Sozialgerichtliches Verfahren - Versäumung der Klagefrist - Bekanntgabe des schriftlichen Verwaltungsaktes - Zugangsfiktion - Berechnung der 3-Tages-Frist
Leitsatz
Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt bei der Übermittlung durch die Post im Inland auch dann am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wenn dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt (Abgrenzung zu = BFHE 203, 26).
Gesetze: § 37 Abs 2 S 1 SGB 10, § 26 Abs 3 S 1 SGB 10, § 64 Abs 2 S 1 SGG, § 64 Abs 3 SGG, § 87 Abs 1 S 1 SGG, § 87 Abs 2 SGG, § 4 Abs 1 VwZG
Instanzenzug: SG Freiburg (Breisgau) Az: S 13 AS 5708/07 Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 2 AS 5718/08 Urteil
Tatbestand
1Die Beteiligten streiten über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 17.4. bis . Streitig ist vorab die Zulässigkeit der Klage.
2Mit Bescheid vom lehnte die Beklagte den am gestellten Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom Leistungen für die Zeit vom 11.5. bis . Im Übrigen wies sie mit Widerspruchsbescheid vom den Widerspruch gegen den Bescheid vom zurück. Der Widerspruchsbescheid war an den Bevollmächtigten der Klägerin adressiert und enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der darauf hingewiesen wurde, dass die Klagefrist mit Ablauf des Tages der Bekanntgabe der Entscheidung beginne und die Bekanntgabe bei Zusendung durch einfachen Brief mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt gelte, es sei denn, die Entscheidung gehe nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zu. Wie auf der Rückseite vermerkt, wurde er am zur Post gegeben. Er ging dem Bevollmächtigten der Klägerin am zu.
3Am hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unzulässig, weil sie erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei nach dem Abgangsvermerk der Beklagten am zur Post gegeben worden. Der für die Bekanntgabe maßgebliche dritte Tag nach Abgabe zur Post gemäß § 37 Abs 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei der , ein Samstag, gewesen. Der Tag verschiebe sich nicht gemäß § 64 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den nächsten Werktag. Die Klagefrist habe damit mit Ablauf des geendet.
4Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom die von ihm zugelassene Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klage sei nicht fristgerecht erhoben worden. Nach § 37 Abs 2 SGB X sei der Widerspruchsbescheid vom am bekannt gegeben worden. Fristablauf für die Klageerhebung sei somit der gewesen. § 64 Abs 3 SGG, wonach dann, wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend falle, die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages ende, sei nicht anwendbar, weil es sich nicht um eine gesetzliche Frist im Sinne dieser Vorschrift handele. Der Verschiebung des Fristendes durch § 64 Abs 3 SGG liege in erster Linie der Gedanke zu Grunde, dass dem Bürger nicht zugemutet werden solle, eine ihm obliegende Handlung an einem üblicherweise arbeitsfreien Tag zu bewirken. Solche Interessen des Adressaten eines Verwaltungsaktes würden aber durch die Vorschrift des § 37 Abs 2 SGB X nicht berührt. Da die Bekanntgabe eines einfachen Briefes auch bei einem tatsächlichen früheren Zugang erst am dritten Tag nach dessen Aufgabe zur Post als erfolgt gelte, stehe dem Empfänger eines Widerspruchsbescheides häufig bis zum Ablauf der Klagefrist eine längere Überlegungszeit zur Verfügung als bei anderen Zustellungsarten. Dies zeige auch der vorliegende Fall, in dem der Bevollmächtigte der Klägerin den Widerspruchsbescheid bereits am tatsächlich erhalten habe. Eine darüber hinausgehende Besserstellung sei nicht geboten.
5Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X diene ebenso wie § 122 Abs 2 Satz 1 Nr 1 der Abgabenordnung (AO) in erster Linie der Rechtssicherheit und der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens. Beide Vorschriften sollten es ermöglichen, den Beginn des Fristlaufs exakt zu bestimmen. Zu § 122 AO habe der Bundesfinanzhof (BFH) aber entschieden, dass sich der Drei-Tages-Zeitraum verlängert, wenn sein Ende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Von einer generellen Besserstellung gegenüber anderen Zustellungsarten könne nicht die Rede sein. § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X habe die Funktion, Rechtssicherheit zu schaffen, weil der tatsächliche Zugang eines Schriftstücks, das auf dem Postweg an Privatpersonen geschickt werde, oftmals ungewiss sei. Dieses Problem bestehe im Fall der Zustellung nicht. § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X solle verhindern, dass der Beginn einer Rechtsbehelfsfrist zu einem Zeitpunkt angenommen werde, zu dem der Verwaltungsakt noch gar nicht zugegangen sei. Dieser Zweck werde nur dann erreicht, wenn § 64 Abs 3 SGG auf den Drei-Tages-Zeitraum angewendet werde. Eine einheitliche Bestimmung des Beginns der Frist sei im Interesse der Rechtssicherheit wünschenswert. Auch die Rentenversicherungsträger hätten sich in Anlehnung an das Urteil des BFH für die Anwendbarkeit von § 26 Abs 3 SGB X auf § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X entschieden.
6Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom und des Sozialgerichts Freiburg vom aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld II für die Zeit vom bis zum zu bewilligen.
7Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Gründe
8Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet, § 170 Abs 1 Satz 1 SGG. SG und LSG haben zu Recht die am erhobene Klage als unzulässig angesehen, weil die Klagefrist versäumt war.
9Gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, beginnt die Frist nach § 87 Abs 2 SGG mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. Diese Frist hat die Klägerin mit der am erhobenen Klage nicht gewahrt. Der Widerspruchsbescheid war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung iS des § 66 SGG versehen, die insbesondere auf den Inhalt des § 37 Abs 2 SGB X hinwies (vgl hierzu BSGE 79, 293 = SozR 3-1500 § 66 Nr 6). Er ist ihrem Bevollmächtigten am , einem Samstag, bekanntgegeben. Begann die Monatsfrist des § 87 Abs 1 Satz 1 SGG damit am , endete sie am Montag, dem .
10Gemäß § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Widerspruchsbescheid wurde hier, wie auf der Rückseite des in der Akte der Beklagten befindlichen Exemplars vermerkt, am zur Post gegeben (zum Erfordernis eines solchen Vermerks in den Behördenakten vgl BSGE 97, 279 = SozR 4-2700 § 136 Nr 2, jeweils RdNr 15). Dass er dem Bevollmächtigten der Klägerin tatsächlich bereits am zugegangen ist, ist unerheblich. Nach der gesetzlichen Zugangsfiktion ist allein maßgeblich der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post (vgl zu § 4 Verwaltungszustellungsgesetz <VwZG> BSGE 5, 53, 55). Der Tag, an dem der Brief zur Post gegeben wird, ist nach der gemäß § 26 Abs 1 SGB X für Fristen und Terminsbestimmungen geltenden Vorschrift des § 187 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht mitzuzählen (vgl BSG aaO). Dritter Tag im Sinne der Zugangsfiktion des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X ist damit der .
11Dem steht nicht entgegen, dass dieser Tag ein Samstag war. Die Fiktion der Bekanntgabe greift auch dann ein, wenn der für die Bekanntgabe maßgebende dritte Tag nach der Aufgabe zur Post auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Die Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X enthält keine Einschränkung dergestalt, dass die Frist erst mit dem Ablauf des nächsten Werktages endet, wenn das Ende der Frist auf einen Sonnabend fällt (vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 37 RdNr 12; Krasney in KassKomm, Stand Januar 2010, § 37 RdNr 6; Waschull in LPK-SGB X, 2. Aufl 2007, § 37 RdNr 11; Marschner in Pickel/ Marschner, SGB X, Stand Februar 2010, § 37 RdNr 23; für die Parallelvorschrift des § 41 Verwaltungsverfahrensgesetz <VwVfG> Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl 2008, § 41 RdNr 44; aA Recht in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Februar 2010, K § 37 RdNr 16; für § 41 VwVfG Ruffert in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl 2010, § 41 RdNr 35 sowie U. Stelkens in Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 41 RdNr 133). Auch die Vorschriften des § 41 VwVfG, die als Vorbild diente (BT-Drucks 8/2034 S 33), und des § 17 Abs 2 VwZG (BGBl I 1952, 379), auf die wiederum bei Schaffung des VwVfG zurückgegriffen wurde (BT-Drucks VI/1173 S 49), enthalten keine Einschränkung der Bekanntgabe auf einen Werktag (anders etwa die Vorläufervorschrift von § 4 VwZG, § 1 der Postzustellungsverordnung vom <RGBl I S 527>; vgl BSGE 5, 53, 54, 55).
12Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 26 Abs 3 Satz 1 SGB X bzw § 64 Abs 3 SGG. Danach endet eine Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages, wenn das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X regelt aber keine Frist im Sinne dieser Vorschriften. Es wird kein Zeitraum bezeichnet, in dem ein bestimmtes Tätigwerden erforderlich ist. Ebenso wenig wird ein Zeitraum umschrieben, in dem die Rechtswirkung der Bekanntgabe eintritt, sondern der vermutete Tag der Bekanntgabe und damit ein genauer Zeitpunkt für den Eintritt einer Rechtswirkung markiert, der für den Lauf der Klagefrist maßgeblich ist (vgl bereits die Gesetzesbegründung zu § 31 VwVfG <Bekanntgabe des Verwaltungsakts> BT-Drucks VI/1173 S 49: "… Zeitpunkt bestimmt, in dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt"; zu § 4 Abs 1 VwZG vgl B 8/9b SO 13/07 R; Loytved, Kann die Zustellung eines Widerspruchsbescheides mittels eingeschriebenen Briefes auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fallen?, SGb 1997, 253, 254).
13Auch eine analoge Anwendung des § 26 Abs 3 Satz 1 SGB X bzw § 64 Abs 3 SGG kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Regelungslücke. Auch nach Sinn und Zweck besteht kein Bedürfnis für eine Ausweitung dieser Regelungen auf die Fälle des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X. Die Vorschrift dient ebenso wie § 4 Abs 1 VwZG dazu, das Verfahren der Bekanntgabe kostengünstig und einfach handhabbar zu gestalten. Im Interesse der Sparsamkeit und Vereinfachung sollen Ermittlungen über den genauen Tag der Bekanntgabe unterbleiben. Die Berechnung des Zustellungstages nach einem festen Maßstab entspricht am ehesten dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Verwaltungsvereinfachung (vgl BSGE 5, 53, 56). Die Verschiebung des Zustellungsdatums auf den nächsten Werktag, wenn der dritte Tag ein Sonnabend, Sonntag oder Feiertag ist, würde die Notwendigkeit der Überprüfung in jedem Fall durch die Behörde begründen (vgl Loytved aaO). Bei der strikten Berechnung des Zustellungstages fällt eine solche Überprüfung hingegen nur an, wenn der Adressat den Empfang überhaupt bestreitet oder den Zugang nach Ablauf des gesetzlich vermuteten Zustellungstages behauptet.
14Der Adressat eines Verwaltungsaktes wird auch nicht in unzumutbarer Weise belastet, wenn der vermutete Zugangstag ein Sonnabend, Sonntag oder Feiertag ist. Das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass anders als bei der Frist im engeren Sinne im Fall der Bekanntgabe kein Tätigwerden eines Beteiligten erwartet wird. Der Verschiebung des Fristendes von einem Sonnabend, Sonntag oder Feiertag auf den nächsten Werktag liegt in erster Linie die Überlegung zugrunde, dass die Abgabe einer Erklärung bzw die Vornahme einer Handlung an diesen Tagen typischerweise Schwierigkeiten bereitet. Dem Adressaten eines Verwaltungsaktes wird durch die Zugangsfiktion aber nicht zugemutet, eine ihm obliegende Handlung an einem arbeitsfreien Tag zu bewirken (vgl Loytved aaO; zu § 41 VwVfG vgl OVG NW, NVwZ 2001, 1171, 1172). Für den Postlauf wurde ein relativ großzügiger Zeitraum angesetzt. Zu den Feiertagen Ostern, Pfingsten und Weihnachten mögen sich in Verbindung mit Wochenendtagen problematische Konstellationen ergeben können (vgl Recht aaO, K § 37 RdNr 16), diese sind jedoch hinreichend dadurch berücksichtigt, dass die Zugangsfiktion gemäß § 37 Abs 2 Satz 2 SGB X dann nicht gilt, wenn der Verwaltungsakt zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (vgl -: Bekanntgabe am Karsamstag). Durch die Ausnahmeregelung ist sichergestellt, dass dem Adressaten keine Nachteile entstehen, wenn die Bekanntgabe entgegen der Fiktion tatsächlich erst später erfolgt, zumal im Zweifel die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat. Es ist daher im Fall einer vermuteten Bekanntgabe an einem Sonnabend, Sonntag oder Feiertag auch keine Verkürzung der Handlungsfrist des Beteiligten zu besorgen. Das LSG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass der Fall der Klägerin vielmehr zeigt, dass die gesetzliche Vermutung infolge kürzerer Postlaufzeiten häufig zu einer Verlängerung der Frist im Vergleich zu anderen Zustellungsarten führt, weil ein tatsächlicher früherer Zugang nicht berücksichtigt wird (vgl BSGE 5, 53, 56; Loytved, aaO, 254; zu § 41 VwVfG OVG Nds, NVwZ-RR 2007, 78).
15Der Senat weicht damit nicht von der Rechtsprechung des BFH zu § 122 Abs 2 Nr 1 AO ab (BFHE 203, 26 ff; seither stRspr; kritisch Jäger, jurisPR-SteuerR 12/2006 Anm 1), wonach jedenfalls eine entsprechende Anwendung von § 108 Abs 3 AO, der den Ablauf einer Frist auf den nächstfolgenden Werktag vorsieht, wenn das Ende einer Frist sonst auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, für geboten erachtet wird. Der BFH hat in seiner Entscheidung auf die von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Erschütterung der Zugangsvermutung abgestellt (vgl für das Sozialverwaltungsverfahren BSG SozR 4-2600 § 115 Nr 2 RdNr 20 ff; Engelmann aaO RdNr 13) sowie auf die besondere Situation im Steuerrecht mit der dort üblichen Vertretung durch Bevollmächtigte steuerberatender Berufe, die ihre Postfächer an Sonnabenden generell nicht leerten. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es den Zweck der Zugangsvermutung herangezogen, für das steuerrechtliche Massenverfahren eine wenig verwaltungsaufwändige, praktikable, möglichst rechtssichere und möglichst streitvermeidende Form der Bekanntgabe von Verwaltungsakten zu eröffnen. Es würden eine Reihe von Problemen vermieden, mit denen die Rechtsprechung wiederholt befasst worden sei und die für die Beteiligten sachlich nicht erforderliche Zugangsschranken für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bildeten. Diese Argumentation ist auf das Sozialrecht bereits deshalb nicht übertragbar, weil dort jedenfalls eine Bevollmächtigung der Sozialleistungsempfänger - etwa durch Rechtsanwälte - schon im Verwaltungsverfahren nicht die Regel ist (vgl B 8/9b SO 13/07 R - RdNr 12). Dass insofern im Steuerrecht in weitaus größerem Umfang als im Sozialrecht Streitfragen mit spezifisch berufsrechtlicher Fragestellung auftauchen, zeigen die vom BFH in Bezug genommenen zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen zu diesem Thema, die sämtlich Fälle der Vertretung durch einen Bevollmächtigten betreffen (BFHE 203, 26, 31).
16Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist nach § 67 SGG kommt nicht in Betracht. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin ohne Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Ein etwaiger Rechtsirrtum ihres Bevollmächtigten ist ihr als Verschulden zuzurechnen. Selbst wenn einzelne Sozialversicherungsträger eine abweichende Praxis haben, durfte der Bevollmächtigte sich hierauf nicht verlassen.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2010:060510UB14AS1209R0
Fundstelle(n):
HFR 2011 S. 817 Nr. 7
NJW 2011 S. 1099 Nr. 15
BAAAD-47336