BGH Beschluss v. - IX ZB 89/09

Leitsatz

Leitsatz:

Nach Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren kann der Schuldner einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag stellen, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe neue Forderungen gegen ihn begründet worden sind (Fortführung von , z.V. in BGHZ bestimmt).

Gesetze: InsO § 287 Abs. 1; InsO § 290 Abs. 1 Nr. 3, 5, 6

Instanzenzug: AG Landau (Pfalz), 3 IK 279/08 vom LG Landau, 4 T 13/09 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; BGHR: ja; Nachschlagewerk: ja

Gründe

Über das Vermögen des Schuldners wurde in den Jahren 2004 bis 2007 ein Regelinsolvenzverfahren durchgeführt. Mit Beschluss vom verwarf das Insolvenzgericht einen Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung als unzulässig. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen diesen Beschluss wurde mit zurückgewiesen. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom aufgehoben.

Am hat der Schuldner die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Ankündigung der Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten beantragt. Die Anträge sind als unzulässig verworfen worden. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Ankündigung der Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten erreichen.

II. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

1. Das Beschwerdegericht hat - teils unter Bezugnahme auf den Beschluss des Insolvenzgerichts - ausgeführt: Nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens sei ein erneuter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig, wenn dieses allein dem Ziel der Restschuldbefreiung dienen solle und kein neuer Gläubiger hinzugetreten sei. Im vorliegenden Fall habe der Schuldner neue Forderungen angegeben. Es handele sich jedoch um Unterhaltsansprüche eines Kindes in Höhe von 53 EUR für das Jahr 2007 und 40 EUR für das Jahr 2008 sowie um Anwaltskosten in Höhe von 1.116,26 EUR für das im ersten Insolvenzverfahren durchgeführte Beschwerdeverfahren gegen die Verwerfung des Antrags auf Restschuldbefreiung, die bereits im ersten Insolvenzverfahren zur Tabelle hätten angemeldet werden können und müssen; im Verhältnis zu den übrigen angemeldeten Forderungen seien sie überdies als geringfügig anzusehen.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Mit dem nach Erlass der vorinstanzlichen Entscheidungen ergangenem Beschluss vom (IX ZB 219/08, NZI 2009, 691) hat der Senat entschieden, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung analog § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten gestellt worden ist. Mit dieser Entscheidung hat der Senat den Grundgedanken früherer Entscheidungen (vom - IX ZB 263/05, NZI 2006, 601 und vom - IX ZB 270/05, NZI 2008, 45, 46) aufgenommen, dass die Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO ihrer verfahrensfördernden Funktion beraubt würden, wenn Verstöße des Schuldners wegen der Befugnis zur Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens nicht nachhaltig sanktioniert würden. Die in den vorgenannten Entscheidungen gefundene Lösung, die Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens von neuen gegen den Schuldner gerichteten Forderungen abhängig zu machen, kann - wie auch der vorliegende Fall zeigt - vom Schuldner durch Begründung neuer Forderungen (und erforderlichenfalls durch Herbeiführung eines Fremdantrags) mühelos unterlaufen werden. Das Vorhandensein neuer Gläubiger ist daher weder notwendige noch hinreichende Bedingung für das Rechtsschutzbedürfnis für einen neuen Insolvenzantrag nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens, in dem die Restschuldbefreiung wegen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten gemäß § 289 Abs. 1, § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO versagt worden ist. Stattdessen gilt analog § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine Sperrfrist von drei Jahren ab Rechtskraft des die Restschuldbefreiung versagenden Beschlusses. Innerhalb dieser Frist scheidet jedenfalls ein mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundener Eigenantrag aus ( a.a.O., S. 693 Rn. 17).

b) Im vorliegenden Fall waren bei Eingang des Insolvenzantrags mehr als drei Jahre seit der rechtskräftigen Bescheidung des ersten Restschuldbefreiungsantrags vergangen. Nach Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren kann der Schuldner einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag stellen, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe neue Forderungen gegen den Schuldner begründet worden sind.

III. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da die Eröffnungs- und Stundungsvoraussetzungen bisher aus Rechtsgründen nicht geprüft worden sind, erfolgt die Zurückverweisung analog § 572 Abs. 3 ZPO an das Insolvenzgericht (vgl. BGHZ 160, 176, 185 f).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 6 Nr. 7
NJW-RR 2010 S. 702 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 4/2010 S. 256
StuB-Bilanzreport Nr. 5/2010 S. 206
WM 2010 S. 225 Nr. 5
IAAAD-35486