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OFD Niedersachsen - S 0530 - 14 - St 156 VD

Pfändung von Kraftfahrzeugen

1. Form der Pfändung

Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger können wie jede andere bewegliche Sache durch Anlegen eines Pfandzeichens oder durch Wegnahme gepfändet werden. Da aufgrund der mit dem Betrieb von Kraftfahrzeugen verbundenen Gefahren davon auszugehen ist, dass die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers gefährdet ist, wenn das gepfändete Kraftfahrzeug im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners verbleibt, ist regelmäßig durch Wegnahme zu pfänden (Abschn. 46 Abs. 1 i. V. m. Abschn. 44 Abs. 6 Nr. 1 VollzA). Die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 295 AO, 811 Nr. 5 ZPO und Abschn. 33 Abs. 1 Nr. 5 VollzA sind zu beachten. Danach kann das Kraftfahrzeug bei Personen, bei denen es als Arbeitsmittel zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderlich ist (z. B. Handelsvertreter), unpfändbar sein.

Kann der Vollziehungsbeamte – obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind – das Fahrzeug nicht in Besitz nehmen (z. B. wegen fehlender Unterbringungsmöglichkeiten) und erscheint die Wegnahme der Kraftfahrzeugpapiere nicht ausreichend, um eine missbräuchliche Benutzung des Kraftfahrzeugs zu verhindern, so muss der Vollziehungsbeamte weitere geeignete Sicherungsmaßnahmen treffen (z. B. die Abnahme und Verwahrung der amtlichen Kennzeichen). Die Pfändung und die Abnahme der Kennzeichen sollte der Vollziehungsbeamte regelmäßig der Zulassungsstelle und ggf. der Polizei anzeigen, um zu verhindern, dass der Vollstreckungsschuldner die Kennzeichen als gestohlen meldet und sich Ersatzkennzeichen besorgt. Die Kennzeichen verbleiben bis zur Verwertung oder der Freigabe des Fahrzeugs in der Vollstreckungsstelle.

Die Entfernung der Kennzeichen sollte im Hinblick auf mögliche Verstöße gegen Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und im Hinblick auf § 5 Abs. 2 Abfallgesetz nur dann erfolgen, wenn das Fahrzeug auf privatem Gelände abgestellt ist.

2. Überführen des Kraftfahrzeugs

Der Vollziehungsbeamte oder andere Bedienstete des Finanzamts sollen das gepfändete Kraftfahrzeug nicht selbst fahren. Falls der Vollstreckungsschuldner zur Überführung an den vorgesehenen Verwahrungsort nicht bereit ist, ist ein Abschleppdienst zu beauftragen. Dessen Vergütung gehört zu den Kosten der Vollstreckung (Auslagen i. S. von § 344 Abs. 1 Nr. 6 AO). Befindet sich auf dem Gelände des FA kein geeigneter Abstellplatz, so ist im Wege der Amtshilfe bei anderen Behörden anzufragen, ob auf deren Gelände geeignete Abstellflächen genutzt werden können (z. B. bei Polizei, Bauhöfen der Straßenbauverwaltung oder der Stadtverwaltung.

Als weitere Alternative kommt auch die Anmietung einer Abstellmöglichkeit in Betracht.

3. Fahrzeugpapiere

Im Falle der Pfändung eines Kraftfahrzeugs sind die Fahrzeugpapiere (Fahrzeugbrief und -schein) – sofern diese vorgefunden werden – wegzunehmen (Abschn. 46 Abs. 2 VollzA).

3.1 Fahrzeugbrief (Neu: Zulassungsbescheinigung Teil II)

Die Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug können vom Eintrag im Fahrzeugbrief abweichen. Für Verfügungen über das Fahrzeug ist der Brief nicht erforderlich, jedoch nützlich, weil seine Nichtvorlage durch den Verkäufer in der Regel gutgläubigen Erwerb ausschließt (§ 932 BGB). Er ist daher für den Erwerber eines Kraftfahrzeugs von erheblichem Wert; die Wegnahme erleichtert deshalb die spätere Verwertung des Fahrzeugs. Befindet sind der Brief nicht in den Händen des Vollstreckungsschuldners, sondern eines Dritten, so ist denkbar, dass dem Dritten an dem Fahrzeug Rechte zustehen, die der Veräußerung entgegenstehen (z. B. Sicherungseigentum, Vorbehaltseigentum). Dies hindert die Pfändung nicht; der Dritte muss seine Rechte nach § 262 AO geltend machen (vgl. § 262 AO Karte 6).

In der Pfändungsniederschrift ist die Anschrift des Dritten anzugeben und – soweit bekannt – der Grund zu vermerken, weswegen er den Brief besitzt. Ist den Anwesenden nicht bekannt, wo sich der Brief befindet, so ist der Vollstreckungsschuldner darauf hinzuweisen, dass die Zulassungsstelle über die Pfändung unterrichtet wird (Abschn. 46 Abs. 4 VollzA). In der Niederschrift ist dies zu vermerken.

3.2 Fahrzeugschein (Neu: Zulassungsbescheinigung Teil I)

Der Fahrzeugschein bescheinigt die Zulassung des Fahrzeugs zum öffentlichen Verkehr und seine technische Daten; er wird von der Zulassungsstelleausgestellt. Er ist bei der Benutzung des Fahrzeugs mitzuführen. Findet der Vollziehungsbeamte den Fahrzeugschein nicht, so vermerkt er dies in der Niederschrift. Nachforschungen sind entbehrlich.

4. Bedeutung der Fahrzeugpapiere für die Vollstreckung

Die Wegnahme der Fahrzeugpapiere ist für die Wirksamkeit der Pfändung weder erforderlich noch ausreichend. Ohne Pfändung des zugehörigen Kraftfahrzeugs führt die Wegnahme der Fahrzeugpapiere in keinem Fall zu einer wirksamen Pfändung. Sie soll lediglich die missbräuchliche Benutzung des Kraftfahrzeugs erschweren, das Pfandrecht des Gläubigers sichern und die Verwertung erleichtern (vgl. § 27 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO –).

Können dem Erwerber des gepfändeten Fahrzeugs die Fahrzeugpapiere nicht ausgehändigt werden, ist ihm zu bescheinigen, dass er das Fahrzeug im Vollstreckungsverfahren ohne Fahrzeugpapiere erworben hat. Mit dieser Bescheinigung kann der Erwerber bei der Zulassungsstelle Ersatzpapiere erlangen.

5. Belassen des Kraftfahrzeugs beim Vollstreckungsschuldner

Wird das Kraftfahrzeug – mit Einwilligung des Vollstreckungsinnendienstes – ausnahmsweise dem Vollstreckungsschuldner belassen, so ist es durch Anbringen des Pfandsiegels zu pfänden. Die Benutzung des gepfändeten Kraftfahrzeuges ist – insbesondere wenn der Fahrzeugschein nicht sichergestellt werden kann – dadurch zu verhindern, dass z. B. das Pfandsiegel auf das Zündschloss geklebt wird und die Kennzeichen abgenommen werden (siehe Tz. 1).

Soll dem Vollstreckungsschuldner der Gebrauch des Fahrzeugs möglich bleiben (z. B. bei Vorwegpfändung; Abschn. 34 VollzA), so ist das Pfandsiegel im Wageninneren an gut sichtbarer, ohne näheres Nachforschen erkennbarer Stelle (etwa auf dem Armaturenbrett) anzubringen. Der Fahrzeugbrief ist auch hier – wenn möglich – sicherzustellen; der Fahrzeugschein ist dagegen dem Vollstreckungsschuldner zu belassen.

Das bisherige Karteiblatt § 286 Karte 6 (Kontroll-Nr. 853) ist auszusondern.

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Fundstelle(n):
GAAAD-55229