Leitsatz
Leitsatz:
Für Kosten einer Schülermonatskarte kommen Leistungen nach dem SGB 2 nicht in Betracht.
Instanzenzug: SG Aurich, S 25 AS 822/07 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von dem Beklagten Leistungen für eine Schülermonatskarte für Fahrten zur Berufsfachschule beanspruchen kann.
Die am 1989 geborene Klägerin wohnte im streitigen Zeitraum bei ihren Eltern in W und besuchte im Schuljahr 2007/08 die Klasse II der zweijährigen Berufsfachschule - Sozialpflege (Pflegevorschule) - der Berufsbildenden Schulen I im etwa 20 km entfernt liegenden Leer. Die Klägerin und ihre Eltern standen seit Anfang 2005 im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Den von der Klägerin am gestellten Antrag auf Übernahme der Busfahrkosten nach Leer in Höhe des Preises für eine Monatsfahrkarte von 58,70 Euro lehnte die Gemeinde W mit Bescheid vom ab. Aufwendungen für Verkehr und damit auch für die Beförderung zur Schule seien Bestandteil der Regelleistung. Eine Übernahme der Fahrkosten durch den Beklagten als Träger der Schülerbeförderung komme bei der besuchten Schulform auch nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Niedersachsen nicht in Betracht. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom zurück.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Aurich mit Urteil vom den Beklagten unter Änderung des angegriffenen Bescheides verurteilt, der Klägerin vom bis zum Leistungen für eine Schülermonatskarte in Höhe von monatlich 42,02 Euro in Form eines Darlehens zu gewähren und den Beklagten zugleich dazu verpflichtet, bei der Entscheidung über die Tilgung bzw Rückzahlung des Darlehens die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten. Die Klägerin könne Leistungen für die Fahrten zur Berufsfachschule zwar nicht als Zuschuss verlangen, weil es dafür an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage fehle. Ein solcher Anspruch könne weder aus § 23 Abs 1 Satz 1 oder Abs 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) noch aus § 28 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) bzw aus § 73 SGB XII oder aus den landesrechtlichen Bestimmungen über die Schülerbeförderung hergeleitet werden. Allerdings könne die Klägerin ein Darlehen aus § 23 Abs 1 SGB II in dem Umfang beanspruchen, in dem die monatlichen Aufwendungen für die Busfahrkarten den in der Regelleistung enthaltenen Anteil für Verkehr, der sich auf 6 vH bzw umgerechnet 16,68 Euro belaufe, überstiegen hätten. Bei den Kosten für die Schülermonatskarte handele es sich um einen an sich von der Regelleistung umfassten Bedarf, der dem Bereich "Verkehr" zuzuordnen sei. Dieser Bedarf sei nach den Umständen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch unabweisbar, weil die Klägerin für den weiteren Schulbesuch auf die Monatskarte angewiesen sei und angesichts der Höhe der Aufwendungen bei Umschichtung innerhalb der Regelleistung andere existenzielle Bedürfnisse dauerhaft ungedeckt blieben. Der Annahme eines Einzelfalls iS des § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II stehe auch nicht entgegen, dass die Bedarfslage monatlich wiederkehre. Die Entscheidung über die Rückführung des Darlehens stehe zwar nicht hinsichtlich des Ob, wohl aber hinsichtlich der Höhe der Tilgungsraten und des Beginns der Tilgung im Ermessen des Leistungsträgers. Sein Ermessen habe der Beklagte so auszuüben, dass die Tilgung zumindest so lange auszusetzen sei, wie die durch den Besuch der Berufsfachschule entstandene "Sonderbedarfslage" andauere.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt.
Die Klägerin rügt eine Verletzung der Art 1, 3, 6, 7 und 20 Abs 1 und 3 Grundgesetz (GG). Die Gewährung der Fahrkosten sei im Hinblick auf ihre Grundrechte und das Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich geboten. Dementsprechend seien unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) durch einen Schulbesuch bedingte Fahrkosten regelmäßig übernommen worden. Da der Anspruch einfachgesetzlich weder auf §§ 20, 23 SGB II noch auf § 73 SGB XII gestützt werden könne, sei das geschlossene Leistungssystem der §§ 19 ff SGB II verfassungswidrig.
Sie beantragt,
1. das Urteil des SG Aurich vom und den Bescheid des Beklagten vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom bis zum Fahrkosten zum Besuch der Berufsfachschule in Höhe von monatlich 58,70 Euro als (nicht rückzahlbare) Beihilfe zu gewähren,
2. die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
1. das Urteil des SG Aurich vom aufzuheben und die Klage abzuweisen, 2. die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte rügt eine Verletzung der §§ 23 Abs 1 und 44 SGB II. Der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 23 Abs 1 SGB II müsse im Wege teleologischer Reduktion auf die Fälle beschränkt werden, in denen ein bestehender Sonderbedarf der Höhe nach auch nicht durch die zur Ansparung vorgesehenen Beträge der laufenden Regelleistungen aller zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen gedeckt werden könne. § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II lasse überdies eine Aufrechnung mit bis zu 10 % der monatlichen Regelleistungen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft zu. Eine Darlehensgewährung komme daher nicht in Betracht, wenn der Sonderbedarf diesen Betrag unterschreite und ein Darlehen im auf die Leistung folgenden Monat bereits wieder vollständig durch Aufrechnung getilgt werden könne. § 23 Abs 1 SGB II finde im Übrigen auf regelmäßig wiederkehrende Dauerbedarfe keine Anwendung, weil das Darlehen für den Hilfesuchenden anderenfalls zu einer belastenden Hypothek für die Zukunft würde. Hinsichtlich des Ob der Aufrechnung nach § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II stehe ihm kein Ermessen zu, sodass eine Tilgungsaussetzung entsprechend der Rechtsauffassung des SG nicht in Betracht komme. Bei der Entscheidung über den Erlass nach § 44 SGB II sei sein Ermessen durch generalisierende Erwägungen des SG in einem unzulässigen Maße eingeschränkt.
II
Während die Revision der Klägerin zurückzuweisen ist (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), hat die Revision des Beklagten Erfolg. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten Ansprüche auf Gewährung zusätzlicher Leistungen für die Fahrten zur Berufsfachschule weder als Zuschuss noch als Darlehen zu. Das Urteil des SG ist deshalb aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).
1. Die Revisionen der Beteiligten sind zulässig. Das SG hat die Sprungrevision im Urteil zugelassen (§ 161 Abs 1 Satz 1 SGG). Anders als der Beklagte hat es die Klägerin zwar versäumt, ihrer Revisionsschrift die Zustimmungserklärung des Gegners beizufügen. Die von der Klägerin nachgereichte Zustimmungserklärung ist allerdings noch vor Ablauf der Revisionsfrist als Telefax beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen. Dies reicht zur Wahrung der Anforderungen des § 161 Abs 1 Satz 3 SGG aus (vgl bereits BSGE 12, 230, 233 f = SozR Nr 14 zu § 161 SGG; BSGE 20, 154, 155 = SozR Nr 17 zu § 161 SGG; BSGE 42, 191, 192 = SozR 1500 § 161 Nr 10; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 161 RdNr 10a).
Streitgegenstand ist die Gewährung zusätzlicher Leistungen in Höhe von monatlich 58,70 Euro für die Kosten einer Schülermonatskarte für den öffentlichen Personennahverkehr zum Besuch der Klasse II der Zweijährigen Berufsfachschule Sozialpflege (Pflegevorschule) in Leer. Hierauf hat die Klägerin ihre Klage durch Antragstellung vor dem SG in zulässiger Weise beschränkt (zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitstoffs auf Leistungen für Sonderbedarfe vgl - BSGE 101, 268 [Erstausstattung für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II] und - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1 [Klassenfahrten gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II]).
Richtiger Beklagter ist der gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähige Landkreis Leer. Er ist nach der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom (BGBl I 2349) als Träger der Leistung nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II zugelassen und nimmt damit die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende in seinem Gebiet wahr (§ 6b Abs 1 iVm § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II). Die Gemeinde W ist von ihm lediglich zur Durchführung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende herangezogen (vgl § 6 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB II iVm § 3 Abs 1 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch [Nds AG SGB II] vom [GVBl 358] iVm § 1 Abs 1 und 3 der Heranziehungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und der Gemeinde W vom ). Hierdurch verliert der Beklagte seine Stellung als Aufgabenträger nicht (vgl zum Sozialhilferecht BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, jeweils RdNr 11). Dementsprechend entscheiden die herangezogenen kommunalen Gebietskörperschaften im Namen des kommunalen Trägers (§ 3 Abs 1 Satz 2 Nds AG SGB II), der auch Widerspruchsbehörde ist (§ 3 Abs 3 Nds AG SGB II). Die Heranziehungsvereinbarung stellt in § 3 Abs 2 ausdrücklich klar, dass "Beklagter oder Antragsgegner in Sozialrechtssachen" der Landkreis Leer ist. Eine Beteiligung von Behörden am sozialgerichtlichen Verfahren (vgl § 70 Nr 3 SGG) sieht das niedersächsische Landesrecht nicht vor.
2. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Leistungen für die Anschaffung der Schülermonatskarten als Zuschuss hat. Zwar hat die Klägerin nach den Feststellungen des SG als erwerbsfähige Hilfebedürftige zum leistungsberechtigten Personenkreis gehört, weil sie im streitgegenständlichen Zeitraum das 15. Lebensjahr bereits vollendet hatte, erwerbsfähig und - mangels bedarfsdeckenden Einkommens oder Vermögens - hilfebedürftig gewesen ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II).
Sie ist auch nicht wegen des Besuchs der Berufsfachschule - Sozialpflege (Pflegevorschule) - von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen. Gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Bestimmung findet nach § 7 Abs 6 Nr 1 SGB II aber ua keine Anwendung auf Auszubildende, die aufgrund von § 2 Abs 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben. Nach § 2 Abs 1a Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch der in § 2 Abs 1 Nr 1 BAföG bezeichneten Ausbildungsstätten, zu denen auch Berufsfachschulklassen gehören, nur dann geleistet, wenn der Auszubildende mangels Erreichbarkeit der Ausbildungsstätte (§ 2 Abs 1a Satz 1 Nr 1 BAföG) oder aus bestimmten sozialen Gründen (§ 2 Abs 1a Satz 1 Nr 2 und 3, Satz 2 BAföG) nicht bei seinen Eltern wohnt.
Die Klägerin erfüllt diese Leistungsvoraussetzungen des § 2 Abs 1a BAföG nicht und ist damit von Leistungen nach dem BAföG ausgeschlossen. Nach den Feststellungen des SG hat sie bei ihren Eltern gewohnt und eine Berufsfachschule besucht. Dabei handelte es sich nicht um eine Berufsfachschulklasse, die einen berufsqualifizierenden Abschluss vermittelt, § 2 Abs 1 Nr 2 BAföG. Nach § 1 Nr 5 Anlage 6 zu § 36 der Verordnung über berufsbildende Schulen des Landes Niedersachsen (Nds BbS-VO) vom (Nds GVBl 178) in der Fassung der Verordnung vom (Nds GVBl 417) führte der Besuch der Berufsfachschule in der Fachrichtung "Sozialpflege (Pflegevorschule)" in zwei Jahren Vollzeitunterricht zu einem schulischen Abschluss, nämlich dem Realschulabschluss oder einem Erweiterten Sekundarabschluss I, §§ 31 Nr 3, 32 Nr 2 lit b Nds Bbs-VO.
a) Für die von der Klägerin begehrten Leistungen der Schülerbeförderung fehlt es im System der Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB II an einer Anspruchsgrundlage. Fahrkosten zur Schule sind weder als Mehrbedarfe nach § 21 SGB II, noch als Sonderbedarfe nach § 23 Abs 3 SGB II vorgesehen. Eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistungen nach § 20 SGB II wegen atypischer Bedarfslagen, wie sie für die Hilfe zum Lebensunterhalt bzw für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buchs die Norm des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII ermöglicht, sieht das Zweite Buch nicht vor (vgl BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 19). Klargestellt hat der Gesetzgeber dies mit der Einfügung des § 3 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom (BGBl I 1706). Danach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen. Bewusst hat der Gesetzgeber eine dem § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII entsprechende Vorschrift nicht geschaffen (vgl BT-Drucks 16/1696 S 27: "Die nach dem Recht der Sozialhilfe vorgesehene Möglichkeit, Bedarfe abweichend festzulegen, wenn im Einzelfall ein Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht [§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB II], ist nach dem System der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht vorgesehen.").
Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Leistung kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff SGB II die eigentlichen Ausbildungskosten nicht finanziert werden sollen. Das SGB II soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu dienen, das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Das Recht der Grundsicherung soll vielmehr von Leistungen zur Ausbildungsförderung freigehalten werden, soweit der Hilfebedarf im Hinblick auf den Lebensunterhalt durch die Ausbildung entsteht (BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, jeweils RdNr 23 und Nr 8 RdNr 34). Auch soweit § 7 Abs 6 SGB II Ausnahmen vom grundsätzlichen Leistungsausschluss normiert, wird ein spezifisch ausbildungsbedingter Bedarf nicht umfasst (vgl , B 14 AS 62/07 R und B 14 AS 63/07 R). Die Verlagerung ausbildungsbedingter, aber ausbildungsförderungsrechtlich nicht berücksichtigter Bedarfe in den Bereich der existenzsichernden Leistungen ist vielmehr grundsätzlich ausgeschlossen (zur Vorgängerregelung des § 26 BSHG bereits BVerwGE 94, 224, 228; vgl BT-Drucks 15/1514 S 57 und BT-Drucks 15/1749 S 31), soweit der Gesetzgeber Ausnahmen hiervon nicht ausdrücklich zulässt, wie dies etwa in § 24a SGB II der Fall ist. Um einen solchen ausbildungsbedingten Bedarf handelt es sich aber bei den geltend gemachten Fahrkosten. Die Aufwendungen für die Anschaffung einer Schülermonatskarte sind nämlich allein ausbildungsbedingt. Sie entstehen nicht durch die Inanspruchnahme von Verkehrsmitteln im Rahmen der allgemeinen Lebensführung, sondern - ungeachtet der praktischen Möglichkeit, die Schülermonatskarte auch für andere Zwecke zu nutzen - nur im Hinblick auf den Besuch der Berufsfachschule. Derartige Fahrkosten gehören dementsprechend zu dem nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II privilegierten Anteil der Ausbildungsförderung (vgl , B 14 AS 62/07 R und B 14 AS 63/07 R).
b) Die Klägerin kann die begehrte Fahrkostenübernahme auch nicht als Leistung zur Eingliederung in Arbeit nach § 16 SGB II beanspruchen. Die spezifisch grundsicherungsrechtlichen Eingliederungsleistungen des § 16 SGB II in den hier maßgeblichen Fassungen (Dienstrechtsanpassungsgesetz vom [BGBl I 1457]; Zweites Gesetz zur Änderung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch vom [BGBl I 2326] und Gesetz zur Änderung des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom [BGBl I 3024]) gewähren einen solchen Anspruch ebenso wenig wie die über § 16 Abs 1 SGB II in den Leistungskatalog der Grundsicherung für Arbeitsuchende inkorporierten Leistungen des Dritten Buches (SGB III). Zwar kann der zugelassene kommunale Träger nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II ua die im Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III geregelten Leistungen erbringen. Die Gewährung von Fahrkosten für den Besuch einer Schule, die lediglich zu einem schulischen Abschluss führt, gehört indes nicht zu den Zielen der dort geregelten Förderung der beruflichen Weiterbildung und ist deshalb nicht nach §§ 77 ff SGB III förderungsfähig. Dies verdeutlicht rückblickend auch § 77 Abs 3 SGB III in der seit dem geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom (BGBl I 2917), der ausnahmsweise die Förderung von Arbeitnehmern durch Übernahme der Weiterbildungskosten, zu denen gemäß §§ 79 Abs 1 Nr 2, 81 SGB III auch Fahrkosten gehören, zum nachträglichen Erwerb eines Schulabschlusses ermöglicht, dies aber auf den Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen Schulabschluss beschränkt. Die Förderung der Berufsausbildung nach §§ 59 ff SGB III (Fünfter Abschnitt des Vierten Kapitels), die ohnedies nicht die Förderung einer schulischen Ausbildung umfasst (vgl § 60 Abs 1 SGB III), gehört dagegen nicht zu den nach § 16 Abs 1 SGB II in den Leistungskatalog des Zweiten Buches inkorporierten Leistungen des Dritten Buches. Nach dem Regelungskonzept des § 16 SGB II kommt auch eine Förderung nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II hier nicht in Betracht (vgl Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 177).
c) Die Klägerin kann die Übernahme der Fahrkosten vom Beklagten ebenso wenig in dessen Funktion als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII) nach § 73 SGB XII verlangen. Danach können Leistungen (der Sozialhilfe) auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen (Satz 1), wobei die Leistungen als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden können (Satz 2). Abgesehen davon, dass auch einer Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers nach der gesetzgeberischen Konzeption die sondergesetzlich abschließende Regelung der Ausbildungsförderung entgegenstehen dürfte (vgl BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, jeweils RdNr 18 ff und BSG SozR, aaO, Nr 8 RdNr 25 ff), fehlt es an einer besonderen, atypischen Lebenslage, die eine Nähe zu den anderen im Fünften bis Neunten Kapitel des Zwölften Buchs geregelten Bedarfslagen, den unter Geltung des BSHG so bezeichneten "Hilfen in besonderen Lebenslagen", aufzuweisen hat (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 21 f; vgl auch BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 24).
Weder der Schulbesuch noch die dadurch entstandenen Fahrkosten begründen eine atypische Lebenssituation. Anders als bei den Kosten des Umgangsrechts, bei denen die Grundrechte aus Art 6 Abs 2 GG für eine erweiternde Auslegung des § 73 SGB XII streiten (vgl Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom - NJW 1995, 1342 = FamRZ 1995, 86; BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 21 f), ist eine Leistungsgewährung hier verfassungsrechtlich nicht geboten. Zwar begründet insbesondere das in Art 12 Abs 1 Satz 1 GG normierte Grundrecht, Beruf und Ausbildungsstätte frei zu wählen, nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern auch einen Anspruch auf Teilhabe an staatlichen Bildungseinrichtungen. Dieser richtet sich aber vornehmlich auf gleichberechtigten Zugang und nicht auf die Gewährleistung der finanziellen Rahmenbedingungen (BVerfGE 33, 303, 330 ff). Dagegen hat das BVerfG die Frage, ob aus dem Grundgesetz, insbesondere aus Art 12 Abs 1 GG (und subsidiär ggf Art 2 Abs 1 GG) iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1, Art 28 Abs 1 Satz 1 GG) eine Pflicht des Gesetzgebers folgen kann, staatliche Leistungen zur individuellen Ausbildungsförderung vorzusehen, bisher offen gelassen (BVerfGE 96, 330, 339).
Der Gesetzgeber hat jedenfalls die Förderung einer weiterführenden schulischen oder beruflichen Ausbildung mit öffentlichen Mitteln bei Bedürftigkeit des Auszubildenden in den Bestimmungen des BAföG und des Fünften Abschnitts des Vierten Kapitels des Dritten Buches (§§ 59 ff SGB III - Förderung der Berufsausbildung) außerhalb des Systems der existenzsichernden Grundsicherungsleistungen abschließend geregelt (vgl BVerfGE 96, 330, 343; BVerwGE 94, 224, 226 f; BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, jeweils RdNr 17 ff). Dabei hat er die Förderung eines Berufsfachschulbesuchs, der nicht unmittelbar einen berufsqualifizierenden Abschluss vermittelt, in § 2 Abs 1a BAföG nur für den Fall vorgesehen, dass der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt.
Wäre die Klägerin wegen der Förderungsfähigkeit ihrer Ausbildung nach dem BAföG nach § 7 Abs 5 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen, hätte sie mit einem pauschalen Betrag von 412 Euro (vgl § 12 Abs 2 Nr 1 und Abs 3 BAföG in der bis zum geltenden Fassung) ihre gesamten Ausbildungskosten decken müssen, während ihr Bedarf nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Regelleistung in Höhe von 278 Euro und der anteiligen tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung ermittelt wurde. Zwar wurde das Kindergeld bei der Ermittlung ihres Anspruchs berücksichtigt. Insgesamt sind die an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierten Leistungen der Grundsicherung für die Klägerin aber günstiger als die insgesamt pauschalierten und nicht durchgehend bedarfsdeckenden Leistungen der Ausbildungsförderung (vgl , B 14 AS 62/07 R und B 14 AS 63/07 R).
d) Ein Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten steht der Klägerin auch nicht nach § 114 Niedersächsisches Schulgesetz [NSchG] (in der Fassung vom [GVBl 137]) zu. Zwar sind Streitigkeiten über schulrechtliche Ansprüche grundsätzlich gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen. Da nach § 17 Abs 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) das Gericht des zulässigen Rechtswegs aber über den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, hat der erkennende Senat grundsätzlich auch hierüber zu befinden. Allerdings hat das SG entschieden, dass § 114 Abs 1 NSchG die Pflicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg auf den Besuch der dort einzeln und abschließend aufgezählten Schultypen beschränke und dass die Klasse II der Zweijährigen Berufsfachschule Sozialpflege (Pflegevorschule) zu diesen Schultypen nicht zähle. Diese Auslegung nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) durch das SG ist für den erkennenden Senat grundsätzlich bindend (§ 202 SGG iVm §§ 560, 566 Abs 8 Satz 1 Zivilprozessordnung). Sie steht auch mit den Grundrechten der Klägerin aus Art 12 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG in Einklang. Wie dem Bundesgesetzgeber im Bereich der individuellen Ausbildungsförderung wird auch dem Landesgesetzgeber im Bereich der institutionellen Ausbildungsförderung durch das Verfassungsrecht des Bundes ein erheblicher Gestaltungsspielraum eingeräumt. Diesen Spielraum überschreitet der Landesgesetzgeber nicht, wenn er - wie hier der niedersächsische Landesgesetzgeber - eine für die Schülerinnen und Schüler und für die Eltern kostenfreie Schülerbeförderung grundsätzlich nur bis zum Abschluss der Sekundarstufe I und damit so lange sicherstellt, wie alle Schulpflichtigen zum Besuch einer allgemeinbildenden Schule verpflichtet sind.
3. Die Klägerin kann die Gewährung von Fahrkosten entgegen der Rechtsauffassung des SG aber auch nicht in Gestalt eines Darlehens gemäß § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II beanspruchen. Soweit danach im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sach- oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfesuchenden ein entsprechendes Darlehen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der geltend gemachte Bedarf ist bereits nicht von der Regelleistung umfasst (vgl zu Fahrkosten als Schulbedarf nach § 21 Abs 1a Nr 3 BSHG BVerwGE 105, 281). Die Regelleistung umfasst nach § 20 Abs 1 Satz 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie und Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben.
Bei der Bemessung der Regelleistung hat der Gesetzgeber auf das Statistikmodell des Sozialhilferechts abgestellt (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56). Grundlage für die Bemessung der Regelsätze in der Sozialhilfe ist der aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) abzuleitende Eckregelsatz (§ 2 Abs 1 Regelsatzverordnung [RSV] vom [BGBl I 2004, 1067]). Der Eckregelsatz wiederum setzt sich zusammen aus der Summe der Verbrauchsausgaben in bestimmten Abteilungen, die in der jeweils maßgeblichen EVS festgelegt sind. Der regelsatzrelevante Anteil der jeweiligen Einzelposition wird normativ wertend festgelegt. Als Einzelposition sind in der Abteilung 07 auch die Aufwendungen für Verkehr, die auch die Kosten von Personenbeförderung und Verkehrsdienstleistungen umfassen, mit einem Anteil von 26 vH berücksichtigt (§ 2 Abs 2 RSV; vgl BSG SozR 4-4200 § 59 Nr 1 RdNr 22: 19,18 Euro), während die in Abteilung 10 ausgewiesenen Aufwendungen für Bildung als "insgesamt nicht regelsatzrelevant" (BR-Drucks 206/04 S 6) bei der Bildung des Regelsatzes vollständig ausgeklammert worden sind. Da es sich bei den Aufwendungen für die Schülermonatskarte um spezifisch ausbildungsbedingte Kosten handelt (s oben 2a), sind sie von der Regelleistung nicht umfasst.
Selbst wenn man aber mit dem SG annehmen wollte, dass die Aufwendungen für die Schülermonatskarte von der Regelleistung umfasst sind (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom - L 7 AS 666/07 ER - info also 2008, 227), käme eine Darlehensgewährung deshalb nicht in Betracht, weil es sich um wiederkehrende Bedarfe und nicht um einen Bedarf im Einzelfall handelt. Ein Darlehen für Dauerbedarfe würde wegen der in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II angeordneten Aufrechnung zu einer belastenden Hypothek für die Zukunft (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 20). Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass angesichts der streitigen monatlichen Beträge und der Höhe der in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II vorgesehenen Aufrechnung ein Darlehen ad absurdum geführt würde.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs 1 SGG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
OAAAD-43707