BVerwG Beschluss v. - 9 B 46.10 (9 B 102.09)

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: BVerwG, BVerwG 9 B 102.09 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: nein

Gründe

Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 VwGO).

1. Der Kläger macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe das Vorbringen der Beschwerde zur Entscheidungserheblichkeit der Frage, "ob eine Widmung, die ein im Privateigentum stehendes Grundstück betrifft, eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG darstellt", nicht zur Kenntnis genommen. Dies zeige sich daran, dass es von der fehlenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage im Revisionsverfahren ausgegangen sei. Diese Schlussfolgerung greift zu kurz. Der Senat hat angenommen, dass sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nur dann in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren stellen würde, wenn die konkrete rechtliche Ausgestaltung der Widmung für deren Einordnung als Maßnahme der Enteignung oder als Inhaltsbestimmung irrelevant sei. Er hat ferner festgestellt, dass die Beschwerde dafür keine Anhaltspunkte genannt habe. Das vom Kläger in der Anhörungsrüge zitierte Vorbringen der Beschwerde zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage betrifft nicht diese vom Senat vermisste, auf alle straßenrechtlichen Widmungen bezogene Darlegung der Irrelevanz der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung für deren Rechtsqualität, sondern bezieht sich auf die im vorliegenden Fall konkret in Rede stehende Widmung, die nach Darstellung des Klägers ohne Zustimmung des Eigentümers erfolgt ist.

Weshalb die Anforderungen, die der Senat zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage in einem Revisionsverfahren aufgestellt hat, trotz des im angegriffenen Beschluss als Beleg für die Relevanz der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung einer Widmung für deren Rechtsqualität genannten - überraschend sein soll, zeigt der Kläger nicht auf. Soweit er rügt, das Bundesverwaltungsgericht habe die aufgeworfene Frage überraschend auf eine außer Kraft getretene Widmungsregelung und nicht allgemein auf straßenrechtliche Widmungen bezogen, lässt er außer Acht, dass der Senat insoweit nur hilfsweise eine eingeschränkte, auf die konkret in Rede stehende Widmung bezogene Fragestellung unterstellt hat.

2. Die Rüge, der Senat habe den "tatsächlichen" Vortrag der Beschwerde zur Klärungsbedürftigkeit der ausgelaufenes Recht - nämlich die im Jahre 1953 außer Kraft getretene Vorschrift des § 12 StrRegDV - betreffenden Frage übergangen, geht fehl. Denn im Beschluss vom wird dieses Vorbringen ausdrücklich dargestellt. Soweit der Kläger meinen sollte, das Bundesverwaltungsgericht hätte die Klärungsbedürftigkeit der Frage an anderen Fallkonstellationen messen müssen, verfehlt er den Schutzbereich des rechtlichen Gehörs.

3. Der Kläger meint ferner, der Senat habe nicht zur Kenntnis genommen, dass die Beschwerde dargelegt habe, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sei von einer Geltung des landesrechtlichen Rechtsinstituts der konkludenten Widmung für den vorliegenden Fall kraft Gewohnheitsrechts ausgegangen. Das trifft nicht zu. Der Senat hat die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs lediglich abweichend dahingehend interpretiert, dass die Geltung dieses Rechtsinstituts durch § 12 StrRegDV und damit durch eine Rechtsverordnung angeordnet worden sei. Eine solche Aussage hat der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen gerade in der vom Kläger als Beleg für seine gegenteilige Annahme in Bezug genommenen Randnummer 23 des Urteils ausdrücklich getroffen. Auf die Frage der Rechtsqualität der landesrechtlichen Widmungsregelung selbst kam es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs und des Senats ohnehin nicht an.

4. Soweit der Kläger geltend macht, der Senat habe gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, weil er "entgegen dem klägerischen Vortrag" angenommen habe, dass das landesrechtliche Institut einer konkludenten Widmung durch Realakt dem ausgelaufenen Recht angehöre, verkennt er erneut den Schutzbereich des rechtlichen Gehörs. Danach ist das Gericht nicht verpflichtet, der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch einen Beteiligten zu folgen. Im Übrigen gibt auch die Anhörungsrüge keine Anhaltspunke dafür, dass vergleichbare konkludente Widmungen "jederzeit heute von Gerichten angenommen werden können". Abgesehen davon bezeichnet die Anhörungsrüge insoweit keine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Denn die auf die Vereinbarkeit der konkludenten Widmung mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot zielende Grundsatzrüge ist nicht nur mangels Klärungsbedürftigkeit, sondern auch aus dem Grunde erfolglos geblieben, dass es an einer hinreichenden Auseinandersetzung der Beschwerde mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur eindeutigen Bestimmbarkeit des räumlichen Umfangs einer solchen Widmung anhand der Angaben im Grundbuch und im Kataster fehlt.

5. Fehl geht die Rüge des Klägers, der Senat hätte den Beschwerdeführer zur Vermeidung einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Überraschungsentscheidung darauf hinweisen müssen, dass die auf die Vereinbarkeit der konkludenten Widmung mit Art. 14 und 19 Abs. 4 GG sowie mit den im Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zielende Grundsatzrüge ausgelaufenes Recht betreffe. Ein solcher Hinweis war schon deshalb nicht geboten, weil der Verwaltungsgerichtshof in dem angegriffenen Urteil ausdrücklich festgestellt hat, dass das hier relevante Rechtsinstitut der konkludenten Widmung mittels Realakt durch die am in Kraft getretene Widmungsregelung des Art. 6 BayStrWG abgelöst wurde (Rn. 16).

6. Schließlich rügt der Kläger, das Bundesverwaltungsgericht habe nicht zur Kenntnis genommen, dass die Beschwerde vorgebracht habe, der Verwaltungsgerichtshof habe die Unbilligkeit der Erhebung von Sondernutzungsgebühren nur deshalb verneint, weil er unterstellt habe, dass die in der Arkade angebrachten Vitrinen den Fußgängerverkehr beeinträchtigten. Dieser Gehörsverstoß sei dadurch belegt, dass das Bundesverwaltungsgericht vom Gegenteil des Vorgebrachten, nämlich von der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der Frage einer Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs für das angegriffene Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ausgegangen sei. Damit setzt der Kläger wiederum der Feststellung der maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs durch das Bundesverwaltungsgericht lediglich seine abweichende Interpretation entgegen. Im Übrigen übersieht er, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der vertraglichen Regelungen zur Einräumung einer Dienstbarkeit an den Arkaden zwischen der gesetzlich vorgeschriebenen Sondernutzungserlaubnis und einem vertraglichen Zustimmungsvorbehalt der Beklagten zum Einbau von Schaukästen unterschieden hat, der nur insoweit besteht, als die Gefahr einer Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs gegeben ist. Dem vertraglich eingeräumten Zustimmungsrecht hat der Verwaltungsgerichtshof für die Beurteilung der Billigkeit der Erhebung von Sondernutzungsgebühren erkennbar keine Bedeutung beigemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Fundstelle(n):
IAAAD-48991