Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Kassel, 3 T 648/09 vom AG Eschwege, 3 L 46/09 vom
Gründe
I. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Grundschuld in deren eingangs bezeichnetes Wohnungseigentum. Die Schuldnerin wurde mit notarieller Urkunde vom zwecks Erwerbs des später in das Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks durch R. H. und J. K. als "Grundstücksgesellschaft R. H. und Partner" errichtet. Am schlossen R. H. und J. K. zunächst einen notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag. In einer zweiten notariellen Urkunde vom gleichen Tag teilte J. K. seinen Gesellschaftsanteil von 80% in drei Teile und trat H. -J. M. einen Anteil von 40% und W. M. einen Anteil von 20% ab. In der dritten notariellen Urkunde bestellte die "Grundstücksgesellschaft R. H. und Partner GbR" unter Mitwirkung aller vier Gesellschafter R. H. zu ihrem alleinigen Bevollmächtigten und ermächtigte ihn zur Vornahme aller Rechtshandlungen für die Gesellschaft.
In der am errichteten Urkunde erklärte R. H. unter Vorlage der zuletzt genannten Vollmacht für sich und die übrigen namentlich genannten Gesellschafter der Schuldnerin, er und J. K. seien als Eigentümer des damals noch nicht aufgeteilten Grundstücks eingetragen. Der Eigentümer, so heißt es in der Urkunde weiter, bestelle der Gläubigerin eine Grundschuld an dem Grundstück. Ferner übernahm R. H. für sich selbst und als Vertreter der übrigen Gesellschafter der Schuldnerin "für die Zahlung eines Betrags, dessen Höhe der vereinbarten Grundschuld nebst Zinsen und Nebenleistungen entspricht, - als Gesamtschuldner - die persönliche Haftung" und unterwarf sich und die von ihm Vertretenen der sofortigen Vollstreckung in das belastete Grundeigentum. Mit notariellen Urkunden vom und vom trat R. H. seine ihm inzwischen zustehenden beiden Anteile an der Schuldnerin von jeweils 20% an H. -J. M. ab. Nach Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum wurden H. -J. und W. M. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer des eingangs genannten Wohnungseigentums in das Grundbuch eingetragen. Die Wohnungseigentumsrechte sind - mithaftend - mit der erwähnten Grundschuld belastet. Am erteilte der Urkundsnotar der Gläubigerin eine Ausfertigung des Titels mit einer Vollstreckungsklausel "zum Zwecke der dinglichen Vollstreckung gegen die Herren H. -J. M. ... und W. M. als Gesellschafter bürgerlichen Rechts". Diese wurde beiden Gesellschaftern am zugestellt. Auf den Antrag der Gläubigerin vom ordnete das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom die Zwangsverwaltung des eingangs bezeichneten Wohnungseigentums der Schuldnerin an. Später wurde bekannt, dass H. -J. M. zwischen dem 12. und dem verstorben war und die Gesellschaft nach § 6 des Gesellschaftsvertrags bei dem Ableben eines Gesellschafters immer nur mit einem seiner Erben fortgesetzt wird, der durch letztwillige Verfügung zu bestimmen ist.
Darauf hat das Vollstreckungsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren mit der Begründung einstweilen eingestellt, die Zwangsverwaltung könne nur auf Grund einer auf die jetzigen Gesellschafter lautenden Vollstreckungsklausel und nach einer erneuten Zustellung fortgesetzt werden. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht den Beschluss aufgehoben. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II. Das Beschwerdegericht hält die Bedenken des Vollstreckungsgerichts gegen die Fortsetzung des Zwangsverwaltungsverfahrens für unbegründet. Die Vollstreckung könne auf Grund der Urkunde vom gegen die Schuldnerin betrieben werden. Es hätten sich die Schuldnerin selbst und nicht die beiden Gesellschafter der sofortigen Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz unterworfen. Ob es überhaupt einer zusätzlichen Vollstreckungsklausel bedurft habe, die die neuen Gesellschafter H. -J. und W. M. ausweise, könne offen bleibe. Eine solche Klausel sei jedenfalls am erteilt, der Titel am an beide Gesellschafter wirksam zugestellt worden. Der Grundbesitz sei durch Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks in das Grundbuch beschlagnahmt worden. Der Anordnungsbeschluss sei zudem an W. M. wirksam zugestellt worden. Außer diesem habe es keinen handlungsfähigen Gesellschafter gegeben.
III. Diese Erwägungen halten in einem entscheidenden Punkt einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings angenommen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsvollstreckung bei Erlass des Anordnungsbeschlusses vorgelegen haben.
a) Die Grundschuldbestellungsurkunde vom erlaubt die Vollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin. Die Grundschuld, die die Schuldnerin der Gläubigerin bestellt hat, ist nach § 800 ZPO vollstreckbar. Ob die dazu erforderliche Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz von der Schuldnerin als Verband oder von dem für sie handelnden und den von diesem vertretenen übrigen Gesellschaftern persönlich erklärt worden ist, ist dafür ohne Bedeutung. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist nämlich auch auf Grund eines Titels gegen die Gesellschafter und damit auch auf Grund einer durch sie persönlich erklärten Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen möglich ( IXa ZB 288/03, NJW 2004, 3632, 3633; Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, DB 2011, 103, 104 Rn. 6).
b) Der Titel war allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts analog § 727 ZPO mit einer Rechtsnachfolgeklausel zu versehen, die dem geänderten Bestand der Gesellschafter entsprach. Das hat der Senat in der Entscheidung in einem parallelen Verfahren derselben Beteiligten im Einzelnen dargelegt (Beschluss vom - V ZB 84/10, aaO, S. 104 f. Rn. 7 - 14). Auf diese Erläuterung wird Bezug genommen. Die danach erforderliche "Rechtsnachfolge"-Klausel auf die seinerzeitigen Gesellschafter H. -J. und W. M. ist der Gläubigerin am erteilt worden.
c) Der Titel ist mit der Klausel am auch wirksam zugestellt worden.
aa) Diese Zustellung ist gegenüber beiden damaligen Gesellschaftern, H. -J. M. und W. M. , vorgenommen worden. Das war, wie das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht annimmt, wirksam. Die Zustellung an eine GbR hat zwar nicht, wie das Beschwerdegericht meint, stets an alle Gesellschafter zu erfolgen, sondern nur an einen der zur Geschäftsführung und damit regelmäßig auch zur Vertretung befugten Gesellschafter (Senat, Beschluss vom - V ZB 158/05, NJW 2006, 2191 f. Rn. 11, 13). Eine wirksame Zustellung an eine GbR wird aber auch erreicht, wenn die Zustellung - wie hier - nicht nur an einzelne, sondern an alle Gesellschafter und damit im Ergebnis auch an einen zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter erfolgt (Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, aaO, S. 105 Rn. 17).
bb) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ändert es an der Wirksamkeit der Zustellung nichts, dass nur die mit der Rechtsnachfolgeklausel versehene Ausfertigung des Titels und nicht auch die Urkunde zugestellt worden ist, aus der sich die "Rechtsnachfolge", also der Gesellschafterwechsel, ergab. Das wäre zwar nach § 750 Abs. 2 ZPO bei einer Rechtsnachfolgeklausel notwendig. Für die Zustellung der Urkunde einer vollstreckbaren Grundschuld gilt das aber nach § 800 Abs. 2 ZPO nicht, wenn die Rechtsnachfolge, hier der Gesellschafterwechsel, im Grundbuch vollzogen ist (Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, aaO, S. 105 Rn. 18). Das war hier bei Zustellung der Fall. Damals waren H. -J. und W. M. Gesellschafter der GbR und als solche in das Grundbuch eingetragen worden.
d) Das nachträgliche Ableben des Gesellschafters H. -J. M. erforderte, anders als die Rechtsbeschwerde meint, für sich genommen nicht die Erteilung einer neuen Rechtsnachfolgeklausel.
aa) Allerdings war der Gesellschafter H. -J. M. nach der Zustellung und vor dem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung verstorben. Sein Ableben hat nach § 6 des Gesellschaftsvertrags auch nicht zu einem Anwachsen seines Anteils an W. M. und damit zum Erlöschen der Gesellschaft geführt. Vielmehr ist nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags an der Stelle von H. -J. M. dessen Erbe Gesellschafter geworden. Diesen Wechsel der Gesellschafter brauchte die Gläubigerin aber nicht durch eine weitere Rechtsnachfolgeklausel dokumentieren und den Titel auch nicht mit einer solchen neuen Klausel erneut zustellen zu lassen.
bb) Der Gesellschafterwechsel war bei Anordnung der Zwangsverwaltung nämlich noch nicht in das Grundbuch eingetragen worden. Das führte nach der Vorschrift des § 1148 Satz 1 i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB, die auf die Eintragung der Gesellschafter einer GbR entsprechend anzuwenden ist (Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, aaO S. 105 Rn. 21), dazu, dass für die Gläubigerin die (noch) eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter als Gesellschafter der Schuldnerin galten.
e) Daraus folgt weiter, dass auch die nach § 146 i.V.m. § 17 Abs. 1 ZVG zu prüfende Identität nicht nur der Schuldnerin und der Eigentümerin, sondern auch ihrer Gesellschafter gegeben war.
2. Zu Unrecht nimmt das Beschwerdegericht aber an, das Zwangsverwaltungsverfahren könne ungeachtet etwaiger Mängel der Zustellung des Anordnungsbeschlusses fortgesetzt werden.
a) Richtig ist zwar, dass die Beschlagnahme des Grundbesitzes nach § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG mit dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, wenn auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. Die Beschlagnahme macht aber die wirksame Zustellung des Anordnungsbeschlusses nicht entbehrlich (Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 22 Anm. 1; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 22 Rn. 4 a. E.; Zöller, ZVG, 19. Aufl., § 22 Anm. 2.1 a. E.). Die Beschlagnahme und die Anordnung der Zwangsverwaltung können vielmehr auseinander fallen (Steiner/Teufel, ZVG, 9. Aufl., § 22 Anm. 3). Die Anordnung der Zwangsverwaltung wird erst mit der Zustellung an den Schuldner wirksam (OLG Braunschweig, Rpfleger 2001, 254). Diese ist ungeachtet des § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG positiv festzustellen (Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, DB 2011, 140, 106 Rn. 24).
b) Die von dem Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen ergeben eine wirksame Zustellung des Anordnungsbeschlusses nicht.
aa) Er ist den beiden eingetragenen Gesellschaftern zugestellt worden. Die Zustellung an den Gesellschafter H. -J. M. war wirkungslos, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war. Dass das in der Zustellungsurkunde keinen Niederschlag gefunden hat, ändert daran nichts.
bb) Ob die Zustellung an den Gesellschafter W. M. wirksam war, bedarf ergänzender Feststellungen.
(1)
Zu Händen dieses Gesellschafters konnte die Zustellung nur bewirkt werden, wenn er zumindest auch geschäftsführungsbefugt war. Zu Händen eines nicht zur Geschäftsführung befugten Gesellschafters kann die Zustellung an eine GbR nämlich nicht wirksam erfolgen (Senat, Beschluss vom - V ZB 158/05, NJW 2006, 2191, 2192 Rn. 11, 13). Daran ändert auch der öffentliche Glaube des Grundbuchs nichts. Denn er bezieht sich nach § 899a BGB nur auf die Namen und die Anzahl der Gesellschafter (Beschlussempfehlung zum ERVGBG in BT-Drucks 16/13437 S. 24), nicht aber darauf, ob sie zur Geschäftsführung befugt sind (Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, DB 2011, 140, 106 Rn. 28). Ob W. M. vor dem Ableben von H. -J. M. geschäftsführungsbefugt war, ist nicht festgestellt.
(2)
Dieser Gesellschafter kann nach dem Ableben des Gesellschafters H. -J. M. geschäftsführungsbefugt geworden sein. Das lässt sich aber entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht damit begründen, dass die Rechte des Rechtsnachfolgers des Gesellschafters H. -J. M. damals nach Maßgabe von § 6 des Gesellschaftsvertrags geruht hätten. Dazu konnte es nämlich nur kommen, wenn der verstorbene Gesellschafter von mehreren Erben beerbt worden ist und versäumt hatte, entsprechend den Vorgaben in § 6 des Gesellschaftsvertrags unter ihnen seinen Nachfolger in den Gesellschaftsanteil zu bestimmen. Festgestellt ist indessen weder, dass der Gesellschafter H. -J. M. überhaupt mehrere Erben hat, noch, dass er den Nachfolger in seinen Gesellschaftsanteil nicht letztwillig festgelegt hätte. Der Eintritt eines Erben in die Gesellschaft wäre zudem Voraussetzung für den rechtlichen Fortbestand der Schuldnerin, deren Vermögen sonst unter Erlöschen der Schuldnerin dem Gesellschafter W. M. zugefallen wäre.
(3)
Ob W. M. bei dem Eintritt eines Erben in die Gesellschaft und dem Fortbestand der Schuldnerin Geschäftsführungsbefugnis erlangt hat, bestimmt sich danach, wem die Geschäftsführung vor dem Ableben von H. -J. M. zustand. Denn dessen Erbe wäre kraft Gesetzes und mit derselben Berechtigung wie der Verstorbene Gesellschafter der GbR und, wenn dieser alleiniger geschäftsführender Gesellschafter gewesen sein sollte, auch in diese Rechtsstellung eingerückt (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 84/10, DB 2011, 104, 106 Rn. 30). Der Anordnungsbeschluss hätte der Schuldnerin dann wirksam nur zu Händen dieses Gesellschafters zugestellt werden können.
IV. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif und an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Für die erneute Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Zunächst wird festzustellen sein, ob die Schuldnerin noch besteht, mit wem sie fortgesetzt worden ist und wer im Zeitpunkt der Zustellung des Anordnungsbeschlusses auf welcher Grundlage zur Geschäftsführung in der Schuldnerin befugt war. Sollte H. -J. M. alleiniger Geschäftsführer gewesen und sein Erbe in seinen Anteil eingetreten sein, wäre die Zustellung nicht wirksam.
2. Ein etwaiger Zustellungsmangel könnte grundsätzlich geheilt werden. Allerdings wäre das ohne weiteres nur möglich, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung weiterhin vorliegen. Sollte sich etwa ergeben, dass sich der Gesellschafterbestand nach dem Inhalt des Grundbuchs verändert hat, dürfte die bisher nicht wirksam angeordnete Zwangsverwaltung erst nach Erteilung einer entsprechenden Rechtsnachfolgeklausel (erneut) angeordnet werden müssen. Die Zustellung der (erneuten) Anordnung könnte wirksam nur zu Händen eines der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter bewirkt werden.
Fundstelle(n):
VAAAD-78368