BVerwG Urteil v. - 8 C 9.09

Leitsatz

Leitsatz:

Börsennotierungsgebühren nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 BörsG a.F. (2002) stellen, soweit der Gebührentatbestand nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Emittentin erfüllt wurde, Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO dar und sind durch Bescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen.

Gesetze: InsO § 35 Abs. 1, §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, § 80 Abs. 1, §§ 174, 218 Abs. 1 Satz 1; BörsG a.F. (Börsengesetz vom <BGBl. I S. 2010>, hier in der Fassung der Änderung durch Gesetz vom <BGBl. I S. 2437 [3095]>)§ 14 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 5, §§ 24, 25, 30 Abs. 2, § 64 Abs. 3; Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: )§ 90 Abs. 4; Gebührenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: )§ 4 Abs. 2, §§ 13, 14, 15, Tabelle VIII

Instanzenzug: VG Frankfurt am Main, 1 E 2408/07 (1) vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: ja

Gründe

I

Der Kläger wendet sich als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R. AG gegen die Heranziehung zu Notierungsgebühren der Beklagten für das Jahr 2006.

Die Aktien der R. AG wurden vom bis zum am "Neuen Markt" (Marktsegment Freiverkehr) der Beklagten gehandelt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Ch. vom wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Gemäß § 90 Abs. 4 der Börsenordnung der Beklagten in der damals geltenden, zum in Kraft getretenen Fassung (BörsO FWB 2003) veranlasste die Geschäftsführung der Beklagten zum die Einführung der Aktien der Insolvenzschuldnerin im geregelten Markt (Marktsegment General Standard). Dort wurden die Aktien seitdem fortlaufend notiert.

Mit Bescheid vom , der an den Kläger adressiert war und diesem nach eigenen Angaben am zuging, setzte die Beklagte die Gebühr für die Notierung der Aktien der Insolvenzschuldnerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. Tabelle VIII der Gebührenordnung der Beklagten in der damals geltenden, zum in Kraft getretenen Fassung (GebO FWB 2006) auf 7 500 EUR fest. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom zurück.

Am hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und geltend gemacht, die Notierungsgebühr sei nach § 38 Insolvenzordnung (InsO) als Insolvenzforderung einzuordnen, weil sie bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Zulassung und Einführung der Aktien an der Börse begründet worden sei. Gebührenschuldner könne nach § 4 Abs. 2 GebO FWB 2006 nur die Insolvenzschuldnerin sein. Der Kläger habe weder die Zulassung der Aktien veranlasst, noch verwalte er die darin verkörperten Gesellschaftsanteile. Deshalb sei er auch nicht berechtigt, die Aufhebung der Börsenzulassung der Aktien (Delisting) zu beantragen.

Mit dem angegriffenen Urteil vom hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die streitige Gebührenforderung sei nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit einzuordnen, die auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch durch Bescheid geltend gemacht werden könne. Der Gebührentatbestand werde nicht durch die Zulassung oder Einführung der Aktien erfüllt, sondern allein durch deren Notierung, also die börsentägliche Ermittlung des Börsenpreises der Wertpapiere. Dass diese Leistung von der Zulassung und der Einführung zu unterscheiden sei, ergebe sich bereits aus der getrennten Regelung der jeweiligen Gebühren in §§ 11 bis 15 GebO FWB 2006. Unabhängig von einer aktiven Handlung des Insolvenzverwalters im Sinne der ersten Alternative des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei die Notierungsgebühr jedenfalls nach der zweiten Tatbestandsalternative "in anderer Weise" durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden. Die fortlaufende Notierung der Aktien der Insolvenzschuldnerin habe den Gebührentatbestand erfüllt. Der Kläger habe die Notierung hingenommen und kein Delisting beantragt. Wegen seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO habe die Beklagte die Gebührenschuld auch ihm gegenüber festsetzen dürfen. Der Gebührenbefreiungstatbestand des § 15 Abs. 3 GebO FWB 2006 greife nicht ein.

Nach Zustellung des Urteils am hat der Kläger am mit schriftlicher Zustimmung der Beklagten vom die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Mit seiner fristgerecht eingereichten Revisionsbegründung rügt er einen Verstoß gegen § 55 InsO. Als Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger im Insolvenzverfahren müsse die Vorschrift eng ausgelegt werden. Sie verlange einen Bezug zur Insolvenzmasse, den die Börsennotierungsgebühr nicht aufweise. Zur Masse gehörten weder die in Fremdbesitz befindlichen Aktien der Insolvenzschuldnerin noch die Börsenzulassung der Wertpapiere. Da der Kläger gegenüber den Gesellschaftsorganen nicht befugt sei, ein Delisting der Aktien zu beantragen, und der Widerruf der Börsenzulassung im Ermessen der Beklagten stehe, könne eine Masseverbindlichkeit nicht aus dem Unterbleiben eines solchen Antrags hergeleitet werden. Außerdem sei die Notierungsgebühr bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden, da die Notierung die Zulassung der Aktien zum Wertpapierhandel und deren Einführung voraussetze. Für die Abhängigkeit des Gebührentatbestandes von der Zulassung spreche schließlich, dass der Antragsteller der Zulassung Gebührenschuldner sei.

Der Kläger beantragt,

1.

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom sowie der Bescheid der Beklagten vom in der Form des Widerspruchsbescheides vom werden aufgehoben,

2.

unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus, die Bestimmung der Person des Gebührenschuldners nach § 4 Abs. 2 GebO FWB 2006 lasse keine Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Erfüllung des Gebührentatbestandes zu. Dieser knüpfe auch nicht an die Inhaberschaft der Aktien an, sondern an die Eigenschaft der Insolvenzschuldnerin als Emittentin. Als Verwalter ihres Vermögens sei nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - zumindest im Außenverhältnis - allein der Kläger befugt, das Delisting der Aktien zu beantragen.

Der Vertreter des Bundesinteresses verteidigt ebenfalls das angegriffene Urteil, stellt jedoch keinen Antrag.

II

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist unbegründet. Das angegriffene Urteil verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Seine Annahme, die Beklagte habe die Notierungsgebühren für das Jahr 2006 als Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO durch Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger festsetzen dürfen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden dürfen, da sie vorweg aus der Masse zu berichtigen sind und nicht, wie bloße Insolvenzforderungen gemäß §§ 38, 174 InsO, zur Tabelle angemeldet werden müssen.

2. Das angegriffene Urteil ordnet die streitige Gebührenforderung auch zu Recht als Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ein. Der Tatbestand dieser Vorschrift setzt voraus, dass die betreffende Forderung durch eine Handlung des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurde. Zur Masse gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Insolvenzschuldner im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.

Die beiden Tatbestandsalternativen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO nehmen die frühere Differenzierung zwischen Massekosten und Masseschulden auf. Danach umfasst § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO alle Forderungen, die durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters innerhalb seines amtlichen Wirkungskreises einschließlich deliktischer Handlungen und pflichtwidriger Unterlassungen begründet werden (Uhlenbruck/Berscheid, in: Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 55 Rn. 7 und 44; Hefermehl, in: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2007, § 55 Rn. 69). Der zweiten Tatbestandsalternative, den "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten, sind Abgabenforderungen zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betreffen. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Abgabentatbestand durch ein Verhalten des Insolvenzverwalters oder durch andere Tatsachen erfüllt ist. Vielmehr genügt, dass die Abgabenforderung selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde (vgl. - BFHE 218, 435; Uhlenbruck/Berscheid, a.a.O., § 55 Rn. 30; Hefermehl, a.a.O., § 55 Rn. 74 f.; Wittkowski, in: Nerlich/Römermann, § 80 InsO, Stand: Mai 2000, Rn. 138 f. und 148 f.).

Zu Recht zählt das Verwaltungsgericht die hier streitige Notierungsgebühr zu den unter § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO fallenden massebezogenen Abgabenforderungen. Allerdings grenzt es die beiden Tatbestandsalternativen nicht ganz zutreffend voneinander ab, da es die erste durch Auslegen des Handlungsbegriffs im Sinne aktiven Tuns zu sehr einschränkt, und das Hinnehmen der weiteren Aktiennotierung durch den Insolvenzverwalter im Rahmen der zweiten Tatbestandsalternative erörtert. Dem liegt aber nicht die irrige Annahme zugrunde, die zweite Alternative setze, wie die erste, ein rechtlich erhebliches Verhalten des Insolvenzverwalters voraus. Vielmehr stellt das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf ab, dass der Gebührentatbestand gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 Börsengesetz vom (BGBl. I S. 2010) in der hier einschlägigen, im Zeitpunkt der Gebührenfestsetzung geltenden Fassung der Änderung durch das Gesetz vom (BGBl. I S. 2437 <3095>) - BörsG a.F. - i.V.m. § 15 Abs. 1 und Tabelle VIII GebO FWB 2006 nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt wurde.

a) Entgegen der Auffassung der Revision setzt der nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO erforderliche Bezug der für das Jahr 2006 angefallenen Börsennotierungsgebühr zur Insolvenzmasse nicht voraus, dass die notierten Aktien selbst oder ihre Börsenzulassung Bestandteil der Insolvenzmasse waren. Es genügt, dass der mit der fortlaufenden Notierung erfüllte Anspruch der Emittentin auf börsentägliche Ermittlung des Börsenpreises ihrer Aktien zum Vermögen der Insolvenzschuldnerin als Inhaberin des von ihr geführten börsennotierten Unternehmens gehörte.

Die Börsennotierungsgebühr stellt das Entgelt für die börsentägliche Notierung dar, die der Emittent aufgrund der Börsenzulassung seiner Wertpapiere beanspruchen kann. Das Börsenbenutzungsverhältnis der Insolvenzschuldnerin entstand bereits mit der Börsenzulassung ihrer Aktien vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es war nach § 90 Abs. 4 BörsO FWB 2003 in einer Weise ausgestaltet, die eine Einführung der Aktien im geregelten Markt nach deren Ausscheiden aus dem Neuen Markt ermöglichte. Revisionsrechtlich relevante Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der gebührenpflichtigen weiteren Notierung im geregelten Markt sind weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich.

Dass der Anspruch auf Börsennotierung der Aktien nicht selbstständig verwertet werden kann, steht seiner Zuordnung zur Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO nicht entgegen. Ist der Insolvenzschuldner Inhaber eines Handelsunternehmens, fällt dieses als solches in die Masse. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass die einzelnen zum Unternehmensvermögen gehörenden Rechte im Wege der Einzelzwangsvollstreckung zu verwerten sind. Deshalb gehören zur Insolvenzmasse beispielsweise auch der Goodwill, die Lizenzen und die öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse oder Konzessionen des Unternehmensträgers (vgl. Uhlenbruck, a.a.O., § 35 InsO Rn. 20). Der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Börsennotierung der Wertpapiere des Unternehmens zählt ebenfalls dazu, gleich ob er bereits mit der Zulassung der Aktien - auch - zum geregelten Markt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben wurde (§ 35 Abs. 1 Alt. 1 InsO), oder wegen der aufschiebenden Bedingung des Ausschlusses vom Neuen Markt gemäß § 90 Abs. 4 BörsO FWB 2003 erst mit der Einführung der Aktien im geregelten Markt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO).

Wegen der Massezugehörigkeit des Anspruchs auf die Notierung der Aktien ist unerheblich, dass diese selbst nicht - ebenfalls - zur Insolvenzmasse gehören. Auch auf die Frage, ob ihre Börsenzulassung der Masse zuzuordnen ist (vgl. - verneinend - BVerwG 6 C 4.04 - BVerwGE 123, 203 <214 f.> = Buchholz 451.66 WpHG Nr. 1; Ott/Brauckmann, ZIP 2004, 2117 <2119 ff.>), kommt es nicht an. Weder der Aktienbesitz noch die Börsenzulassung sind Tatbestandselemente des Gebührentatbestandes. Dass die Notierung die Zulassung voraussetzt, lässt die gebührenrechtliche Differenzierung zwischen beiden nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 und 5 BörsG a.F. nicht entfallen. Das Erheben der Notierungsgebühr knüpft allein an die Erfüllung des Anspruchs auf Börsennotierung im Rahmen des Börsenbenutzungsverhältnisses an. Dieser Anspruch steht der Insolvenzschuldnerin als Emittentin zu.

Für den Massebezug der Gebührenforderung ist auch gleichgültig, ob der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO - zumindest im Außenverhältnis zur Beklagten - allein ein Delisting der Aktien beantragen, oder ob der Antrag nur gemeinsam mit den gesellschaftsrechtlich zuständigen Organen oder gar nur von diesen gestellt werden kann. Die für den Massebezug maßgebliche Zuordnung des Notierungsanspruchs zur Insolvenzmasse hängt nicht davon ab, ob und in welchem Umfang die Befugnis zur Abgabe von Willenserklärungen, die zum Erlöschen des Anspruchs führen, auf den Insolvenzverwalter übergegangen, oder bei den Organen der Insolvenzschuldnerin verblieben ist.

Entgegen der Auffassung der Revision schließt die Systematik des Börsen- und Insolvenzrechts eine Einordnung der Gebührenpflicht als Masseverbindlichkeit nicht aus. Ein systematischer Widerspruch ergibt sich weder aus §§ 24, 30 Abs. 2 BörsG a.F. noch aus § 155 InsO. §§ 24 f. BörsG a.F. regeln nur die Ermittlung des Börsenpreises, nicht die Erhebung der Notierungsgebühr als der Gegenleistung dafür. Dass die Emittentin nach § 30 Abs. 2 BörsG a.F. die Börsenzulassung der Wertpapiere beantragen kann, und dass § 4 Abs. 2 GebO FWB 2006 die Gebührenpflicht dem Emittenten oder dem Antragsteller der Zulassung auferlegt, schließt nicht aus, die Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Emittentin gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Der in § 80 Abs. 1 InsO angeordnete Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis erfasst sämtliche die Insolvenzmasse betreffenden öffentlich-rechtlichen Pflichten einschließlich der massebezogenen Abgabenpflichten (Hefermehl, a.a.O., § 55 Rn. 74 f. und 100; Andres, in: Nerlich/Römermann, § 55 InsO, Stand: Mai 2007, Rn. 62 ff.), zu denen die Notierungsgebühr gehört. § 155 Abs. 1 InsO, der den Insolvenzverwalter verpflichtet, die auf die Masse bezogene Buchführung und Rechnungslegung zu übernehmen, trifft keine Regelung zur Einordnung abgabenrechtlicher Forderungen.

Das entstehungsgeschichtliche Argument der Revision, der Gesetzgeber habe den Beitrag des Insolvenzverwalters zur Erfüllung kapitalmarktrechtlicher Pflichten möglichst gering halten und für ihn keine weiteren Haftungsrisiken eröffnen wollen (vgl. die Gesetzesmaterialien zu § 42a BörsG a.F., BTDrucks 16/2498 S. 53), schließt eine Einordnung der Gebührenforderung als Masseverbindlichkeit ebenfalls nicht aus. Die Erwägung bezieht sich auf eine Belastung des Insolvenzverwalters mit ordnungsrechtlichen Pflichten, nicht auf die Erfüllung massebezogener Abgabenschulden.

Auch der Sinn und Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht einer Anwendung der zweiten Alternative der Vorschrift auf Börsennotierungsgebühren nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Revision begründet die Vorschrift keine Ausnahme von einem - dem Gesetz nicht zu entnehmenden - Grundsatz, Verbindlichkeiten prinzipiell als Insolvenzforderungen einzuordnen. Vielmehr soll die Regelung der Masseverbindlichkeiten sämtliche Forderungen erfassen, die durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse ausgelöst werden, und damit Gläubigern, die nach Verfahrenseröffnung ihre Leistungen in vollem Umfang zur Masse erbringen müssen, eine vorgezogene, nicht auf die Quote beschränkte Befriedigung des Anspruchs auf die Gegenleistung gewährleisten (vgl. Hefermehl, a.a.O., § 55 Rn. 14 f.).

b) Zu Recht ist das Verwaltungsgericht schließlich davon ausgegangen, dass die Notierungsgebührenforderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde. Maßgeblich dafür ist die Erfüllung des Gebührentatbestandes des § 14 Abs. 1 Nr. 5 BörsG a.F. Nach § 15 Abs. 1 i.V.m. Tabelle VIII GebO FWB 2006 wurde der Tatbestand der Notierungsgebühr für das Jahr 2006 jeweils mit der ersten Notierung pro Quartal dieses Jahres erfüllt, auch wenn die Gebühr nur jährlich fällig wurde.

Die Anwendung des Gebührentatbestandes war auch nicht etwa nach § 64 Abs. 3 BörsG a.F. (vgl. § 15 Abs. 2 GebO FWB 2006) ausgeschlossen. Danach ist § 14 Abs. 1 Nr. 5 BörsG a.F. auf Wertpapiere, deren Laufzeit wie die der Aktien der Insolvenzschuldnerin nicht bestimmt ist und die am weniger als 10 Jahre an einer inländischen Börse eingeführt waren, erst mit Ablauf von 10 Jahren seit der Einführung anzuwenden. Diese Vorschrift stellt eine Vertrauensschutzregelung zu Gunsten von Emittenten dar, deren Wertpapiere innerhalb des festgelegten Zeitraums vor dem gesetzlichen Stichtag an der Börse eingeführt worden waren. Die von ihnen nach damaligem Recht erhobene Einführungsgebühr deckte bis zum Inkrafttreten des BörsG a.F. auch den Aufwand der laufenden Notierung. Auf die im Einführungszeitpunkt noch nicht bestehende, zusätzliche Belastung mit der in § 14 Abs. 1 Nr. 5 BörsG a.F. eingeführten Notierungsgebühr sollte diese Emittenten sich innerhalb einer (mindestens) 10-jährigen Übergangsfrist einstellen können. Dagegen bedurften Emittenten wie die Insolvenzschuldnerin, deren Wertpapiere erst nach dem Stichtag im amtlichen oder geregelten Markt eingeführt worden waren, dieses Schutzes nicht, da die geänderte Rechtslage im Zeitpunkt der Einführung bereits bestand.

Gegen die Höhe der Gebührenfestsetzung bestehen revisionsrechtlich keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 7 500 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG; maßgebend war die Höhe der festgesetzten Gebühr.

Fundstelle(n):
XAAAD-40000