Umsatzsteuerliche Behandlung von Regionen- und Städte-Cards
Tourismusverbände sowie andere Anbieter betreiben in verschiedenen Regionen und Städten ein elektronisches Kartensystem mit dem Ziel, die Bezahlung touristischer Leistungen durch den Einsatz einer Chipkarte zu vereinfachen.
Sachverhalt
Der Sachverhalt gestaltet sich regelmäßig wie folgt.
1. Vertrag zwischen dem Anbieter und einem Vertragspartner
Der Anbieter schließt einen Vertrag mit einem Vertragspartner ab, der ein Hotel, ein Museum, ein Theater, ein Denkmal, ein Schwimmbad, einen Zoo, eine Seilbahn o. Ä. betreibt. Im Vertrag sind die touristischen Leistungen, die der Tourist über die Chipkarte in Anspruch nehmen kann, festgelegt.
Der Anbieter stellt die Chipkarte her, betreibt das Marketing und wickelt die Zahlungsvorgänge ab. Der Anbieter, der Vertragspartner oder eine andere Verkaufsstelle verkaufen die Chipkarte gegen Entgelt an den Touristen.
Nimmt der Tourist eine Leistung in Anspruch, zahlt er kein oder nur ein verbilligtes Entgelt an den Vertragspartner. Der Vertragspartner erhält vom Anbieter monatlich Vorabausschüttungen/Abschlagzahlungen in einer geschätzten Höhe für seine Leistung an den Touristen. Die endgültige Abrechnung erfolgt am Ende des Kalenderjahres auf der Grundlage vorgegebener Kriterien. Der Anbieter behält von den Erlösen aus den Kartenverkäufen monatlich eine Gebühr ein.
2. Vertrag zwischen dem Anbieter und einem Kartenverkäufer
Der Kartenverkäufer behält für seine Tätigkeit vom Kaufpreis der Chipkarte einen bestimmten Betrag ein. Den Restbetrag leitet er an den Anbieter weiter.
Umsatzsteuerliche Beurteilung
1. Leistungen des Anbieters
1.1 Verkauf der Chipkarte
Der Verkauf der Chipkarte begründet keinen Leistungsaustausch zwischen dem Anbieter und dem Touristen. Durch diesen Vorgang wird lediglich Geld in ein „elektronisches Zahlungsmittel” umgetauscht.
1.2 Inkassoleistung
Der Anbieter erbringt mit dem technischen Betrieb und der Abwicklung der Zahlungsvorgänge eine Inkassoleistung an den Vertragspartner. Gegenleistung ist die vom Anbieter einbehaltene Gebühr, abzüglich der Umsatzsteuer. Der Anbieter erbringt die auf unbestimmte Zeit vereinbarte Inkassoleistung durch jährlich abzurechnende Teilleistungen. Die monatlich einbehaltene Gebühr unterliegt als Abschlagzahlung der Besteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 4 UStG).
Aus der Rechnung des Anbieters über die Inkassoleistung kann der Vertragspartner unter den Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Zum Entgelt der Inkassoleistung gehören nicht die vom Anbieter an den Vertragspartner ausgeschütteten Beträge. Weist der Anbieter in einer Rechnung über diese Beträge die Umsatzsteuer gesondert aus, steht dem Vertragspartner insoweit kein Vorsteuerabzug zu. Der Anbieter schuldet die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Absatz 1 UStG.
1.3 Marketingleistungen
Der Anbieter erbringt mit dem Marketing eine sonstige Leistung an den Vertragspartner. Der Vertragspartner ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug aus der Leistung berechtigt.
2. Leistungen des Vertragspartners
Erst wenn der Tourist mit Einsatz der Chipkarte Leistungen des Vertragspartners in Anspruch nimmt, kommt es zu einer konkreten Leistungsbeziehung zwischen dem Vertragspartner und dem Touristen. Der vom Anbieter an den Vertragspartner ausgeschüttete Betrag ist Entgelt von dritter Seite für die an den Touristen erbrachte Leistung. Die Leistung kann steuerfrei sein (z. B. Museum, Tierpark, § 4 Nr. 20 UStG) oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z. B. Schwimmbad, Bahnfahrt, § 12 Abs. 2 Nr. 9 und 10 UStG).
Die endgültige Berechnung der Umsatzanteile am Ende des Kalenderjahres kann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage führen. Der Vertragspartner hat dann seine Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.
Weist der Anbieter in seiner Abrechnung an den Vertragspartner auf die Ausschüttungsbeträge Umsatzsteuer gesondert aus, ist der Vertragspartner nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (s. Tz. 1.2). Der Anbieter schuldet die unberechtigt ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG. Ein Vorsteuerabzug steht allenfalls dem Touristen als Leistungsempfänger aufgrund einer Rechnung des Vertragspartners zu, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind.
Ist der Vertragspartner auch Kartenverkäufer, erbringt er zwei getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen. Zum einen erbringt er gegenüber dem jeweiligen Touristen eine Leistung, für die er die Gegenleistung nicht vom Touristen, sondern vom Anbieter erhält (Entgelt von dritter Seite). Zum anderen erbringt der Vertragspartner durch den Kartenverkauf eine Leistung gegenüber dem Anbieter, die dieser bezahlt. Diese Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz. Denn sie ist keine Nebenleistung zur Leistung des Vertragspartners an den Touristen.
3. Leistungen des Kartenverkäufers
Der Verkauf der Chipkarte begründet keinen Leistungsaustausch zwischen dem Kartenverkäufer und dem Touristen. Durch diesen Vorgang wird lediglich Geld in ein „elektronisches Zahlungsmittel” umgetauscht.
Der Kartenverkäufer erbringt mit dem Verkauf der Chipkarte im Namen und für Rechnung des Anbieters eine sonstige Leistung an den Anbieter. Er erhält dafür den einbehaltenen Betrag abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer als Entgelt. Unter den Voraussetzungen des § 15 UStG steht dem Anbieter der Vorsteuerabzug aus der Leistung des Kartenverkäufers zu.
OFD Hannover v. - S 7110 - 56 - StO 171
Fundstelle(n):
DB 2010 S. 27 Nr. 12
UR 2010 S. 352 Nr. 9
HAAAD-37076