BGH Beschluss v. - IX ZB 137/08

Versagung der Restschuldbefreiung: Glaubhaftmachung einer konkreten Schlechterstellung der Gläubiger

Gesetze: § 296 InsO

Instanzenzug: LG Aachen Az: 6 T 16/08 Beschlussvorgehend AG Aachen Az: 19 IN 603/02 Beschluss

Gründe

I.

1Mit Beschluss vom wurde dem Schuldner unter der Voraussetzung, dass er während der Laufzeit der Abtretungserklärung (Wohlverhaltensperiode) die Obliegenheiten gemäß § 295 InsO erfülle, die Restschuldbefreiung angekündigt. Mit Beschluss vom wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners aufgehoben.

2Unter dem beantragte die weitere Beteiligte zu 5 als Insolvenzgläubigerin, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Schuldner habe den Treuhänder nicht über die Aufnahme seiner Tätigkeit als Direktor der P. Ltd. und die hieraus sich ergebenden Einkünfte unterrichtet. Diesem Antrag haben sich die Beteiligten zu 1 bis 4, 6 bis 11 angeschlossen.

3Das Insolvenzgericht hat den Versagungsantrag für zulässig und begründet erachtet und dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Zurückweisung des Versagungsantrages begehrt.

II.

4Dem Schuldner ist wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 233, 234 Abs. 2, § 575 ZPO).

III.

5Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 296 Abs. 3 Satz 1 InsO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist begründet.

61. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Schuldner habe gegen seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verstoßen, weil er dem Treuhänder die Aufnahme einer Beschäftigung im Mai 2006 verschwiegen und diesem erst auf Anfrage hierüber Auskünfte erteilt habe. Von einer Beeinträchtigung der Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger sei auszugehen. Von einem Schuldner, der die in § 295 InsO genannten Obliegenheiten nicht hinreichend beachte, sei in aller Regel anzunehmen, dass seine Bemühungen während der Wohlverhaltensperiode nicht auf eine optimale Gläubigerbefriedigung gerichtet seien. Darüber hinaus bestehe kein Erfahrungssatz, nach dem ein Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze keine Aussicht auf Befriedigung der Gläubiger biete. Es sei denkbar, dass ein Schuldner durch überobligatorische Arbeit einen Mehrverdienst erwirtschafte oder aus sonstigen Gründen eine Gehaltserhöhung erhalte.

72. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 5 vom , dem sich die übrigen Beteiligten angeschlossen haben, ist unzulässig und daher ohne weiteres zurückzuweisen.

8a) Gemäß § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO bedarf es zur Versagung der Restschuldbefreiung zwingend eines Gläubigerantrages. Ein solcher Antrag ist nur zulässig, wenn die Versagungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht werden, die sich aus § 296 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO ergeben. Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO muss der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO, der Wohlverhaltensperiode, eine seiner Obliegenheiten schuldhaft verletzt haben. Weitere Voraussetzung ist, dass die Befriedigung der Insolvenzgläubiger durch die Obliegenheitsverletzung beeinträchtigt ist. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut genügt für eine Versagung eine abstrakte Gefährdung der Befriedigungsinteressen der Gläubiger nicht; vielmehr muss bei wirtschaftlicher Betrachtung eine konkrete messbare Schlechterstellung der Gläubiger wahrscheinlich sein (, NZI 2006, 413 Rn. 4; v. - IX ZB 88/06, WM 2007, 661 Rn. 5; v. - IX ZB 91/06, VuR 2008, 434 Rn. 3; v. - IX ZB 67/09, ZInsO 2010, 391 Rn. 9; v. - IX ZB 148/09, WM 2010, 1076 Rn. 7). Das in § 296 Abs. 1 Satz 3 InsO bestimmte Erfordernis der Glaubhaftmachung bezieht sich gerade auch auf diese Versagungsvoraussetzungen ( aaO; v. , aaO). Dazu muss im Rahmen einer Vergleichsrechnung die Vermögensdifferenz zwischen der Tilgung der Verbindlichkeiten mit und ohne Obliegenheitsverletzung ermittelt werden. Nach Abzug aller vorrangig zu befriedigenden Verbindlichkeiten muss eine pfändbare Summe verbleiben und dieser an die Insolvenzgläubiger zu verteilende Betrag durch die Obliegenheitsverletzung verkürzt worden sein ( aaO).

9b) Diesen Anforderungen genügt der Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 5 nicht. Sie hat lediglich die Tätigkeit des Schuldners für die P. Ltd. geltend gemacht; eine konkrete Schlechterstellung der Gläubiger, insbesondere, ob pfändbares Einkommen überhaupt erzielt wurde, wurde dagegen nicht glaubhaft gemacht. Auch die übrigen Gläubiger, die sich dem Versagungsantrag angeschlossen haben, haben hierzu keine ergänzenden Angaben vorgetragen. Versagungsanträge, bei denen die Gläubigerbenachteiligung lediglich pauschal vermutet wird, sind ebenso unzulässig wie das Geltendmachen einer bloßen Gefährdung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger ( aaO; v. , aaO).

IV.

10Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erfolgt nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis. Nach Letzterem ist die Sache zur Endentscheidung reif. Das Rechtsbeschwerdegericht hat deshalb in der Sache selbst zu entscheiden, § 577 Abs. 5 ZPO.

Kayser                                                       Vill                                                      Lohmann

                           Fischer                                                          Pape

Fundstelle(n):
DAAAD-58545