Antidumpingzoll: Anwendung der "de-minimis-Regelung" im Firmenverbund hinsichtlich der Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China
Leitsatz
Die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Fahrradteile durch eine Partei an eine mit ihr geschäftlich verbundene Partei ist antidumpingzollrechtlich keine Lieferung, denn hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China, nämlich die Lieferung der Fahrradteile an Montagebetriebe in nur geringfügigen Mengen, vorliegen, sind geschäftlich miteinander verbundene Parteien als eine Partei anzusehen.
Gesetze: ZK Art. 204 Abs. 1 Buchst. aZKDVO Art. 143ZKDVO a.F. ZKDVO a.F. Art. 291ZKDVO a.F. Art. 294 Abs. 3ZKDVO a.F. Art. 297 Abs. 1VO Nr. 88/97 VO Nr. 88/97 Art. 14 Buchst. c Satz 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wendet sich gegen die Festsetzung von Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fahrradteilen aus der Volksrepublik China (China) durch die T-GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist.
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Durch die Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 (VO Nr. 2474/93) des Rates vom zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 228/1) wurde ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fahrrädern und anderen Zweirädern mit Ursprung in China eingeführt. Um die Umgehung des eingeführten Antidumpingzolls durch die Einfuhr von Fahrradteilen zu verhindern, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 (VO Nr. 71/97) des Rates vom zur Ausweitung des mit der VO Nr. 2474/93 eingeführten Antidumpingzolls [...] (ABlEG Nr. L 16/55) der auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in China eingeführte Antidumpingzoll auf die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in China ausgeweitet. Art. 3 VO Nr. 71/97 gab der Kommission die Ermächtigung zum Erlass von Bestimmungen, um Einfuhren wesentlicher Fahrradteile, mit denen der Antidumpingzoll nicht umgangen wird, von dem ausgeweiteten Zoll zu befreien. Diese Bestimmungen wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 88/97 (VO Nr. 88/97) der Kommission vom [...] (ABlEG Nr. L 17/17) erlassen. Danach konnten (u.a.) gemäß Art. 14 VO Nr. 88/97 zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete wesentliche Fahrradteile vom Antidumpingzoll befreit werden, sofern sie unter zollamtlicher Kontrolle im Verfahren der besonderen Verwendung an bestimmte Abnehmer geliefert oder in geringer Stückzahl (weniger als 300 Stück/Monat) bezogen oder geliefert wurden.
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Auf ihren Antrag waren der T-GmbH 1997 und 1999 zollamtliche Bewilligungen für die zollbegünstigte besondere Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in China erteilt worden. Die T-GmbH gehörte seinerzeit zu einer mit Fahrradteilen handelnden Firmengruppe, der außer ihr die RTV-GmbH sowie M als Inhaber der Einzelfirma RM (Fa. RM) angehörten, dem die Gesellschaftsanteile der T-GmbH und der RTV-GmbH, deren Geschäftsführer er war, zu 100 % gehörten. Die von der T-GmbH im Rahmen der ihr erteilten Bewilligungen zur besonderen Verwendung unter Befreiung vom Antidumpingzoll eingeführten Fahrradteile wurden z.T. innerhalb der Firmengruppe an die Fa. RM und die RTV-GmbH weitergegeben und diesen in Rechnung gestellt. Im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Firma wurden die Fahrradteile dann einzelnen Kunden verkauft.
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Aufgrund einer Prüfung bei der T-GmbH vertraten das Hauptzollamt B, dessen Zuständigkeit auf den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt —HZA—) übergegangen ist, und das HZA die Ansicht, dass die seitens der T-GmbH eingeführten Fahrradteile z.T. nicht unter den für die Befreiung vom Antidumpingzoll geltenden Bedingungen verwendet worden seien, und erhoben insoweit mit mehreren Bescheiden Antidumpingzoll nach. Die Nacherhebung stützte sich auf die Prüfungsfeststellungen, wonach zum einen Fahrradteile als Muster bzw. zu Montagezwecken verwendet oder wieder ausgeführt worden seien, zum anderen die monatliche Mengenbegrenzung durch Lieferungen von mehr als 299 Fahrradteilen an die Fa. RM oder die RTV-GmbH überschritten und teilweise auch die Verwendungsfristen nicht eingehalten worden seien. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg; im anschließenden Klageverfahren wurde allerdings Antidumpingzoll z.T. erlassen, nachdem weitere Verwendungsnachweise anerkannt worden waren.
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Das Finanzgericht (FG) wies die wegen der verbleibenden Abgabenfestsetzung aufrechterhaltene Klage zum überwiegenden Teil ab. Das FG urteilte, die Verwendung von Fahrradteilen zur Montage von Ausstellungsstücken und Mustern sei keine abgabenbegründende Pflichtverletzung gewesen, und änderte insoweit die angefochtenen Bescheide. Im Übrigen sei die Nacherhebung des Antidumpingzolls jedoch rechtmäßig. Die Abgabenschuld sei gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex (ZK) entstanden, weil die T-GmbH ihre Pflichten im Verfahren der besonderen Verwendung insofern nicht erfüllt habe, als die eingeführten Fahrradteile z.T. einer anderen als der vorgeschriebenen Verwendung zugeführt bzw. die Verwendungsfristen nicht eingehalten worden seien. Die T-GmbH sei nach der für eine Befreiung allein in Betracht kommenden Vorschrift des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 berechtigt gewesen, Fahrradteile in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen oder als Verteiler an eine andere Partei (Kunde) zu liefern. Diese Berechtigung habe sie überschritten, soweit sie pro Monat mehr als 299 Stück bestimmter Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH geliefert habe, denn die Organschaft sei nicht wie eine Partei und die Lieferungen innerhalb der Organschaft seien daher wie Lieferungen an andere Parteien (Kunden) zu behandeln. Eine Pflichtverletzung i.S. des Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK seitens der T-GmbH liege auch insoweit vor, als sie Fahrradteile nicht innerhalb eines Jahres an eine andere Partei geliefert habe. Die Fristüberschreitung habe sich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des Zollverfahrens der besonderen Verwendung ausgewirkt, denn die Voraussetzungen, unter denen der T-GmbH bei rechtzeitiger Antragstellung eine Fristverlängerung hätte gewährt werden können, lägen nicht vor.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, es müsse berücksichtigt werden, dass die T-GmbH, die RTV-GmbH und die Fa. RM wirtschaftlich miteinander verbunden gewesen seien, eine körperschaftsteuerliche sowie umsatzsteuerliche Organschaft gebildet hätten und deshalb eine Partei im Sinne der Antidumpingvorschriften gewesen seien. Hinsichtlich der Fristüberschreitungen sei es nach Sinn und Zweck der Antidumpingvorschriften zweifelhaft, ob damit eine Schädigung der Gemeinschaft verbunden gewesen sei. Bei der gebotenen sinngemäßen Anwendung der Vorschriften über die besondere Verwendung hätten die Fristen auch rückwirkend verlängert werden können.
II.
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Die Revision ist teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Wegen Überschreitung der monatlichen Mengenbegrenzung bei Abgabe bestimmter Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH ist eine Antidumpingzollschuld nicht entstanden (2.). Ob und in welcher Höhe insoweit andere Pflichtverletzungen zur Entstehung der Antidumpingzollschuld führen, bedarf weiterer Klärung (3.). Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO), soweit Antidumpingzoll wegen Überschreitung der Verwendungsfrist festgesetzt worden ist (4.).
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1. Das FG ist davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll allein gemäß Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 in Betracht kommt und dass die T-GmbH nach dieser Vorschrift unter Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll berechtigt war, unter der zollamtlichen Kontrolle der besonderen Verwendung bestimmte wesentliche Fahrradteile aus China in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen oder als Verteiler an eine andere Partei (Montagebetrieb) zu liefern. Der erkennende Senat folgt dieser —auch von den Beteiligten nicht infrage gestellten— Auslegung der Vorschrift, welche sich —wie das FG zutreffend ausgeführt hat— aus den Erwägungsgründen Nr. 4 und 8 der VO Nr. 88/97 ergibt, denen zufolge zum einen Lieferungen wesentlicher Fahrradteile an einen Montagebetrieb in einer Größenordnung von weniger als 300 Stück pro Monat als wirtschaftlich und für die Ziele des Antidumpingzolls kaum von Bedeutung angesehen wurden und zum anderen auch Parteien, die keine Montagen durchführen, das Befreiungssystem (als Verteiler) sollten in Anspruch nehmen können, sofern sie Fahrradteile nur in diesen geringfügigen Mengen an Montagebetriebe liefern (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 71/97 und die Erwägungsgründe Nr. 37, 38 der VO Nr. 71/97 sowie Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom T-74/97 und T-75/97, Slg. 2000, II-3067, Rz 12, 16).
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Der Senat hält dies für zweifelsfrei und sieht keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu richten (vgl. 283/81 —C.I.L.F.I.T—, Slg. 1982, 3415, 3430).
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2. Der Senat teilt jedoch nicht die Ansicht des FG, die T-GmbH habe mit der Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter wesentlicher Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH diese Teile i.S. des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 anderen Parteien geliefert.
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a) Der in der VO Nr. 88/97 verwendete Begriff der „Partei” wird dort nicht definiert. Art. 3 VO Nr. 71/97, der die rechtliche Grundlage der VO Nr. 88/97 bildet, verwendet diesen Begriff nicht, sondern spricht von „Unternehmen”, z.T. auch von „Betrieben”, allerdings auch wieder ohne eine Begriffsbestimmung. Durchgehend gebräuchlich dagegen ist die Verwendung des Begriffs der „Partei” in der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (VO Nr. 384/96) des Rates vom über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABlEG Nr. L 56/1) sowie in dem dieser Verordnung zugrunde liegenden Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 —Antidumpingkodex— (ABlEG 1994 Nr. L 336/103) als Oberbegriff für die am Antidumpingverfahren beteiligten ausländischen und inländischen Hersteller, Einführer und Ausführer.
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Den Vorschriften der VO Nr. 88/97 kann entnommen werden, dass es sich bei einer „Partei” um eine zu rechtlichen Handlungen fähige Person oder einen Personenzusammenschluss handelt, die bzw. der insbesondere Anträge stellen (Art. 1 Anstrich 5, Art. 3 VO Nr. 88/97) und Zollanmeldungen abgeben kann (Art. 2 VO Nr. 88/97). Da zur Abgabe einer Zollanmeldung gemäß Art. 64 ZK jede Person (Art. 4 Nr. 1 ZK) berechtigt ist, kann angenommen werden, dass eine „Partei” i.S. der VO Nr. 88/97 jede „Person” i.S. des Art. 4 Nr. 1 ZK sein kann. Die in den Anhängen I und II zur VO Nr. 88/97 genannten Parteien bestätigen dies ebenso wie die Formulierung in Art. 14 VO Nr. 88/97 „von einer anderen Person als einer befreiten Partei ...”.
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b) Da sowohl die T-GmbH als auch die RTV-GmbH und M in Fa. RM Personen i.S. des Art. 4 Nr. 1 ZK sind, kann zwar jede(r) für sich als „Partei” angesehen werden, weil durch die (vom FG angenommene) Organschaft weder im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes noch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die rechtliche Selbstständigkeit der beteiligten juristischen Personen tangiert wird (vgl. Gosch/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 14 Rz 33, 44, 390, § 17 Rz 14; Radeisen in Vogel/ Schwarz, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 126, 138). Allerdings verlangt Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 bezüglich der Einhaltung der Mengenbegrenzung bei der Lieferung von Fahrradteilen die Berücksichtigung der geschäftlichen Verbundenheit von Parteien, die auch allgemein im Antidumpingzollrecht von Bedeutung ist (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 384/96 sowie Art. 2 Abs. 1, Abs. 3 und Art. 4 Abs. 1 Antidumpingkodex). Danach werden bei der Bestimmung der Anzahl der in einem Monat angemeldeten oder gelieferten Fahrradteile die von allen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien angemeldeten oder gelieferten Fahrradteile zusammengerechnet und damit diese verbundenen Parteien wie eine Partei behandelt. Daraus folgt, dass auch die Abgabe zur besonderen Verwendung bestimmter Fahrradteile unter diesen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien nicht als eine antidumpingzollrechtlich relevante Lieferung angesehen werden kann.
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c) Die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM waren i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 miteinander geschäftlich verbunden.
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Zutreffend weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Formulierung in Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 „... mit dieser Partei geschäftlich verbunden sind oder Ausgleichsvereinbarungen getroffen haben” die entsprechende in Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 384/96 enthaltene Formulierung aufgreift und dass diese Vorschrift durch die (Änderungs-) Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 (VO Nr. 1972/2002) des Rates vom (ABlEG Nr. L 305/1) dahin ergänzt worden ist, dass bei der Frage der geschäftlichen Verbundenheit die in Art. 143 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) genannten Kriterien herangezogen werden können. Mit dieser Ergänzung sollte der Begriff der „Verbundenheit” präzisiert und ein Bezug zu Art. 15 Abs. 4 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABlEG 1994 Nr. L 336/119) hergestellt werden (Erwägungsgrund Nr. 2 zur VO Nr. 1972/2002). Es handelt sich hierbei somit nicht um eine neue Begriffsbestimmung, sondern lediglich um eine Klarstellung des bereits zuvor verwendeten Begriffs der „geschäftlichen Verbundenheit”.
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Ob i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 eine geschäftliche Verbundenheit zwischen Parteien besteht, ist somit —ebenso wie bei Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 384/96— anhand der Vorschrift des Art. 143 ZKDVO zu beantworten. Für den Streitfall folgt die für die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM anzunehmende geschäftliche Verbundenheit aus Art. 143 Abs. 1 Buchst. a, e und f ZKDVO. Soweit daher von der T-GmbH in den freien Verkehr übergeführte Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH abgegeben worden sind, handelte es sich nicht um Lieferungen i.S. des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97, weshalb auch eine die monatliche Mengenbegrenzung überschreitende Weitergabe wesentlicher Fahrradteile innerhalb des „Verbunds” keine Pflichtverletzung im Zollverfahren der besonderen Verwendung war. Maßgebend für die Einhaltung der nach Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 vorgeschriebenen Mengenbegrenzung ist somit im Streitfall, ob aus diesem „Verbund” heraus wesentliche Fahrradteile „letztendlich” (vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 zur VO Nr. 88/97) an Montagebetriebe in einer Menge von jeweils weniger als 300 Stück pro Monat geliefert worden sind.
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d) Anders als das FG meint, führt auch der Umstand, dass der Fa. RM oder der RTV-GmbH keine Bewilligung gemäß Art. 291 ZKDVO in der seinerzeit geltenden Fassung (ZKDVO a.F.) zur zollbegünstigten Verwendung von Waren erteilt worden war, nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar ist der Hinweis des FG zutreffend, dass nach § 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. im Fall einer Übertragung zur besonderen Verwendung abgefertigter Waren der Übernehmer im Besitz einer Bewilligung gemäß Art. 291 ZKDVO a.F. sein muss; jedoch sind die Vorschriften der Art. 291 ff. ZKDVO a.F. über die Abgabenbegünstigung bei besonderer Verwendung nach Art. 14 VO Nr. 88/97 „sinngemäß” anzuwenden. Insoweit muss daher die spezielle antidumpingzollrechtliche Bestimmung des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 Berücksichtigung finden, wonach —wie bereits ausgeführt— Parteien, die miteinander geschäftlich verbunden sind, wie eine Partei behandelt werden. Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. ist deshalb im Licht jener Vorschrift auszulegen mit der Folge, dass die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Waren unter miteinander verbundenen Parteien keine „Übertragung” der Waren i.S. des Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. ist. Es wäre —bezogen auf den Streitfall— widersprüchlich, die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM —wie es Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 fordert— antidumpingzollrechtlich als eine Partei anzusehen, also die T-GmbH so zu stellen, als hätte sie die weitergegebenen Fahrradteile nach wie vor in ihrem Besitz, andererseits jedoch anzunehmen, sie habe die Fahrradteile einer anderen Person i.S. des Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. „übertragen”.
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Die mit dem vorgeschriebenen Verfahren der besonderen Verwendung angestrebte zollamtliche Überwachung der abgefertigten Waren sowie die damit einhergehende Möglichkeit der Kontrolle, ob sie „letztendlich” in geringfügigen Mengen an einen Montagebetrieb geliefert worden sind, wird durch diese Betrachtungsweise nicht beeinträchtigt, denn die Zollbehörde muss im Fall einer Kontrolle der Verwendung ohnehin alle geschäftlich miteinander verbundenen Parteien gemäß Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 darauf prüfen, ob der gesamte „Verbund” die Mengenbegrenzung eingehalten hat. Sie kann also im Streitfall sowohl von der T-GmbH als auch von der RTV-GmbH bzw. M in Fa. RM den Nachweis verlangen, dass der Firmenverbund wesentliche Fahrradteile nur in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat an Montagebetriebe geliefert hat.
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3. Da das FG eine andere Auffassung vertreten und schon die Überschreitung der monatlichen Mengenbegrenzung durch Abgabe wesentlicher Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH als eine Pflichtverletzung gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK angesehen hat, hat es nicht geprüft, ob der aus der T-GmbH, der RTV-GmbH und M in Fa. RM bestehende Firmenverbund die Mengenbegrenzung bei Lieferungen an Montagebetriebe eingehalten hat und ob ggf. —wie vom HZA angenommen— weitere die Abgabenschuld begründende Pflichtverletzungen seitens der T-GmbH vorliegen (sog. Ausfuhrfälle). Die Sache ist deshalb nicht spruchreif; entsprechende Feststellungen sind vom FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
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4. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Antidumpingzollschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK entstanden ist, soweit die T-GmbH die in den freien Verkehr übergeführten Fahrradteile nicht innerhalb eines Jahres an eine andere Partei geliefert hat. Diese seitens der T-GmbH einzuhaltende Verwendungsfrist folgt aus Art. 14 VO Nr. 88/97 i.V.m. Art. 294 Abs. 1 ZKDVO a.F. sowie aus den ihr 1997 und 1999 erteilten zollamtlichen Bewilligungen für die zollbegünstigte besondere Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile. Die T-GmbH hat nach den Feststellungen des FG in einzelnen Fällen diese Verwendungsfrist nicht eingehalten.
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Der von der Revision vertretenen Ansicht, die durch Art. 14 VO Nr. 88/97 angeordnete „sinngemäße” Geltung der Art. 291 bis 304 ZKDVO a.F. bedeute, dass die Verwendungsfrist bei den zur besonderen Verwendung in den freien Verkehr übergeführten Fahrradteilen nach Sinn und Zweck der maßgebenden Antidumpingzollschriften überschritten werden dürfe, folgt der Senat nicht. Es widerspricht nicht dem Sinn und Zweck der VO Nr. 88/97, sondern ist vielmehr aus Gründen der wirksamen zollamtlichen Überwachung geboten, dass eingeführte wesentliche Fahrradteile nach Art. 294 Abs. 1 ZKDVO a.F. ihrer die Befreiung vom Antidumpingzoll rechtfertigenden besonderen Verwendung innerhalb einer bestimmten Frist zugeführt worden sein müssen. Der Senat sieht auch insoweit keine Verpflichtung, die Frage, was unter „sinngemäßer” Geltung des Art. 294 ZKDVO a.F. zu verstehen ist, dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen.
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Das FG hat auch zu Recht entschieden, dass die festgestellten Überschreitungen der Verwendungsfrist nicht gemäß Art. 204 Abs. 1 2. Halbsatz ZK i.V.m. Art. 859 Nr. 1 ZKDVO als Verfehlungen gelten, die sich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben. Eine Fristverlängerung hätte der T-GmbH bei entsprechender Antragstellung nur unter den Voraussetzungen des Art. 294 Abs. 3 ZKDVO a.F. gewährt werden können, die jedoch nach den Feststellungen des FG nicht vorlagen. Zulässige und begründete Revisionsgründe bezüglich dieser Feststellung sind nicht vorgebracht (§ 118 Abs. 2 FGO). Art. 294 ZK in der Fassung der (Änderungs-)Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom (ABlEG Nr. L 188/1) findet auf den Streitfall keine Anwendung; auf die entsprechenden Ausführungen des FG wird verwiesen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 567 Nr. 3
BFH/PR 2010 S. 159 Nr. 4
DStRE 2010 S. 248 Nr. 4
HFR 2010 S. 400 Nr. 4
IStR 2010 S. 7 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2010 S. 326
RIW 2010 S. 335 Nr. 5
StB 2010 S. 63 Nr. 3
LAAAD-35592