BVerwG Beschluss v. - 7 B 62/10

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: 12 B 40.09 Urteil

Gründe

I.

1Die Klägerin ist ein Grubengasunternehmen, das an verschiedenen Standorten in Nordrhein-Westfalen Anlagen zur Erfassung und Nutzung von Grubengas aus Kohlebergwerken betreibt. Sie begehrt für ihre gemeinsam mit einem ausländischen Investor durchgeführten Grubengasprojekte die Zustimmung der Beklagten nach § 5 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes (ProMechG).

2Im Januar 2006 beantragte die Klägerin bei der Deutschen Emissionshandelsstelle für die hier streitgegenständliche Anlage "Datteln-Methan 1" im nördlichen Ruhrgebiet auf dem Gelände der ehemaligen Schachtanlage Emscher-Lippe die Zustimmung nach § 5 ProMechG. Die Anlage ist im 2. Quartal 2007 in Betrieb gegangen. Aus dem ehemaligen Bergwerk wird Grubengas aktiv abgesaugt und in zwei Blockheizkraftwerken mit einer Leistung von insgesamt 2,7 MW energetisch verwertet. Der erzeugte Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet.

3Mit Bescheid vom lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine durch das Projekt bewirkte zusätzliche Emissionsminderung im Sinne von § 5 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 6 ProMechG nicht nachgewiesen sei. Das Verwaltungsgericht wies die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene, im Hauptantrag auf Zustimmung nach § 5 ProMechG und im Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Bescheide gerichtete Klage mit Urteil vom ab.

4Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Nach der mit Wirkung vom in Kraft getretenen Neufassung des § 5 Abs. 1 ProMechG sei eine Zustimmung ausgeschlossen. Die Anwendung der Neufassung auf noch nicht abgeschlossene Verfahren begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein etwaiger Anspruch auf Zustimmung nach § 5 Abs. 1 ProMechG falle nicht in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts. Unabhängig davon seien die Grenzen, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ergeben, nicht verletzt. Die Neufassung des § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG entfalte lediglich unechte Rückwirkung und belaste die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht unverhältnismäßig.

5Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG n.F. lägen vor. Mit der streitgegenständlichen Projekttätigkeit werde zugleich Strom erzeugt, der die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG erfülle. Die amtliche Begründung stelle ausschließlich auf die Vergütungsfähigkeit des aus erneuerbaren Energien oder Grubengas erzeugten Stroms nach der allgemeinen Vergütungsvorschrift des § 16 Abs. 1 EEG ab. Diese Vorschrift werde in der Übergangsregelung des § 66 EEG nicht ausdrücklich genannt und sei daher auch auf solche Anlagen anwendbar, die vor dem in Betrieb genommen wurden.

6Der Hilfsantrag sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig.

7Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

8Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1) noch wegen Divergenz nach § 132 Abs. 1 Nr. 2 VwGO (2) oder wegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3) zuzulassen.

91. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass und inwieweit die höchstrichterliche Beantwortung einer bestimmten Rechtsfrage des Bundesrechts zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Daran fehlt es hier.

10Die Klägerin wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig auf,

ob Strom, der in Anlagen erzeugt wird, die vor dem in Betrieb genommen worden sind, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG erfüllt.

11Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie - soweit erheblich - ohne Weiteres im Sinne des Berufungsurteils (UA S. 17) zu beantworten ist.

12Die von der Klägerin aufgeworfene Frage bezieht sich auf den Wortlaut des streitgegenständlichen § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG n.F., wonach eine Zustimmung nach Satz 1 zu einer Gemeinsamen Projektumsetzung ausgeschlossen ist, wenn mit der Projekttätigkeit zugleich Strom erzeugt wird, der die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG oder des § 5 KWKG erfüllt. Gemäß § 16 Abs. 1 EEG müssen Netzbetreiber Anlagenbetreiberinnen und -betreibern Strom aus Anlagen, die ausschließlich Erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen, mindestens nach Maßgabe der §§ 18 bis 33 vergüten. Diese Vorschrift ist mit Wirkung vom in Kraft getreten. Nach Auffassung der Klägerin ist sie auf Anlagen, die - wie hier - vor diesem Zeitpunkt in Betrieb gegangen sind, nicht anwendbar, weil die Vergütung für diese Anlagen nach den §§ 5, 7 EEG 2004 zu erfolgen habe. Die grundsätzliche Bedeutung der o.g. Rechtsfrage ergebe sich u.a. daraus, dass dann, wenn Strom aus Anlagen, die vor dem in Betrieb gegangen sind, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG n.F. erfülle, die Vorschrift des § 16 EEG für solche Anlagen insgesamt Geltung erlange und dies erhebliche Auswirkungen hätte.

13Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu verleihen. Ausweislich der schon vom Oberverwaltungsgericht zitierten Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/8148 S. 82) soll die in § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG n.F. gewählte Formulierung "Strom, ....der die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG ... erfüllt" zum Ausdruck bringen, dass es für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche von EEG und ProMechG allein auf die Vergütungsfähigkeit des EEG-Stroms ankommt (BTDrucks 16/8148 S. 82). Maßgeblich ist danach im jeweiligen Einzelfall nur, ob der Strom nach § 16 Abs. 1 EEG vergütungsfähig wäre, namentlich in der betreffenden Anlage ausschließlich Erneuerbare Energien oder Grubengas eingesetzt werden. § 16 Abs. 1 EEG n.F. entspricht im Wesentlichen § 5 Abs. 1 EEG 2004 (BTDrucks 16/8148 S. 48). Dass dies auf ihre Anlage zutrifft, stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Darüber hinausgehende Fragen zu den §§ 16, 66 EEG würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen.

14Auch die von der Klägerin weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Fragen,

ob es mit der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgrundsatz vereinbar ist, wenn der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität die nach seiner Auffassung bestehenden methodischen Schwierigkeiten bei der Anwendung einer Rechtsvorschrift, die für einen begrenzten Zeitraum einen Anreiz zu einem vom Gesetzgeber erwünschten Verhalten durch die Gewährung einer Begünstigung setzt, dadurch beseitigt, dass er diese Begünstigung rückwirkend innerhalb dieses Zeitraums ohne Übergangsregelung entfallen lässt,

und ob im Hinblick auf ein konkretes Investitionsvorhaben die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in eine Rechtsvorschrift, die einen Anreiz zu einem vom Gesetzgeber erwünschten Verhalten durch Gewährung einer Begünstigung setzt, entfällt, wenn die betroffene Gesellschaft, deren Geschäftsgegenstand das erwünschte Verhalten ist, schon vor Inkrafttreten der Rechtsvorschrift gegründet worden ist, die betroffene Gesellschaft aber vor Inkrafttreten der Rechtsvorschrift noch keine konkreten wirtschaftlichen Dispositionen mit größerer Tragweite zur Realisierung des konkreten Investitionsvorhabens getätigt hat,

rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Diese Fragen sind wegen ihrer Abhängigkeit von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls in einem Revisionsverfahren nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise klärungsfähig. Ob die Anforderungen des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Vertrauensschutzgrundsatzes gewahrt sind, kann nur bezogen auf eine konkrete Norm und nicht für einzelne, vermeintlich abstrakte, Teilaspekte beantwortet werden. Der Sache nach zielen die Fragen darauf, ob die Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG n.F. auf Anlagen, die vor dem in Betrieb genommen wurden, verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

15Die so verstandene Frage ist, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, mit dem Oberverwaltungsgericht zu verneinen. Dass § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG n.F. auch für noch offene Zustimmungsverfahren Geltung beansprucht, die vor dem in Betrieb gegangene Anlagen betreffen, hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht als einen Fall unechter Rückwirkung qualifiziert. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin, die von einer echten Rückwirkung ausgeht, ist unzutreffend.

16In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass eine echte Rückwirkung dann vorliegt, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Eine unechte Rückwirkung liegt dagegen dann vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet ( - (BVerfGE 122, 374 <Rn. 65 f.>). So liegen die Dinge hier. Die Neufassung von § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG betrifft bereits in der Vergangenheit begründete, aber noch nicht abgeschlossene Zustimmungsverfahren und damit aktuell andauernde Rechtsbeziehungen.

17Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig; Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Sie sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen ( a.a.O. Rn. 65).

18Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit guten Gründen verneint. Dabei hat es für den Zeitraum seit Gründung der Klägerin im Jahre 2000 bis zum Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 ProMechG a.F. im Jahr 2005 darauf abgestellt, dass die Klägerin in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung der Anerkennung von Projekttätigkeiten allein auf der Grundlage ministerieller Absichtserklärungen kein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen habe begründen können. Dagegen ist nichts zu erinnern. Dasselbe gilt für die Erwägungen, mit denen das Oberverwaltungsgericht ein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin für den Zeitraum seit Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 ProMechG a.F. verneint hat. Der Senat teilt die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass sich bei den von der Neuregelung des § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung nicht ausbilden konnte, weil auch die alte Regelung schon den Ausschluss von Doppelbegünstigungen bezweckte (vgl. BTDrucks 15/5447 S. 57) und überdies angesichts der Neuartigkeit der Regelungsmaterie des Projekt-Mechanismen-Gesetzes sowie fehlender Verwaltungspraxis nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden konnte, dass eine Zustimmung erteilt wird. Nach den von der Klägerin insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Beklagte nach Inkrafttreten des § 5 ProMechG a.F. im September 2005 keine Zustimmungen zu Projekten erteilt, die eine Förderung nach dem EEG erhielten oder hätten erhalten können. Die Vorschrift hat sich im Gegenteil als nicht praktikabel erwiesen. Hieraus hat der Gesetzgeber die bei einem solchen Befund allein sinnvollen Konsequenzen gezogen und die Regelung übergangslos ersetzt. Weitergehenden Klärungsbedarf zur Verfassungsmäßigkeit der Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG n.F. auf Altanlagen zeigt die Beschwerde nicht auf.

192. Die Revision ist insoweit auch nicht wegen Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zuzulassen.

20Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt vor, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem ebensolchen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten, deren Entscheidung tragenden Rechtssatz widersprochen hat (stRspr.). Daran fehlt es hier.

21Die Klägerin meint, das Oberverwaltungsgericht sei von einem vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zur Krankenversicherung der Rentner vom - 1 BvL 16/96 - (BVerfGE 102, 68) aufgestellten Rechtssatz abgewichen. Danach setze die Aufhebung einer befristeten, aus Vertrauensschutzgründen erlassenen Übergangsvorschrift neben einer Änderung der für den Erlass der Übergangsregelung maßgeblichen Umstände - sofern das Interesse der Betroffenen am Fortbestand schutzwürdig und hinreichend gewichtig ist - voraus, dass schwere Nachteile für gewichtige Gemeinschaftsgüter zu erwarten sind, wenn die Übergangsregelung bestehen bleibt. Davon abweichend habe das Oberverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne, wenn der Gesetzgeber der Vermeidung erst nachträglich anerkannter Schwierigkeiten im Interesse einer Durchsetzung des Gesetzeszwecks den Vorrang gegenüber dem Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage einräumt.

22Damit ist eine Rechtssatzdivergenz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift nicht dargetan. Dies gilt selbst dann, wenn der Senat zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sich die vorgenannten Passagen jedenfalls insoweit auf dieselbe Rechtsvorschrift beziehen, als sie den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Vertrauensschutzgrundsatz betreffen. Dies ändert aber nichts daran, dass die vorgenannten "Rechtssätze" Sachverhaltsgestaltungen betreffen, die keinerlei Ähnlichkeiten aufweisen. Die Entscheidung des - (a.a.O.) behandelt den Fall der Beseitigung einer aus Vertrauensschutzgründen erlassenen, befristeten Übergangsvorschrift vor Ablauf der ursprünglich vorgesehenen Frist. Er unterscheidet sich damit von dem vorliegenden Sachverhalt grundlegend dadurch, dass es bei der vorzeitigen Abschaffung einer befristeten Übergangsvorschrift - so das Bundesverfassungsgericht - um mehr geht als den allgemeinen Schutz des Vertrauens des Bürgers in den Fortbestand geltenden Rechts, denn der durch Vertrauensschutzgesichtspunkte motivierte Erlass einer befristeten Übergangsvorschrift begründet einen besonderen Vertrauenstatbestand. Dass der Gesetzgeber mit dem Erlass des § 5 Abs. 1 ProMechG a.F. ebenfalls einen solchen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ist aus den o.g. Gründen zu verneinen.

23Auch die weiter gerügten Abweichungen von dem - "Mangold" (juris Rn. 82), wonach für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens relevant ist, dass es betätigt wurde, d.h. eine Disposition im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage vorgenommen wurde, sowie dem - (NVwZ 2007, 1167 <1169>), wonach die Dispositionsbedingungen vom Tag der Entscheidung an zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage werden, liegen offensichtlich nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung weder explizit noch implizit abweichende Rechtssätze zu Grunde gelegt. Insbesondere beruht die Entscheidung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf der Annahme, dass die Klägerin 2000 und damit unabhängig von einer rechtlichen Grundlage disponiert habe.

24Die Klägerin missversteht die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Zeitpunkt ihrer Gründung und der Vornahme von Investitionen auf S. 15/16 der Entscheidungsgründe. Wie sich aus dem Kontext ergibt, hat das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung der Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht auf den Gründungszeitpunkt 2000 abgestellt, sondern den gesamten Zeitraum von 2000 bis zum in den Blick genommen und dabei zwischen dem Zeitraum seit Gründung der Klägerin im Jahre 2000 bis zum Inkrafttreten des Projekt-Mechanismen-Gesetzes im September 2005 einerseits und dem Zeitraum ab Inkrafttreten des Gesetzes bis zum Außerkrafttreten des § 5 ProMechG a.F. am andererseits differenziert. Dabei ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass Investitionen in diesem Zeitraum von 2000 bis nicht im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage vorgenommen worden sein können. Dies steht nicht im Widerspruch zu der o.g. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, sondern setzt diese im Gegenteil konsequent um.

253. Die geltend gemachten Verstöße gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs liegen nicht vor.

26a) Die Klägerin rügt eine Nichtbeachtung ihres Vorbringens zu den unterschiedlichen Zeitpunkten der Investitionsentscheidungen für die verschiedenen Grubengasprojekte und verweist insoweit auf S. 6 f. ihrer Berufungsbegründung, S. 52 ff. der Projektdokumentation für das Projekt "Hugo Ost" (gemeint ist wohl die PDD für das hier streitgegenständliche Projekt "Datteln-Methan 1" und ein Schreiben vom (S. 12 f.). Das Oberverwaltungsgericht habe nicht zur Kenntnis genommen, dass sie ihre konkreten Investitionsentscheidungen einzelprojektbezogen auf der Grundlage spezifischer Wirtschaftlichkeitsberechnungen getroffen habe und in allen Verfahren für die Frage, ob die Klägerin ein schutzwürdiges Vertrauen begründen konnte, zu Unrecht auf den Zeitpunkt ihrer Gründung im Jahre 2000 abgestellt. Sofern das Oberverwaltungsgericht ihren Vortrag zu den unterschiedlichen Investitionszeitpunkten zur Kenntnis genommen hätte, wäre es voraussichtlich zu einer günstigeren Entscheidung gelangt, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Investitionsentscheidungen aufgrund des durch das Kyoto-Gesetz mit Wirkung vom in nationales Recht umgesetzten Kyoto-Protokolls und eines Schreibens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom auf die Anerkennung von Joint-Implementation-Projekten (JI) vertraut habe und auch habe vertrauen dürfen.

27Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht dargetan. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verlangt vom Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (Beschlüsse vom - BVerwG 9 B 65.02 - juris Rn. 3 und vom - BVerwG 9 B 41.09 - juris Rn. 16; stRspr). So liegen die Dinge hier.

28Es kann dahinstehen, ob die Gehörsrüge schon den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt, weil sich weder aus der Beschwerdebegründung noch aus den darin in Bezug genommenen Unterlagen ohne Weiteres ergibt, welches konkrete Vorbringen zu den maßgeblichen Investitionen das Oberverwaltungsgericht übergangen haben soll. Das Oberverwaltungsgericht musste sich mit den Zeitpunkten konkreter Investitionsentscheidungen jedenfalls deshalb nicht befassen, weil es darauf nach seiner Rechtsauffassung nicht ankam. Wie oben unter 2. ausgeführt missversteht die Klägerin die maßgeblichen Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts auf S. 15/16 der Entscheidungsgründe. Das Oberverwaltungsgericht hat die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin nicht nach Art einer Stichtagsbetrachtung auf den Zeitpunkt ihrer Gründung in 2000 bezogen beurteilt, sondern den gesamten Zeitraum von 2000 bis zum gewürdigt. Darauf, wann genau in diesem Zeitraum die konkreten, anlagenbezogenen Investitionen vorgenommen worden sind, deren Schutz die Klägerin begehrt, kam es daher nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht an.

29b) Als weiteren Gehörsverstoß rügt die Klägerin das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung. Indem das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich der Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin auf ihre Gründung im Jahre 2000 abgestellt habe, sei ein bis dahin nicht erörterter tatsächlicher Gesichtspunkt zur Entscheidungsgrundlage gemacht und die Klägerin von der tragenden Urteilsbegründung in einer Weise überrascht worden, die sich mit dem Grundsatz auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht vereinbaren lasse.

30Auch diese Rüge greift nicht durch. Der Grundsatz rechtlichen Gehörs verbietet, dass ein Beteiligter durch die angegriffene Entscheidung im Rechtssinne "überrascht" wurde. Eine solche Entscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten ( - BVerfGE 86, 133 <144 f.>; BVerwG 4 C 62.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 170, Beschlüsse vom - BVerwG 5 B 80.91 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241 und vom - BVerwG 6 B 60.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 16). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich.

31Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, trifft es schon nicht zu, dass das Oberverwaltungsgericht die Frage, ob die Klägerin in der Zeit vor Erlass des Projekt-Mechanismen-Gesetzes ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Anerkennung als gemeinsames Projekt bilden konnte, allein auf den Zeitpunkt der Gründung der Klägerin im Jahre 2000 bezogen hat. Dass das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin den Zeitraum seit ihrer Gründung 2000 bis Ende 2008 betrachtet hat, kann die Klägerin nicht ernsthaft überrascht haben. Im Gegenteil: Sie selbst hat sowohl in ihrer Klagebegründung vom (S. 6/7) als auch in ihrer Berufungsbegründung vom (S. 4) darauf abgehoben, dass sie seit ihrer Firmengründung 2000 von einer Anerkennungsfähigkeit ihrer Grubengasprojekte als Joint-Implementation ausgegangen sei. Behandelt wurde das Thema "Zeitpunkt der Investitionsentscheidungen" auch in der Berufungserwiderung der Beklagten vom (S. 9), auf die die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom (S. 5 oben und S. 9) ausdrücklich Bezug genommen hat. Vor diesem Hintergrund liegt der Vorwurf einer Überraschungsentscheidung neben der Sache.

32Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass - wie die Klägerin vorträgt - das Oberverwaltungsgericht sie nicht auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass die Gesellschaftsgründung der für die Entstehung des Vertrauenstatbestandes bezüglich des Fortbestandes der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG a.F. maßgebliche Umstand sein könnte. Auch insoweit verkennt die Klägerin erneut, dass das Oberverwaltungsgericht nicht allein auf den Gründungszeitpunkt abgestellt hat. Dass es die rechtlichen Rahmenbedingungen im Zeitraum 2000 bis Ende 2008 im Hinblick auf die Bildung eines überwiegenden schutzwürdigen Vertrauens anders gewürdigt hat als die Klägerin es für richtig hält, begründet keine Gehörsverletzung. Insbesondere war das Oberverwaltungsgericht zur Wahrung rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt ( BVerwG 9 B 70.07 - juris Rn. 9).

33Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Fundstelle(n):
IAAAD-80334