstweilige Anordnung.
Mit Urteil vom , Italien/Kommission (T-211/05, Slg. 2009, II-2777), wies das Gericht die Klage ab. Am legte die Italienische Republik ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Das unter der Nr. C-458/09 P eingetragene Rechtsmittelverfahren ist zurzeit beim Gerichtshof anhängig.
Das Vorverfahren
Am wurde die Entscheidung 2006/261 der Italienischen Republik bekannt gegeben.
Die italienischen Behörden erließen eine Reihe von Maßnahmen zur Durchführung dieser Entscheidung und teilten sie der Kommission mit. Im Durchführungsverfahren geschah insbesondere Folgendes:
- Zur Durchführung der Entscheidung 2006/261 wurde ein Gesetzesentwurf erarbeitet.
- Angesichts von Schwierigkeiten im Gesetzgebungsverfahren optierten die italienischen Behörden im Juli 2006 für die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen auf dem Verwaltungsweg.
- Die Agenzia delle Entrate (im Folgenden: Agenzia) übersandte den betroffenen Steuerpflichtigen im Voraus eine Mitteilung mit der Anordnung, die geschuldeten Beträge binnen 60 Tagen zu zahlen, und sie legte geeignete Regeln fest, um es den Begünstigten zu ermöglichen, die erhaltene Beihilfe zuzüglich Zinsen von sich aus zurückzuzahlen; den Direktionen und Stellen, die vor dem die entsprechenden Kontroll- und Rückforderungsverfahren durchzuführen hatten, wurden besondere Dienstanweisungen übersandt.
- Zwei Gesellschaften erhoben gegen die Maßnahmen zur Rückforderung der Beihilfen Klage bei den italienischen Finanzgerichten; eine Gesellschaft unterlag in erster Instanz und zahlte anschließend am die geschuldeten Beträge in voller Höhe; im Fall einer anderen Gesellschaft, der Hauptempfängerin der Beihilfe, setzte die Commissione tributaria provinciale di Modena die Zahlungsanordnung aus, wobei der entscheidende Grund für die Aussetzung war, dass die Anordnung ohne Rechtsgrundlage ergangen sei; im Berufungsverfahren gegen die erstinstanzliche Entscheidung, mit der die Zahlungsanordnung für nichtig erklärt worden war, ordnete die Commissione tributaria regionale di Bologna u. a. unter Berufung darauf, dass beim Gericht eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/261 anhängig sei (Rechtssache T-211/05), die Aussetzung des Verfahrens an.
- Der italienische Gesetzgeber versuchte, das verfahrensmäßige Problem der von den nationalen Gerichten angeordneten Aussetzung der Anordnungen zur Rückzahlung der Beihilfen im Wege der Gesetzgebung zu beheben, indem er das Gesetzesdekret Nr. 59 vom (GURI Nr. 84 vom , S. 3, im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 59/2008) erließ, das durch das Gesetz Nr. 101 vom (GURI Nr. 132 vom , S. 4) in ein Gesetz umgewandelt wurde.
Während des gesamten Vorverfahrens drang die Kommission auf eine sofortige und tatsächliche Durchführung der Entscheidung 2006/261. Außerdem ersuchte sie mehrfach um zusätzliche Informationen und Erläuterungen zu den Begünstigten und zu den Modalitäten des Erlasses der auf die Rückforderung abzielenden Rechtsvorschriften. Die Ersuchen der Kommission beruhten zum Teil darauf, dass sie die von den italienischen Behörden übermittelten Informationen für unzureichend hielt, und dienten zum Teil dazu, die Daten über den Fortgang der Wiedererlangung der Beihilfe auf den letzten Stand zu bringen. Die italienischen Behörden informierten die Kommission mit mehreren aufeinanderfolgenden Schreiben über den Stand und die Modalitäten der Durchführung der Entscheidung 2006/261.
Die Kommission wies die Italienische Republik auf die Unzulänglichkeit des Verfahrens zur Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe hin, da sich die zu Unrecht bezogenen und noch nicht zurückgezahlten Beihilfen im Oktober 2008 auf insgesamt 4 365 265,04 Euro (Beihilfen und Zinsen) beliefen. Nach Ansicht der Kommission waren demnach bei der Rückforderung der Beihilfen trotz der gesetzgeberischen Maßnahmen keine Forschritte zu verzeichnen. Unter diesen Umständen hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
Zur Klage
Vorbringen der Parteien
In ihrer Klageschrift trägt die Kommission vor, dass der Mitgliedstaat, an den eine ihn zur Rückforderung rechtswidriger Beihilfen verpflichtende Entscheidung gerichtet sei, nach Art. 249 EG alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen habe, um die Durchführung der Entscheidung sicherzustellen.
Nach Ansicht der Kommission ist die Verpflichtung zur Rückforderung eine echte Erfolgspflicht. Zudem müsse die Rückforderung nicht nur tatsächlich, sondern auch sofort erfolgen.
In Bezug auf den ursprünglichen Entwurf eines Gesetzes, das die Italienische Republik zur Durchführung der Entscheidung 2006/261 habe erlassen wollen, habe die Kommission wiederholt darauf hingewiesen, dass die Wahl eines gesetzlichen Instruments nicht das geeignetste Mittel darstelle, um die sofortige und tatsächliche Durchführung dieser Entscheidung sicherzustellen.
Die Anwendung der nationalen Verfahren dürfe kein Hindernis für die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs sein. Auf diese Verfahren müsse vielmehr mit dem Ziel zurückgegriffen werden, die Wirksamkeit der Entscheidung 2006/261 zu gewährleisten.
Die Kommission trägt sodann vor, dass die Italienische Republik in der vorliegenden Rechtssache als einziges Verteidigungsmittel geltend machen könne, dass es absolut unmöglich gewesen sei, die Entscheidung 2006/261 ordnungsgemäß durchzuführen. Die italienischen Behörden hätten sich insoweit jedoch nie auf eine absolute Unmöglichkeit berufen.
Die Voraussetzung einer absoluten Unmöglichkeit der Durchführung sei nicht erfüllt, wenn sich der beklagte Mitgliedstaat wie in der vorliegenden Rechtssache darauf beschränke, die Kommission über die mit der Durchführung der Entscheidung 2006/261 verbundenen rechtlichen, politischen oder praktischen Schwierigkeiten zu unterrichten, ohne gegenüber den betroffenen Unternehmen tatsächliche Schritte zur Rückforderung der Beihilfe zu unternehmen und ohne der Kommission andere Modalitäten zur Durchführung dieser Entscheidung vorzuschlagen, die es ermöglicht hätten, die Schwierigkeiten zu überwinden.
In Bezug auf die Entscheidungen der nationalen Gerichte, mit denen die Aussetzungen angeordnet wurden, betont die Kommission, dass der Effektivitätsgrundsatz auch für die nationalen Gerichte gelten müsse. Der nationale Richter habe, wenn ein Begünstigter einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Rückforderungsmaßnahme stelle, die in der Rechtsprechung vorgesehenen Kriterien anzuwenden, um zu vermeiden, dass der Rückforderungsentscheidung ihre praktische Wirksamkeit genommen werde. In der vorliegenden Rechtssache hätten indessen die von den nationalen Gerichten angewandten Aussetzungsmaßnahmen den sich aus der Rechtsprechung ergebenden Anforderungen nicht genügt.
Obwohl der nationale Richter nach dem in Randnr. 12 des vorliegenden Urteils angeführten Gesetzesdekret Nr. 59/2008 im Fall einer Aussetzung, die auf Gründe im Zusammenhang mit der Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung gestützt wird, die entsprechende Frage grundsätzlich unverzüglich dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen muss, meint die Kommission, dass diese nationalen Rechtsvorschriften anscheinend keine bedeutenden Auswirkungen auf die Verfahrenspraxis der nationalen Gerichte gehabt hätten. Mehr als vier Jahre nach dem Erlass der Entscheidung 2006/261 hätten die italienischen Behörden nämlich nur 25,91 % der Beihilfen zurückerlangt, für die eine Zahlungsanordnung versandt worden sei.
In Bezug auf die beim Gericht erhobene Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/261 hebt die Kommission hervor, dass die Italienische Republik diese Entscheidung angefochten habe, ohne allerdings die Aussetzung ihrer Vollziehung zu beantragen. Im Beschluss der Commissione tributaria provinciale di Modena werde indessen in keiner Weise auf die Anhängigkeit des Verfahrens bei dem Gericht oder eventuelle Mängel der genannten Entscheidung Bezug genommen, vielmehr liege ihm ausschließlich das angebliche Fehlen einer Rechtsgrundlage für die von den italienischen Behörden erlassene Anordnung der Rückzahlung der Beihilfe zugrunde.
Was schließlich die beiden durch die Beihilfe begünstigten Gesellschaften betrifft, trägt die Kommission vor, dass sie seit dem keine Nachricht mehr über den aktuellen Stand des in zweiter Instanz anhängigen Verfahrens und den Stand der Rückzahlungen erhalten habe. Darin liege ein Verstoß gegen die Informationspflicht, die den italienischen Behörden nach Art. 4 der Entscheidung 2006/261 und Art. 10 EG obliege.
Die Italienische Republik macht geltend, dass das Unionsrecht nicht die Befolgung eines besonderen Verfahrens zum Zweck der Wiedererlangung der staatlichen Beihilfen vorgebe, sondern nur verlange, dass die Anwendung der nationalen Verfahren davon abhängig gemacht werde, dass sie eine sofortige und tatsächliche Durchführung der Entscheidung 2006/261 ermögliche.
Nach der italienischen Verfassung könne nur eine normative Maßnahme die Tätigkeit der Verwaltung im Hinblick auf die Rückforderung und die in diesem Rahmen zurückzuzahlenden Summen regeln. Außerdem habe der in Randnr. 17 des vorliegenden Urteils genannte Gesetzentwurf darauf abgezielt, eine freiwillige Rückzahlung der Beihilfe zu fördern, um gerade die Phase der Wiedererlangung zu beschleunigen.
Die Italienische Republik beruft sich auch darauf, dass der Umstand, dass der Mitgliedstaat, der Adressat der Entscheidung sei, keine anderen Verteidigungsmittel als die absolute Unmöglichkeit der Durchführung geltend machen könne, es nicht ausschließe, dass ein Mitgliedstaat, der bei der Durchführung einer Entscheidung wie der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stoße oder sich über Folgen klar werde, die von der Kommission nicht beabsichtigt gewesen seien, diese Probleme der Kommission zur Beurteilung vorlege und dabei geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidung vorschlage.
Im umfangreichen Schriftwechsel zwischen der Kommission und den italienischen Behörden hätten diese sowohl die Gründe, aus denen sie ihrer Ansicht nach im Wege des Erlasses einer speziellen Norm hätten vorgehen müssen, als auch die unvorhergesehenen Umstände genannt, die später dazu geführt hätten, dass zur Rückforderung ein anderes Verfahren als das ursprünglich in Aussicht genommene, insbesondere auf dem Verwaltungsweg, gewählt worden sei.
In Bezug auf die gerichtlichen Aussetzungsmaßnahmen macht die Italienische Republik geltend, dass die Entscheidung der Commissione tributaria provinciale di Modena über die Aussetzung der Zahlungsanordnung ergangen sei, obwohl die Agenzia mit Nachdruck auf die Rechtmäßigkeit der Rückforderung und die unmittelbare Anwendbarkeit der Entscheidung 2006/261 in der italienischen Rechtsordnung hingewiesen habe. Im Verfahren vor der Commissione tributaria regionale di Bologna habe die Agenzia bei diesem Gericht die Aufhebung des von ihm erlassenen Aussetzungsbeschlusses beantragt. Nach dem oben angeführten Urteil Italien/Kommission, mit dem das Gericht die Klage gegen die Entscheidung 2006/261 abgewiesen habe, habe die Agenzia erneut die Aufhebung des fraglichen Beschlusses beantragt.
Was schließlich den von der Kommission geltend gemachten Klagegrund eines Verstoßes gegen die Informationspflicht betrifft, hat die Italienische Republik in ihrer Klagebeantwortung eine ergänzende Übersicht über den Stand der eingegangenen Beträge und des in dieser Sache anhängigen Rechtsstreits vorgelegt.
Würdigung durch den Gerichtshof
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Mitgliedstaat, an den eine Entscheidung gerichtet ist, die ihn zur Rückforderung rechtswidriger Beihilfen verpflichtet, nach Art. 249 EG alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Durchführung dieser Entscheidung sicherzustellen (vgl. Urteil vom , Kommission/Frankreich, C-232/05, Slg. 2006, I-10071, Randnr. 42 und dort angeführte Rechtsprechung).
Der Mitgliedstaat muss erreichen, dass er die geschuldeten Beträge tatsächlich wiedererlangt (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 42). Eine verspätete Wiedererlangung nach Ablauf der festgesetzten Fristen genügt den Anforderungen aus dem Vertrag nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/Griechenland, C-419/06, Randnrn. 38 und 61).
Nach Art. 3 Abs. 3 der Entscheidung 2006/261 war die Italienische Republik verpflichtet, die fragliche Beihilferegelung so schnell wie möglich aufzuheben. Insbesondere für den Fall, dass die Beihilfe bereits in Form von verringerten Steuerzahlungen für das laufende Finanzjahr gewährt wurde, hatte dieser Mitgliedstaat den gesamten fälligen Steuerbetrag mit der Abschlusszahlung für das Jahr 2004 zu erheben. In allen anderen Fällen waren die fälligen Steuern zuzüglich Zinsen spätestens am Ende des ersten Finanzjahrs, in das das Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung, der , fiel, zu erheben.
In der vorliegenden Rechtssache ist unstreitig, dass die Italienische Republik mehrere Jahre nach der Übermittlung der Entscheidung 2006/261 und nach Ablauf sämtlicher in dieser Entscheidung festgesetzten Fristen einen beträchtlichen Teil der rechtswidrigen Beihilfen noch nicht wiedererlangt hat. Eine solche Situation ist offenkundig unvereinbar mit der Verpflichtung dieses Mitgliedstaats, eine tatsächliche Wiedererlangung der geschuldeten Beträge zu erreichen, und stellt einen Verstoß gegen die Pflicht zur sofortigen und tatsächlichen Durchführung der Entscheidung 2006/261 dar.
Was die von der Italienischen Republik zu ihrer Verteidigung vorgebrachten Argumente anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung zur Verteidigung gegen eine von der Kommission gemäß Art. 88 Abs. 2 EG erhobene Vertragsverletzungsklage nur geltend machen kann, dass es absolut unmöglich gewesen sei, die fragliche Entscheidung ordnungsgemäß durchzuführen (vgl. u. a. Urteile vom , Kommission/Spanien, C-177/06, Slg. 2007, I-7689, Randnr. 46, und vom , Kommission/Frankreich, C-214/07, Slg. 2008, I-8357, Randnr. 44).
Die Voraussetzung einer absoluten Unmöglichkeit der Durchführung ist nicht erfüllt, wenn sich der beklagte Mitgliedstaat darauf beschränkt, die Kommission über die mit der Durchführung der Entscheidung verbundenen rechtlichen, politischen oder praktischen Schwierigkeiten zu unterrichten, ohne gegenüber den betroffenen Unternehmen tatsächlich Schritte zur Rückforderung der Beihilfe zu unternehmen und ohne der Kommission andere Modalitäten zur Durchführung der Entscheidung vorzuschlagen, die es ermöglicht hätten, die Schwierigkeiten zu überwinden (vgl. u. a. Urteile vom , Kommission/Spanien, C-485/03 bis C-490/03, Slg. 2006, I-11887, Randnr. 74, und vom , Kommission/Frankreich, Randnr. 46).
Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass ein Mitgliedstaat, der bei der Durchführung einer Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stößt oder sich über Folgen klar wird, die von der Kommission nicht beabsichtigt waren, diese Probleme der Kommission zur Beurteilung vorlegen und dabei geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidung vorschlagen muss. In einem solchen Fall müssen der Mitgliedstaat und die Kommission gemäß dem Grundsatz, dass den Mitgliedstaaten und den Unionsorganen gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit obliegen, wie er namentlich Art. 10 EG zugrunde liegt, redlich zusammenwirken, um die Schwierigkeiten unter vollständiger Beachtung der Bestimmungen des Vertrags, insbesondere derjenigen über die Beihilfen, zu überwinden (vgl. u. a. Urteile vom , Kommission/Italien, C-348/93, Slg. 1995, I-673, Randnr. 17, vom , Kommission/Italien, C-99/02, Slg. 2004, I-3353, Randnr. 17, vom , Kommission/Italien, C-207/05, Randnr. 47, und vom , Kommission/Italien, C-280/05, Randnr. 20).
Insoweit ist hervorzuheben, dass sich die Italienische Republik bei ihren Kontaktaufnahmen mit der Kommission und im Rahmen des Verfahrens vor dem Gerichtshof nicht auf eine absolute Unmöglichkeit der Durchführung der Entscheidung 2006/261 - das nach der in Randnr. 35 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung einzige zulässige Verteidigungsmittel - berufen hat.
In Wirklichkeit hat sich die italienische Regierung darauf beschränkt, die Kommission über die mit der Durchführung dieser Entscheidung verbundenen rechtlichen, politischen oder praktischen Schwierigkeiten zu unterrichten.
Zwar hat der italienische Gesetzgeber während des Rückforderungsverfahrens mit dem Erlass des Gesetzesdekrets Nr. 59/2008 einen ernsthaften Schritt unternommen, um die Wirksamkeit der Rückforderung sicherzustellen. Aus den Akten geht insbesondere hervor, dass dieses Gesetzesdekret, mit der das verfahrensmäßige Problem der Aussetzung von Anordnungen zur Rückforderung der Beihilfen durch die nationalen Gerichte gelöst werden sollte, dazu bestimmt war, den Abschluss der bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu beschleunigen.
Das Gesetzesdekret Nr. 59/2008 hat es indessen nicht erlaubt, der Verspätung bei der Rückforderung der in der Entscheidung 2006/261 genannten Beihilfe abzuhelfen. Das Gesetzesdekret wurde nämlich erst am erlassen, d. h. nach dem , dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung der Commissione tributaria provinciale di Modena über die Aussetzung der Zahlungsanordnung gegenüber dem Hauptempfänger der rechtswidrigen Beihilfe erging. Im Übrigen wurde das Verfahren betreffend den genannten Hauptempfänger der Beihilfe anschließend trotz des Inkrafttretens des genannten Gesetzesdekrets vom Berufungsgericht ausgesetzt.
Gesetzgebungsmaßnahmen, mit denen die Durchführung einer Entscheidung der Kommission, die einen Mitgliedstaat zur Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe verpflichtet, durch die nationalen Gerichte gewährleistet werden soll und die zu spät erlassen werden oder sich als wirkungslos erweisen, genügen nicht den Anforderungen aus der in den Randnrn. 31 und 32 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung.
Zudem haben die italienischen Behörden jedenfalls keine Änderung oder Aufhebung der Entscheidung der Commissione tributaria provinciale di Modena vom , mit der die Zahlungsanordnung ausgesetzt wurde, beantragt, obwohl - wie die Italienische Republik in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat - ein solcher Antrag in einem derartigen Verfahren gestellt werden kann. Schließlich hatte die Italienische Republik am Tag der mündlichen Verhandlung in der vorliegenden Rechtssache noch keine Schritte unternommen, um die von der Commissione tributaria regionale di Bologna am angeordnete Aussetzung des Berufungsverfahrens zu beenden.
Was ferner das Argument der Kommission hinsichtlich der den nationalen Gerichten zuerkannten Befugnis betrifft, während des Verfahrens zur Rückforderung der Beihilfe Aussetzungsanordnungen zu erlassen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Gerichte nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 verpflichtet sind, die volle Wirksamkeit der Entscheidung zu gewährleisten, mit der die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe angeordnet wurde, und ein Ergebnis herbeizuführen, das mit dem Zweck, der mit dieser Entscheidung verfolgt wird, in Einklang steht (vgl. Urteil vom , Scott und Kimberly Clark, C-210/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 29).
In Bezug auf die von den italienischen Gerichten erlassenen einstweiligen Aussetzungsanordnungen ist darauf hinzuweisen, dass solche Anordnungen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteile vom , Zuckerfabrik Süderdithmarschen und Zuckerfabrik Soest, C-143/88 und C-92/89, Slg. 1991, I-415, sowie vom 9. November 1995, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. [I], C-465/93, Slg. 1995, I-3761) ergehen können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich
- wenn das entsprechende Gericht erhebliche Zweifel an der Gültigkeit der Handlung der Union hat und diese Gültigkeitsfrage, sofern der Gerichtshof mit ihr noch nicht befasst ist, diesem selbst vorlegt,
- wenn die Entscheidung dringlich in dem Sinne ist, dass die einstweiligen Anordnungen erforderlich sind, um zu vermeiden, dass die sie beantragende Partei einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleidet,
- wenn es das Interesse der Union angemessen berücksichtigt und
- wenn es bei der Prüfung aller dieser Voraussetzungen die Entscheidungen des Gerichtshofs oder des Gerichts erster Instanz über die Rechtmäßigkeit der Handlung der Union oder einen Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffend gleichartige einstweilige Anordnungen auf der Ebene der Europäischen Union beachtet.
Ferner ist zu betonen, dass das nationale Gericht sich nicht darauf beschränken darf, dem Gerichtshof eine Gültigkeitsfrage zur Vorabentscheidung vorzulegen, sondern dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes angeben muss, weshalb es meint, dass der Gerichtshof die Ungültigkeit der Handlung der Union feststellen muss (Urteil Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. [I] Randnr. 36).
Die in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten Anforderungen gelten auch für jede Maßnahme zur Aussetzung eines Berufungsverfahrens, in dem die in erster Instanz ausgesprochene Nichtigerklärung der nationalen Maßnahme zur Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe angegriffen wird.
Zu prüfen ist, ob in der vorliegenden Rechtssache die Entscheidungen der italienischen Gerichte diesen Anforderungen genügen.
Die Aussetzungsanordnungen im Rahmen des Rückforderungsverfahrens betreffend den Hauptempfänger der rechtswidrigen Beihilfe wurden von den italienischen Gerichten aus zwei Gründen erlassen. Erstens setzte die Commissione tributaria provinciale di Modena mit Entscheidung vom die Anordnung der Rückzahlung der Beihilfe aus und stellte dabei entscheidend darauf ab, dass diese Rückzahlungsanordnung ohne Rechtsgrundlage erlassen worden sei. Zweitens setzte die Commissione tributaria regionale di Bologna mit Entscheidungen vom und vom das Berufungsverfahren, in dem die Nichtigerklärung der genannten Anordnung in erster Instanz angefochten wurde, mit der Begründung aus, dass die Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/261 beim Gericht anhängig sei (Rechtssache T-211/05).
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der erste der oben angeführten Gründe im Licht der mit den Urteilen Zuckerfabrik Süderdithmarschen und Zuckerfabrik Soest sowie Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (I) begründeten Rechtsprechung die Aussetzung der Maßnahme zur Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe nicht rechtfertigt.
In Bezug auf den zweiten Grund ist festzustellen, dass ein nationales Gericht, das beabsichtigt, ein Verfahren, das zur tatsächlichen Durchführung einer Entscheidung der Kommission über die Verpflichtung eines Mitgliedstaats zur Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe erforderlich ist, deshalb auszusetzen, weil die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vor dem Gericht angegriffen wird, diese Aussetzung entsprechend den Ausführungen in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils in seiner Entscheidung zu begründen hat, indem es die Argumente darlegt, die für die Ungültigkeit der fraglichen Entscheidung sprechen.
Dieses Erfordernis wird dadurch bestätigt, dass eine beim Gericht erhobene Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der die Rückzahlung einer Beihilfe angeordnet wird, keinen Suspensiveffekt hinsichtlich der Verpflichtung zur Durchführung dieser Entscheidung hat (vgl. Urteil vom , Kommission/Italien, Randnr. 21). Ebenso verhält es sich, wenn das vom Gericht auf die entsprechende Klage hin erlassene Urteil mit einem Rechtsmittel beim Gerichtshof angefochten wird. In diesem Zusammenhang ist zu ergänzen, dass die Italienische Republik im vorliegenden Fall im Rahmen der genannten Nichtigkeitsklage keine einstweilige Anordnung beantragt hat.
Im vorliegenden Fall geben die italienischen Gerichte in ihren Entscheidungen allerdings nicht an, aus welchen Gründen die Gerichte der Union die Ungültigkeit der Entscheidung 2006/261 feststellen sollten. Außerdem wurde mit der Entscheidung vom das Verfahren wegen einer beim Gericht gegen die Entscheidung 2006/261 erhobenen Klage ausgesetzt, obwohl das Gericht diese Klage mit Urteil vom 4. September 2009 abgewiesen hatte.
Was schließlich die übrigen Voraussetzungen betrifft, die nach der in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung erfüllt sein müssen, genügt die Feststellung, dass in den fraglichen nationalen Entscheidungen nicht auf das Interesse der Union Bezug genommen wird und dass die Commissione tributaria regionale di Bologna in ihren Entscheidungen vom und vom nicht die Frage der Dringlichkeit der Anordnungen behandelt hat.
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die italienischen Gerichte die Aussetzungsentscheidungen unter offensichtlicher Missachtung der Anforderungen des Unionsrechts im Bereich der Rückforderung staatlicher Beihilfen erlassen haben.
Nach alledem ist die vorliegende Klage begründet, soweit die Kommission der Italienischen Republik vorwirft, sie habe innerhalb der vorgeschriebenen Fristen nicht alle Maßnahmen ergriffen, die erforderlich seien, um die mit der Entscheidung 2006/261 für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte Beihilferegelung aufzuheben und die gemäß dieser Regelung zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
Der Antrag der Kommission auf Verurteilung der Italienischen Republik, weil sie die Kommission nicht über die in der vorstehenden Randnummer genannten Maßnahmen informiert habe, ist angesichts des dort dargelegten Ergebnisses nicht zu prüfen, da dieser Mitgliedstaat die Entscheidung 2006/261 gerade nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen durchgeführt hat (vgl. Urteile vom , Kommission/Italien, Randnr. 31, vom , Kommission/Spanien, Randnr. 82, vom , Kommission/Spanien, Randnr. 54, vom 6. Dezember 2007, Kommission/Italien, Randnr. 30, und vom , Kommission/Frankreich, Randnr. 67).
Somit ist festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 3 der Entscheidung 2006/261 verstoßen hat, dass sie innerhalb der festgesetzten Fristen nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte Beihilferegelung aufzuheben und die gemäß dieser Regelung zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
Kosten
Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Italienische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 3 der Entscheidung 2006/261/EG der Kommission vom über die Beihilferegelung C 8/2004 (ex NN 164/2003) - Italien - zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an der Börse zugelassen wurden (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K[2005] 591), verstoßen, dass sie innerhalb der festgesetzten Fristen nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte Beihilferegelung aufzuheben und die gemäß dieser Regelung zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
2. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KÖSDI 2011 S. 17304 Nr. 2
SAAAD-90953