BGH Urteil v. - X ZR 122/09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: BPatG, 3 Ni 2/07 vom

Tatbestand

Der Beklagte ist Inhaber des deutschen Patents 195 04 782 (Streitpatents), das am angemeldet worden ist. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren sowie einen Formkörper für die Herstellung von künstlichen Felsformationen und umfasst 18 Patentansprüche. Die Patentansprüche 1, 8 und 18 lauten:

"1. Verfahren zur Herstellung von Formkörpern für künstliche Felsformationen in Form von Oberflächennachbildungen einer bestimmten Gesteinsart mittels einer Form und einer hydraulisch erhärtenden Masse, wobei die Form mit der hydraulischen erhärtenden Masse, welcher Fasern zugefügt werden, in der nötigen Stärke ausgefüllt wird, in den Formkörper Verankerungslöcher eingeformt und/oder Metalllaschen oder Befestigungsteile aus Metall zur Befestigung an einer Stützkonstruktion eingebettet oder angeklebt werden, und der Formkörper nach dem Erhärten entformt und der Verwendungsstelle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass eine flexible Form von einer natürlichen Felsformation abgeformt wird, dass als hydraulische Masse ein zementgebundener Feinbeton verwendet wird mit einem Größtkorn der Zuschlagstoffe unter 4 mm, einem Zuschlagstoff-Gemisch aus Grob-, Mittelund Feinquarzsand mit einem hohen Feinteilgehalt, dass als Fasern Glasfasern mit einem hohen Alkaliwiderstand und einem Durchmesser von mindestens 10 µm verwendet werden, und dass der Formkörper eine wandartige Beschaffenheit mit einer Stärke von 8 bis 20 mm erhält.

...

8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Beton mit polymeren Zusatzstoffen modifiziert wird, um das Eigengewicht eines Formkörpers zu reduzieren.

...

18. Formkörper zur Herstellung künstlicher Felsformationen, hergestellt nach einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 17."

Die Klägerinnen haben beantragt, das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 und des Patentanspruchs 18, soweit dieser auf Patentanspruch 1 zurückbezogen ist, für nichtig zu erklären. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei im angegriffenen Umfang nicht patentfähig.

Das Patentgericht hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der das Streitpatent weiterhin in der erteilten und hilfsweise in zwei geänderten Fassungen verteidigt:

Nach Hilfsantrag I soll Patentanspruch 1 am Ende wie folgt ergänzt werden: "und an einer Stützkonstruktion wie einer bestehenden Wand oder einem Metallgerüst angeschraubt wird".

Nach Hilfsantrag II sollen in Patentanspruch 1 in der Fassung des ersten Hilfsantrags die Worte "und/oder Metalllaschen oder Befestigungsteile aus Metall zur Befestigung an einer Stützkonstruktion eingebettet oder angeklebt" entfallen.

Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.

Mit ihrer Anschlussberufung beantragen sie,

das Streitpatent auch im Umfang des Patentanspruchs 8, soweit dieser auf Patentanspruch 1 zurückbezogen ist, und im Umfang des Patentanspruchs 18, soweit dieser auf Patentanspruch 8 zurückbezogen ist, für nichtig zu erklären. Der Beklagte hat dieser Klageerweiterung widersprochen und beantragt auch insoweit Klageabweisung.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Anschlussberufung führt hingegen zur weitergehenden Nichtigerklärung des Streitpatents.

I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Formkörpern für künstliche Felsformationen und einen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Formkörper.

1. Im Stand der Technik waren verschiedene Verfahren zur Herstellung von Bauteilen für künstliche Felsformationen bekannt. Die mit diesen Verfahren erhältlichen Erzeugnisse werden in der Streitpatentschrift als unzureichend eingestuft, weil sie einer echten Felsformation nicht hinreichend ähnlich sähen, zu geringe Stabilität aufwiesen oder zu schwer und unhandlich seien.

Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem Formkörper geschaffen werden können, die die Oberfläche einer natürlichen Gesteinsart nachbilden und möglichst leicht sind, ohne dass hierdurch ihre Stabilität eingeschränkt ist.

2. Zur Lösung dieses Problems wird in Patentanspruch 1 des Streitpatents ein Verfahren vorgeschlagen, das folgende Merkmale aufweist (die abweichende Nummerierung durch das Patentgericht ist in eckigen Klammern wiedergegeben):

A.

Das Verfahren dient der Herstellung von Formkörpern für künstliche Felsformationen in Form von Oberflächennachbildungen einer bestimmten Gesteinsart [1].

B.

Es wird ausgeführt mittels einer Form und einer hydraulisch erhärtenden Masse [2].

C.

Die Form ist flexibel und wird von einer natürlichen Felsformation abgeformt [6].

D.

Als hydraulisch erhärtende Masse wird ein zementgebundener Feinbeton mit einem Größtkorn der Zuschlagstoffe unter 4 mm und einem Zuschlagstoff-Gemisch aus Grob-, Mittel- und Feinquarzsand mit einem hohen Feinteilgehalt verwendet [7].

E.

Der hydraulisch erhärtenden Masse werden Glasfasern mit einem hohen Alkaliwiderstand und einem Durchmesser von mindestens 10 μ m zugefügt [8].

F.

Die Form wird mit der hydraulisch erhärtenden Masse und den zugefügten Fasern ausgefüllt [3], so dass der Formkörper eine wandartige Beschaffenheit mit einer Stärke von 8 bis 20 mm erhält [9].

G.

In den Formkörper werden Verankerungslöcher eingeformt und/oder Metalllaschen oder Befestigungsteile aus Metall zur Befestigung an einer Stützkonstruktion eingebettet oder angeklebt [4].

H.

Der Formkörper wird nach dem Erhärten entformt und der Verwendungsstelle zugeführt [5].

3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erörterung.

a) Nach Merkmal B kommt bei dem Verfahren eine hydraulisch erhärtende Masse zum Einsatz. Dies ist, wie der Beklagte unter Bezugnahme auf einen Auszug aus Römpps Chemie-Lexikon (K3) erläutert hat, ein Stoff, der auch unter Wasser erhärtet. Zu den hydraulischen Bindemitteln gehört insbesondere der in Patentanspruch 1 vorgesehene Zement.

b) Patentanspruch 8 betrifft ein Verfahren nach Patentanspruch 1 oder einem der darauf zurückbezogenen nachfolgenden Patentansprüche, bei dem der eingesetzte Feinbeton mit polymeren Zusatzstoffen modifiziert wird, um das Eigengewicht des Formkörpers zu reduzieren.

Dieses zusätzliche Merkmal lässt, wie sich aus der Rückbeziehung von Patentanspruch 8 auf Patentanspruch 1 ergibt, das Merkmal B unberührt. Auch Patentanspruch 8 umfasst damit nur den Einsatz von Betonmischungen, die auch unter Wasser erhärten. Damit sind Betonmischungen ausgeschlossen, bei denen Polymere als nicht-hydraulische Bindemittel fungieren, wenn dies dazu führt, dass der Beton nicht unter Wasser erhärten kann.

II. Das Patentgericht hat seine der Klage stattgebende Entscheidung wie folgt begründet:

Der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche sei zwar neu, aber durch den Stand der Technik nahegelegt. Als zuständiger Fachmann sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ein Gärtner oder Landschaftsplaner anzusehen, sondern ein Ingenieur mit Fachhochschulausbildung der Fachrichtung Werkstofftechnik/Werkstoffwissenschaften oder der Baustofftechnik mit langjähriger Praxis oder jedenfalls Erfahrungen auf dem Gebiet der Herstellung von Kunststeinen und künstlichen Felsformationen. Dieser Fachmann habe der Entgegenhaltung T3, an deren Vorveröffentlichung keine Zweifel bestünden, ein Verfahren entnehmen können, das die Merkmale A, B, F, G und H [1, 2, 3, 9, 4, und 5] aufweise. Aus dieser Entgegenhaltung habe der Fachmann auch die nötigen Hinweise zur Auswahl des geeigneten Betons erhalten, nämlich eines Feinbetons, wie er in Merkmal D [7] beschrieben sei. Der Fachmann habe sich ausgehend von T3 auch Gedanken machen müssen, wie die Glasfasern gegenüber der Alkalität des Betons geschützt werden könnten. Eine Anregung, die in Merkmal E [8] vorgesehenen Glasfasern mit hohem Alkaliwiderstand einzusetzen, habe sich aus der Entgegenhaltung T9 ergeben. Schließlich habe es sich dem erfahrenen Fachmann angeboten, die Form aus elastischem Material zu erstellen, wie dies in Merkmal C [6] vorgesehen sei.

III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand.

1. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, wer als maßgeblicher Fachmann anzusehen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die Auffassung des Patentgerichts, dass nicht nur die durchschnittlichen Kenntnisse eines Garten- und Landschaftsbauers, sondern auch die durchschnittlichen Kenntnisse eines Fachhochschul-Ingenieurs der Fachrichtung Werkstofftechnik oder Baustofftechnik von Bedeutung sind, ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend.

a) Das Streitpatent betrifft nicht die Herstellung einer künstlichen Felsformation, sondern ein Verfahren zur Herstellung von dafür geeigneten Formkörpern. Maßgeblich ist deshalb nicht, wer in der Praxis damit betraut ist, aus derartigen Formkörpern eine künstliche Felsformation zu erstellen. Abzustellen ist vielmehr auf die durchschnittlichen Kenntnisse einer Person, die mit der Entwicklung von Herstellungsverfahren für Formkörper betraut ist.

b) Nach dem Vortrag des Beklagten wird auch diese vorgelagerte Tätigkeit in der Praxis regelmäßig von Garten- und Landschaftsbauern wahrgenommen, zu deren Ausbildungsinhalt unter anderem auch die Vermittlung von Kenntnissen im Betonbau gehört. Ob dieser Vortrag - der durch das vom Beklagten vorgelegte Privatgutachten (K30) nicht bestätigt wird - zutrifft oder ob es, wie die Klägerinnen behaupten, bereits am Prioritätstag zahlreiche spezialisierte Unternehmen gab, die derartige Formkörper herstellten und dem mit der Erstellung einer künstlichen Felsformation betrauten Garten- und Landschaftsbauer zur Verfügung stellten, bedarf keiner Klärung. Auch ein Garten- oder Landschaftsbauer, der mit der Entwicklung eines einschlägigen Verfahrens betraut ist, hatte angesichts der Veröffentlichung T3 Veranlassung, zur Auswahl geeigneter Materialien zur Ausführung des dort offenbarten Verfahrens auf die Kenntnisse eines Ingenieurs für Werkstoff- oder Baustofftechnik zurückzugreifen, wenn seine eigenen Kenntnisse nicht ausreichten.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann vom zuständigen Fachmann erwartet werden, dass er Experten oder sonst besser qualifizierte Fachleute zuzieht oder entsprechende Erkundigungen einholt, wenn das zu lösende Problem sich in einem sachlich naheliegenden Fachgebiet in ähnlicher Weise stellt oder wenn er auf Grund seiner eigenen Sachkunde erkennen kann, dass er eine Lösung auf einem anderen Gebiet finden kann (, GRUR 2010, 41 Rn. 29 - Diodenbeleuchtung mwN). Im Streitfall ergab sich aus der - auch einem Garten- und Landschaftsbauer zugänglichen - Entgegenhaltung T3, dass die Eignung eines Verfahrens zur Lösung des in Rede stehenden technischen Problems maßgeblich durch das eingesetzte Material mitbestimmt wird. Deshalb war zu erwarten, dass ein Garten- und Landschaftsbauer auf die Kenntnisse eines mit solchen Fragen vertrauten Praktikers zurückgreift, wenn er trotz seiner Ausbildung im Bereich des Betonbaus nicht über ausreichende Kenntnisse verfügte.

2. Zutreffend ist das Patentgericht zu der Bewertung gelangt, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch den Stand der Technik nahegelegt war.

a) In dem Bericht "Eine steinharte Traumwelt", der im Heft für September/Oktober 1991 der Zeitschrift "Sportstätten und Schwimmbäder" auf Seite 14 bis 16 erschienen ist (T3/T3a), wird die Herstellung von Formteilen für Kunstfelsen beschrieben. Bei dem offenbarten Verfahren werden an einer natürlichen Felswand mit einem Spezialmaterial Abdrücke genommen, die später als Form für verschiedene Kunstfelsenmodelle aus glasfaserverstärktem Beton dienen. Die Dicke der künstlichen Felsteile ist mit 12 mm angegeben, das Gewicht mit 22 kg/m2 (T3a S. 14). In die Felsteile werden Metallhaken eingearbeitet, mit denen sie an einer Unterkonstruktion verschweißt werden (T3a S. 15/16).

(1)

Damit sind, wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat und auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die Merkmale A, F, G und H offenbart.

(2)

Merkmal B, wonach eine hydraulisch erhärtende Masse eingesetzt wird, ist zumindest als eine in Betracht kommende und naheliegende Möglichkeit aufgezeigt.

Dabei kann offenbleiben, ob die Masse, die bei dem in T3 offenbarten Verfahren zum Einsatz kommt und die in der Entgegenhaltung als glasfaserverstärkter polymermodifizierter Beton, als glasfaserverstärkter Beton oder als modifizierter Beton bezeichnet wird, hydraulisch erhärtend ist oder ob sie angesichts des angegebenen Gewichts nur unter Einsatz von nicht hydraulisch erhärtenden Polymeren als Bindemittel hergestellt werden kann. Selbst wenn letzteres zu bejahen wäre, gaben die Angaben in T3 dem Fachmann Anlass, auch solche glasfaserverstärkten und gegebenenfalls polymermodifizierten Betonarten in Betracht zu ziehen, die hydraulisch erhärten.

Der Wortlaut von T3 deutet eher auf den Einsatz von hydraulisch erhärtendem und lediglich durch Polymere modifiziertem Beton hin. Die Bezeichnung "polymermodifiziert" wird, wie die Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, in der Regel für Beton verwendet, der ein nicht hydraulisches Bindemittel und zusätzlich Polymere enthält. Für Beton, bei dem ein Reaktionsharz als Bindemittel fungiert, wird üblicherweise die Bezeichnung "Polymerbeton" verwendet. Diese findet sich in T3 nicht.

Die von der Berufung angestellten Berechnungen, aus denen sich nach ihrem Vorbringen ergibt, dass mit derartigem Material nicht das in T3 angegebene geringe Gewicht erzielt werden kann, führen zu keiner anderen Beurteilung. Sie mögen zwar Zweifel daran wecken, ob die in T3 verwendeten Bezeichnungen zutreffend sind, und aus der Sicht eines mit den Besonderheiten der einzelnen Werkstoffe vertrauten Fachmanns darauf hindeuten, dass Felsteile mit dem in T3 angegebenen spezifischen Gewicht nur unter Einsatz von Polymerbeton hergestellt werden können. Dennoch hatte der Fachmann Veranlassung, auch das in T3 ausdrücklich genannte Material, also hydraulisch bindenden und lediglich mit Polymeren modifizierten Beton, in Erwägung zu ziehen. Weder aus T3 noch aus sonstigen Umständen ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass dieses Material zur Herstellung von stabilen und relativ leichten Formkörpern ungeeignet war. Auch wenn der in T3 beschriebene Gewichtsvorteil auf diesem Weg möglicherweise nicht in vollem Umfang erreicht werden konnte, gaben die Ausführungen in T3 Anlass zu der Erwartung, dass der Einsatz von Glasfasern als Bewehrung und gegebenenfalls der Zusatz von Polymeren auch bei einem zementgebundenen Beton zu erheblichen Gewichtsreduzierungen führen könnte. Damit war dem Fachmann nahegelegt, das in T3 offenbarte Verfahren jedenfalls auch unter Einsatz von hydraulisch bindendem Beton nachzuarbeiten.

(3)

Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Fachmann aufgrund der Ausführungen in T3 Anlass hatte, den Einsatz von Feinbeton mit den in Merkmal D definierten Eigenschaften in Betracht zu ziehen.

Aus dem 1986 in der Zeitschrift "Betonwerk + Fertigteil-Technik" auf Seite 52 bis 58 erschienenen Aufsatz "Zusammensetzung und Eigenschaften der Faserbeton-Matrix" geht hervor, dass Feinbeton Zuschlagstoffe mit einem Größtkorn von 1 bis 4 mm aufweist und gegenüber Zementstein ohne Zuschlag wesentliche technische Vorteile aufweist. Der Zusatz von Sand mit einer nicht festgelegten Sieblinie wird demgegenüber als ungeeignet eingestuft. Damit war, wie das Patentgericht im Einzelnen dargelegt hat, die Ausgestaltung des Feinbetons gemäß Merkmal D nahegelegt.

Entgegen der Auffassung der Berufung hatte der Fachmann Anlass, auf die in T7 dokumentierten Fachkenntnisse zurückzugreifen und hierzu gegebenenfalls einen Ingenieur für Werkstoff- oder Baustoffkunde hinzuzuziehen. Wie bereits oben dargelegt, gaben die Ausführungen in T3 Anlass, sich näher mit der Zusammensetzung von glasfaserverstärktem und polymermodifiziertem Beton zu befassen. Auch ein Garten- und Landschaftsbauer, der aufgrund seiner Ausbildung möglicherweise nicht über hinreichende Kenntnisse verfügte, hatte damit Anlass, auf die Kenntnisse eines mit diesen Themen vertrauten Fachmanns zurückzugreifen.

(4)

Durch die Ausführungen in T3 nahegelegt war auch der Einsatz von Glasfasern mit den in Merkmal E definierten Eigenschaften.

In dem im Jahr 1974 in der Zeitschrift "beton" auf Seite 95 bis 99 erschienenen Aufsatz "Faserbewehrter Beton" (T9) werden verschiedene Fasermaterialien vorgestellt, die für den Einsatz in faserverstärktem Beton in Frage kommen. Benannt werden unter anderem Asbestfasern, die den geringsten Durchmesser (bis herunter zu 1/100 µm) aufwiesen, und Glasfasern, die mit Durchmessern um 10 µm wesentlich dicker seien (T9 S. 98 und S. 99 Tafel 1). Ergänzend wird ausgeführt, die Anwendung von ungeschützten Glasfasern setze eine hinreichende Alkalibeständigkeit voraus (T9 S. 95 Übersicht).

Auch diese Ausführungen gehören zu dem Fachwissen über die Zusammensetzung von faserbewehrtem Beton, zu dessen Heranziehung der Fachmann aufgrund der Ausführungen in T3 Anlass hatte.

(5)

Zu Recht ist das Patentgericht schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass auch der Einsatz einer flexiblen (d.h. elastischen) Form zur Abformung einer natürlichen Felsformation durch die Ausführungen in T3 nahegelegt wurde.

In T3 wird nicht näher ausgeführt, woraus das dort erwähnte Spezialmaterial besteht, mit dem Abdrücke von natürlichem Felsmaterial genommen werden. Wie das Patentgericht dargelegt hat, waren Gießformen aus elastischen Werkstoffen jedoch im Stand der Technik beispielsweise aus der deutschen Offenlegungsschrift 39 28 969 bekannt. Auch in dem vom Beklagten vorgelegten Privatgutachten (K30) wird ausgeführt, das Abformen von natürlichen Oberflächen mit elastischen Strukturmatrizen sei seit etwa 40 Jahren bekannt. Der Fachmann, der nach Möglichkeiten suchte, das in T3 offenbarte Verfahren auszuführen, hatte angesichts dessen Anlass, auch derartige Formen in Betracht zu ziehen.

3. Patentanspruch 1 kann auch in den mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen keinen Bestand haben.

a) Nach der mit Hilfsantrag I verteidigten Fassung ist als zusätzliches Merkmal vorgesehen, dass der Formkörper an einer Stützkonstruktion wie einer bestehenden Wand oder einem Metallgerüst angeschraubt wird.

Auch mit dieser Ergänzung ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch die Entgegenhaltung T3 nahegelegt.

In T3 wird offenbart, dass die Felsteile mittels darin eingearbeiter Metallteile an eine Unterkonstruktion verschweißt werden. Damit ist die im Streitpatent vorgeschlagene Befestigung durch Anschrauben nahegelegt. Aus den Ausführungen in T3 geht nicht hervor, dass die Befestigung durch Schweißen von essentieller Bedeutung ist. Damit hatte der Fachmann hinreichend Veranlassung, die in T3 offenbarte Befestigungsart durch andere gängige Methoden zu ersetzen. Zu diesen Methoden gehört die Herstellung einer lösbaren Verbindung durch Anschrauben.

b) Nach der mit Hilfsantrag II verteidigten Fassung soll Merkmal G dahin eingeschränkt werden, dass anstelle der wahlweise vorgesehenen Methoden zur Ausbildung von Befestigungsvorrichtungen nur noch die Einformung von Verankerungslöchern zum Gegenstand von Patentanspruch 1 gehört.

Auch in dieser Fassung ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch die Entgegenhaltung T3 nahegelegt.

Zwar wird in T3 nur die Anbringung von zur Befestigung geeigneten Metallteilen offenbart. Der Fachmann hatte aber auch insoweit Veranlassung, andere Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, um eine Befestigung der Formteile auf einer Unterkonstruktion zu ermöglichen. Gerade bei der - ihrerseits durch den Stand der Technik nahegelegten - Befestigung durch Schrauben lag es nahe, hierfür entsprechende Löcher in dem Formteil vorzusehen. Dass dies negative Auswirkungen auf die Ästhetik des Formteils hat, stand dem nicht entgegen. Auch das Streitpatent nimmt diesen Nachteil hin, ohne Maßnahmen zu dessen Kompensation aufzuzeigen.

4. Mit dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 waren auch Formkörper, die nach diesem Verfahren hergestellt werden, durch den Stand der Technik nahegelegt.

IV. Das Streitpatent ist auch in dem in zweiter Instanz erstmals angegriffenen Umfang für nichtig zu erklären.

1. Die Erweiterung des Klageantrags ist zulässig.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die auf dieselben Erwägungen wie die ursprüngliche Klage gestützte Erweiterung des Angriffs auf weitere Patentansprüche schon entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO zulässig ist. Eine entsprechende Klageänderung ist jedenfalls sachdienlich. Zur Beurteilung der Patentfähigkeit der zusätzlich angegriffenen Patentansprüche kann im Wesentlichen auf den für die Beurteilung der ursprünglichen Klage relevanten Prozessstoff zurückgegriffen werden.

2. Das in Patentanspruch 8 geschützte Verfahren, bei dem der Beton mit polymeren Zusatzstoffen modifiziert wird, um das Eigengewicht des Formkörpers zu reduzieren, war ebenfalls durch T3 nahegelegt.

Bei dem dort offenbarten Verfahren wird ein mit Glasfasern verstärkter und polymermodifizierter Beton eingesetzt. Dies entspricht der in Patentanspruch 8 des Streitpatents vorgeschlagenen Lösung.

Auch in diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob die Gewichtsangabe in T3 darauf hindeutet, dass bei dem dort offenbarten Verfahren die Polymere als Bindemittel eingesetzt worden sind. Wie bereits im Zusammenhang mit Patentanspruch 1 dargelegt wurde, gaben die insoweit offenen Formulierungen in T3 dem Fachmann Anlass, auch Betonarten in Betracht zu ziehen, bei denen die Polymere nur die Funktion eines Füllstoffs haben.

3. Mit Patentanspruch 8 ist auch Patentanspruch 18 in seiner Rückbeziehung auf diesen Anspruch antragsgemäß für nichtig zu erklären.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 sowie § 91 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
GAAAD-82053