Kostenfestsetzung nach wettbewerbsrechtlicher einstweiliger Verfügung: Anrechnung der anwaltlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr
Gesetze: § 15a RVG, Vorbem 3 Abs 4 RVG-VV, Nr 2300 RVG-VV, Nr 3100 RVG-VV
Instanzenzug: Az: 3 W 2185/09 Beschlussvorgehend LG Regensburg Az: 2 HKO 1602/09
Gründe
1I. Die Antragstellerin mahnte den Antragsgegner mit Schreiben ihrer anwaltlichen Bevollmächtigten am wegen eines Wettbewerbsverstoßes ab. Im anschließenden Verfügungsverfahren wurden dem Antragsgegner durch die Kosten des Verfahrens auferlegt.
2Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Antragstellerin beantragt, eine 1,3-fache Verfahrensgebühr aus einem Wert von 7.000 Euro in Höhe von 487,50 Euro nach §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG festzusetzen.
3Das Landgericht hat die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ohne die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgesehene anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr festgesetzt.
4Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
5Mit seiner (zugelassenen) Rechtsbeschwerde wendet sich der Antragsgegner weiter gegen die Festsetzung der nicht verminderten Verfahrensgebühr.
6II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
71. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
8Die Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wirke sich auf das Verhältnis zu Dritten und damit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht aus. Die Bestimmung des § 15a RVG sei nur eine Klarstellung der unter Geltung des § 118 BRAGO und der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG bestehenden Rechtslage. Von den Ausnahmen des § 15a Abs. 2 RVG abgesehen, sei im Kostenfestsetzungsverfahren eine Verfahrensgebühr in ungekürzter Höhe festzusetzen, auch wenn für den Bevollmächtigten des Erstattungsberechtigten eine Geschäftsgebühr entstanden sei.
92. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
10a) Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, die durch die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im Verfügungsverfahren entstanden ist, ist im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe in Ansatz zu bringen und nicht aufgrund der Regelung in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG über die hälftige Anrechnung der wegen desselben Gegenstands entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu kürzen.
11b) Bis zum Inkrafttreten des § 15a RVG am entsprach es allerdings der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG eine in derselben Angelegenheit angefallene Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird (vgl. , NJW 2007, 2049 Rn. 11; Versäumnisurteil vom - VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500 Rn. 11 f.; Beschluss vom - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 Rn. 6; Beschluss vom - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095 Rn. 4; Beschluss vom - IV ZB 26/07 Rn. 6, juris; Beschluss vom - VII ZB 93/07 Rn. 5, juris; Beschluss vom - I ZB 30/08, WRP 2009, 75 Rn. 10 f.).
12Nach dem Inkrafttreten des § 15a RVG, der in seinem Absatz 2 bestimmt, dass sich ein Dritter nur unter bestimmten Voraussetzungen auf die Anrechnung berufen kann, haben die mit dieser Vorschrift befassten Senate des Bundesgerichtshofs den Standpunkt eingenommen, dass die Regelung in § 15a RVG die bisherige Rechtslage nicht geändert, sondern diese lediglich klargestellt hat (Beschluss vom - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 8; Beschluss vom - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 16 ff.; Beschluss vom - IX ZB 82/08, JurBüro 2010, 358 Rn. 6; Beschluss vom - XII ZB 230/09, AGS 2010, 256 Rn. 6; Beschluss vom - V ZB 38/10, JurBüro 2010, 471 Rn. 7 ff.; Beschluss vom - V ZB 176/09, AGS 2010, 459 Rn. 5; Beschluss vom - VIII ZB 15/10, JurBüro 2011, 22 Rn. 9 f.; Beschluss vom - IV ZB 5/10, AGS 2010, 474 Rn. 8 f.; Beschluss vom - VII ZB 15/10 Rn. 6). Der Senat schließt sich dieser Auffassung nicht zuletzt im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an und hält dementsprechend an seiner gegenteiligen Ansicht nicht mehr fest.
13c) Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ist bei der Kostenfestsetzung in voller Höhe zu berücksichtigen, weil keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls im Sinne von § 15a Abs. 2 RVG bestehen.
14III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
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QAAAD-62076