BVerwG Urteil v. - 10 C 24.08

Leitsatz

Leitsatz:

1. Ob Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG vorliegen, bestimmt sich gegenwärtig in erster Linie nach den im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom ausgeformten Tatbeständen dieser Delikte.

2. In einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt können Kriegsverbrechen nicht nur gegenüber der Zivilbevölkerung, sondern auch gegenüber Kämpfern der gegnerischen Partei begangen werden.

3. Werden Kampfhandlungen von Kämpfern in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst, erfüllen sie in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (Nr. 2).

Gesetze: AsylVfG § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 2; AuslG 1990 § 51 Abs. 3 Satz 2; AufenthG § 60 Abs. 8 Satz 2 (a.F.); AufenthG § 60 Abs. 1 Satz 1; Charter of the International Military Tribunalvom Art. VIGFK Art. 1 F, Art. 33 Abs. 2; IStGH-Statut Art. 7, Art. 8, Art. 25, Art. 27, Art. 28; VwGO § 108 Abs. 1, § 137 Abs. 2, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2; Richtlinie 2004/83/EG Art. 4 Abs. 4, Art. 8 Abs. 1, Art. 12 Abs. 2; Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Art. 14 Abs. 2

Instanzenzug: VG Wiesbaden, VG 5 E 1545/01 .A(2) vom VGH Hessen, VGH 3 UE 411/06 .A vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: ja; Fachpresse: ja

Gründe

I

Der Kläger, ein aus Tschetschenien stammender russischer Staatsangehöriger, erstrebt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Der 1965 geborene Kläger reiste zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Söhnen im Juni 2001 auf dem Landweg nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Zur Begründung gab er an, dass er von 1994 bis 1995 bei der Sicherheitsabteilung der Polizei gearbeitet und danach am ersten Tschetschenienkrieg teilgenommen habe. Von 1996 bis 1999 sei er im tschetschenischen Sicherheitsdienst bei der Staatssicherheit im "Ministerium des Schariats" tätig gewesen. Dessen Tätigkeit erläuterte er dahingehend, dass dem schariatischen Dienst Personen gemeldet worden seien, die sich nicht nach der Scharia gerichtet hätten; diese seien dann einem schariatischen Gericht übergeben worden. Von 1999 bis zur Ausreise habe er in der gleichen Gruppierung wie sein Neffe gekämpft, dem Kläger im Verfahren BVerwG 10 C 23.08. Tagsüber hätten sie sich versteckt und nachts Anschläge mit Granatwerfern und Maschinengewehren auf russische Truppen verübt. Russische Sicherheitskräfte hätten nach ihm gesucht und sein Haus durch Beschuss komplett zerstört; seine Mutter habe deshalb einen Herzanfall erlitten und sei verstorben. Er sei kriegsmüde und sein Bruder habe ihm nach dem Tod der Mutter zur Ausreise geraten.

Mit Bescheid vom lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) den Asylantrag ab, stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Russische Föderation an.

Im Parallelverfahren seines Neffen hat das Auswärtige Amt auf Anfrage des Verwaltungsgerichts mitgeteilt, dass der Oberbefehlshaber B., dem die Kampfgruppe nach Angaben des Neffen unterstanden habe, einer der Anführer der tschetschenischen Terroristen gewesen sei, die im Oktober 2002 in einem Moskauer Musical-Theater über 700 Theaterbesucher als Geiseln genommen hätten. Er sei - wie alle anderen Geiselnehmer - von russischen Sicherheitskräften bei der Befreiungsaktion getötet worden.

Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch auf Zuerkennung von Asyl abgetrennt und die Klage insoweit mit Gerichtsbescheid vom als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Mit Urteil vom hat es die Klage im Übrigen abgewiesen, weil der Vortrag des Klägers unglaubhaft sei.

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom die Beklagte unter Aufhebung des Urteils erster Instanz verpflichtet, für den Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen. Er hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger vorverfolgt aus Tschetschenien ausgereist sei. Sein Leben und seine Freiheit seien allein wegen seiner tschetschenischen Volkszugehörigkeit unmittelbar bedroht gewesen. Zusätzlich sei der Kläger aber auch aus individuellen Gründen vorverfolgt. Ihm habe nach seinen glaubhaften Angaben die Verhaftung mit flüchtlingsrelevanten Übergriffen durch russische Sicherheitskräfte unmittelbar gedroht, die nicht durch legitime Terrorismusbekämpfung gerechtfertigt sei. Gemäß Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG komme es auf die zusätzliche Prüfung einer internen Schutzmöglichkeit zum Ausreisezeitpunkt nicht mehr an. Der Kläger könne weder nach Tschetschenien noch in andere Gebiete der Russischen Föderation zurückkehren, da keine stichhaltigen Gründe dagegen sprächen, dass er nicht erneut von einer solchen Verfolgung bedroht wäre. Es sei davon auszugehen, dass den russischen Sicherheitskräften sowohl seine Tätigkeit unter der Regierung Maschadow als auch seine Aktivitäten als Tschetschenienkämpfer bekannt seien und er daher als Terrorist gesucht werde. Bei Rückkehr in sein Heimatland drohten ihm flüchtlingsrechtlich relevante Übergriffe. Für den Kläger sei die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nicht gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG ausgeschlossen. Er habe sich zwar nach eigenen Angaben an der Tötung russischer Soldaten beteiligt. Seine Kampfeinsätze seien jedoch keine Maßnahmen gegen die Zivilbevölkerung, sondern Teil kriegerischer Auseinandersetzungen gewesen und erfüllten die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG nicht. Auch die Nr. 2 der Vorschrift sei nicht gegeben. Zwar könnten die von dem Kläger beschriebenen Überfälle auf russische Sicherheitskräfte durchaus als verbrecherische Handlungen qualifiziert werden; ihnen sei jedoch weder der politische Hintergrund abzusprechen noch richteten sie sich gegen die Zivilbevölkerung. Die die Autonomie Tschetscheniens verteidigenden Rebellen hätten sich in einer Selbstverteidigungslage gegenüber den russischen Besatzern geglaubt. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG greife nicht, da den Aktivitäten des Klägers die dafür erforderliche internationale Dimension fehle.

Mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision rügt die Beklagte die fehlerhafte Handhabung der Ausschlussgründe. Das Berufungsgericht habe § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG unzutreffend ausgelegt, da auch Maßnahmen gegen Kombattanten Kriegsverbrechen sein könnten. Für seine Annahme, die Voraussetzungen der Ausschlussgründe seien nicht erfüllt, reiche die allein auf die Aussagen des Klägers gestützte Würdigung des Berufungsgerichts nicht aus; entsprechendes gelte für die Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG. Schließlich habe das Berufungsgericht auch hinsichtlich der Mitwirkung des Klägers an der Anwendung der Scharia den Ausschlusstatbestand eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit vernachlässigt.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Es seien keine Tatsachen festgestellt worden, welche die Anwendung der Ausschlussgründe rechtfertigen könnten. Der völkerstrafrechtliche Hintergrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG verbiete es, die beweisrechtlichen Grundsätze zu weit von den strafverfahrensrechtlichen Maßstäben zu lösen. Wegen des Ausnahmecharakters der Ausschlussgründe müssten die individuellen Umstände und Tatsachen besonders sorgfältig und erschöpfend ermittelt und festgestellt werden. Die Nr. 1 der genannten Vorschrift könne keine Anwendung finden, denn die Aktionen der Kampfgruppe des Klägers hätten sich ausschließlich gegen den militärischen Gegner gerichtet. Im Zeitpunkt der Teilnahme des Oberbefehlshabers B. an dem terroristischen Angriff auf das Musical-Theater in Moskau im Oktober 2002 habe sich der Kläger bereits im Bundesgebiet befunden. Auch die Nr. 2 der Vorschrift greife nicht, denn es gebe keinerlei Hinweise dafür, dass der die Autonomie Tschetscheniens verteidigende Kläger an mit humanitärem Völkerrecht unvereinbaren Kampfeinsätzen gegenüber Kombattanten oder Übergriffen auf die Zivilbevölkerung beteiligt gewesen sei. Im Übrigen werde der Kläger nicht wegen seiner früheren Berufstätigkeit als Polizist verfolgt, so dass die Wechselbezüglichkeit von Verfolgungs- und Ausschlussgrund fehle.

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe § 3 Abs. 2 AsylVfG fehlerhaft angewendet. Es habe auf der Grundlage seiner eigenen Feststellungen hinreichend Anlass zu einer intensiveren Prüfung bestanden, ob die Flüchtlingsanerkennung des Klägers wegen seiner Zugehörigkeit zu den tschetschenischen Rebellen und deren Kampfführung ausgeschlossen sei. Zudem komme bei der Mitwirkung des Klägers an der Anwendung der Scharia der Ausschlusstatbestand eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Betracht.

II

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unter Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) bejaht. Zwar ist seine Würdigung, bei dem aus individuellen Gründen als vorverfolgt anzusehenden Kläger sprächen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass er bei Rückkehr nach Tschetschenien erneut von solcher Verfolgung bedroht werde und auch keine Möglichkeit internen Schutzes in anderen Regionen der Russischen Föderation bestehe, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden (1.). Das Berufungsgericht hat aber das Vorliegen der Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG mit einer Begründung verneint, die einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhält (2.). Da der Senat über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend selbst entscheiden kann, ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (3.).

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Begehrens auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 und 4 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 1798) sowie § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 162). Die in diesen Bekanntmachungen berücksichtigten Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom (BGBl. I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz -, die am in Kraft getreten sind, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu Recht der am ergangenen Berufungsentscheidung zugrunde gelegt.

1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft u.a. deshalb zugesprochen, weil ihm in Tschetschenien eine individuelle politische Verfolgung unmittelbar gedroht habe. Er habe mit sofortiger Verhaftung und damit einhergehenden flüchtlingsrelevanten Übergriffen der russischen Sicherheitskräfte rechnen müssen. Bei ihm als Vorverfolgtem könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er bei einer Rückkehr wegen seiner Tätigkeit im Sicherheitsdienst unter Maschadow und der Teilnahme am bewaffneten Kampf als Terrorist gesucht werde und es bei einer Verhaftung zu Übergriffen der Sicherheitskräfte komme. Ihm stehe im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung auch keine Möglichkeit internen Schutzes in anderen Regionen der Russischen Föderation offen. Diese Begründung, die die angefochtene Entscheidung unabhängig von den Ausführungen zur Gruppenverfolgung trägt, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf in Anwendung dieses Abkommens ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EG Nr. 1 304 S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).

a) Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), drohte dem Kläger im Zeitpunkt seiner Ausreise - belegt durch die mehrfachen Hausdurchsuchungen - unmittelbar die Verhaftung. Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar - d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit - drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss (vgl. BVerwG 9 C 91.90 u.a. - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 143 S. 289 <291 f.> und vom - BVerwG 9 C 45.92 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 166 S. 403 <404 ff.>). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht festgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass eine Verhaftung mit einer schweren menschenrechtswidrigen Behandlung durch die russischen Sicherheitskräfte einhergegangen wäre, weil mit Rebellen und Mitgliedern der Regierung Maschadow im Zweifelsfall "kurzer Prozess" gemacht worden sei. Eine Anwendung physischer Gewalt der im Berufungsurteil festgestellten Art stellt sich als schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte - hier des Verbots unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK - dar und erfüllt damit den Tatbestand einer Verfolgungshandlung (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/83/EG). Die drohende Verfolgung ging dabei von russischen Sicherheitskräften und somit unmittelbar vom Staat aus (§ 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a AufenthG i.V.m. Art. 6 Buchst. a der Richtlinie). Das Vorliegen von flüchtlingsrechtlich unbeachtlichen Exzesstaten hat das Berufungsgericht angesichts der großen Zahl nicht geahndeter Übergriffe zu Recht ausgeschlossen.

b) § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG setzt des Weiteren voraus, dass die geschützten Rechtsgüter wegen der Rasse des Ausländers, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sind. Auch gemeinschaftsrechtlich ist eine Verfolgungshandlung für die Flüchtlingsanerkennung nur dann relevant, wenn sie an einen der in Art. 10 der Richtlinie 2004/83/EG genannten Verfolgungsgründe anknüpft (Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie). Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe reicht es aus, wenn diese Merkmale dem Antragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts knüpfte die dem Kläger drohende individuelle Verfolgung an seine tschetschenische Volkszugehörigkeit, die Tätigkeit für die Regierung Maschadow und den Verdacht der Zugehörigkeit zu den Rebellen an. Darin liegt eine Kombination der Verfolgungsgründe der Rasse und der politischen Überzeugung. Die zu befürchtenden Maßnahmen der Sicherheitskräfte hätten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine legitime Terrorismus- und Separatismusbekämpfung bei Weitem überschritten; sie lassen sich nicht mit der Verfolgung angemessener Sicherheitsinteressen des Staates und dem Rechtsgüterschutz rechtfertigen. Deshalb spricht eine Vermutung dafür, dass die Verfolgungsmaßnahmen den Einzelnen zumindest auch wegen asylerheblicher Merkmale treffen und daher politische Verfolgung darstellen (vgl. BVerwG 9 C 28.99 - BVerwGE 111, 334 <340 f.>).

c) Die vom Berufungsgericht für den Kläger gestellte Verfolgungsprognose ist als in erster Linie tatrichterliche Würdigung revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Da der Kläger individuell verfolgt worden ist und sein Heimatland kurz darauf verlassen hat, kommt ihm - ohne dass es auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Gruppenverfolgung tschetschenischer Volkszugehöriger ankäme - die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG zugute. Nach dieser Bestimmung ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Eine Vorverfolgung kann nicht mehr wegen einer zum Zeitpunkt der Ausreise bestehenden Fluchtalternative in einem anderen Teil des Herkunftsstaates verneint werden ( BVerwG 10 C 52.07 - BVerwGE 133, 55 Rn. 29). Mit anderen Worten greift im Rahmen der Flüchtlingsanerkennung die Beweiserleichterung auch dann, wenn im Zeitpunkt der Ausreise keine landesweit ausweglose Lage bestand.

Zur Überzeugung des Berufungsgerichts sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei Rückkehr nach Tschetschenien oder in andere Regionen der Russischen Föderation erneut von staatlicher Verfolgung durch die russischen Sicherheitskräfte bedroht wird. Dieser Prognose liegt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs zugrunde, dass der Kläger den russischen Sicherheitskräften als Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts unter Maschadow und als Tschetschenienkämpfer bekannt ist und er daher als Terrorist gesucht wird. Die Prognose des Berufungsgerichts gründet sich auf einer den Anforderungen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügenden Tatsachenfeststellung. Die darauf aufbauende tatrichterliche Einschätzung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei einer Rückkehr von russischen Sicherheitskräften aufgegriffen und dann misshandelt werde, erscheint nicht spekulativ, sondern nachvollziehbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Würdigung auf mehrere Quellen gestützt und ausreichend begründet; revisionsgerichtlich ist dagegen nichts zu erinnern.

Da dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Verfolgung durch russische Sicherheitskräfte unmittelbar drohte und er diese bei einer Rückkehr erneut zu befürchten hat, braucht hier nicht entschieden zu werden, ob Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG mit der Formulierung "solche Verfolgung" einen inneren Zusammenhang zwischen festgestellter Vorverfolgung und drohender Verfolgung voraussetzt (vgl. dazu Vorlagebeschluss des Senats vom - BVerwG 10 C 33.07 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 19 Rn. 41).

d) Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, dass dem Kläger keine Möglichkeit internen Schutzes in anderen Regionen der Russischen Föderation offen steht. Ob in dem vorliegenden Fall, in dem das Berufungsgericht von einer dem Kläger landesweit drohenden Verfolgung durch den Staat ausgegangen ist, überhaupt interner Schutz zu prüfen ist, kann dahinstehen. Das Berufungsgericht hat bereits die erste Voraussetzung des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie, derzufolge in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bestehen darf, verneint. Es hat den Kläger dabei von der Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG profitieren lassen. Das begegnet keinen Bedenken ( BVerwG 10 C 21.08 - [...] Rn. 22 ff.).

2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht § 3 Abs. 2 AsylVfG der Flüchtlingseigenschaft des Klägers nicht entgegen. Zwar habe der Kläger nach eigenen Angaben während des zweiten Tschetschenienkriegs mit anderen Rebellen in einer Kampfgruppe Anschläge auf russische Einheiten verübt und russische Soldaten getötet. Seine Teilnahme an kriegerischen Auseinandersetzungen, bei denen die Zivilbevölkerung nicht in Mitleidenschaft gezogen worden sei, erfülle jedoch nicht die Voraussetzungen der Ausschlussgründe. Diese Annahme schöpft den Begriff des Kriegsverbrechens in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG nicht aus. Sie verletzt zudem § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG, weil sie allein auf die Angaben des Klägers gestützt ist und damit auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage beruht.

a) Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG), vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu einer derartigen Straftat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Mit den seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes nunmehr im Asylverfahrensgesetz geregelten Ausschlussgründen für die Flüchtlingsanerkennung hat der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Diese gemeinschaftsrechtliche Regelung geht ihrerseits auf die schon in Art. 1 F des Abkommens vom über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II, 559) - Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - aufgeführten Ausschlussgründe zurück.

b) Die Vorstellung einer Begrenzung des Asyls findet sich bereits bei Hugo Grotius (De iure belli ac pacis, 1625, L. II, Cap. XXI, § 5). Danach genießt Asyl nur, wer unter "unverdienter Verfolgung" leidet; der Schutz bleibt jedoch denjenigen vorenthalten, die Unrecht gegen andere oder gegen die menschliche Gesellschaft verübt haben. Dieser Gedanke hat in den - sich voneinander nicht substanziell unterscheidenden - Ausschlussregelungen der Art. 1 F GFK, Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG und § 3 Abs. 2 AsylVfG seinen Niederschlag gefunden.

aa) Die schon in der Genfer Flüchtlingskonvention erfassten Ausschlussgründe lassen sich auf zwei Regelungen zurückführen: In den Beratungen des Abkommens wurde auf die Constitution of the International Refugee Organization (IRO) vom zurückgegriffen, die den Flüchtlingsbegriff auf "bona fide refugees" beschränkte und davon u.a. "war criminals" ausnahm. Zum anderen diente als Vorbild Art. 14 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom , demzufolge das Asylrecht nicht in Anspruch genommen werden kann im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich auf Grund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder auf Grund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.

Bei Ausarbeitung des Art. 1 F Buchst. a GFK bestand Einigkeit unter allen Vertretern der beteiligten Staaten darüber, dass Kriegsverbrecher vom Schutz der Konvention ausgeschlossen sein sollten. Bejaht wurde auch die Frage, ob eine Regelung nach Aburteilung der Kriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs noch notwendig sei (E/AC.32/SR.5 S. 5, 11 und 16, in: Takkenberg/Tahbaz, The collected Travaux Préparatoires of the 1951 Geneva Convention relating to the Status of Refugees, Vol. I Early History and the Ad Hoc Committee on Statelessness and Related Problems, 16 January - 16 February 1950 Lake Success, New York, published by the Dutch Refugee Council under the auspices of the European Legal Network on Asylum, Amsterdam 1989, S. 175, 178 und 180). Vorgesehen war zunächst eine explizite Bezugnahme auf Art. VI der Charter of the International Military Tribunal vom (nachfolgend: Londoner Charta), in dem Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert worden waren (Art. 1 B des Vorschlags der Arbeitsgruppe vom - E/AC.32/L.6, in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. I, S. 361). Der Verweis auf die Londoner Charta wurde auf Betreiben Deutschlands während der Beratung der Konferenz der Bevollmächtigten in Art. 1 F Buchst. a GFK durch eine allgemeine Verweisung auf internationale völkerstrafrechtliche Vertragswerke ersetzt (A/CONF.2/SR.29 S. 9 ff., in: Takkenberg/Tahbaz, Vol. III The Conference of the Plenipotentiaries on the Status of Refugees and Stateless Persons 2 - 25 July 1951 Geneva Switzerland, S. 490 f.).

Demgegenüber war der Ausschluss von "common criminals" gemäß Art. 1 F Buchst. b GFK zunächst umstritten. Von einigen Staaten als selbstverständlich angesehen (E/AC.32/SR.2 S. 9 und E/AC.32/SR.5 S. 5, in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. I, S. 160 und S. 175), stieß er auf den Widerstand des Vereinigten Königreichs (A/CONF.2/SR.24 S. 4 ff., in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. III, S. 429 ff.). Demgegenüber setzte sich vor allem Frankreich für den Ausschluss gemeiner Verbrecher ein und betonte die Notwendigkeit, den Flüchtlingsstatus auf diese Weise vor Misskredit zu schützen (A/CONF.2/SR.24 S. 5 ff. und A/CONF.2/SR.29 S. 19, in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. III, S. 430 und S. 495). Diese Position fand Zustimmung, nachdem der Wortlaut des Konventionstexts - im Vergleich zu Art. 14 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte - hinsichtlich des Tatortes (außerhalb des Aufnahmelandes) und der Tatzeit (vor der Aufnahme als Flüchtling) präzisiert worden war, um diesen Ausschlussgrund gegenüber der in Art. 33 Abs. 2 GFK geregelten Ausnahme vom Verbot des Non-Refoulement abzugrenzen. Betont wurde aber zugleich die Notwendigkeit einer ausgewogenen Balance zwischen den gegenläufigen Anliegen eines wirksamen Flüchtlingsschutzes auf der einen und der Vermeidung einer Diskreditierung des Status auf der anderen Seite. Deshalb herrschte Konsens, dass dieser Ausschlussgrund nur nach Begehung schwerer Verbrechen greifen könne (A/CONF.2/SR.24 S. 13 und A/CONF.2/SR.29 S. 18 ff., in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. III, S. 434 und S. 494 ff.)

Die Prüfung und Feststellung, ob der Betreffende eine von den Ausschlussgründen erfasste Handlung begangen hat, sollte dem jeweiligen Aufnahmestaat als souveräne Entscheidung überlassen bleiben (vgl. E/AC.32/SR.18 S. 3: "... they consider a war criminal" und U.N. Doc. E/1618: "... who in its opinion has committed a crime ...", in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. I, S. 274 und 405 <409>). In diesem Zusammenhang wurden die Anforderungen an das Beweismaß für die Feststellung inkriminierter Taten in der endgültigen Fassung des Einleitungssatzes "... shall not apply to any person with respect to whom there are serious reasons for considering that: ..." relativiert.

bb) Die in Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG aufgeführten Ausschlussgründe gehen auf Art. 1 F GFK zurück. Das kommt in Wortlaut und Struktur der Vorschrift sowie der Begründung des Richtlinienvorschlags der Kommission der Europäischen Gemeinschaften deutlich zum Ausdruck (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, vom , KOM(2001) 510 endgültig, S. 28 f.). Der Text von Buchst. a blieb im Rechtsetzungsverfahren unverändert; Buchst. b wurde hinsichtlich des Zeitpunkts der Begehung der schweren nichtpolitischen Straftat präzisiert (vgl. Ratsdokument 14083/02 S. 18) und um die Variante der grausamen Handlung ergänzt (vgl. Ratsdokumente 9038/02 S. 20 Fn. 2 und 12199/02 S. 17).

cc) Der deutsche Gesetzgeber hat die Ausschlussgründe für die Flüchtlingsanerkennung unter Berücksichtigung des in Art. 1 F GFK enthaltenen Rechtsgedankens erstmals durch das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom (BGBl. I S. 361) in § 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG aufgenommen, um die Resolutionen 1269 (1999) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen umzusetzen. Dabei wurde in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf das abgesenkte Beweismaß hingewiesen, das keine rechtskräftige Verurteilung voraussetzt (BTDrucks 14/7386 S. 57). Das Zuwanderungsgesetz hat diese Regelung zum inhaltlich unverändert in § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG (a.F.) übernommen (vgl. BTDrucks 15/420 S. 91 f.). Mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz wurde Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt; der Gesetzgeber hat die als Fälle der "Asylunwürdigkeit" bezeichneten Ausschlussgründe aus systematischen Gründen nunmehr in § 3 Abs. 2 AsylVfG geregelt (BTDrucks 16/5065 S. 187 und 213 f.).

c) § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG verweist zur Definition der Tatbestandsmerkmale Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf "internationale Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen". Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift wird ein dynamischer Ansatz ersichtlich (Zimmermann, DVBl 2006, 1478 <1481 ff.>), mit dem der Gesetzgeber die Fortentwicklung des Völkerstrafrechts als Sanktion für Pflichtverletzungen des Humanitären Völkerrechts rezipiert. Ob Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG vorliegen, bestimmt sich daher gegenwärtig in erster Linie nach den im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom (BGBl. 2000 II S. 1394, nachfolgend: IStGH-Statut) ausgeformten Tatbeständen dieser Delikte. Denn darin manifestiert sich der aktuelle Stand der völkerstrafrechtlichen Entwicklung bei Verstößen gegen das Humanitäre Völkerrecht.

aa) In Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut werden Kriegsverbrechen differenzierend zwischen Taten in internationalen (Buchst. a und b) und innerstaatlichen (Buchst. c bis f) bewaffneten Konflikten definiert. Buchst. a stellt für den internationalen bewaffneten Konflikt ab auf schwere Verletzungen der vier Genfer Konventionen über den Schutz der Opfer bewaffneter Konflikte vom zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde (1. Konvention - BGBl. 1954 II S. 783) sowie der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See (2. Konvention - BGBl. 1954 II S. 813), der Behandlung von Kriegsgefangenen (3. Konvention - BGBl. 1954 II S. 838) und zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten (4. Konvention - BGBl. 1954 II S. 917, ber. 1956 II S. 1586) und zählt Tathandlungen gegen die davon geschützten Personen und Güter auf. Buchst. b benennt andere schwere Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche, die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbar sind. Demgegenüber knüpft Buchst. c für den innerstaatlichen bewaffneten Konflikt an schwere Verstöße gegen den gemeinsamen Art. 3 der vier Genfer Konventionen vom an. Er stellt u.a. Angriffe auf Leib und Leben hinsichtlich der Personen unter Strafe, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Angehörigen der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder eine andere Ursache außer Gefecht befindlich sind. Buchst. e erfasst andere schwere Verstöße gegen die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts anwendbaren Gesetze und Gebräuche im innerstaatlichen bewaffneten Konflikt.

Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut grenzen innerstaatliche bewaffnete Konflikte ab gegenüber Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulten, vereinzelt auftretenden Gewalttaten oder anderen ähnlichen Handlungen. Buchst. f setzt zudem voraus, dass zwischen staatlichen Behörden und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen ein lang anhaltender bewaffneter Konflikt besteht. Diese in Anlehnung an die Entscheidung der Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien vom (ICTY-Appeals Chamber Prosecutor v. Tadic, www.unhcr.org/refworld/pdfid/47fdfb520.pdf, Rn. 70, Stand November 2009) getroffenen Regelungen markieren die untere völkerrechtliche Relevanzschwelle für einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt. Verlangt wird ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit des Konflikts, um den Eingriff in die Souveränität des betroffenen Staates zu rechtfertigen (Werle, Völkerstrafrecht, 2. Aufl. 2007, Rn. 938 ff. und 952 ff.; vgl. auch BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 <208 f.> zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG). Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht explizit festgestellt, dass der zweite Tschetschenienkrieg die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erfüllt. Diese Annahme liegt aber, jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum nahe und wurde von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat geteilt.

Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass allein die aktive Teilnahme des Klägers am zweiten Tschetschenienkrieg nicht den Tatbestand eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen den Frieden erfüllt. Denn das in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG rezipierte Völkerstrafrecht enthält - wie das dadurch sanktionierte Humanitäre Völkerrecht - hinsichtlich des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur modale Regelungen für eine Auseinandersetzung (ius in bello), pönalisiert jedoch nicht die Gewaltanwendung gegen Kämpfer der gegnerischen Partei als solche (ius ad bellum; so auch Marx, AsylVfG, 7. Aufl. 2008, § 3 Rn. 22). Bei der Prüfung der Beteiligung des Klägers an Kriegsverbrechen hat das Berufungsgericht aber - das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts unterstellt - hinsichtlich potentieller Opfer nur auf die Zivilbevölkerung abgestellt (BU S. 41). Das greift zu kurz, da Art. 8 Abs. 2 Buchst. c IStGH-Statut u.a. die Tötung und Misshandlung von Angehörigen der Streitkräfte erfasst, die die Waffen gestreckt haben oder sonst außer Gefecht gesetzt sind. Auch Art. 8 Abs. 2 Buchst. e Nr. IX - XI IStGH-Statut erstreckt den Schutz auf gegnerische Kombattanten im Falle meuchlerischer Tötung oder Verwundung, der Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird sowie der körperlichen Misshandlung von Personen, die sich in der Gewalt einer anderen Konfliktpartei befinden. Ob tatsächliche Anhaltspunkte für die Erfüllung dieser Tatbestände gegeben sind, hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

Darüber hinaus beruht die angefochtene Entscheidung, soweit sie eine Beteiligung des Klägers an Kriegsverbrechen verneint (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 AsylVfG), auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Das Berufungsgericht hat seine Annahme, dieser Ausschlussgrund stehe der Flüchtlingseigenschaft des Klägers nicht entgegen, allein auf dessen Angaben und die seiner Familienangehörigen gestützt. Das reicht aufgrund der Feststellungen im Berufungsurteil zum Verlauf des zweiten Tschetschenienkriegs nicht aus; das Berufungsgericht selbst weist auf terroristische Anschläge der Rebellen (BU S. 19 f. und S. 41 f.) hin, auf massive Rechtsverletzungen u.a. der tschetschenischen Partisanen (BU S. 20 f.) sowie auf Überfälle und Attentate auf mit der russischen Seite kooperierende Tschetschenen (BU S. 25). Diese Hinweise erfordern (zumindest den Versuch) eine(r) Abklärung mit sonstigen Erkenntnisquellen, ob die Gruppe, der der Kläger angehört hat, im Verdacht steht, an Übergriffen beteiligt gewesen zu sein, die auf Kriegsverbrechen hindeuten. Denn § 3 Abs. 2 AsylVfG greift bereits dann, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der Tatbestandsmerkmale für die Ausschlussgründe vorliegen; das abgesenkte Beweismaß verlangt demnach nicht die volle Überzeugungsgewissheit von deren Vorliegen ( BVerwG 10 C 25.07 - Buchholz 402.25 § 71 AsylVfG Nr. 15 Rn. 20 ff.).

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der zur gleichen Kampfgruppe wie der Kläger gehörende Neffe - der Kläger im Verfahren BVerwG 10 C 23.08 - angegeben hat, die Rebellengruppe habe dem Befehl des Oberführers B. unterstanden. Dazu hat das Auswärtige Amt dem Verwaltungsgericht im Parallelverfahren des Neffen mit Auskunft vom u.a. mitgeteilt, dass B. einer der Anführer der tschetschenischen Terroristen gewesen sei, die im Oktober 2002 im Moskauer Musical-Theater über 700 Theaterbesucher als Geiseln genommen hätten. Wie alle anderen Geiselnehmer sei er bei der Befreiungsaktion von russischen Sicherheitskräften getötet worden. Die Einbindung des Klägers in diese Kommandostruktur, auf die das Berufungsgericht in seiner Entscheidung nicht eingegangen ist, weckt Zweifel an seinen Angaben und legt deren Überprüfung auf einer objektivierten Tatsachengrundlage nahe. Auch wenn sich der Kläger im Oktober 2002 bereits in Deutschland aufgehalten hat und im Revisionsverfahren vorträgt, der Oberbefehlshaber habe erst später an terroristischen Aktionen teilgenommen, besteht weiter Anlass für eine Aufklärung dieser Umstände. Denn bei der Prüfung der Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 AsylVfG sind - wie der Kläger zutreffend bemerkt - von den Tatsacheninstanzen sämtliche für die Tatbestandsmerkmale erheblichen Tatsachen und Umstände sorgfältig und erschöpfend zu ermitteln und zu würdigen.

bb) Dagegen lassen die Feststellungen des Berufungsgerichts mit Blick auf die berufliche Tätigkeit des Klägers in einer als "schariatische Behörde" bezeichneten Sicherheitsabteilung des tschetschenischen Innenministeriums entgegen der Ansicht der Revision keine Anhaltspunkte für eine Beteiligung an einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit erkennen; insoweit beruht das Urteil auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage.

Zwar scheidet dieser Ausschlusstatbestand - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nicht bereits deshalb aus, weil er keine Verfolgung wegen seiner früheren beruflichen Tätigkeit zu befürchten hat. Aus historischen und teleologischen Gründen spricht nichts dafür, den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 AsylVfG durch die Forderung eines spezifischen Zusammenhangs zwischen Verfolgungsanlass und Ausschlussgrund zu verengen. Die Entstehungsgeschichte des Art. 1 F GFK belegt vielmehr deutlich die Einigkeit aller Staaten, dass Kriegsverbrechern i.w.S. der Schutz der Konvention in jedem Falle vorenthalten bleiben sollte. Das Anliegen, den Flüchtlingsstatus vor Diskreditierung zu schützen, vermag die Gegenauffassung, die einen spezifischen Zusammenhang fordert, aber nicht wirksam zu erreichen. Zudem stützen die Materialien die hier vertretene Ansicht dadurch, dass die Loslösung der Flüchtlingsanerkennung von der Frage der Auslieferung betont wird (vgl. nur A/CONF.2/SR.29 S. 17, in: Takkenberg/Tahbaz, a.a.O. Vol. III, S. 494). Aus dem Umstand, dass im Einzelfall ein Zusammenhang zwischen Verfolgungsanlass und Ausschlussgrund bestehen kann, lässt sich nicht ableiten, dass ein solcher von Art. 1 F GFK, Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG und § 3 Abs. 2 AsylVfG vorausgesetzt wird. Bei der Prüfung der Ausschlussgründe ist daher das gesamte Verhalten des Schutzsuchenden vor der Einreise in den Blick zu nehmen und nicht nur das, an das die befürchtete Verfolgung anknüpft.

Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut definiert Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Einzeltaten u.a. der vorsätzlichen Tötung, Freiheitsentzug oder Folter, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen werden. Gemäß Absatz 2 Buchst. a der Vorschrift bedeutet "Angriff gegen die Zivilbevölkerung" eine Verhaltensweise, die mit der mehrfachen Begehung der in Absatz 1 genannten Handlungen gegen eine Zivilbevölkerung verbunden ist, in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation, die einen solchen Angriff zum Ziel hat. Die Einzeltaten müssen sich demzufolge in einen funktionalen Gesamtzusammenhang einfügen, damit die Gesamttat vorliegt; verklammernd wirkt dabei das finale "Politikelement" (Werle, a.a.O. Rn. 753 ff. und Rn. 770 ff.). Die Feststellungen des Berufungsgerichts (BU S. 41) zur beruflichen Tätigkeit des Klägers legen seine Beteiligung an von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a - k IStGH-Statut erfassten Einzeltaten nicht nahe. Erst recht ist - selbst wenn man derartige Einzeltaten unterstellt - sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht nichts für einen verklammernden Gesamtzusammenhang eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung erkennbar.

d) Das Berufungsurteil verletzt auch § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG. Zwar ist die Auslegung der Norm durch das Berufungsgericht nicht zu beanstanden, aber auch insoweit beruht die angefochtene Entscheidung auf einer den Anforderungen der Vorschrift nicht genügenden Tatsachengrundlage.

Art. 1 F Buchst. b GFK, auf den dieser Ausschlussgrund zurückzuführen ist, dient - wie bereits erläutert - dem Ausschluss "gemeiner Straftäter". Diesen wollte man den Schutz der Konvention vorenthalten, um aus Akzeptanzgründen den Status eines "bona fide refugee" nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Der Straftat muss zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 1979, Nr. 155). Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird ( BVerwG 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79 Rn. 19).

Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird (UNHCR, a.a.O. Nr. 152). Besteht keine eindeutige Verbindung zwischen dem Verbrechen und dem angeblichen politischen Ziel oder ist die betreffende Handlung in Bezug zum behaupteten politischen Ziel unverhältnismäßig, überwiegen nichtpolitische Beweggründe und kennzeichnen die Tat damit insgesamt als nichtpolitisch (House of Lords, Urteil vom - [1996] 2 All ER 865 - T v. Secretary of State for the Home Department, www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=3ae6b70f4, Stand November 2009). In Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b letzter Halbsatz der Richtlinie 2004/83/EG hat der Gesetzgeber insbesondere grausame Handlungen beispielhaft als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft, auch wenn mit ihnen vornehmlich politische Ziele verfolgt werden. Dies ist bei Gewalttaten, die gemeinhin als "terroristisch" bezeichnet werden, regelmäßig der Fall (vgl. Abs. 15 der Richtlinien des UNHCR zum internationalen Schutz: Anwendung der Ausschlussklauseln: Art. 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, vom - HCR/GIP/03/05 -).

Die in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG enthaltenen Ausschlussgründe sind in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt nebeneinander anwendbar. Die Entstehungsgeschichte des Art. 1 F Buchst. a und b GFK zeigt, dass der Ausschluss wegen Asylunwürdigkeit zum einen von Kriegsverbrechern i.w.S. und zum anderen von "gemeinen Straftätern" auf unterschiedliche Quellen zurückzuführen und auf verschiedene Szenarien (Delikte im Krieg und Straftaten im Frieden) zugeschnitten ist. Dieser historische Befund trägt aber nicht den Schluss, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG sei gegenüber Nr. 2 exklusiv oder speziell, denn auch in einem bewaffneten Konflikt können Kämpfer schwere nichtpolitische Straftaten begehen. Allerdings stehen die genannten Ausschlussgründe in einer solchen Konfliktsituation auch nicht isoliert nebeneinander: Vielmehr beeinflusst das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts mit den dafür vorgesehenen Regelungen des Humanitären Völkerrechts und deren völkerstrafrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe, nach denen sich in Nr. 2 insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt. Zwar genießen Kämpfer aufständischer Gruppen im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt - anders als Kombattanten im internationalen bewaffneten Konflikt - keine Kombattantenimmunität, d.h. sie haben völkerrechtlich kein Recht zur Vornahme bewaffneter Schädigungshandlungen (Ambos, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 6/2, 2009, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 38 m.w.N.). Aber das Völker(straf)recht missbilligt ihre Teilnahme an Kampfhandlungen auch nicht als solche, sondern enthält sich insoweit einer Regelung. Dieser Befund hat Auswirkungen auf die Bewertung einer Tat i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG. Wenn z.B. die Tötung gegnerischer Kämpfer in Kampfhandlungen keinen Tatbestand eines Kriegsverbrechens erfüllt und völkerstrafrechtlich nicht zu ahnden ist, dann kann diese Tat nicht ohne Wertungswiderspruch gleichsam automatisch zum Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung gemäß Nr. 2 führen. Werden Kampfhandlungen von Kämpfern in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst, erfüllen sie in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat.

Daher ist der Ansatz des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die politisch motivierte Beteiligung des Klägers an der Tötung russischer Soldaten im Rahmen von Kampfhandlungen der tschetschenischen Kämpfer als solche nicht wegen Unverhältnismäßigkeit den Tatbestand der schweren nichtpolitischen Straftat erfüllt. Aber auch insoweit beruht - wie bereits ausgeführt - die angefochtene Entscheidung auf einer den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG nicht genügenden Tatsachengrundlage.

3. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Ausschlussgründen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AsylVfG kann der Senat nicht abschließend selbst entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung zusteht. Deshalb ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird unter Einbeziehung von Erkenntnissen über die Aktivitäten der tschetschenischen Rebellen aufklären müssen, ob hinsichtlich des Klägers tatsachengestützt aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass dieser sich vor seiner Einreise an der Begehung von Kriegsverbrechen oder schweren nichtpolitischen Straftaten beteiligt hat. Hierbei wird es auch der Frage nachzugehen haben, ob die Einbindung seiner Kampfgruppe in die Befehlsstruktur unter dem Oberbefehlshaber B. im Zeitpunkt vor seiner Ausreise Anhaltspunkte für die Beteiligung z.B. an terroristischen Aktivitäten erkennen lässt. Dabei sind die Zurechnungsregelungen in Art. 25 Abs. 2 und 3 IStGH-Statut zu beachten, die u.a. die Beihilfe und eine sonstige Unterstützung oder einen Beitrag auf sonstige Weise umfassen. Aus Art. 27 IStGH-Statut ergibt sich die Unerheblichkeit einer evtl. amtlichen Eigenschaft des Betroffenen und Art. 28 IStGH-Statut regelt die Verantwortlichkeit militärischer Befehlshaber und anderer Vorgesetzter. Auch wenn der Kläger nicht in eigener Person den Tatbestand der schweren nichtpolitischen Straftat verwirklicht haben sollte, ist gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG zu prüfen, ob er dazu angestiftet hat oder in sonstiger Weise daran beteiligt war.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Fundstelle(n):
TAAAD-39992