Leitsatz
Leitsatz:
1. Für die Frage, ob ein Beamter im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist die Sach- und Rechtslage zur Tatzeit maßgebend, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiellrechtlich günstigeres neues Recht gilt.
2. Mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache stimmen § 61 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 62 Abs. 1 Satz 2 und § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG in der seit dem geltenden Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes mit den Vorgängerregelungen - § 54 Satz 2 und 3, § 55 Satz 2 und § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. - im Wesentlichen überein.
3. An der zu § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. - außerdienstliches Dienstvergehen - vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Normstruktur (vgl. dazu grundlegend BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 [22 ff.]; fortführend BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 [215 ff.]; zuletzt BVerwG 1 D 2.07 - juris, m.w.N.) hat sich durch den Wegfall des Begriffs "Achtung" im neugefassten § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG nichts zugunsten eines Beamten geändert.
Gesetze: BBG (a.F.) § 54 S. 2, 3; BBG (a.F.) § 55 Satz 2; BBG (a.F.) § 77 Abs. 1 S. 1, 2; BBG § 61 Abs. 1 S. 2, 3; BBG § 62 Abs. 1 S. 2,; BBG § 77 Abs. 1 S. 1, 2; BDG § 9 Abs. 3 S. 2; BDG § 13; BDG § 85 Abs. 3 S. 1; BDG § 85 Abs. 4 S. 2; BDO § 10; BDO § 18 Abs. 1 S. 1; BDO § 67 Abs. 4; StGB § 2 Abs. 3; StGB § 266 Abs. 1
Gründe
I
1. Der ... Beamte, der am als Postjungbote in den Dienst der Deutschen Bundespost getreten war, war zuletzt im Jahr 2000 als Posthauptsekretär auf dem Dienstposten eines Postschalterbeamten bei der Postfiliale A. und im Rahmen der dienstplanmäßigen Ablösung auch bei der Postfiliale B. eingesetzt.
Der Leiter der Niederlassung Filialen C. der Deutschen Post AG, der dem Beamten wegen eines Teils der hier streitigen Vorwürfe bereits mit Verfügung vom unter Anordnung des Sofortvollzugs die Führung der Dienstgeschäfte verboten hatte, enthob den Beamten am unter Einbehaltung von 1 v.H. seiner Dienstbezüge, beschränkt auf die Monate Juli und Dezember, vorläufig des Dienstes. Nachdem der Einbehaltungssatz später auf 50 v.H. angehoben worden war, hat der Senat mit BVerwG 1 DB 6.06 - (juris) die vom Beamten angegriffenen Verfügungen insoweit aufgehoben, als eine Einbehaltung von Dienstbezügen angeordnet worden war; die Suspendierung vom Dienst, die nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens war, blieb fortbestehen.
In dem durch Verfügung vom ordnungsgemäß eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren hatte die Serviceniederlassung Personalrecht ... der Deutschen Post AG dem Beamten erstmals mit Anschuldigungsschrift vom , eingegangen beim Verwaltungsgericht ... am Folgetag, vorgeworfen, ein aus drei Anschuldigungspunkten bestehendes Dienstvergehen begangen zu haben. Nachdem das Verwaltungsgericht das Disziplinarverfahren zur Beseitigung von Mängeln der Anschuldigungsschrift ausgesetzt hatte, hat die Serviceniederlassung Personalrecht ... der Deutschen Post AG die Anschuldigungsschrift am inhaltlich neu gefasst und auf zwei Anschuldigungspunkte beschränkt. Auf den (späteren) Hinweis des Senats im anhängigen Berufungsverfahren, dass die bislang vorgelegten Anschuldigungsschriften nicht vom Leiter der Einleitungsbehörde oder von dessen allgemeinem Vertreter stammten, hat die Leiterin der Niederlassung Brief C. die im Anschuldigungstenor gleichlautende und in der Begründung im Wesentlichen unveränderte Anschuldigungsschrift vom mit ihrer Unterschrift versehen und unter dem Datum zu den Gerichtsakten gereicht.
In der Anschuldigungsschrift vom bzw. wird dem Beamten zur Last gelegt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
"1) in dem Zeitraum bis in insgesamt 132 Fällen als Schalterbeamter in den Filialen B. und A. fiktive Buchungen über einen Gesamtauszahlungsbetrag von 580.440,- DM und Einzahlungen in Höhe von 578.830,- DM für sein Postbankkonto vorgenommen hat, um sich auf diese Weise einen unberechtigten weiteren Dispositionsrahmen zu verschaffen, obwohl er in seiner damaligen finanziellen Situation nicht in der Lage war, das durch die folgenden tatsächlichen Belastungen entstandene Minussaldo auf seinem Konto auszugleichen, wodurch das Vermögen seines Dienstherrn und der Postbank gefährdet war;
2) in dem Zeitraum bis in insgesamt 15 Fällen (richtig: 13 Fällen) durch Vortäuschen eines ausreichenden Guthabens auf seinem Postbankkonto und Verwendung von Notauszahlungsscheinen die Postagenturnehmerin H. in der Postagentur in B. dazu veranlasste, ihm insgesamt 5.925,- € auszuzahlen, obwohl er zum Ausgleich seines Kontos nicht in der Lage war, so dass die Post aufgrund vertraglicher Bestimmungen mit der Postbank an diese 3.270,- € Schadensersatz zahlen musste".
Wegen des Sachverhalts im Anschuldigungspunkt 1 - Strafvorwurf der Untreue - (und weiterer Strafvorwürfe) war der Beamte mit Strafurteil des Amtsgerichts A. zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt worden. Auf die Berufung des Beamten hob das Landgericht E. mit Urteil vom das erstinstanzliche Strafurteil auf und sprach den Beamten insgesamt frei. Im Verfahren über die Revision der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht F. durch Urteil vom das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt, soweit dem Beamten im Strafbefehl zu Nr. 1 - überwiegend sachgleich mit Anschuldigungspunkt 1 - ein Vergehen der Untreue vorgeworfen worden war; die dem Strafbefehl nachfolgenden Urteile sind insoweit gegenstandslos geworden. Im Übrigen ist die Revision als unbegründet verworfen worden. Ein unter anderem wegen des Vorwurfs Nr. 1 - Verdacht der Untreue - erneut eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen den Beamten hat die Staatsanwaltschaft E. durch Verfügung vom gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
2. Das Verwaltungsgericht ... hat durch Urteil vom entschieden, dass der Beamte aus dem Dienst entfernt wird; zugleich hat es ihm für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v.H. seiner Dienstbezüge bewilligt.
Es hat die Vorwürfe in den Anschuldigungspunkten 1 und 2 als erwiesen angesehen. Die Sachverhaltsfeststellungen ergäben sich aus den Einlassungen des Beamten in der Hauptverhandlung, soweit ihnen gefolgt werden könne, sowie aus dessen Angaben im Untersuchungsverfahren. Er habe die der Anschuldigungsschrift vom zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen in der Hauptverhandlung im Wesentlichen eingeräumt; im Übrigen folgten sie auch aus den in das Verfahren eingeführten Zeugenaussagen und Unterlagen. Zwar spreche einiges für die Annahme, dass im Anschuldigungspunkt 1 eine Vermögensgefährdung in dem Sinne bestanden habe, wie es im Urteil des Oberlandesgerichts F. vom dargestellt sei. Heute sei dies allerdings nicht mehr nachweisbar. Entsprechendes gelte im Anschuldigungspunkt 2 für die Frage eines Vermögensschadens. In beiden Fällen habe der Beamte - auch unter Einschaltung Dritter - unzulässigerweise Kredite in Anspruch genommen.
Das Verwaltungsgericht hat die von ihm festgestellte Handlungsweise des Beamten als einheitliches schuldhaft begangenes innerdienstliches und außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBG a.F. gewürdigt. Der Beamte habe im Anschuldigungspunkt 1 nicht nur vorsätzlich gegen seine innerdienstlichen Pflichten gemäß § 54 Satz 2 und 3 BBG a.F. verstoßen, sondern auch vorsätzlich die ihm bekannten Kassenvorschriften (Nr. 6.1.1, 6.1.5 und 6.1.6 i.V.m. § 55 Satz 2 BBG a.F.) verletzt. Hinzu komme im Anschuldigungspunkt 2 die vorsätzliche Verletzung seiner außerdienstlichen Pflichten (§ 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.). Das Dienstvergehen wiege sehr schwer und rechtfertige die Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor.
3. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt mit dem Antrag, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:
Zu Anschuldigungspunkt 1:
Von den Vorwürfen der Untreue und des Betrugs sei er durch Urteil des Landgerichts E. freigesprochen worden; die von der Staatsanwaltschaft dagegen eingelegte Revision sei verworfen worden. Das Verwaltungsgericht habe die gemäß § 17 Abs. 5 i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO bindenden tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich des Freispruchs zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Ein wegen des Vorwurfs der Untreue von der Staatsanwaltschaft erneut gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren sei am eingestellt worden. Zudem habe er ohne jede Untreue- oder Betrugsabsicht gehandelt.
Nach den Kontoüberziehungen habe er alle angefallenen Kosten nebst Zinsen und Inkassogebühren ordnungsgemäß zurückgezahlt. Ein Schaden sei letztlich nicht entstanden. Das Verwaltungsgericht habe auch keine Vermögensgefährdung festgestellt.
Ihm könne nur vorgeworfen werden, durch fiktive Buchungen seinen Dispositionsrahmen unzulässig erweitert und insoweit gegen Kassenvorschriften verstoßen zu haben. Den erweiterten Dispositionsrahmen habe er aber jederzeit bedienen können. Er habe damals über genügend Eigenmittel verfügt (z.B. Sparvertrag über vermögenswirksame Leistungen bei der PSD G. in Höhe von 8 500 DM, Sparvertrag bei der Postbank M. in Höhe von 7 000 DM, auszahlbar Januar 2003), um seine Belastungen zu tragen. Bereits im Oktober 2002 hätte die Versicherungssumme in Höhe von 45 000 DM seiner Lebensversicherung ... zur Auszahlung kommen können.
Zu Anschuldigungspunkt 2:
Bisher sei nicht geklärt, wie man auf den Schadensbetrag von 3 270,88 € (85 v.H. des entstandenen Schadens) gekommen sei und ob diese Schadensersatzforderung der Postbank J. gegen die Deutsche Post AG überhaupt eine Rechtsgrundlage habe. Er wäre jederzeit in der Lage gewesen, anderweitig einen entsprechenden "offiziellen" Kredit zu erhalten, weil er damals über erhebliche Vermögenswerte verfügt habe. So habe er am bei der Spardabank K. einen Darlehensvertrag über 8 500 € zu 10,33 v.H. effektiven Jahreszinses bei einer Laufzeit von 47 Monaten abgeschlossen. Zudem sei er aufgrund seines regelmäßigen Diensteinkommens kreditwürdig gewesen. Schließlich habe er insgesamt 4 958,29 € nebst 800 € Zinsen und Kosten für das Inkassobüro gezahlt. Er habe also alle Überziehungen bis auf den letzten Cent zurückgeführt.
Zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme trägt der Beamte im Wesentlichen vor:
Der Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme sei unverhältnismäßig und unangemessen, zumal der Vorwurf einer Vermögensgefährdung nicht erwiesen sei. Ihn entlaste auch die Mitverantwortung anderer Postbediensteter bzw. des Dienstherrn. So sei bei Anschuldigungspunkt 1 bisher unberücksichtigt geblieben, dass es in der Postfiliale A. im ersten Halbjahr 2000 in nur sehr begrenztem Umfang überhaupt Kassenabschlüsse oder Regeln zur Kassenübergabe an den einzelnen Schaltern gegeben habe. Bei Fehlbeträgen an den Schalterkassen sei in der Regel nicht eingeschritten worden. Lediglich bei Fehlbeträgen von über 5 000 € habe die Filialleitung in L. Prüfabschlüsse veranlasst. Damals aufgetretene Fehlbeträge hätten mit seinen Buchungen nichts zu tun gehabt. Im Anschuldigungspunkt 2, bei dem es sich nur um ein außerdienstliches Fehlverhalten handele, habe ein Mitverschulden der Postagenturbetreiberin H. oder ein Funktionsversagen des EDV-Systems der Post vorgelegen, da es nur dadurch möglich gewesen sei, ohne genehmigten Überziehungskredit Geld ausgezahlt zu bekommen.
Es mangele auch an einer umfassenden Würdigung seines Persönlichkeitsbildes. So seien im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 1 die Hintergründe und Motive seines Fehlverhaltens unaufgeklärt geblieben. Obwohl er finanziell recht gut situiert gewesen sei, sei durch den Hausbau zusammen mit seinem Bruder unerwartet ein erheblicher Finanzbedarf entstanden. Zudem habe damals ein "massives persönlich-menschliches Abhängigkeitsverhältnis" zu seiner Partnerin, der Zeugin Z., bestanden. Sowohl die Zeugin als auch deren gesamte Familie (Töchter, Enkel), seien von ihm auf ungewöhnlich großzügige Art und Weise mit Geld- und Sachgeschenken bedacht worden. Es sei eine überwiegend einseitige Beziehung gewesen, die nicht mehr bestehe. Dies sei für die Beurteilung seines zukünftigen Verhaltens günstig.
Er sei disziplinarisch nicht vorbelastet und habe fast 30 Jahre lang beanstandungsfrei gute Dienste geleistet. Obwohl er an der Aufklärung des Dienstvergehens mitgewirkt, d.h. die Vorgänge nicht verschleiert habe, sei es zu einer langen Dauer des Straf- und Disziplinarverfahrens gekommen. Dies belaste ihn psychisch sehr.
Für eine günstige Zukunftsprognose spreche schließlich, dass er nebenberuflich von Mai 2001 bis Februar 2008 unbeanstandet als Kassenaushilfe bei einem EDEKA-Markt gearbeitet habe. Er habe dort täglich 2 500 € Wechselgeld betreut. Auch bei seiner jetzigen Nebentätigkeit als Kassierer belaufe sich sein Wechselgeldbestand regelmäßig auf ca. 1 000 €.
II
Die Berufung des Beamten hat Erfolg. Sie führt zur Versetzung in das Eingangsamt seiner Laufbahn (Zurückstufung um zwei Beförderungsämter).
Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung (BDO) fortzuführen, weil es vor dem förmlich eingeleitet worden ist. Allerdings können auch auf sogenannte Altfälle - wie hier - ausnahmsweise die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes (BDG) Anwendung finden, soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besserstellen (stRspr, z.B. BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 [76] = Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 8, jeweils m.w.N.).
Schwerwiegende Verfahrensmängel, die eine Zurückverweisung der Sache (§ 86 i.V.m. § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO) oder eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Einstellung des Verfahrens (§§ 86, 87 Abs. 1 Satz 1, § 85 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 76 Abs. 3 Satz 2 BDO) zur Folge haben könnten, liegen nicht vor. Die materiellen und formellen Mängel der ursprünglichen Anschuldigungsschrift vom sind inzwischen beseitigt worden. Soweit Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Anschuldigungsvorwürfe bestanden, ist die ursprüngliche Anschuldigungsschrift auf Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren nach § 85 Abs. 3 Satz 1 BDG i.V.m. § 67 Abs. 4 BDO am inhaltlich neu gefasst bzw. ergänzt worden. Soweit sich die Bedenken auf den Umstand stützten, dass die bislang vorgelegten Anschuldigungsschriften nicht gemäß § 85 Abs. 4 Satz 2 BDG vom Leiter der Einleitungsbehörde oder von dessen allgemeinem Vertreter stammten, hat die zuständige Leiterin der Einleitungsbehörde diesen Mangel im Laufe des Berufungsverfahrens auf Anregung des Senats nach Anhörung des Beamten durch eine unter dem Datum zu den Gerichtsakten gereichte (neue) Anschuldigungsschrift geheilt.
Die zulässige Berufung ist unbeschränkt eingelegt, sodass der Senat im Rahmen der Anschuldigung (§ 75 Abs. 1 BDO), soweit keine bindenden Feststellungen im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO vorliegen, eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen und diese disziplinarrechtlich zu würdigen hat.
1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel und der Einlassungen des Beamten, soweit diesen gefolgt werden kann, hält der Senat die nachfolgend dargestellten Sachverhalte für erwiesen und würdigt diese disziplinarrechtlich wie folgt:
Zu Anschuldigungspunkt 1 (Verstoß gegen Kassenvorschriften durch fingierte Ein- und Auszahlungen)
a) Zwar war derselbe Sachverhalt als Untreuevorwurf im Anklagepunkt Nr. 1 Gegenstand des den Beamten freisprechenden Strafurteils des Landgerichts E. vom und können grundsätzlich auch Tatsachenfeststellungen in sachgleichen freisprechenden Strafurteilen unter die gesetzliche Bindungswirkung des § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO fallen (vgl. BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36). Nach der genannten Vorschrift lösen jedoch nur rechtskräftige Strafurteile eine Bindungswirkung aus. Das freisprechende Landgerichtsurteil ist hinsichtlich des Untreuevorwurfs nicht rechtskräftig geworden. Dies ergibt sich aus dem Revisionsurteil des Oberlandesgerichts F. vom . Soweit das Verfahren den Vorwurf der Untreue betraf, hat das Oberlandesgericht das Strafverfahren wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt. Das freisprechende Berufungsurteil des Landgerichts E. vom ist insoweit gegenstandslos geworden. Mangels eines rechtskräftigen Freispruchs fehlt es nicht nur an bindenden Feststellungen im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO, sondern liegt auch kein Prozesshindernis im Sinne des § 17 Abs. 5 BDO vor. Der Senat hat nach alledem eigene Sachverhaltsfeststellungen zu treffen.
Hinsichtlich des objektiven Geschehensablaufs kann der Senat von dem Sachverhalt in der Anschuldigungsschrift vom ausgehen, der wortgleich in die Anschuldigungsschrift vom übernommen worden ist. Der Beamte hat sowohl in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht als auch in der Berufungshauptverhandlung vor dem Senat die Richtigkeit des Anschuldigungssachverhalts in objektiver Hinsicht im Wesentlichen eingeräumt und dabei die dreiseitige Gesamtaufstellung der 132 Fälle fingierter Ein- und Auszahlungen ausdrücklich mit einbezogen. Danach steht für den Senat folgender Sachverhalt fest:
aa) Der Beamte war bis Anfang August 2000 als Schaltermitarbeiter in den Postfilialen in A. und B. an verschiedenen Kassen eingesetzt. Er war Inhaber des Postbankkontos Nr. 16... bei der Postbank in F. mit einem ursprünglichen Verfügungsrahmen von 12 000 DM und befugt, an seinem Schalter Ein- und Auszahlungen für sein Konto vorzunehmen.
Während seiner Schaltertätigkeit nahm der Beamte im Zeitraum von Januar bis Juli 2000 für sein Postbankkonto insgesamt 132 fiktive Buchungen (64 Auszahlungen in Höhe von 580 440 DM und 68 Einzahlungen in Höhe von 578 830 DM, fiktiver Saldo 1 610 DM) vor. Die einzelnen Buchungen ergeben sich aus der nachfolgenden Aufstellung:
Buchungsdatum|Wertstellung|Verzug|EinzahlungDM|AuszahlungDM|Text|Auszug
||0|5.660,00||Einzahlung|1/00/2
|||4.000,-||Einzahlung|82/00/2
|||580.440,-|578.830,-||
Im Rahmen seiner fingierten Buchungen nahm der Beamte Auszahlungen nicht - wie nach den Kassenvorschriften vorgesehen - im Wege der EDV-Direktbuchung, sondern im Beleg-gebundenen Buchungsverfahren vor, das - wie dem Beamten bekannt war - nur bei einem Systemausfall anzuwenden war. Ein Systemausfall lag in den aufgeführten Fällen zu keinem Zeitpunkt vor. Im Beleg-gebundenen Buchungsverfahren (Vorgangsart 1244) wird vom Kontoinhaber ein Auszahlungsbeleg ausgefüllt und unterschrieben. Darüber hinaus war in diesen Fällen bei Auszahlungen über 1 000 DM eine sogenannte telefonische Direktbuchung durchzuführen, um sicherzustellen, dass das zu belastende Konto auch den entsprechenden Verfügungsrahmen aufwies. Dies unterließ der Beamte bewusst. Er übersandte auch den von ihm jeweils ausgestellten Auszahlungsbeleg nicht - wie im Filialhandbuch vorgeschrieben - arbeitstäglich an die Postbank. Seiner Einlassung in der Berufungshauptverhandlung zufolge wurden die Belege von allen Mitarbeitern gesammelt und erst mit mehrtägiger Verzögerung weitergeleitet, sodass seine Lastbuchungen ebenfalls erst nach etwa neun Tagen vorgenommen wurden. Der Beamte hat vor dem Senat eingeräumt, dies sei ihm sehr recht gewesen; er habe sich bewusst nicht um eine taggleiche Absendung gekümmert. Allerdings erfolgten die Wertstellung und damit auch die Zinsberechnung rückwirkend ab dem vom Beamten angegebenen Tag. Im ersten Halbjahr 2000 zahlte der Beamte der Postbank insgesamt 2 893,39 DM Kreditzinsen.
In der zwischen fingierter Auszahlung und Buchung liegenden Zeit nahm der Beamte an seinem Schalterterminal fingierte Einzahlungen vor, die von ihm taggenau gebucht wurden. Dadurch sah sein Kontostand in der Zwischenzeit höher aus, als er tatsächlich war. Auf diese Weise wurde zugleich der Eindruck eines hohen Umsatzes erzeugt. Dem Fax-Antrag des Beamten vom , seinen Dispositionskredit von 12 000 DM auf 20 000 DM zu erhöhen, wurde von der Postbank am entsprochen.
In der Zeit von Januar bis April 2000 wurden auf dem Konto des Beamten tatsächliche Lastbuchungen in Höhe von insgesamt 37 066,65 DM vorgenommen, während Gutschriften tatsächlich nur in Höhe von 20 198,80 DM erfolgten. Zwar deutet der sich daraus ergebende Differenzbetrag von 16 867,85 DM auf eine Überziehung des dem Beamten damals eingeräumten Dispositionskredits von 12 000 DM hin. Nach Auskunft der Serviceniederlassung Recht der Deutschen Post AG - Ermittlungsstelle N. - von Mai 2001 wurde der Kreditrahmen jedoch im banküblichen Sinn nicht überschritten. Insoweit heißt es in der postalischen Auskunft:
"Eine klassische Überschreitung eingeräumter Kreditrahmen (12.000,- DM ab dem , 20.000,- DM; vgl. Kontoauszug Nr. .../2000/Blatt 1) hat es nicht gegeben. Dies dürfte jedoch auch nicht im Interesse von Herrn ... gelegen haben. Sein Ziel war es wohl, sich durch die Ausweitung des Dispo-Rahmens mehr 'Luft' zu verschaffen. Herr ... hat dies durch Serien fingierter Einzahlungen erreicht. Hierzu muss man wissen, dass die Erhöhung des Dispo-Rahmens bei der Postbank maschinell über DV erfolgt und von den Kontoumsätzen abhängt. Dieses Wissen hat sich Herr ... zu Nutze gemacht.
Der Postbank ist - außer Personalaufwand für intensive Recherchen - zunächst einmal kein realer Vermögensschaden entstanden. Die Sollzinsen wurden bekanntlich vom Gehaltskonto entnommen und erhöhten den negativen Bodensatz des Kontos."
Als die Buchungsmanipulationen des Beamten Ende Juli 2000 aufgedeckt worden waren - sein Postbankkonto wies nach eigenen Angaben am einen Soll-Stand von etwa 25 000 DM auf -, wurde der Überziehungskredit von 20 000 DM widerrufen und mit dem Beamten ein Ratenzahlungsdarlehen vereinbart, das er monatlich bediente, zuletzt mit 195 €.
bb) Der Beamte hat sich zu den Ursachen und Beweggründen seines Verhaltens wiederholt - zuletzt in der Hauptverhandlung vor dem Senat - dahin eingelassen, er sei damals in einer finanziellen Zwangslage (Notlage) gewesen und habe die Zeit bis zur nächsten Gehaltszahlung überbrücken wollen. Er habe Verfügungsspielraum gewinnen und sich ein separates Darlehen ersparen wollen. Seine Geldprobleme seien dadurch entstanden, dass er zusammen mit seinem Bruder für den Erwerb und Ausbau eines Hauses einen Kredit über 250 000 DM aufgenommen und davon 150 000 DM selbst finanziert habe. Während der Ausbauarbeiten habe sich weiterer, unerwarteter Finanzbedarf ergeben. Ferner seien seine wirtschaftlichen Verhältnisse dadurch belastet gewesen, dass er seine damalige Partnerin, die Zeugin Z., und deren Familie (Töchter, Enkel) mit Geld- und Sachgeschenken unterstützt habe. Es sei ihm schon bewusst gewesen, dass er seinen Dispo-Kredit von 12 000 DM überzogen habe. Alle Aus- und Einzahlungen habe er sofort verbucht; andernfalls hätte die Kasse nicht gestimmt. Es sei ihm immer nur um eine vorübergehende Überwindung seiner finanziellen Schwierigkeiten gegangen. Er sei der Auffassung gewesen, dass die Erhöhung seines Dispo-Rahmens auf 20 000 DM am maßgeblich auf die zur Begründung seines Antrags genannten Sicherheiten zurückzuführen gewesen sei. Einen Vorsatz, das Geld nicht mehr zurückzuzahlen, habe er nie gehabt. Er habe seine Schulden immer ausgleichen wollen und habe sich aufgrund seiner Vermögensverhältnisse dazu grundsätzlich auch in der Lage gesehen. Im Übrigen habe er für seinen Dispo-Kredit nicht nur Zinsen, sondern auch höhere Überziehungszinsen gezahlt. Niemand sei geschädigt worden. Er habe lediglich gegen Kassenvorschriften verstoßen.
b) Die rechtliche Würdigung dieses Sachverhalts ergibt, dass der Beamte durch die festgestellte Handlungsweise in der Zeit vom bis zum vorsätzlich schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 54 Satz 2 und 3 (Pflicht zu uneigennützigem, achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten), § 55 Satz 2 BBG a.F. (Befolgungspflicht) i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. verstoßen hat.
Zwar ist das im Rahmen des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom , BGBl I S. 160, novellierte Bundesbeamtengesetz seit dem mit geändertem Inhalt und geänderter Paragrafenfolge in Kraft. Für die Frage, ob der Beamte im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist aber die damalige Sach- und Rechtslage maßgebend, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiellrechtlich günstigeres neues Recht gilt (vgl. dazu z.B. BVerwG 1 D 23.03 - BVerwGE 120, 218 [223, 225] = Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 6 und vom - BVerwG 2 WD 20.05 - BVerwGE 127, 293 [294 ff.] = Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 20 zum Wehrdisziplinarrecht). Letzteres ist hier nicht der Fall. Mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache stimmen § 61 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 62 Abs. 1 Satz 2 und § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG in der jetzt geltenden Fassung mit den genannten Vorgängerregelungen im Wesentlichen überein. Umfang und Inhalt der Dienstpflichten des Beamten und damit auch die Frage ihrer Verletzung zur Tatzeit bestimmen sich daher allein nach § 54 Satz 2 und 3, § 55 Satz 2 BBG a.F. i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F.
aa) Der Beamte hat, was er ausdrücklich einräumt, als Postschalterbeamter durch die Art der "Scheinbuchungen" und die Anwendung des Beleg-gebundenen Buchungsverfahrens wiederholt gegen § 55 Satz 2 BBG a.F. in Verbindung mit den ihm bekannten Kassenvorschriften (Handbuch Filialen) verstoßen. Nach deren zur Tatzeit maßgeblichen Nummern 6.1.1 - E - und 6.1.5 - D - kommt eine Buchung im Beleg-gebundenen Verfahren nur dann in Betracht, wenn ein Systemausfall vorliegt. Dies war hier zu keinem Zeitpunkt der Fall. Zusätzlich hat der Beamte bei Buchungen im Beleg-gebundenen Verfahren gegen die Verpflichtung verstoßen, die Belege nach Kassenschluss taggleich an die zuständige Postbank zu schicken (vgl. Nr. 6.1.5 - J -). Denn er hat - wie er in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt hat - bewusst nicht verhindert, wozu er als Kassenbeamter verpflichtet war, dass die "Scheinbuchungsbelege" erst mit mehrtägiger Verspätung abgesandt wurden. Schließlich hat der Beamte in den Fällen, in denen die "Scheinbuchungen" Auszahlungen über 1 000 DM betrafen, nicht, wie nach Nr. 6.1.7 - D - vorgeschrieben, telefonische Direktbuchungen durchgeführt.
Der Beamte hat seine Befolgungspflicht auch vorsätzlich verletzt. In seiner Funktion als Schalterbeamter hat er die Möglichkeit, Ein- und Auszahlungen für sein eigenes Konto vornehmen zu können, bewusst und gewollt ausgenutzt und unter Verwendung der nur für Systemausfälle vorgesehenen Buchungsart das Beleg-gebundene Buchungsverfahren gewählt, um auf diese Weise die fiktiven Buchungen überhaupt durchführen zu können. Die dabei vorgeschriebenen telefonischen Buchungen hat er nicht vorgenommen. Da sein Konto aber voll ausgeschöpft war, wären diese telefonischen Direktbuchungen nicht durchgeführt worden. Dies war dem Beamten bekannt; deshalb hat er die Direktbuchungen unterlassen.
Zugleich hat der Beamte im Bewusstsein seiner damals schwierigen wirtschaftlichen Lage und in der Absicht, sich einen zusätzlichen finanziellen Spielraum zu verschaffen, durch die "Scheinbuchungen" wiederholt vorsätzlich gegen seine Pflicht zu uneigennütziger Amtsführung (§ 54 Satz 2 BBG a.F.) verstoßen. Eigennützigkeit in diesem Sinne liegt bereits dann vor, wenn der Beamte aus persönlichen Gründen tätig geworden ist (stRspr, z.B. BVerwG 1 D 20.96 - BVerwGE 113, 221 [222] = Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 17). Das war hier der Fall.
Schließlich hat der Beamte durch seine eigennützigen Verstöße gegen Kassenvorschriften auch zumindest bedingt vorsätzlich seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst (§ 54 Satz 3 BBG a.F.) verletzt.
bb) Den disziplinarrechtlichen Vorwurf, dass der Beamte durch sein Fehlverhalten zugleich das Vermögen seines Dienstherrn und der Postbank gefährdet und dadurch eine Untreue im Sinne des § 266 StGB begangen hat, hält der Senat nicht für erwiesen. Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z.B. - BGHSt 51, 100 [113 ff., 120]) ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB auch dann vorliegen, wenn Vermögenswerte konkret gefährdet sind, sodass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage eingetreten ist; der Gefährdungsschaden wird dem endgültigen Schaden in § 266 Abs. 1 StGB grundsätzlich gleichgestellt. Es fehlt hier jedoch insoweit schon an einer substanziierten Anschuldigung im Hinblick auf die jeweilige konkrete Höhe der Vermögensgefährdung durch die einzelnen fiktiven Buchungsvorgänge und hinsichtlich der Frage, ob die Vermögenswerte, über die der Beamte damals verfügte, rechtzeitig und in voller Höhe zum Ausgleich eines drohenden Schadens zur Verfügung gestanden hätten. Das Verwaltungsgericht (UA S. 10) hat deshalb im Ergebnis zu Recht die Erweislichkeit einer Vermögensgefährdung verneint.
Ungeachtet dessen kann dem Beamten nicht mit der notwendigen Überzeugung ("strenge Anforderungen", vgl. dazu Fischer, StGB, 56. Aufl. 2009, § 266 Rn. 78 m.w.N.) nachgewiesen werden, dass er damals zumindest mit bedingtem Untreuevorsatz gehandelt hat. Schon das Landgericht E. ist mit guten Gründen davon ausgegangen, dass vorsätzliches Handeln nicht nachweisbar sei; der Beamte ist auch nie wegen Untreue verurteilt worden. Selbst wenn die Erhöhung der bisherigen Kreditgrenze von 12 000 DM auf 20 000 DM aufgrund der Anzahl und Höhe der "Scheinbuchungen" im Wesentlichen automatisch erfolgt sein sollte, wie von dem Vertreter der Einleitungsbehörde behauptet wurde, kann dem Beamten nicht widerlegt werden, dass er den Zusammenhang zwischen seinen Buchungen und der Festlegung des Kreditrahmens nicht gekannt, sondern angenommen hat, sein Antrag nebst Begründung sei ausschlaggebend gewesen. Die Erhöhung des Kreditrahmens auf 20 000 DM am erfolgte immerhin entsprechend seinem Fax-Antrag vom , der ausdrücklich auf 20 000 DM lautete, was einen Ursachenzusammenhang zwischen Bewilligung und Antragstellung nahe legt. Ein vorsätzliches Handeln des Beamten lässt sich schließlich auch nicht mit der Behauptung der Einleitungsbehörde begründen, die Postbank M. habe dem Beamten damals mehrfach schriftlich mitgeteilt, sein Dispo-Limit sei ausgeschöpft gewesen. Der Beamte bestreitet die Richtigkeit der Behauptung. Er sei damals nie wegen einer Kontoüberziehung oder drohenden Kontosperrung angeschrieben worden. Im Juli 2000 sei ihm sogar noch das Dispo-Limit erhöht worden. Auf den gerichtlichen Hinweis, dass sich bei den Akten keine entsprechenden Nachweise für schriftliche Mitteilungen der Postbank befänden, hat die Postbank in einer dienstlichen Auskunft im Juni 2009 erklärt: "Bezüglich des ersten Halbjahres 2000 seien keine Mahnungen nachweisbar, womit jedoch nicht ausgeschlossen sei, dass tatsächlich Mahnungen erfolgt seien". Der einschränkende Nachsatz der Postbankauskunft ist mangels Konkretheit nicht geeignet, das Ergebnis der Beweiswürdigung insgesamt in Frage zu stellen.
Zu Anschuldigungspunkt 2 (Vorlage ungedeckter Notauszahlungsscheine bei der Postagenturnehmerin H.)
a) Hinsichtlich des objektiven Geschehensablaufs kann der Senat ebenfalls von dem Sachverhalt in der Anschuldigungsschrift vom ausgehen, der wortgleich in die Anschuldigungsschrift vom übernommen worden ist. Der Beamte hat sowohl in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht als auch in der Berufungshauptverhandlung vor dem Senat die Richtigkeit des Anschuldigungssachverhalts in objektiver Hinsicht eingeräumt. Anstelle der im Anschuldigungstenor genannten 15 Abhebungsfälle handelt es sich in Wahrheit jedoch nur um 13 Fälle, wie sich aus der Anschuldigungsbegründung ergibt. Danach steht für den Senat folgender Sachverhalt fest:
aa) Der seit März 2001 vom Dienst suspendierte Beamte, gegen den seit diesem Zeitpunkt das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet war, hob in der Zeit vom bis zum in 13 Fällen bei der Kauffrau H., die damals in B. in ihrem Geschäft eine Postagentur betrieb, in Beträgen von 250 € bis 500 € insgesamt 5 925 € von seinem Postgirokonto Nr. 16... ab. Die einzelnen Abhebungen ergeben sich aus der nachfolgenden Aufstellung:
|500 €,
|500 €,
Der Beamte, der der Zeugin H. als Schalterbeamter der Hauptpoststelle in B. persönlich bekannt war und schon vor dem hier fraglichen Zeitraum die Postagentur zur Erledigung von Postbankgeschäften aufgesucht hatte, ließ sich das Geld nicht im Wege der üblichen Direktbuchung über das Schalterterminal, sondern jeweils unter Vorlage seiner Kontokarte (ohne PIN) und eines von ihm ausgefüllten und unterschriebenen Notauszahlungsscheins auszahlen. Bei Abhebungen mit Notauszahlungsscheinen, die auf Beträge bis 500 € täglich beschränkt waren, unterblieb ein bei üblicher Barauszahlung über Direktbuchung am Schalterterminal durchgeführter Abgleich mit dem Kontostand (Deckungsanfrage). Bei Beträgen über 500 € und in Zweifelsfällen war eine telefonische Direktbuchung vorgeschrieben, die einen Abgleich mit dem Kontostand ermöglicht hätte. Die Zeugin H. hatte im Untersuchungsverfahren ausgesagt, in den Auszahlungsfällen des Beamten sei über das "System" immer der Vermerk erschienen "Betrag auszahlen".
Da der dem Beamten am eingeräumte Überziehungskredit von 20 000 DM inzwischen widerrufen war, wurde das Postgirokonto des Beamten Anfang 2004 nur noch als sogenanntes "Jedermann-Konto" geführt, d.h. eine Auszahlung durfte nur im Rahmen des jeweils vorhandenen Guthabens erfolgen. Bei einem Abgleich mit dem Kontostand wären dem Beamten im Jahr 2004 Geldbeträge nur ausgezahlt worden, soweit sein Konto ein Guthaben aufgewiesen hätte.
Aufgrund der ungedeckten Barverfügungen des Beamten in Höhe von insgesamt 5 925 € wurde das Konto Nr. 16... Mitte 2004 von der Postbank mit einem Minus-Saldo von insgesamt 3 848,09 € geschlossen. Durch Schreiben vom machte die Postbank J. entsprechend der mit der Deutschen Post AG getroffenen Schadensausgleichsvereinbarung - Bankdienste am Postschalter werden im Auftrag der Postbank ausgeführt - 85 v.H., d.h. 3 270,88 € als Schaden geltend. Dieser Schadensbetrag wurde von der Post anschließend an die Postbank überwiesen.
Die Forderung der Postbank in Höhe von 3 848,09 € - zuzüglich Nebenkosten insgesamt 4 318,33 € - glich der Beamte nach Einschaltung eines Inkassobüros (Forderungsschreiben vom ) anschließend in monatlichen Raten von 300 € aus.
bb) Der Beamte hat sich zu den Beweggründen seines Verhaltens wiederholt - zuletzt in der Hauptverhandlung vor dem Senat - dahin eingelassen, er sei damals aufgrund einer Autoreparatur in Geldnot gewesen. Zudem habe er seinen anderen Kreditverpflichtungen nachkommen müssen und Geld zur Bezahlung der Medikamente für seine Mutter gebraucht. Es sei ihm nur um eine kurzfristige Überbrückung seiner finanziellen Notlage gegangen. Er hätte sich das Geld auch bei der Spardabank besorgen können. Dies hätte er auch getan, wenn er damals gewusst hätte, dass sein Verhalten disziplinarische Konsequenzen haben würde.
Er habe gewusst, dass sein Konto damals in den meisten Fällen überzogen gewesen sei. Ferner sei ihm bekannt gewesen, dass die Auszahlungen nicht getätigt worden wären, soweit oder weil sein Konto nicht gedeckt gewesen sei. Er habe auch gewusst, dass er im Jahr 2004 auf einem anderen Weg eine Auszahlung der gewünschten Beträge von seinem Postgirokonto nicht erhalten hätte. Das Verhalten der Zeugin H. habe er aber nicht beeinflusst und sie nicht davon abgehalten, seinen Kontostand zu überprüfen. Nach einem Anruf von der Mahnstelle der Postbank in O. sei ihm dann "plötzlich" das Konto gekündigt worden.
Er habe immer die Absicht gehabt, das Geld zurückzuzahlen. Er sei dazu auch in der Lage gewesen. Denn er habe damals über erhebliche Vermögenswerte verfügt. So habe er am bei der Spardabank einen Darlehensvertrag über 8 500 € abgeschlossen und anschließend alle Kontoüberziehungen bei der Postbank bis auf den letzten Cent ausgeglichen. Die Schlussforderung habe er nur deshalb nicht sofort, sondern ratenweise getilgt, weil er sich über die Kostenrechnung geärgert habe. Aufgrund seines regelmäßigen Diensteinkommens als Beamter sei er auch kreditwürdig gewesen. Letztlich sei kein Vermögensschaden entstanden.
b) Durch die festgestellte Handlungsweise in der Zeit vom bis zum hat der Beamte eine vorsätzlich schuldhafte außerdienstliche Pflichtverletzung im Sinne des § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. begangen.
Ebenso wie im Anschuldigungspunkt 1 hat sich auch im Anschuldigungspunkt 2 durch die Neufassung des Bundesbeamtengesetzes im Jahr 2009 an der disziplinarrechtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage zur Tatzeit im Jahr 2004 nichts geändert.
Nach § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG in der jetzt geltenden Fassung, der - wie bereits dargelegt - mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache mit der Vorgängerregelung (§ 54 Satz 3 BBG a.F.) übereinstimmt, muss das Verhalten eines Beamten auch außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Verstößt er gegen diese Pflicht, begeht er eine außerdienstliche Pflichtverletzung. Diese erfüllt aber nur dann den objektiven Tatbestand eines außerdienstlichen Dienstvergehens, wenn als weiteres Tatbestandsmerkmal die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG erfüllt sind. Dem Wortlaut der Neufassung der Vorschrift zufolge muss die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet sein, das Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Während in der Vorgängerregelung (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.) noch von "Achtung und Vertrauen" die Rede war, spricht die - im Übrigen inhaltlich unveränderte - Neufassung nur noch von der Beeinträchtigung des "Vertrauens". In der amtlichen Begründung zum neugefassten § 77 BBG im Regierungsentwurf, BTDrucks 16/7076 S. 117, heißt es dazu insgesamt:
"Entspricht mit redaktionellen Anpassungen an die geschlechtergerechte Sprache im Wesentlichen dem bisherigen § 77. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes kann nur dann ein Dienstvergehen darstellen, wenn eine Pflichtverletzung - in der Regel ein Verstoß gegen § 61 Abs. 1 Satz 3 - vorliegt. Die neue Formulierung in Abs. 1 Satz 2 soll diesen Zusammenhang verdeutlichen. Die für eine Bewertung als Dienstvergehen erforderliche besondere Schwere des außerdienstlichen Pflichtverstoßes bleibt unberührt.
Zu Absatz 1
Durch die Neufassung von Satz 2 hat das außerdienstliche Verhalten von Beamtinnen und Beamten nur noch insoweit Bedeutung für die Pflichten aus dem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, als es um die Wahrung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität der Amtsführung geht."
Nach der Senatsrechtsprechung, die zu § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. ergangen ist (grundlegend BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 [22 ff.] = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23; fortführend BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 [215 ff.] = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 mit Äußerungen zur Kritik an dieser Rechtsprechung; zuletzt BVerwG 1 D 2.07 - juris, m.w.N. [insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235 § 25 BDO Nr. 5]), stellt sich die Normstruktur des § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. wie folgt dar: § 54 Satz 3 bildet den Grundtatbestand. Anhand der Merkmale dieser Norm ist - mit Blick auf § 77 Abs. 1 Satz 2 - zu prüfen, ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten das berufserforderliche Vertrauen beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. Urteil vom aaO. S. 218 f.; Mayer, NVwZ 2004, 949). Das Hauptmerkmal in § 54 Satz 3 BBG a.F. ("die sein Beruf erfordert") wird hinsichtlich außerdienstlicher Pflichtverletzungen durch § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. inhaltlich näher konkretisiert, und zwar in dem Sinn, dass sich die Vertrauensbeeinträchtigung alternativ entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten (vgl. Urteile vom aaO. S. 23, 25 f. und vom aaO. S. 216 ff.), oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung (vgl. Urteile vom aaO. S. 26 und vom - BVerwG 1 D 4.01 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 32) beziehen muss.
An dieser zu § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. entwickelten Normstruktur hat sich durch den Wegfall des Wortes "Achtung" im neugefassten § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG nichts zugunsten des Beamten geändert. Auch wenn die Neufassung nach ihrem Wortlaut nur noch auf das "Vertrauen" abstellt, so betrifft "Vertrauen" doch die Erwartung, dass sich der Beamte nicht nur aus der Sicht der Bürger (Allgemeinheit) - wie man der amtlichen Begründung entnehmen könnte -, sondern auch aus der Sicht seines Dienstherrn außerdienstlich so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird.
aa) Bei der festgestellten Verhaltensweise des Beamten im Anschuldigungspunkt 2 handelt es sich begrifflich um ein außerdienstliches Verhalten im Sinne des § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom (aaO.) in dem Rechtsschutzverfahren des Beamten als Antragsteller gegen Maßnahmen gemäß §§ 91, 92 BDO unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung (z.B. BVerwG 1 D 55.99 - BVerwGE 114, 37 [48 f.] = Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 12, jeweils m.w.N.) ausgeführt hat, beruht die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlicher Pflichtverletzung im Sinne von Satz 1 und 2 des § 77 Abs. 1 BBG alter (und neuer) Fassung nicht auf der Zufälligkeit räumlicher oder zeitlicher Beziehung eines Verhaltens zur Dienstausübung. Das wesentliche Unterscheidungselement ist vielmehr funktionaler Natur. Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln als das Verhalten einer Privatperson darstellt -, ist es als außerdienstliches (Fehl-)Verhalten zu qualifizieren. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Auch wenn die Postagenturnehmerin H. den Beamten als Postbediensteten kannte, war sein Verhalten nicht in sein Amt (als Postschalterbeamter) eingebunden. Zur Tatzeit 2004 war der Beamte vom Dienst suspendiert, d.h. er handelte der Zeugin gegenüber als Privatperson.
bb) Auf der Grundlage der dargestellten Normstruktur des § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. ergibt sich, dass der Beamte im Anschuldigungspunkt 2 seine außerdienstlichen Dienstpflichten gemäß § 54 Satz 3 BBG a.F. vorsätzlich schuldhaft verletzt hat. Durch die festgestellte Handlungsweise gegenüber der Postagenturnehmerin H. hat er, ohne dass ihm insoweit betrügerisches Handeln nachgewiesen werden kann, der Postbank einen Vermögensschaden in Höhe von 3 848,09 € - für den die Post in Höhe von 85 v.H. einzustehen hatte - zugefügt und insoweit in Kenntnis seiner überwiegend mangelnden Kontodeckung bewusst und gewollt gegen seine (auch) außerdienstlichen Pflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen.
Den in der Anschuldigungsbegründung erhobenen Vorwurf, dass das außerdienstliche Verhalten des Beamten einen Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB darstelle, hält der Senat nicht für erwiesen; gegen den Beamten ist auch kein entsprechendes Strafverfahren durchgeführt worden. Betrügerisch im Sinne der genannten Strafvorschrift handelt, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Der Senat ist aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung nicht zur Überzeugung gelangt, dass das Tathandeln des Beamten bei der Postagenturnehmerin H. zu einer Irrtumserregung geführt hat, die kausal für ihre Vermögensverfügungen zu Lasten der Postbank (Post) - Barauszahlung der in den Notauszahlungsscheinen jeweils angegebenen Geldbeträge - war. Die Barauszahlungen erfolgten damals in einem zulässigen und postbanktechnisch möglichen Verfahren, das keiner Einwirkung des Postbankkunden - hier des Beamten - durch Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen bedurfte.
Wie der sachkundige Beistand des Vertreters der Einleitungsbehörde, Amtmann P., dem Senat in der Berufungshauptverhandlung erläutert hat, bestand im Jahr 2004 die Möglichkeit, mittels der Postbankkarte (Kontokarte) und einem sogenannten Notauszahlungsschein (bis 500 €) den angegebenen Geldbetrag ausbezahlt zu bekommen, ohne dass eine online-Verbindung zur Postbank erforderlich war und zustande kam. Eine solche online-Verbindung, die eine Überprüfung des Kontostandes ermöglicht hätte, war nur für "Zweifelsfälle" vorgesehen. Solche "Zweifelsfälle" lagen nach Ansicht der Postagenturnehmerin H. bei dem Beamten nicht vor. Der Beamte war ihr als Postschalterbeamter bekannt. Er hatte sich jeweils durch seine Kontokarte ausgewiesen, die nur der Identifizierung des Postbankkunden diente, wie Amtmann P. erläutert hat. Dieser hat auch die Richtigkeit der Aussage der Zeugin H. aus dem Untersuchungsverfahren bestätigt, wonach das "System" in den Fällen des Beamten immer angezeigt habe "Betrag auszahlen". Das spricht insgesamt für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage und macht plausibel, dass die Postagenturnehmerin H. keine Anhaltspunkte für mögliche "Zweifelsfälle" haben musste.
Der Beamte hat sich in der Berufungshauptverhandlung wiederholt dahin eingelassen, er habe keinen Einfluss auf die Zeugin genommen, habe sie insbesondere nicht davon abgehalten, seinen Kontostand zu überprüfen. Die Richtigkeit dieser Einlassung kann dem Beamten nicht widerlegt werden. Letztlich wurden ihm - außerhalb eines Betrugstatbestandes - die Barauszahlungen deshalb ermöglicht, weil damals eine "Lücke im System" bestand. Dies hat auch Amtmann P. bestätigt und ergänzend erklärt, die "Lücke" sei inzwischen geschlossen.
Auch wenn sich der Beamte durch die festgestellte Handlungsweise im Jahr 2004 keines Betruges schuldig gemacht hat, hat er doch in Kenntnis seiner überwiegend mangelnden Kontodeckung die ihm als Schalterbeamten bekannte "Lücke im System" bewusst für sich ausgenutzt und dabei zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Postbank (Post) dadurch ein Schaden entstand; diesen hat er nachträglich ausgeglichen. Das außerdienstliche vermögensschädigende Verhalten des Beamten erlaubt nach der neueren Rechtsprechung des Senats (grundlegend Urteil vom aaO.) aber nur dann den Rückschluss auf eine Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung in Bezug auf den konkreten Dienstposten oder auf eine Ansehensbeeinträchtigung des Beamtentums, wenn besondere qualifizierende Umstände vorhanden sind. Solche Umstände, deren Vorliegen erst die Annahme eines Verstoßes gegen § 54 Satz 3 BBG a.F. rechtfertigt, können z.B. gegeben sein, wenn das außerdienstliche Handeln einen Bezug zu den dem Beamten aufgrund seines Dienstpostens obliegenden Dienstpflichten aufweist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Das außerdienstliche vermögensschädigende Verhalten des Beamten war geeignet, negative Rückschlüsse auf seine damalige dienstliche Vertrauenswürdigkeit in seinem Amt als Postschalterbeamter zu ziehen. Auf diesem Dienstposten oblag ihm u.a. der bestimmungsgemäße Umgang mit den der Post anvertrauten Geldern und die ordnungsgemäße Führung der Schalterkasse. Ein Postbeamter, der unter Ausnutzung innerdienstlicher Kenntnisse und Fähigkeiten außerdienstlich das Vermögen der Postbank (Post), das er auch bei seiner Amtsausübung zu schützen hat, zumindest bedingt vorsätzlich schädigt, beeinträchtigt in erheblichem Maße das Vertrauen, das ihm der Dienstherr und die Allgemeinheit in Bezug auf seinen konkreten Dienstposten entgegenbringen.
Das Fehlverhalten des Beamten erfüllt auch die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. Zwar wird von einem Beamten außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von jedem Bürger (Urteil vom aaO. S. 26: Durchschnittsbürger). Hier übersteigt jedoch das Fehlverhalten des Beamten das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Mindestmaß an disziplinarischer Relevanz deutlich und erfüllt damit die besonderen Anforderungen an ein Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. Maßgebend hierfür sind einmal Umfang und Dauer der schädigenden Handlungen gegenüber der Postbank (Post) sowie der nicht unerhebliche, die Geringwertigkeitsgrenze von etwa 50 € (vgl. dazu BVerwG 2 B 61.07 - ZBR 2009, 95 m.w.N.) weit überschreitende Gesamtschaden von über 3 000 €. Hinzu kommt der den Beamten belastende Umstand, dass sein schädigendes Verhalten engen dienstlichen Bezug hatte und während des gegen ihn laufenden Disziplinarverfahrens erfolgt ist.
Nach alledem hat der Beamte durch das in den Anschuldigungspunkten 1 und 2 festgestellte Fehlverhalten vorsätzlich schuldhaft ein inner- und außerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 55 Satz 2 BBG a.F. und den genannten Kassenvorschriften sowie § 54 Satz 2 und 3 BBG a.F. begangen. Auch wenn die Pflichtverletzungen in beiden Anschuldigungspunkten etwa vier Jahre auseinander liegen, handelt es sich doch um ein "einheitliches Dienstvergehen" im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG a.F. Denn die Verfehlungen stehen in einem inneren Zusammenhang (vgl. dazu z.B. BVerwG 1 DB 20.99 - BVerwGE 111, 54 [56 f.] = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 9, jeweils m.w.N.). Ihre gemeinsame Wurzel lag in der damals sehr schlechten wirtschaftlichen Lage des Beamten und seiner Neigung, seine finanziellen Probleme mit Hilfe seiner dienstlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu Lasten der Post bzw. Postbank zumindest vorübergehend zu lösen. Eine isolierte Betrachtung der Pflichtverletzungen scheidet deshalb aus.
2. Das einheitliche Dienstvergehen ist - insgesamt gesehen - von erheblichem Gewicht und macht eine Zurückstufung (§ 10 BDO, § 9 BDG) des Beamten um zwei Beförderungsämter, d.h. bis in das Eingangsamt seiner Laufbahn, erforderlich. Diese Maßnahme ist aber auch ausreichend. Eine Entfernung aus dem Dienst - wie von der Vorinstanz ausgesprochen - kommt nicht in Betracht.
Aus dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens folgt zunächst materiellrechtlich, dass das durch mehrere Verfehlungen zu Tage getretene Fehlverhalten eines Beamten einheitlich zu würdigen ist (vgl. BVerwG 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 [130] = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 26; BVerwG 2 B 15.09 - juris m.w.N.). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart hat, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen. Ein wesentliches Bemessungskriterium nach dem jetzt geltenden § 13 BDG ist deshalb auch nicht eine bestimmte Tat, sondern die durch ein bestimmtes Gesamtverhalten offenbar werdende Persönlichkeit des Beamten im Hinblick auf die Frage, ob und inwieweit dieser für den öffentlichen Dienst noch tragbar ist (vgl. BVerwG 1 D 6.06 - Buchholz 235 § 4 BDO Nr. 3).
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Disziplinarsenats (vgl. zuletzt BVerwG 1 D 4.07 - juris [insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235 § 77 BDO Nr. 13] und vom - BVerwG 1 D 2.07 - juris [insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235 § 25 BDO Nr. 5]) auch in Altfällen der Bundesdisziplinarordnung nach der Schwere des einheitlichen Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Eine Entfernung aus dem Dienstverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber hinaus nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten sowie den Beweggründen für sein Verhalten und mit Blick auf die unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 [259] = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1).
Als maßgebendes Bemessungskriterium ist zunächst die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG). Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 BDO, § 5 Abs. 1 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die vom Senat für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zugrunde gelegt werden. Für die endgültige Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist dann entscheidend, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3).
Ergibt eine Gesamtwürdigung der gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 BDG bedeutsamen Umstände, dass ein aktiver Beamter durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, so ist er aus dem Dienst zu entfernen (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Ein solcher Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wiedergutzumachende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Unter diesen Voraussetzungen ist er als Beamter nicht mehr tragbar (vgl. Urteil vom aaO. S. 258 ff.).
a) Das Schwergewicht des einheitlichen Dienstvergehens wird geprägt durch die vorsätzlichen innerdienstlichen eigennützigen Pflichtverletzungen im Anschuldigungspunkt 1, d.h. die 132 fiktiven Buchungen des Beamten an seinem Postschalter im Zeitraum von Januar bis Juli 2000 zu dem Zweck, sich so einen zusätzlichen Kreditspielraum zu verschaffen. Die uneigennützige, auf keinen privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar (stRspr, z.B. BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12). Auch wenn durch das eigennützige Fehlverhalten des Beamten der Postbank (Post) schon nach eigener Auskunft kein realer Vermögensschaden entstanden ist - sogenannte geduldete Kontoüberziehung gegen Zahlung wesentlich höherer Zinsen - und sich ein strafbares Verhalten nach § 266 Abs. 1 StGB (Untreue) nicht nachweisen lässt, so hat der Beamte durch den wiederholt vorsätzlichen Verstoß gegen die Kassenvorschriften doch im Kernbereich seines Dienstpostens als Schalterbeamter erheblich versagt. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amtes im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht (vgl. Urteil vom aaO. S. 261 m.w.N.). Der am Postschalter u.a. mit den Kassengeschäften betraute Beamte war insoweit insbesondere zur wahrheitsgemäßen Führung der Schalterkasse und Kassenunterlagen verpflichtet. Das Kassenwesen ist bei der Deutschen Post AG durch Dienstanweisungen genau geregelt. Die Post (Postbank) muss den Bestand ihres Vermögens ständig unter Kontrolle halten und deshalb in der Lage sein, Einnahmen und Ausgaben, Forderungen und Verbindlichkeiten jederzeit zu überblicken. Hierzu gehört auch die Möglichkeit festzustellen, ob die vorhandenen Kassenbestände mit dem Soll nach den Kassenunterlagen übereinstimmen, und die Sicherheit, dass eventuelle Abweichungen möglichst schnell und lückenlos aufgeklärt werden können. Diesem Zweck dient insbesondere das Prinzip der Kassenwahrheit und -klarheit, das jedem Kassenbeamten als wesentlicher Grundsatz der Verwaltung in Einzelheiten vertraut ist. Jeder Kassenführer weiß auch, dass nur tatsächliche Kassengeschäfte gebucht werden dürfen. Wer sich über grundlegende Vorschriften des Kassen- und Abrechnungswesens hinwegsetzt, verstößt deshalb nicht nur gegen dienstliche Anweisungen, sondern macht sich eines Verstoßes gegen wesentliche Grundsätze der Verwaltungsführung schuldig (vgl. dazu BVerwG 1 D 10.00 - juris).
Der Dienstherr ist in besonderem Maße auf das Vertrauen in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit seiner im Kassenwesen tätigen Beamten angewiesen. Er kann dies nicht durch ständige Überprüfung ersetzen, auch weil lückenlose Kontrollen mit dem Prinzip effektiver und sparsamer Erfüllung der Aufgaben öffentlicher Verwaltung nicht vereinbar sind. Deshalb muss es möglich sein, jederzeit einen klaren Überblick über den augenblicklichen Kassenbestand zu gewinnen: Herkunft, Bestand und Anrechte in Bezug auf amtliches Kassengeld müssen sich stets zutreffend und klar aus den Kassenunterlagen ersehen lassen. Wer sich an diese Grundsätze nicht hält, gefährdet schon allein dadurch die Vermögensinteressen seines Dienstherrn (vgl. dazu BVerwG 1 D 5.03 - juris).
Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom (aaO.) in dem Rechtsschutzverfahren des Beamten als Antragsteller gegen Maßnahmen gemäß §§ 91, 92 BDO unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung zur Ersteinstufung von schuldhaft eigennützigen Verstößen gegen Kassenvorschriften (z.B. BVerwG 1 D 68.94 - juris) ausgeführt hat, bestimmt sich bei solchen Pflichtverletzungen die angemessene Disziplinarmaßnahme nach den Umständen des Einzelfalls; je nach dem ist eine Gehaltskürzung, Degradierung oder Entfernung aus dem Dienst auszusprechen. Danach ist - bei isolierter Betrachtung - im Anschuldigungspunkt 1 eine Zurückstufung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Denn die vorsätzlich eigennützigen Verstöße gegen die Kassenvorschriften sind von erheblichem Gewicht. Zwar ist dem Beamten insoweit kein strafbares Verhalten (§ 266 StGB) nachzuweisen und war der Postbank (Post) schon nach eigener Auskunft kein realer Vermögensschaden entstanden. Den Beamten belasten aber erheblich nicht nur Umfang und Dauer der vorsätzlich eigennützigen Verfehlungen, sondern auch der Umstand, dass diese im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Schalterbeamter erfolgt sind.
Das Gewicht des einheitlichen Dienstvergehens wird außerdem bestimmt durch die vorsätzlichen außerdienstlichen Pflichtverletzungen im Anschuldigungspunkt 2. Die 13 Fälle der Vorlage zum Teil ungedeckter Notauszahlungsscheine bei der Postagenturnehmerin H. während des Zeitraums von Anfang März bis Mitte Juni 2004 sind schon wegen ihres engen dienstlichen Bezugs und der Ausnutzung dienstlicher Kenntnisse und Fähigkeiten von Gewicht. Der Beamte hat während des bereits gegen ihn eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahrens durch sein vermögensschädigendes Verhalten zum Nachteil der Postbank (Post) einen Schaden von über 3 000 € verursacht. Die gegen den Beamten damals laufenden disziplinarischen Ermittlungen, insbesondere wegen der Vorwürfe im Anschuldigungspunkt 1, haben ihn offensichtlich nicht von weiteren Pflichtverletzungen abhalten können. Auch das sachgleiche Strafverfahren war noch nicht abgeschlossen. Das freisprechende Urteil des Landgerichts E., insbesondere wegen der Vorwürfe im Anschuldigungspunkt 1, erging erst nachträglich, am , und ist nie rechtskräftig geworden.
Wie der Senat bereits in seinem den Verfahrensbeteiligten bekannten Beschluss vom (aaO.) zur disziplinarischen Ersteinstufung außerdienstlicher Betrügereien ausgeführt hat, sind auch in diesen Fällen die Umstände des Einzelfalls maßgebend. Schwere Fälle haben in der Regel die Entfernung aus dem Dienst zur Folge, während in minderschweren Fällen eine geringere Disziplinarmaßnahme verwirkt ist (stRspr, vgl. z.B. BVerwG 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 m.w.N.). Danach ist - bei isolierter Betrachtung - im Anschuldigungspunkt 2 zumindest eine langfristige Gehaltskürzung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Dafür ist maßgebend, dass dem Beamten ein betrügerisches und damit strafbares Verhalten nicht nachgewiesen werden kann. Dies führt im Ausgangspunkt zu einer gegenüber derjenigen des Verwaltungsgerichts niedrigeren Einstufung der Verfehlung. Auf der anderen Seite fällt zum Nachteil des Beamten ins Gewicht, dass er wiederholt pflichtwidrige Handlungen mit engem dienstlichen Bezug vorgenommen und dadurch einen erheblichen Vermögensschaden verursacht hat und sich hiervon weder durch das laufende Strafverfahren noch durch das laufende Disziplinarverfahren hat abhalten lassen. Dies macht - insgesamt gesehen - den Ausspruch einer spürbaren Disziplinarmaßnahme erforderlich.
Nach alledem ist bei dem einheitlich zu würdigenden inner- und außerdienstlichen Dienstvergehen des Beamten in den Anschuldigungspunkten 1 und 2 nach der Schwere des Dienstvergehens eine Zurückstufung in das Eingangsamt seiner Laufbahngruppe Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
b) Neben den genannten, erheblich belastenden Umständen, die die Zurückstufung des Beamten indizieren, sind durchgreifende Milderungsgründe und entlastende Gesichtspunkte, insbesondere aus den Erkenntnissen zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, nicht ersichtlich.
Der Beamte kann sich in beiden Anschuldigungspunkten nicht mit Erfolg auf den Milderungsgrund des Handelns in einer unverschuldet entstandenen, ausweglosen existenziellen wirtschaftlichen Notlage zur Tatzeit berufen (vgl. dazu z.B. BVerwG 1 D 24.98 - juris und vom - BVerwG 1 D 47.00 -). Der Milderungsgrund scheitert schon daran, dass es jeweils an einem zeitlich begrenzten Fehlverhalten mangelt (vgl. dazu BVerwG 1 D 5.02 - juris). Der Beamte hat in insgesamt 132 Fällen, quasi in Serie, über einen Zeitraum von einem halben Jahr "Scheinbuchungen" vorgenommen und hätte sein Fehlverhalten wohl fortgesetzt, wenn er im Juli 2000 nicht aufgefallen wäre (Anschuldigungspunkt 1). Ähnlich verhält es sich mit den 13 Fällen der Vorlage überwiegend ungedeckter Notauszahlungsscheine im Zeitraum von Anfang März bis Mitte Juni 2004 (Anschuldigungspunkt 2). Weder die Verschaffung eines zusätzlichen Kreditspielraums (Anschuldigungspunkt 1) noch das von der Zeugin H. erlangte Bargeld (Anschuldigungspunkt 2) konnten der Milderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage dienen, weil eine solche Notlage des Beamten zur jeweiligen Zeit nicht bestand (vgl. dazu BVerwG 1 D 30.02 - juris). Das durch die Manipulationen kurzfristig verfügbar gemachte und das durch die Abhebungen mittels Notauszahlungsscheinen erlangte Geld wurde zur Überbrückung allgemeiner finanzieller Engpässe (Anschuldigungspunkt 1) bzw. zur Bezahlung einer Autoreparatur, zur allgemeinen Schuldentilgung sowie zum Kauf von Medikamenten (Anschuldigungspunkt 2) verwendet. Das rechtfertigt nicht die Annahme einer existenzbedrohenden Notlage. Dies ergibt sich für die Scheinbuchungen im Jahr 2000 daraus, dass der Beamte zur Zahlung der dabei entstandenen Zinsen jeweils in der Lage war. Hinsichtlich der Abhebungen im Jahr 2004 lässt schon die Einlassung des Beamten, er hätte sich damals einen Kredit bei der Spardabank besorgt, wenn er von den disziplinarischen Konsequenzen seines Verhaltens gewusst hätte, erkennen, dass der finanzielle Engpass im Einklang mit seinen Dienstpflichten überbrückbar gewesen wäre. Angesichts dessen kann von einem Handeln in auswegloser Lage keine Rede sein.
Dem Beamten steht auch in beiden Anschuldigungspunkten nicht der mildernde Umstand des Mitverschuldens von Vorgesetzten oder des Funktionsversagens des EDV-Systems zur Seite. Dieser Entlastungsgrund könnte dem Beamten nur dann zu Gute kommen, wenn er im konkreten Fall auf Unterstützung durch die Dienstaufsicht angewiesen und/oder ein Funktionsausfall des EDV-Systems für sein Fehlverhalten seiner Meinung nach ursächlich gewesen wäre. Das war hier aber gerade nicht der Fall. Er hat vielmehr jeweils bewusst und zielgerichtet aufgrund seiner besonderen Kenntnisse als Schalterbeamter die "Schwachstellen" der Systeme für sich ausgenutzt (vgl. dazu BVerwG 2 WD 9.07 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 4 zum Wehrdisziplinarrecht; Wilhelm, ZBR 2009, 158 [159]).
Die Tatsache, dass der Beamte von Anfang an wiedergutmachungswillig war, d.h. Wiedergutmachungsabsicht bestand (Anschuldigungspunkt 2), ist disziplinarrechtlich unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B. BVerwG 1 D 54.97 - m.w.N.) kann eine solche innere Einstellung, die eine positivere Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beamten erlaubt, nur dann hinreichend deutlich festgestellt werden, wenn die Wiedergutmachung vor Tatentdeckung nach außen erkennbar zumindest in die Wege geleitet und damit eine entsprechende Absicht in objektivierbarer Weise offenbart worden ist. Daran fehlt es hier. Zur nachträglichen Schadenswiedergutmachung, die ratenweise über ein Inkassobüro erfolgt ist, war der Beamte ohnehin zivil- und beamtenrechtlich verpflichtet.
c) Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass das einheitliche Dienstvergehen des Beamten noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt hat.
Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung oder ein Verlust des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern schon aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) der Beamten die Frage, inwieweit der Dienstherr oder die Allgemeinheit bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird (vgl. dazu BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 [260] = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1). Disziplinarbemessungsrechtlich unerheblich ist deshalb der Umstand, dass die Einleitungsbehörde den Beamten bereits seit dem Jahr 2001 gemäß § 91 BDO vorläufig vom Dienst suspendiert hatte. Diese Maßnahme war nicht Gegenstand des Rechtsschutzverfahrens des Beamten. Der Senat hatte allerdings in seinem Beschluss vom (aaO.) die Einbehaltungsanordnungen aufgehoben, da er es damals als nicht überwiegend wahrscheinlich ansah, dass der Beamte wegen der ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen aus dem Dienst entfernt werden würde.
Trotz der erheblichen Verfehlungen des Beamten lassen eine Reihe mildernder Umstände in seinem Persönlichkeitsbild noch eine günstige Zukunftsprognose zu. Bis zum Beginn des Dienstvergehens im Jahr 2000 war der Beamte straf- und disziplinarrechtlich unbelastet und hatte bis dahin ca. 27 Jahre unbeanstandet gute dienstliche Leistungen erbracht. Er war auch von Anfang an geständig, hat sein Fehlverhalten eingeräumt und sich - zuletzt in der Hauptverhandlung vor dem Senat - einsichtig und reuig gezeigt. Dies erscheint glaubhaft. Ferner ergibt sich für den Beamten insoweit eine günstige Zukunftsprognose, als er seine wirtschaftlichen Verhältnisse inzwischen insgesamt geordnet hat; seinen Anteil am gemeinsamen Haus hat er seinem Bruder, gegen Übernahme der Schulden, übertragen. Die Beziehung zu der Zeugin Z. hat er auf gelegentliche "freundschaftliche Treffs" reduziert, wie er in der Berufungshauptverhandlung angegeben hat; Unterstützungsleistungen erbringe er nicht mehr. Letztlich ist zugunsten des Beamten auch die relativ lange Dauer des im März 2001 eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahrens und die damit notwendigerweise einhergehende psychische Belastung zu berücksichtigen. Dies ist bei allen Maßnahmen unterhalb der Entfernung aus dem Dienst wegen ihres pflichtenmahnenden Charakters möglich (vgl. dazu BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 m.w.N.). Zur langen Dauer des Disziplinarverfahrens, das wegen der strafrechtlichen Ermittlungen von März 2001 bis August 2005 ausgesetzt war, hat der Beamte nicht durch von ihm zu vertretendes verfahrensverzögerndes Verhalten beigetragen. Alle diese Umstände sprechen dafür, dass der Beamte im Ergebnis nur eine Zurückstufung verwirkt hat.
Wegen des verbleibenden Gewichts des einheitlichen Dienstvergehens hält der Senat allerdings eine Dienstgradherabsetzung des Beamten um zwei Beförderungsämter für erforderlich, um ihm künftig zu einem beanstandungsfreien dienstlichen Verhalten zu veranlassen. Durch die Degradierung bis in das Eingangsamt wird nicht nur dem Beamten selbst (spezialpräventiv), sondern auch seiner Umgebung (generalpräventiv) nachhaltig die Schwere seiner Verfehlungen vor Augen geführt. Der Beamte muss sich schließlich darüber im Klaren sein, dass er bei einem erneuten schwerwiegenden Verstoß gegen seine Dienstpflichten seinen Status als Beamter aufs Spiel setzt.
3. Aufgrund der langen Dauer des Disziplinarverfahrens macht der Senat auch von der gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 BDG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, das an die Zurückstufung anknüpfende gesetzliche Beförderungsverbot auf drei Jahre abzukürzen. Die Regelung ist auf sogenannte Altfälle - wie hier - anwendbar, weil sie im Gegensatz zur Vorgängerregelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 BDO eine durch Gerichtsentscheidung ausgesprochene Verkürzung der Dauer der gesetzlich angeordneten fünfjährigen Beförderungssperre ermöglicht und demnach eine materiellrechtliche Besserstellung des Beamten enthält (vgl. dazu BVerwG 1 D 2.05 - juris m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 ff. BDO.
Fundstelle(n):
FAAAD-47352